Hier hast du alten Sanges Kraft, PT1155 Vorwort. In dem Volksliede wohnt eine unerschöpfliche Fülle poetischer Anschauung und Kraft. Zu allen Zeiten hat daher die Kunstpoeste, wenn sie sich dem Ermatten nahe fühlte, begieriger und ehrerbietiger als sonst auf die Stimme des Volkes gelauscht und ihre eigenen, an sich trüben Weisen dadurch zu klären und zu frischen gesucht. Zwar ist es noch nicht an der Zeit, den Einfluß der Volksdichtung auf unsere Gesammtliteratur und ihre Entwickelung von den ersten Jahrhunderten ihrer Geschichte bis heute nachzuweisen, weil zuvor die Gefänge, welche im Munde des Volkes allgemach 1* M325292 ersterben, erst in möglichster Vollständigkeit gesammelt werden müssen, um eine nur etwas in sich zusammenhängende Geschichte der Volksdichtung zu erhalten, die dann mit der kunstgerechten Poesie verglichen werden mag. Aber dennoch läßt sich schon jezt auf große oder bekannte Dichter hinzeigen, deren Lieder sich an den Stamm des Volksgesanges mit tausend feinen Wurzeln ansaugen auf Dichter, die dieser Eigenthümlichkeit einen Theil hres Beifalls verdanken. Was Bürger, und noch mehr Göthe aus dem Volksliede gelernt, ift von Andern schon besprochen und bewiesen. Unter den Lieblingen der Gegenwart ist es voraus Heine, welcher alle seine poetischen Gedanken und Gebilde in den tiefdunkeln See der volksthümlichen Poesie eintaucht und sie dann erst subjektiver Färbung unterwirft, wenn sie von den heiligen Fluten jenes Sees genug durchnezt scheinen. Was Wunder, daß auch in Deutschland das Volkslied von jeher seine großen Verehrer und kundigen Pfleger zählte! Es wäre überflüssig, hier wieder die Sammlungen und Vorarbeiten anzuführen, welche seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Deutschland herauskamen, und worin mit deutschem Fleiß und gewohnter Gründlichkeit bisweilen noch etwas philisterhaft und mit einigem Deutschmichelthum eine genaue, durch allerlei nöthige Belege zu stüzende Geschichte des Volksgesanges angebahnt wird. So wenig nun unser Volk, zumal in seinen gegenwärtigen Versuchen freier Entfaltung auf ganz andern Gebieten, mit dieser Geschichte bald im Reinen seyn wird, (denn was allein der gelehrte Kenner von Meuse bach gesammelt und noch nicht veröffentlicht hat, soll ein erstaunlicher Schatz sein!) eben so wenig darf es die Männer vergessen, die mit unter den Ersten wieder auf die Quellen ächter Volkspoeste zurückgiengen und das Unverfälschte mit klarem Blicke zu scheiden wußten. Unter ihnen nennt die Literaturgeschichte mit Recht den Namen: A. Elwert. Die ungedruckten Reste alten Gesanges" sind bereits vor mehr |