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weiter nördlich nach dem Zambese zu sieht man noch heute weite, mit regelmäßigen Furchen bedeckte Landstrecken, die Stellen, wo einst reiche Ernten von Mais und Mabele-Korn standen; die Hütten sind längst verschwunden, ihre Stellen werden indessen durch runde Steineinfassungen an gezeigt, sowie durch die Stämme der geschälten und abgestorbenen Bäume, deren Aeste abgekappt sind, um für die darunter liegenden Aecker mehr Sonnenlicht zu gewinnen. Meine Makalakka gingen hier schweigend vorüber, auf meine Fragen erhielt ich ungenügende Antworten und er fuhr nur, daß hier herum einst der alte Wanki wohnte, der den Speeren der Ma- | tebele Majachas entkommen war und sich glücklich mit seinem kleinen Stamm über den Zambesi rettete, wo er noch heute wohnt. Einzelne Marula-Bäume standen in den gänzlich verwilderten Gärten und da diejenigen, die sie gepflanzt hatten, ja doch nicht ernten konnten, so labten wir uns an dem Saft ihrer gelben und legten Früchte, denn die eigentliche Ernte fällt in den Monat April.

Inzwischen ging es so nach Umständen immer weiter. Am 22. Mai stand der Wagen in der Breite von 19 Grad 18 Minuten 36 Secunden Süd, der vorherr schende Mopani-Wald verschwand immer mehr und mehr, der Boden wird sandig, zuletzt arten die genannten Bäume in einen verkrüppelten Buschwald aus. Schon von 19 Grad 40 Minuten an bis nordwärts nach einer weiten Grasebene hin, die die Eingeborenen Tuma Malissa nennen, in der Breite von 18 Grad 57 Minuten 42 Secunden Süd, zeichnet sich die Gegend

dadurch ganz besonders aus, daß über große Ausdehnungen das ganze Land von Pfannen bedeckt ist, die selbst in der allertrockensten Jahreszeit Wasser behalten, wenigsteus ein großer Theil derselben, aber ganz besonders die von Tuma Malissa. Sie bilden die Tränkestellen für die Elephantenherden, die hier namentlich von October bis April verweilen, mit der trodenen Jahreszeit aber weiter ostwärts nach den wasserreichen Gegenden des nördlichen Matebele Landes ziehen, woselbst bereits Jahr für Jahr zahlreiche Jagdgesellschaften auf sie warten, weniger aus Liebe zum Sport als vielmehr um das Elfenbein zu erlangen.

Endlich am 25. Mai Nachmittags um 2 Uhr hatte mein Wagen seinen nördlichsten Punkt in 19 Grad 10 Minuten 51 Secunden S. Br. erreicht und meine Art und Weise, weiter nach den Victoria-Fällen des Zambesi hin zu reisen, wurde nun eine andere. Die Tsetse-Fliege wurde fünf Seemeilen weiter nördlich zwar nicht in großen Schwärmen, aber doch vereinzelt angetroffen, es wäre mithin die größte Unbesonnenheit gewesen, die unentbehrlichen Ochsen und die nüßlichen Pferde noch weiter zu führen. Das Land besteht hier zum Theil aus dünenartigen Hügeln von ganz feinem weißen Sande, in dem man auch nicht die geringste Spur des kleinsten Steinchens findet. Weit und breit herum macht die Gegend den Eindruck, als sei sie früher Meeresboden gewesen; der kleine, südlich vom Wagen liegende, jest trockene Sandbach zeigt Kalkstücke im Flußbette. Auch hier behalten einzelne in Lehmschichten stehende Teiche das Jahr hindurch Wasser.

Verantwortlicher Herausgeber: George Westermann.

Redacteur: Dr. Adolf Glaser.

Uebersetzungsrechte bleiben vorbehalten. - Nachdruck wird gerichtlich verfolgt.

Druck und Verlag von George Westermann in Braunschweig.

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XI.

Verlorene Biele.

Eine Erzählung

Rollen in den Lüften.

von

Edmund Hoefer.

Nachdruck wird gerichtlich verfolgt.
Bundesgesey Nr. 19, v. 11. Juni 1870.
(Fortsetzung.)

