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Historiker Maymburg gegen Joachim erhoben, als habe dieser den Ständen freie Religionsübung gegen Bezahlung seiner Schulden zugestanden, wird durch die Geschehnisse Lügen gestraft. Dagegen steht fest, daß der Kardinal Albrecht auf den Landtagen zu Kalbe 1539 und 1540 seinen Ständen den freien Gottesdienst nach der Augsburger Konfession gegen Übernahme seiner Schulden gestatten mußte.194)

Obschon nun der Adel zufrieden war, daß er auf seinen Gütern evangelischen Gottesdienst unbehindert abhalten lassen durfte, so hätte er doch eine evangelische Regierung gern gesehen. Ihm fehlte für die Vermittlungsversuche des Kurfürsten das rechte Verständnis und es kann ihm nicht verargt werden, wenn er in dem beständigen Aufschub eines offiziellen Übertritts nur ein ungerechtfertigtes Zögern des Kurfürsten erblickte. Doch waren die Reisen Melanchthons nach Berlin, die Geneigtheit des Fürsten zur neuen Lehre, vielleicht auch die an den Hofprediger ergangene Aufforderung nicht unbekannt geblieben, genug, die auf dem Teltow ansässigen Herren beschlossen, eine Einigung zu Gunsten des Evangeliums zu bilden. Vielleicht hofften sie, durch geschlossenes Vorgehen bestimmend auf den Kurfürsten einwirken zu können. Als Haupt dieser Vereinigung war der Edle Joachim v. Schwanebeck thätig, dessen Sohn über die Ereignisse jener Tage Aufzeichnungen machte. Diese Notizen sind uns bruchstückweise aus zweiter Hand überliefert worden, sodaß eine Prüfung auf ihre Echtheit hin so gut als ausgeschlossen erscheint. 195) Der Bischof Matthias v. Jagow war zur Zeit des Osterfestes 1539 in Berlin gewesen und weilte bei seiner Rückkehr um die Mitte des Aprils in dem Schwanebeckschen Hause. Durch den Hausherrn verständigt fanden sich die Edlen der Umgegend ein, dem Bischof ihr Anliegen vorzutragen.196) Einmütig erklärten sie, die reine, göttliche Lehre annehmen und standhaft bekennen zu wollen. Matthias v. Jagow konnte ihnen nur Gutes über den Stand der Dinge mitteilen. Die Frankfurter Verhandlungen nahten ihrem Ende, der Kurfürst schien entschlossen, nach seiner Rückkehr eine Landesreformation anzubahnen. Zudem hatte sich in Berlin vor einigen Wochen eine ähnliche Bewegung gezeigt. Die Bürger hatten im Februar auf dem Rathause den Wunsch geäußert, zu Ostern das Abendmahl unter beiderlei Ge

stalt zu empfangen.197) Der Rat, welcher sich mit der Bürgerschaft in vollem Einverständnis befand, hatte am 15. Februar ein Gesuch an den Kurfürsten unterzeichnet, welches dieser indes nicht mehr in der Stadt entgegengenommen haben kann. Wie der Rat auf die nächste Zeit vertröstet wurde, so hat wohl auch der Bischof den adligen Herren geraten, die kommenden Ereignisse abzuwarten. Man wollte die widerspenstigen Pfarrer nicht verjagen, sondern für ihren Unterhalt Sorge tragen, daneben sich aber nach Predigern der reinen Lehre umthun. Über die Abmachung ward ein Revers aufgesezt und von den genannten Junkern unterzeichnet.

Für Joachim II. stand seit dem Abschluß des Frankfurter Anstandes die Durchführung einer Landesreformation fest. Einen vorläufigen Frieden im Reich hatte er erlangt, er konnte und mußte jezt ernstlich an eine Regelung der Zustände in der Mark denken. Wie sehr sich besonders in der letzten Zeit die kirchlichen. Zustände verwirrt hatten, davon legt das Verhalten des Priors Peter Goliz Zeugnis ab. Nach dem ersten Besuche Melanchthons hatte der Kurfürst die Universität besser dotieren wollen und ihr die Einkünfte des Frankfurter Karthäuserklosters verschrieben. Diese Anordnung kam dem Prior äußerst ungelegen, welcher, um sich ungehindert bereichern zu können, bereits den Konvent bis auf drei Mönche hatte aussterben lassen. Eine Wirtschaft, welche, des Kommenden nicht achtend, nur die Beschaffung baren Geldes bezweckte, war die Entgegnung des Priors: weite Wälderstrecken wurden abgeholzt, Klostergüter verschleudert, die Hinterfassen durch unsinnige Geldforderungen gequält. Joachim sah sich endlich ge= nötigt, Eustachius v. Schlieben nach Frankfurt zu senden. Hier wurde von diesem der Zutritt zum Kloster gesperrt, das Besißtum des Klosters inventarisiert, der Prior nach Berlin geführt. Troßdem Golig geschworen hatte, nicht entweichen zu wollen, floh er und leitete beim Reichskammergericht die Klage gegen den Kurfürsten ein. Dieser erhielt die Vorladung, welcher die Bedrohung mit der Reichsacht angefügt war, am 20. August 1538.198) Aus mancherlei Zeichen konnte Joachim schließen, daß ihm die katholische Partei keineswegs mehr Anhänglichkeit an die alte Kirche zutraute. Zugleich aber glaubte er, der nach außen hin noch immer den

