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A. die Militärpersonen des Friedensstandes und zwar:

a) die Offiziere, Aerzte und Militärbeamten des Friedensstandes vom Tage ihrer Anstellung bis zum Zeitpunkte ihrer Entlassung aus dem Dienste;

Demgemäß beendet den einmal begründeten Gerichtsstand nicht Desertion, Beurlaubung oder vorübergehende Beschäftigung im Staats- oder Kommunaldienste, sondern Verabschiedung, Entfernung aus dem Heere bezw. der Marine, oder Dienstentlassung.

§§ 5 u. 16 Mil.Strafger.Ordg. u. Daude a. a. O. S. 7.

b) die Kapitulanten vom Beginn bis zum Ablauf oder bis zur Aufhebung der abgeschlossenen Kapitulation;

c) die Freiwilligen und die ausgehobenen Rekruten von dem Tage, mit welchem ihre Verpflegung durch die Militärverwaltung beginnt; Einjährig-Freiwillige von dem Zeitpunkte ihrer Einstellung in einen Truppentheil an, sämmtlich bis zum Ablaufe des Tages ihrer Entlassung aus dem aktiven Dienste. B. aus dem Beurlaubtenstande:

a) die aus dem Beurlaubtenstande zum Dienste einberufenen Offiziere, Aerzte, Militärbeamten und Mannschaften von dem Tage, zu welchem sie einberufen find, bis zum Ablaufe des Tages der Wiederentlassung;

b) alle in Kriegszeiten zum Heeresdienste aufgebotenen oder freiwillig eingetretenen Offiziere, Aerzte, Militärbeamten und Mannschaften, welche zu keiner der vorgenannten Kategorien gehören, von dem Tage, zu welchem sie einberufen sind, bezw. vom Zeitpunkte des freiwilligen Eintritts an, bis zum AbLaufe des Tages der Entlassung;

c) die Civilbeamten der Militärverwaltung vom Tage ihrer Anstellung bis zum Zeitpunkte ihrer Entlassung aus dem Dienste.

Auf die aktive Marine finden vorstehende Festsetzungen sinngemäße Anwendung.

II. die Offiziere, welche à la suite ihrer Truppentheile stehen;

§ 2 Abs. 3 Einführ.Ges. zum Mil.StrGB. v. 20. Juni 1872 (RGBI, S. 173).

III. die Landgensdarmen in Preußen;

§ 2 Abs. 2 a. a. O., vergl. außerdem § 50 die Gensdarmerie.

Die in Preußen bestehenden besonderen Vorschriften über die von den Landgensdarmen begangenen strafbaren Handlungen sind:

§ 48 Nr. 2 u. 3, § 188 Thl. I des Preuß. Mil.StrGB. § 16 Nr. 2 des Thl. II a. a. O., sofern derselbe die Entlassung aus der Gensdarmerie betrifft. § 20 Nr. 5 a. a. O. § 11 der Allerh. Verordg. v. 30. Dezbr. 1820 u. § 2 litt. b des Allerh. Erl. v. 1. Juni 1867 (Tirk.Verfüg. des Gen. Auditoriats vom 25. Sept. 1872 bei Solms, Strafrecht, S. 478).

Die Aburtheilung eines Landgensdarmen wegen militärischer Strafthaten steht nach seinem Ausscheiden aus den Militärverhältnissen dem Civilgericht zu.

Beschl. des Kammergerichts vom 28. februar 1889, Goltd. Arch. Bd. 37 S. 249.

IV. die Militärlehrer und Zöglinge der militärischen Bildungsanstalten, soweit darüber durch besondere Vorschriften nicht ein Anderes bestimmt ist;

§ 1 Nr. 4 Mil.Strafger.Ordg. v. 3. April 1845.

V. die dem Militärstande nicht angehörigen Personen, welche auf einem Schiffe oder Fahrzeuge der Kaiserlichen Marine angestellt sind.

§ 166 Abs. 1 Mil.StrGB. v. 20. Juni 1872.