Der nächste Morgen nach einem Ballfeste und obendrein nach einem so lange währenden und glänzenden, wie das des Commandeurs gewesen war, pflegt für die Betheiligten, selbst wenn sie heiter gewesen und sich mit den angenehmsten Eindrücken und Erinnerungen tragen, niemals ein sehr erquicklicher zu sein. Alles umher sieht ein wenig mide und frostig aus, das gewohnte Behagen gerade einer solchen Morgen- und Frühstücksstunde kommt nirgends recht zum Durchbruch, und der Anlauf, den man zur Munterfeit und guten Laune nimmt, ermüdet bald an der eigenen und allgemeinen Abgespanntheit.

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Im Hause des Banquiers war dies alles bisher allerdings weniger bemerkt und empfunden worden als in den anderen Familien der Stadt. Ein gemeinsames Morgenleben gab es bei Wehlows nicht, Jeder begann seinen Tag und benußte die Frühstunden für sich und nach seinem Belieben. Der Hausherr frühstückte in seinem Zimmer und ging früh in das Comptoir hinab wie Wilhelm Wehlow auch im Uebrigen sein und beurtheilt werden mochte, als Geschäftsmann und Chef seines Hauses war er von tadelloser Pflichtstrenge und Ordnungsliebe, und der eingeführte vornehme Lebenston und die gesellschaftlichen Zerstreuungen beeinflußten selten oder nie seine Geschäftsthätigkeit, sondern richteten und

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beschränkten sich vorkommenden Falls nach | Angelegenheiten, ihr Bruder, der alte rücksichtslose Vetter, und wären es auch nur ihre Erlebnisse des vergangenen Abends gewesen, regelmäßig nebenher liefen.

dieser. Frau von Wehlow verließ ihr Schlafzimmer selbst in den ruhigsten Zeiten kaum jemals vor der bürgerlichen Mittagsstunde und war dann für gewöhnlich selbst den Hausgenossen nicht zugänglich. Die alte Bürgermeisterin droben, Fräulein Bertha, und seit Marie zurückgekehrt war, auch diese drunten, hatten gleichfalls ihre Beschäftigungen jede für sich, und daß die beiden Mädchen zusammen frühstückten, war erst eingeführt worden, seit sie ihren Freund schaftsbund geschlossen hatten. Für sie waren diese Stunden fast immer frische und angenehme und wurden durch keine Störung beeinträchtigt, da sie, wie wir wissen, an den gesellschaftlichen, ermüdenden Zerstreuungen, Marie gar nicht und Bertha nur ausnahmsweise, theilnahmen.

In dieser regelmäßigen Lebensordnung war erst ganz neuerdings eine Veränderung beliebt worden, und zwar eine zweifache. Seit der Banquier nämlich von seiner klei nen Reise zurückgekehrt war, hatte er den Wunsch ausgesprochen, daß die jungen Damen" das Frühstück mit ihm gemeinsam | im sehr comfortablen Speisezimmer einnehmen möchten: diese Sitte sei ihm bei seinem Gastfreunde in Ambach fast erst wieder in Erinnerung gekommen und äußerst angenehm erschienen. Es verstand sich von selbst, daß sein Wunsch auch in diesem Falle so gut wie Befehl war und die beiden Mädchen sich fügten. Allzugroß war die Unbequemlichkeit für sie keineswegs. Der Banquier war, wie wir vernahmen, früh und prompt bei der Hand und verlängerte obendrein das Zusammensein meistens nicht, obgleich er sich stets von ungewöhnlich guter Laune zeigte und sich lebhafter und theilnehmender der Unterhaltung widmete, dieselbe in Fluß erhielt, als es sonst seine Art zu sein pflegte. Seine Aufmerksamkeit für Bertha, von der wir erfuhren, zeigte sich während dieser Stunde am eifrigsten und ließ sich durch die von dem Mädchen beobachtete stete Zurückhaltung wenig stören. Er hatte stets mit ihr zu thun, während seine Tochter kaum recht beachtet wurde; er berichtete von diesem und dem, er brachte alles Mögliche zur Sprache, er wollte zuweilen sogar einen Rath hören und erhob sich manchmal selbst zum Versuch eines Compliments, um uns so auszudrücken, wobei ihre persönlichen kleinen