Schein eines katholischen Fürsten gewahrt hatte, daß er des königlichen Wohlwollens sicher sein dürfe. Er schrieb an den Vorfizenden des Kammergerichts einen Brief, in welchem er sich bitter über das ihm widerfahrene Unrecht beklagte. Auf die unbegründete Anzeige eines zugelaufenen Mönches hin erlasse man eine geschwinde heftig eilende Ladung, ja, man drohe ihm, ohne ihn gehört zu haben, mit Ächtung. Würde die Drohung nicht zurückgenommen, so wollte er bei dem Kaiser Klage führen. Der Pfalzgraf als Vorsitzender des Gerichts wies alle Beschuldigungen zurück. Joachim sei durch ungleichen Bericht solcher, so des gemeinen Rechtens, des heiligen Reiches Ordnung und des gemeinen, lang hergebrachten Gebrauchs des kaiserlichen Kammergerichts unerfahren," getäuscht worden. Er der Schreiber fönne verantworten, was er gethan und bitte, ihn weiterhin mit solcher beschwerlichen und ungegründeten Anziehung nicht belästigen zu wollen." Der Kaiser lehnte es ab, dem Prozeß Einhalt zu ge= bieten. Man nahm an, daß der Kurfürst, durch die abschlägige Antwort des Kaisers gereizt, mit seinem übertritt nicht mehr säumen werde, obschon die Kurie Beschwichtigungsversuche vornahm.199) Joachim hielt sich vorläufig an den Prior, welchen er nach Spandau bringen ließ. Es kam ein Vertrag zu stande, in welchem Peter Goliz gegen eine Entschädigung an Ländereien versprach, die Klage zurückzuziehen. Dessenungeachtet verließ der ränkevolle Mönch im März 1539 aufs neue die Mark und be= schritt wiederum den Klageweg.

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Die Anzeichen einer Reformation begannen sich jezt zu mehren. Im Domstift zu Berlin hielt der als eifriger Anhänger Luthers bekannte Prediger Georg Buchholzer im Nachsommer 1539 die erste evangelische Predigt.200) An Stelle des Petrus von Ansbach erbat der Kurfürst zu seinem Hofprediger den Seelsorger seiner Vettern Georg und Albrecht, den bereits bei der neumärkischen Reformation thätig gewesenen Jakob Stratner 201) Gleichzeitig sezte Joachim eine Kommission zur Ausarbeitung einer Kirchenordnung ein; er berief aber Melanchthon erst, als die Arbeit der Kommission weiter vorgeschritten war.

Es darf wohl Wunder nehmen, daß Joachim, soweit wir berichtet sind, während der ersten Jahre nie den Rat Luthers