3. Die verabschiedeten Offiziere, welche nach dem Erlaß des Kriegsministers vom 19. Dezember 1882 militärischen Gerichtsstand hatten, sind durch das Ges. vom 3. Mai 1890 (RGBI. S. 63), betr. Abänderung der Militärstrafgerichtsordnung davon befreit. Der § 1

lautet:

„Die verabschiedeten Offiziere sind der Militärgerichtsbarkeit nicht unterworfen. Alle entgegenstehenden Bestimmungen, insbesondere die entgegenstehenden Bestimmungen der Strafgerichts-Ordnung für das preußische Heer und der Baierischen Militär-Strafgerichts-Ordnung v. 29. April 1869 find aufgehoben.“

4. Besonders untersagt ist die strafrechtliche Verfolgung Baierischer Militärpersonen, welche nach den Vorschriften der Baierischen Militärstrafprozeßordnung der Militärgerichtsbarkeit unterworfen sind, wegen von denselben in Preußen begangener strafbarer Handlungen; die Verfolgung ist überall der Baierischen Militärbehörde zu überlassen.

Allgem. Verfüg. des Justizm. v. 10. Mai 1886, I, 1710.

Demnächst ausgedehnt auf die Angehörigen des Königlich Sächsischen Militärcontingents,

Allgem. Verfüg. desselben v. 3. Januar 1888, I, 4211.

sodann auf die Angehörigen des Königlich Württembergischen Militärcontingents.

Allg. Verfüg. v. 22. März 1888, I, 851.

5. Auf eine Anzeige gegen eine Militärperson (z. B. Gensdarm) wird folgende Verfügung zu erlassen sein:

1. Scrib. an den Gastwirth Herrn Carl Schulze

zu N. N., Promenade Nr. 5, part.

Auf die heute hier eingegangene Buschrift vom 1. d. M., worin Sie die strafrechtliche Verfolgung des dort stationirten Gensdarmen M. wegen Hausfriedensbruchs beantragen, wird Ihnen hierdurch eröffnet, daß der Gensdarm als Mitglied des stehenden Heeres der Militärs, nicht der Civilgerichtsbarkeit untersteht und daß deshalb Ihre Anzeige an das Kön. Kommando der 8. Gensdarmerie-Brigade zu Coblenz zur zuständigen Verfüg. abgegeben ist. 2. Urschr. an das Kön. Kommando der 8. Gensdarmerie-Brigade

zur gefälligen zuständigen Verfügung ergebenst

Saarbr., den 2c.

Coblenz

Der Kön. Erste Staatsanwalt.

6. Der Umstand, daß der Hauptthäter unter der Militärgerichtsbarkeit steht, entzieht indeß den Anstifter und Gehülfen nicht dem Civilgericht.

Beschl. des Oberlandesgerichts Königsberg v. 16. Juni 1887, Goltd. Arch. Bd. 37 S. 248.

§ 24.

b. Zuständigkeit des Civilgerichts während der Dienstzeit. Militär-Strafgerichts-Ordnung v. 3. April 1845. — Daude, Die bürgerlichen Rechtsverhältnisse der Militärpersonen, Berlin 1887. Art. 21 No. 2 Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte v. 28. Aug. 1879 (JMBL. S. 260).

Nur in wenigen Fällen bleibt das Civilgericht über Militärpersonen in Straffachen von vornherein zuständig. Die MilitärStrafger.Ordg. bestimmt in § 3:

„Der Civilbehörde bleibt die Untersuchung und Entscheidung der Contraventionen gegen Finanz- und Polizeigesetze und gegen Jagd- und Fischereiverordnungen, wenn die Contravention nur mit Geldstrafe oder Confiskation bedroht ist.

Ist dagegen im Gesetz die Contravention nur oder alternativ mit Freiheitsstrafe bedroht, oder trifft mit der Contravention eine andere strafrechtlich zu verfolgende Handlung zusammen, so steht die Untersuchung und Entscheidung ausschliesslich den Militärgerichten zu."

Hiernach sind, wie Daude a. a. D. S. 22 u. 23 zutreffend hervorhebt, die Civilgerichte noch jezt zur Entscheidung über Militärpersonen berufen, sobald eine Uebertretung des Geseßes vom 29. Juli 1885, betr. das Spielen in außerpreußischen Lotterien (GS. S. 317) oder eine Zuwiderhandlung gegen das Gefeß, betr. den Forstdiebstahl, vom 15. April 1878 (GS. S. 222) ausgenommen §§ 6 u. 8 in Frage steht.

