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Der dritte Abschnitt des zweiten Capitels, der das Ethische in der deutschen Heldensage behandelt, gibt in einer Reihe von Bildern eine zusammenhangende Darstellung der Culturverhältnisse, die den Dichtungen unserer Heldensage zu Grunde liegen; und hier zeigt sich des Dichters eigenthümliche Begabung in der feingeistigen und tiefgemüthlichen Auffassung der Charaktere und Verhältnisse. Wir betrachten diesen Abschnitt als einen wesentlichen Beitrag zu einer Culturgeschichte der germanischen Völker. Uhlands Charakteristiken einzelner Gestalten der deutschen Heldensage, Wolfharts, Rüdigers, und unter den Frauen Gudruns und Kriemhilds, gehören zu dem Feinsten und Gediegensten, was nach dieser Seite hin geschrieben worden.

Der

Das dritte Capitel (S. 348-404) zerlegt sich in vier kleinere Abschnitte: 1. Vortrag, 2. Vers, 3. Stil, 4. Gestaltung des Liedes. Den Ausdruck singen und sagen fasst Uhland S. 351 fg. ganz ebenso wie ich in meinen Untersuchungen über das Nibelungenlied S. 373, indem er, was sagen betrifft, neben der recitativartigen Weise des Vortrags, die dem singen gegenübersteht, auch eine Überlieferung in gewöhnlicher ungebundener Sprache, von Munde zu Munde gehend, annimmt, auf welche gleichfalls der Ausdruck sagen im Gegensatze zu der Überlieferung durch Lieder angewendet wurde. zweite kleinere Abschnitt (S. 357-389) ist, wie Keller bemerkt, im Manuscript am meisten umgearbeitet worden. Eine eigentliche Darstellung der altdeutschen Verskunst gibt er nicht, sondern beschäftigt sich hauptsächlich mit der Alliteration, dem Reime, den Uhland aus den romanischen Sprachen entlehnt glaubt, und der epischen Strophe, als welche Uhland die Nibelungenstrophe betrachtet und deren Vers er auf den Alexandriner des nordfranzösischen Epos zurückführt. Der dritte (S. 390 - 401), bekanntlich vorzugsweise das Typische im deutschen Volksepos, die epischen Formeln und die Art und Weise der Beschreibungen und Schilderungen. Von besonderem Interesse ist es, Uhlands Ansichten über die Gestaltung des Liedes kennen zu lernen (S. 401-404). 'Das Gedächtniss des Sängers, bemerkt er, scheint der Dauer des Vortrags und dem Umfange des Liedes ein Ziel zu setzen'. Es folgt aus dieser Beschränkung, daß der Gesang nicht anders als rhapsodisch sein konnte, d. h. daß aus dem Großen und Ganzen, welches nur in der allgemeinen Vorstellung des Volkes und der Sänger gleichzeitig und vollständig vorhanden war, immer nur einzelne, zwar zu einer selbständigen Handlung abgeschlossene, aber doch auf den allgemeinen Zusammenhang hinweisende Theile von mäßigem Umfang vorgetragen wurden. An Reichhaltigkeit, Verknüpfung und Ausführung verschieden, tauchten diese einzelnen Gebilde aus dem lebendigen Ganzen hervor und sanken auch wieder in demselben unter. Wurden sie aber durch die Schrift festgehalten, in verschiedenen Zeiten und aus verschiedenem Munde, so konnte derselbe Gegenstand in sehr abweichenden Darstellungen zu Tage kommen' (S. 402). Und dann (S. 404): 'Wenn aber auch die äußere Form nothwendig rhapsodisch war, so liegt es doch im Begriffe der Rhapsodien selbst, daß sie dem Inhalte nach schon vor der Aufzeichnung größere Zusammenhänge bildeten, und es sind daher der Idee nach umfassendere Dichtungen schon damals wirklich vorhanden gewesen'. Diese so klar vorgetragenen Sätze aus dem Munde eines Mannes, der mit dem dichterischen Schaffen wohl vertraut war, können noch heute uns über das Wesen und die Geschichte des Volksgesanges aufklären und belehren,