einholte, welchen er doch ehedem so hoch geschäzt hatte. Der Grund dafür lag darin, daß Luther besonders seit dem Jahre 1536 in eine außerordentlich feindselige Stellung gegenüber dem Kardinal Albrecht von Mainz getreten war. Die Erbitterung des Reformators gegen den Kirchenfürsten war beständig gewachsen, seit er eingesehen, daß dieser eine Hoffnung nach der anderen enttäuscht hatte, daß aus dem freigeistigen Jüngling sich ein fanatischer Anhänger Roms entwickelt hatte. Hatte derselbe nicht einst versprochen, evangelisch werden zu wollen und später geäußert, nur mit Rücksicht auf die meuternden Bauern sei ihm solches Geständnis entschlüpft? 202) Dazu erblickte Luther, welcher gern das Böse in gewissen Personen verkörpert sah, in Albrecht den Versucher des Kurfürsten, welcher ihn bei der alten Kirche hielt und der Kurfürstin Elisabeth die Rückkehr in die Mark verwehrte. Er ergriff deshalb nicht ungern die Gelegenheit, gegen ihn die Federfehde zu eröffnen. Der Kardinal hatte seinen früheren Günstling, Hans v. Schönig, angeblich wegen Unterschlagung bedeutender Summen, hinrichten lassen.203) Das Gerücht behauptete, daß ein Justizmord geschehen sei und Luther ließ gegen Albrecht eine geharnischte Schrift ausgehen.204) Noch größeres Aufsehen erregte ein zweiter Fall. Am Pfingstfeste 1538 waren zu Wittenberg Epigramme des recht minderwertigen Poeten Simon Lemnius erschienen, welcher in seinen Versen Luthers Leben in unflätigster Weise begeiferte. Melanchthon sah sich als derzeitiger Rektor der Universität veranlaßt, in einem Anschlag die Studenten vor den Reimereien zu warnen.205) Luther aber, der als den eigentlichen Auftor des elenden Machwerks den Protektor des Lemnius, den Kardinal, zu erkennen glaubte, erließ gegen diesen eine Schrift, welche eine Blütenlese lutherischer Kraftausdrücke aufweist.206) Anläßlich dieser Schrift beklagte sich Joachim bei dem Kurfürsten von Sachsen, da die ungerechten Vorwürfe auch ihn beleidigt hatten. Er bat Johann Friedrich, solches zänkische Treiben nicht zu dulden, der Geschmähte sei fürstlichen Geblüts. Die Häuser Sachsen und Branden, burg hätten sich bislang so gehalten, daß man an keinem, der daraus geboren, Falschheit und Lüge mit Fug und Recht hätte tadeln können. Wenn Luther den bischöflichen Stand anfechten wolle, möge er doch nicht das Haus Brandenburg verunglimpfen.

Joachim bat, ferneres Schmähen Luthers zu verhindern.207) Dieser konnte den Groll gegen den Kardinal nicht verwinden, wenngleich er auch nicht mehr so wuchtig darein fuhr. Noch nach Jahren nannte er ihn einen Lästerer und Gottesfeind und konnte sich gelegentlich nicht des Ausrufs enthalten, wie es schade fei, daß aus der schönen Morigburg so plößlich ein Eselsstall geworden wäre. 208)

Bald nach dem 5. Oktober 1539 verließ Melanchthon Wittenberg, um nach Berlin zu reisen. Hier fand er, wie er später selbst dem Herzog Albrecht von Preußen berichtete,209) eine Fülle von Arbeit vor. Der Kurfürst bedurfte seiner zunächst bei der Abfassung eines Rechtfertigungsschreibens an seinen Schwiegervater, den König von Polen.

Joachim hatte durch den 1535 geschlossenen Heiratsvertrag zugestanden, daß seine Gemahlin ihres Glaubens ungehindert leben könne. Unter den um jene Zeit obwaltenden Umständen hatte man jedenfalls nicht an einen Bekenntniswechsel des Kurfürsten gedacht. Als er nun nach seiner Rückkehr von Frankfurt a. M. den Übertritt zur evangelischen Lehre aufs ernstlichste in Erwägung zog, scheint er auch gewünscht zu haben, daß Hedwig mit ihm das Abendmahl unter beiderlei Gestalt empfange. Ihm war wohlbekannt, daß er mit solchem Vorhaben auf den entschiedensten Widerspruch des polnischen Königs stoßen werde. Schon der Bericht von den Frankfurter Verhandlungen hatte den Unwillen Sigismunds erregt, welcher von den Bemühungen Joachims ein starkes Bündnis deutscher Fürsten gegen die Türkengefahr erhofft hatte und sich durch den Frankfurter Anstand um seine Hoffnung betrogen sah.210) An Joachim und Johann Friedrich hatte er Briefe gerichtet, in welchen er forderte, daß sie sich mit den übrigen Fürsten Deutschlands zusammenschlössen.211) Nur wenn sie einig wären, könnten sie zum Heil Europas und Deutschlands etwas ausrichten. Um den König von seinem Vorhaben zu verständigen, schlug Joachim zunächst den Weg mündlicher Verhandlung ein und bediente sich zu diesem Zweck eines Vertrauten Sigismunds, welcher mit Schlieben bekannt war und überdies dem Luthertume zuneigte. Es war dies der Woiwode Achatius v. Zemen, der als Kämmerer von Pommerellen und Hauptmann von Schlochau eine

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