Hierzu treten noch die Wechselstempel hinterziehungen; die dieserhalb erkannte Geldbuße darf selbst dann nicht in eine Freiheitsstrafe umgewandelt werden, wenn der zur Zahlung Verpflichtete unvermögend ist.

§ 15 Gef. betr. die Wechselstempelsteuer v. 10. Juni 1869 (BGBI. S. 193).

Endlich bleibt das Civilgericht zuständig, wenn sich eine Militärperson einer Uebertretung der §§ 11, 12 oder 14 des preuß. Jagdscheingeseges vom 31. Juli 1895 schuldig macht.

Ueber die Zuständigkeit des Civilgerichts bei Berufungen von Militärpersonen vgl. § 89, bei Anträgen auf Wiederaufnahme des Verfahrens vgl. § 92.

Die Zulässigkeit polizeilicher Strafverfügungen gegen Militärpersonen regelt § 10 Nr. 5 u. § 22, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung § 11 der gem. Ministerial-Anweisung vom 8. Juni 1883. Vgl. § 64 Ziff. 6.

§ 25.

c. Nothwendigkeit der Entlassung aus dem Militärstande. Solms, Strafrecht u. Strafprozess, Berlin 1873. — Daude, Die bürgerlichen Rechtsverhältnisse der Militärpersonen, Berlin 1887, S. 11 ff.

Von besonderer praktischer Bedeutung sind hier noch die Fälle, welche §§ 9-15 der Preuß. Mil.Ger.Ordg. v. 3. April 1845 über den Gerichtsstand der Personen des Soldatenstandes aufzählt. Das

Civilstrafgericht kann nämlich auch hier zuständig werden. Zu unterscheiden ist zwischen strafbaren Handlungen, welche von den Militärpersonen

a) vor dem Eintritt in den Dienststand,

b) vor dem Eintritt in den Beurlaubtenstand

begangen sind.

a) Wenn strafbare Handlungen, welche Personen des Soldatenstandes vor dem Eintritt in den Dienststand begangen haben, erst nach deren Eintritt zur Sprache kommen, so steht die Untersuchung dem Militärgericht nur dann zu, wenn die nach Lage des Falles voraussichtlich zu erkennende Strafe eine sechswöchent= liche Freiheitsstrafe nicht übersteigt;

Die §§ 9 und 12 StrGerOrdg. sprechen zwar ursprünglich von einer „dreimonatlichen“ Gefängnißstrafe; dieselbe wurde indeß schon durch das Rescript des Kriegsministers vom 9. Juli 1859 in 8 Wochen“ umgeändert.

Solms a. a. O. S. 84.

Seit dem Inkrafttreten des Militärstrafgesetzbuches können längere als sechswöchentliche Freiheitsrafen in Militär-Arrest - Localen nicht vollstreckt werden und ist deshalb gegenwärtig die Entlassung des Angeschuldigten so= wie die Ueberweisung an das Civilgericht schon dann zu verfügen, wenn die zu erwartende Strafe eine „sech 3 wöchentliche“ Freiheitsstrafe übersteigt. ZirkularSchreiben des General-Auditoriats vom 25. Sept. 1872, abgedruckt bei Solms a. a. O. 6. 475.

ist eine längere Freiheitsstrafe zu erwarten, so muß die Ent= lassung des Angeschuldigten beim General-Commando, sowie seine Stellung zur Disposition der Ersaßbehörden beantragt werden.

Beispiel.

1. Uebersendung der Verhandlungen an das Königliche General-Commando des... Armeecorps

zu

N. N.

Aus den s. p. r. angeschlossenen Verhandlungen (1 Heft und 1 vol.) wolle das 2c. gef. ersehen, daß gegen den am 2. November d. J. bei der 10. Comp. des Inf.-Reg. Nr. 2c. eingestellten Friedrich Carl Müller, geboren am 2c. zu 2c., der Verdacht des Meineids ausgesprochen ist, welchen M. am 4. August d. I., also vor seiner Einstellung in das Heer, als Zeuge geleistet haben soll. Die vorläufig stattgehabten Erhebungen lassen den Verdacht als wohlbegründet erscheinen.