Das vierte Capitel (S. 405-456) betrachtet die Gedichte aus dem Kreise der deutschen Heldensage im Besonderen. Es wird darin 'von jedem, doch meist nur summarisch, die formelle Beschaffenheit, die nachweisliche oder muthmaßliche Zeit der Abfassung in ihrer jetzigen Gestalt, der Dichter, wo er namhaft gemacht werden kann, und der poetische Werth, nicht sowohl des sagenhaften Inhalts, sondern der jeweiligen Bearbeitung angegeben (S. 405). Als Verfasser des Eckenliedes und des Sigenot betrachtet Uhland, wie auch andere schon gethan, den von Rudolf von Ems erwähnten Heinrich von Linouwe, und will demgemäß in der Strophe des Ecke êrst seit von Lune (Lutringe) Helferich lesen êrst seit von Lînouwe Heinrich. Den Verfasser von Dietrichs Flucht, Heinrich den Vogeler, betrachtet schon damals Uhland auch als Dichter der Rabenschlacht (S. 415), wie später Wilh. Grimm (zum Athis C. 74) auch that. Die Abfassung des Rother setzt Uhland S. 417 in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts, während er, wie ich glaube, richtiger S. 384 ihn um die Mitte des Jahrhunderts verfasst annimmt.

Am ausführlichsten und für uns wichtigsten ist die Erörterung über das Nibelungenlied (432-448). Hier drängt sich Uhland die noch heute geltende Streitfrage auf: ob wir einen Dichter eines in sich vollendeten Kunstwerkes oder einen Ordner zuvor schon einzeln vorhandener Volksgesänge anzunehmen haben (S. 434). Beide Ansichten entwickelt Uhland, indem er L. Bauer, 1830 im Morgenblatt eine längere Abhandlung 'Das Lied der Nibelungen ein Kunstwerk' veröffentlichte, und W. Grimm (Heldensage S. 368 fg.) reden lässt. Dann fasst er seine eigene Meinung in folgende Sätze zusammen:

der

1. Die Fabel des Gedichts, Handlung und Charaktere, sind nicht die Erfindung eines Einzelnen, nicht ein Erzeugniss der Zeit, welcher Sprache, Vers und Stil dasselbe anweisen, der Grenzscheide des 12. und 13. Jahrhunderts' (S. 439). 'Von einem Dichter des Nibelungenliedes können wir also nicht sprechen, sofern wir unter einem solchen den Erfinder seiner Fabel oder auch den gestaltenden Bearbeiter eines vorher noch nicht poetisch zugebildeten, geschichtlichen oder sagenhaften Stoffes verständen. In langer, lebendiger Fortbildung war der poetische Inhalt des Liedes, Handlung und Charakteristik, schon vollendet; ihr Dichter war allerdings nicht ein einzelner, sondern die längst im Volke wirkende dichterische Gesammtkraft' (S. 441).

2. Gleichwohl kann uns auch ein bloßer Ordner nicht zufrieden stellen' (S. 441). Uhland wirft hier die Frage auf: was hatte derselbe zu ordnen? und in welcher Absicht, in welchem Sinne verfuhr er ordnend? Daß er ein Schriftwerk vor sich gehabt, ist 'weder erweislich noch wahrscheinlich'. Aber auch die gangbaren Lieder in möglichster Vollständigkeit niederzuschreiben, genügte nicht, um ein Ganzes ohne Lücken und Widersprüche zu erhalten'. Zu diesem Zwecke 'muß angereiht, ausgeglichen, ergänzt werden. Aus einem solchen Ordner vieler einzelner Lieder oder doch aus der Erweiterung und Ergänzung eines schon bestandenen größeren Complexes durch solche (Heldens. 65), soll nun, nach Lachmann und Grimm, das Nibelungenlied hervorgegangen sein, und diese Art der Entstehung wird in alten Liederanfängen, in Einschiebungen, Wiederholungen, Unverständlichkeiten, Widersprüchen nachzuweisen gesucht, welche der Ordner hinzugebracht oder stehen gelassen habe. Indem jedoch das Ganze wieder in zwei dem Umfang nach ziemlich gleiche, in Beziehung auf Vollständigkeit der Überlieferung, auf Darstellung, Sprache und Reim aber verschiedene Theile zerfallen soll, scheint

در

es (denn völlig klar ist mir nicht, wie dieses Verhältniss gedacht sei), daß jeder dieser beiden Haupttheile ursprünglich wieder seinen besondern Ordner gehabt hätte, bis der letzte auch sie unter sich und mit andern ihm sonst noch zu Gebote stehenden einzelnen Liedern zum größern Ganzen zusammenfügte' (S. 442). 'Diese Lieder', fährt er fort, 'kann ich mir nicht so beschaffen denken, wie Lachmann nach seiner speciellen Ausführung sich solche vorstellt, und Grimm, indem er sich nicht dagegen erklärt, ihm auch hierin beizupflichten scheint. Lachmann, wenn ich ihn nicht gänzlich missverstehe, nimmt an, daß, wenn wir aus einer Abenteure des Nibelungenliedes diejenigen Beigaben ausgeschieden, in denen er bloße Übergänge und Einschiebsel von der Hand des Ordners zu erkennen glaubte, wir alsdann das einzelne Lied der Hauptsache nach in der Gestalt vor uns haben, wie der Ordner selbst es vor sich hatte. So stellt Lachmann gleich aus der zweiten und dritten Abenteure, welche von Siegfrieds Jugend und seiner Fahrt nach Worms handeln, durch Ausscheidung und Umsetzung vieler Strophen, zwei Lieder her, deren ersteres die Beschreibung der Feierlichkeiten bei Siegfrieds Schwertnahme, bis auf den Punkt, wo er sich weigert, bei seines Vaters Leben die Krone zu tragen", enthalten habe (Lachmann S. 72). Nach meiner Meinung kann es niemals, weder im Wortlaute der durch jenes Verfahren gereinigten Strophen, noch dem Inhalt nach, ein in lebendiger Überlieferung gangbares, für sich bestehendes Lied gegeben haben, worin eine solche Schwertnahme beschrieben wäre. Dasselbe behaupte ich in Beziehung auf alle ausführlicheren Schilderungen von Festlichkeiten, Botschaften, Hoffahrten, Frauendienst und so fort, also von einem bedeutenden Theile des Liedes überhaupt und der ersten Hälfte desselben insbesondere (S. 442 fg.). In Bezug auf die Absichten des Ordners bemerkt Uhland: Daß derselbe nicht die Absicht gehabt haben könne, die in der Überlieferung vorhandenen romanzenartigen Lieder bloß zusammen zu stellen (Lachmann S. 4) und dabei nur die ihm nöthig scheinenden Verknüpfungen und Ergänzungen anzubringen, davon zeugt die Beschaffenheit des Werkes selbst. Denn in der Gestalt, in welcher die Lieder, auch nach Wegräumung dessen, was man für solche Zuthat erklärt, noch immer großentheils erscheinen würden, könnten sie, wie ich zuvor behauptet, niemals in volksmäßiger Überlieferung gelebt haben' (S. 443 fg.). Damit spricht sich Uhland gegen W. Grimms Ansicht aus, der (Heldensage 368) 'das Bedenken, welches aus jener äußern Ausstattung gegen die gewissenhafte Behandlung des Überlieferten (vgl. S. 65) erwächst, dadurch zu heben sucht, daß er auch jene für volksmäßig erklärt und dem lebenden Munde der Sage zuweist' (S. 444 fg.). Das Nibelungenlied 'zeigt uns die Sitte häuslichen und öffentlichen Lebens so, wie sie am Schlusse des zwölften Jahrhunderts sich gestaltet hatte, aber nicht wie sie schon in volksmäßigen Überlieferungen dargestellt sein konnte; und es ist so gleichmäßig und gehalten über das Ganze verbreitet, daß wir entweder alle hier zusammengestellten Lieder bereits in dieselbe Farbe getaucht annehmen müßten, was nach dem Obigen unzulässig erscheint, oder diese Einheit nur in der Anschauungsweise des Ordners begründet finden können. Grimm selbst sagt (S. 64): "In der äußern Form, in Stil, Farbe und Ton der Erzählung bemerken wir keine störenden Verschiedenheiten; derselbe Geist waltet überall". Hätte dieser gleichmäßige Geist etwa schon in einem der gegenwärtigen Gestalt des Liedes zu Grunde liegenden größern Ganzen gewaltet, dann würde das bisher Gesagte eben nur auf den Ordner dieses letztern anwendbar sein. Es ist aber