Unter Bezugnahme auf § 9 ff. Strafgerichtsordnung vom 3. April 1845 richte ich deshalb an das Kön. General-Commando das diensterg. Ers.

die Entlassung des Müller aus dem Soldatenstande, sowie seine Stellung zur Disposition der Ersazbehörden zu verfügen,

ihn selbst sodann dort festzuhalten und gefl. anzugeben, wann er in das hiesige Gefängniß überführt werden kann.

2. Nach 1 Woche.

S. den 2c.

Nach Wiedereingang der Verhandlungen mit Entlassungsbescheinigung erfolgt Antrag beim Untersuchungsrichter, wie § 71 angegeben. 1. Zur Vermeidung der erheblichen Nachtheile, welche für die militärdienstlichen Interessen durch solche Entlassungen entstehen, ist in Preußen den Beamten der StAschaft eine besondere Mittheilung zur Pflicht gemacht.

Allgem. Verfüg. vom 12. Juli 1881 (JMBI. S. 159), welche an Stelle des ursprünglichen Nr. 7 der Allgem. Verfüg. vom 25. Aug. 1879 (JMBI. S. 251) getreten ist.

Sorgfältige Beachtung dieser wichtigen Bestimmung ist nochmals eingeschärft durch die Allgem. Verfüg. vom 23. Juli 1886 (JMBI. S. 201), betr. die Straffachen gegen Personen, deren Einstellung in das Heer bevorsteht. Vgl. auch Mittheilung bei Erhebung der öffentlichen Klage in § 78.

Wenn nämlich ein zum Militärdienst noch nicht herangezogener Angeschuldigter das miliärpflichtige Alter (§ 20 Nr. 2 der Erfaßordg.) bereits erreicht hat oder demselben nahe steht und im Laufe der Untersuchung voraussichtlich erreichen wird,

„Die Militärpflicht beginnt mit dem 1. Januar des Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebensjahr vollendet, und dauert so lange, bis über die Dienstverpflichtung des Wehrpflichtigen endgiltig entschieden ist" (§ 284)." § 22 Nr. 2 der Deutschen Wehrordnung v. 22. Novbr. 1888.

„Personen, welche das Reichsgebiet verlassen, die Reichsangehörigkeit verloren, eine andere Staatsangehörigkeit aber noch nicht erworben oder wieder verloren haben, sind, wenn sie ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland nehmen, gestellungspflichtig und können nachträglich ausgehoben, jedoch im Frieden nicht über das vollendete 31. Lebensjahr hinaus im Dienst zurückgehalten werden. Daffelbe gilt von den Söhnen ausgewanderter und wieder in das Deutsche Reich zurückgekehrter Personen, sofern die Söhne keine andere Staatsangehörigteit erworben haben.

Die vorstehenden Bestimmungen finden auch Anwendung auf Ausgewanderte, welche zwar eine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, aber vor vollendetem 31. Lebensjahre wieder Reichsangehörige werden."

§ 11 Reichs-Militärges. v. 2. Mai 1874 (GS. S. 45).

so ist, falls die lettere ein Verbrechen oder Vergehen betrifft, dem Civilvorsigenden der Ersaßkommission desjenigen Aushebungsbezirks, in welchem der Angeschuldigte gestellungspflichtig ist, von der Erhebung der öffentlichen Klage und demnächst von dem Ausfall der Untersuchung, sowie von der Strafvollstreckung oder dem Erlaß der erkannten Strafe Mittheilung zu machen.

Hat die Untersuchung eine Uebertretung zum Gegenstande, so ist dem Civilvorsißenden der Ersaßkommission Mittheilung zu machen, wenn ein auf Strafe lautendes Urtheil die Rechtskraft erlangt hat. In Privatklagesachen erfolgen die Mittheilungen nicht durch die Staatsanwaltschaft, sondern durch das Amtsgericht, und sind durch den Amtsrichter, nicht durch den Gerichtsschreiber zu vollziehen.

Allgem. Verfüg. v. 21. febr. 1885 (JMBI. S. 55).

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