zu jener Annahme wirklich kein Grund vorhanden, vielmehr passt das Costüm gerade zu der Zeit, welcher das jetzt vorhandene Gedicht auch der Sprache und dem Verse nach angehört. Waltet nun durch dieses jener gleiche Geist und können wir die Verbreitung desselben dem Ordner des Gedichtes nicht absprechen, so ist ihm, sei es auch vorerst nur in äußern Dingen, doch eine über das Ganze sich gleichförmig erstreckende Wirksamkeit eingeräumt, die uns sehr natürlich zu weitern Resultaten führt. Befand er sich einmal auf dem Standpunkt, seine Zeit in den alten Mähren geltend zu machen, so lag ihm auch ganz nahe, hervorzuheben und auszubreiten, was dem Geiste seiner Zeit zusagte, zu beseitigen oder durch anderes zu ersetzen, was demselben widerstrebte. Schon in der ältester Gestalt der Sage, in den Eddaliedern, wirken vornherein mehr die mythischen Motive, weiterhin mehr die der Leidenschaft. Es ist sehr begreiflich, daß einem Ordner aus der hohenstaufischen Zeit die letztern ansprechender waren, als die erstern: daß selbst schon in den deutschen Überlieferungen, die ihm zunächst vorlagen, das Mythische verdunkelt, das Ethische hervorgestellt war. So dürfen wir uns auch nicht wundern, wenn die zweite Hälfte des Nibelungenliedes lebensvoller dasteht als die erste, wenn in dieser, wo der mythische Inhalt großentheils ausfiel, dafür die äußerlichen Schilderungen um so bequemer einrückten. Sie passen auch am besten für diesen vordern Theil des Gedichts, wo noch, wie die Eingangsstrophe verkündigt, von Freuden und Hochgezeiten berichtet wird. Daß in einem Gedichte, welches, wie wir anerkennen, mehrere schon vorhandene Rhapsodien zur Grundlage hat und diese wohl auch, soweit es nicht der Zweck des Ordners mit sich brachte, unverändert ließ, wie es denn überhaupt den Ton und Stil des epischen Gesanges einhält, Ungleichheiten und Widersprüche im Einzelnen vorkommen, ist gar nicht anders zu erwarten. Schon das bei Abfassung der Schriftwerke gewöhnliche Dictieren, die bloße Verarbeitung im Gedächtnisse machte solche Verstöße fast unvermeidlich; sie sind auch, wie Grimm selbst bemerkt, für den poetischen Werth unerheblich: mögen wir Kriemhildens Jahre noch so genau nachzählen, sie ist doch niemals gealtert. Im Ganzen aber sollten solche Unebenheiten gerade einem Ordner, dessen einziger Beruf eine geschickte Zusammenstellung wäre, weniger begegnen, als demjenigen, der mehr das dichterische Ganze vor Augen hätte. Wir haben also, nach all diesem, nicht bloß einen Ordner, der ältere Lieder zusammengestellt und nothdürftig verbunden, sondern wenigstens einen solchen, der sie im Geiste seiner Zeit zu einem Ganzen geordnet hat'. (S. 445 fg.)

3. macht Uhland 'die innere Einheit der Handlung und der die Handlung beseelenden Idee' gegen einen bloßen Ordner geltend (S. 447). Das Gedicht beginnt mit Kriemhildens schön aufblühender, ahnungsvoller Jugend; es schließt streng ab mit ihrem Tod auf dem Gipfel ihrer furchtbaren Umwandlung. So bringt es, kann man anführen, der Geist der Sage mit sich, so fand es der Ordner in den Liedern. Allein was letzteres betrifft, ergibt sich aus dem Gedicht von der Klage, welches da anhebt, wo das Nibelungenlied endet, daß Überlieferungen vorhanden waren, welche über Kriemhildens Tod hinausgiengen und welche in irgend einer Gestalt wohl auch dem Ordner des Nibelungenliedes zu Gebot gestanden wären. Nicht allen Bearbeitern alter Mähren ist es gelungen, den Geist der Sage so aufzufassen, daß sie in ihm die Begrenzung ihres Werkes finden. Endlich aber bricht auch noch jene subjective Einheit hervor, die mit Empfindung und Bewusstsein ihren großen Gegenstand in sich aufnimmt. An

deutungen der Zukunft finden wir als zum epischen Stile gehörig auch in andern und ältern Gedichten. Aber dieser ahnungsvolle Hauch durch das Ganze, diese Verkündigung des Unheils vom Anfang an, die Vorausschauung in der träumenden Seele, die immer näher rückende und bei jedem Vorschritt wieder durch einen Wehelaut angerufene Erfüllung, diese Weise ist nur dem Nibelungenliede eigen. Und warum hat denn auch keines von allen andern Gedichten dieses Kreises jene Anmuth, jene aus dem frischesten und lebendigsten Gefühl erzeugte Wahrheit, die jedes Wort durchdringt und beseelt? (Worte von W. Grimm S. 368.) Sind diese Eigenschaften ein Gemeingut, warum finden wir sie nur hier? und können wir sie nicht allen dem Ordner vorgelegenen Liedern zuerkennen, warum rechnen wir sie nicht ihm selbst zum Verdienste? Wie sollen wir aber einen Ordner nennen, dessen Geist auf solche Weise die alte Sage in sich auffasst und zurückspiegelt? In der Sprache des Mittelalters nennen selbst die Bearbeiter wälscher Rittermähren sich Dichter. Das Lied von der Klage, das sich den Geschichten des Nibelungenliedes anschließt, nennt den Verfasser seiner Quelle einen tihtære. Auch wir werden im Sprachgebrauche unserer Zeit kein Hinderniss finden, den Ordner, dem wir solche Eigenschaften zuschrieben, gerad heraus einen Dichter zu nennen. Er ist, um es kurz zu bezeichnen, nicht der Dichter der Sage, aber der Dichter des Liedes, wie es als ein Ganzes vor uns liegt (S. 447 fg.). Sehr zu bedauern ist, daß Uhland die hier vorgetragenen Ansichten niemals öffentlich im Druck ausgesprochen hat; sie würden, die einzig richtige Vermittlung zwischen den widerstreitenden Ansichten enthaltend, längst dazu beigetragen haben, der Wahrheit den Sieg zu verschaffen, und hätten vielleicht dem schrankenlosen Verrennen in eine Parteiansicht einen Damm gesetzt.

In dem letzten Capitel 'Nichtcyclische Heldensagen' (S. 456-509) behandelt Uhland einen Kreis von Sagen, welche wir nur zum kleineren Theile der Heldensage beizählen würden: es zerfällt in acht Abschnitte: Sagen der Heruler, Langobarden, Thüringer, Franken, Sagen aus der Zeit der sächsischen, fränkischen, staufischen und habsburgischen Kaiser, wobei hauptsächlich die 'Deutschen Sagen' der Brüder Grimm benutzt sind. Darunter findet sich auch die Herzog-Ernst-Sage kurz behandelt (S. 479-481), über welche nach einer Anmerkung Kellers ein späterer Band noch eine ausführlichere Bearbeitung bringen wird. Die ausführlichste Behandlung hat hier Friedrich von Schwaben erfahren, von dem Uhland die Stuttgarter Handschrift zu einem Auszuge benutzt hat, an welchen sich eine Deutung des mythischen Gehalts der Sage anschließt (S. 481-493).

Erwartungsvoll sehen wir dem zweiten Bande entgegen. Den Dichter über Gegenstände der Poesie zu vernehmen, muß an sich schon interessieren, um so mehr, wenn dieser Dichter ein so tief eindringender gründlicher Forscher wie Uhland ist. Die dichterische Natur Uhlands klingt nicht nur in seiner Auffassung der Poesie und Sage durch, sondern macht sich auch in der formellen Gestaltung geltend. Es ruht auf dem Ganzen ein eigenthümlicher Hauch von Poesie, der sich zumal auch in den hochpoetischen Bildern und Vergleichen äußert, deren sich Uhland zur Veranschaulichung und Hebung seines Stoffes bedient. Es mag genügen, hier an das schöne Bild vom Rosenstein, als Symbol der schwäbischen, der deutschen Poesie, am Schlusse der Einleitung (S. 22)

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