Hier haben wir der zweiten Veränderung zu gedenken, welche das regelmäßige Tagesleben erfahren hatte. Adine hatte die Begleitung der Gesellschafterin bisher selten anders in Anspruch genommen, als hin und wieder bei Aus- und kleinen Spazierfahrten in den Nachmittagsstunden und zuweilen für den Theaterbesuch. Von den großen Wintergesellschaften blieb sie ihrem Wunsche gemäß für gewöhnlich dispensirt, und selbst an der im Hause stattfindenden Geselligkeit betheiligte sie sich im Allgemeinen nur nach freiem Belieben und gemäß ihrer Stimmung. Jett, auch ungefähr seit der Rückkehr Wehlow's, hatte Adine mehr als einmal ihre Begleitung zu den sich drängenden Abendfesten ausdrücklich und mit ungewöhnlicher Bestimmtheit gewünscht, ohne daß ein Grund dieser Neuerung angegeben oder auch nur deutlich geworden wäre. Das Mädchen hatte sich natürlich, als die ersten leisen Einwendungen keinen Eindruck auf die Dame gemacht hatten, schweigend gefügt, obgleich die ungewohnten Zerstreuungen für sie ersichtlich nur ermüdende und angreifende waren. Sie war ein wenig bleich und noch zarter geworden als bisher, und in ihrem Aeußeren und ihrem Wesen machte sich eine Erregtheit und nervöse Gereiztheit bemerkbar, welche sie im Hause mehr als je die Einsamkeit suchen und im Kreise der Uebrigen noch stiller erscheinen ließ, als man sie ohnehin zu sehen gewöhnt war.

Das Ballfest in der Commandantur hatte bis zu einer Stunde gewährt, wo im Sommer die Sonne bereits hoch am Himmel steht, und selbst der Banquier war, als er nach der auf das späte Souper folgenden Plauderstunde im Saale erschien und seine Frau den Aufbruch stets von neuem verzögern sah, endlich fast verdrießlich geworden und hatte bei der Rückfahrt sich über die Unersättlichkeit der Damen in mehr als einer spißen Redensart ergangen. Adine hatte darauf auf das allertrockenste erklärt, daß sie Niemandes Freiheit bes schränke und kein Urtheil bestreite. Sie selber habe sich vortrefflich unterhalten, ein so durchaus gelungenes, durch nichts gestör tes Vergnügen habe sie selten genoffen,

und noch lange werde sie mit Genugthuung | mag. „Ich komme wieder, sobald ich kann, an diesen Abend denken. Darauf war der und dann wollen wir spazieren fahren. Es Gatte verstummt. Bertha hatte überhaupt ist ein frischer Morgen und wird dir wohl nichts mehr gesprochen. thun. “

Heute Morgen war es denn auch bei den beiden Letteren ziemlich viel später Tag geworden als gewöhnlich, und als Marie, welche Hunger gehabt zu haben erklärte und ihr Frühstück allein eingenommen hatte, zurückkehrend bei der Freundin einsah, fand sie diese noch beim Anzuge.

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„Hu, wie müd' und abgespannt du aussiehst!" sagte sie kopfschüttelnd. Aber das ist ja auch ganz unerlaubt, ich wollte meinen Ohren nicht trauen, als ich euren Wagen anfahren hörte, ich hatte fast schon ausgeschlafen."

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Apropos, mein Vater," sagte Marie; beeile Dich, Bertha, er hat auch noch nicht gefrühstückt und zankt am Ende, wenn er Niemand von uns findet. Mich entschuldigst du wohl, die Großmutter hat mich rufen lassen. Geht's besser mit deinem Kopfweh?"

„Es ist erträglicher, als ich fürchtete," verseşte die Freundin, welche nun ihre Toilette beendigt hatte und vom Spiegel fort trat. Mußt du wirklich hinauf, Marie? Ach Gott, ich bin so gar nicht zur Unterhaltung gestimmt und Herr von Wehlow wird auch nicht allzu munter sein."

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Bertha nickte ihr freundlich zu. Sie zog eine Schublade auf, um sich ein Ta=" schentuch zu nehmen, und als Marie ge= gangen war, wandte auch sie sich zur Thür, tief aufathmend, wie erleichtert, und der Enteilenden einen Blick nachwerfend, der von ihren bisher müden Augen kaum zu erwarten war. Denn es war wiederum, wie wir es am vergangenen Abend bemerkten, ein auflodernder Troß darin, Hohn, ja etwas wie ein wilder Triumph. Und wie schnell das alles auch wieder verschwand, und obgleich es ihren Augen nicht die reine Klarheit und ihren Zügen nicht die Frische verleihen konnte, blieb in ihrem Gesicht ein völlig verändertes Etwas zurück - die Abspannung, welche Marie vor Kurzem noch bedauert hatte, war verschwunden, und als sie einige Minuten später in das Frühstückszimmer trat, umfloß ihre ganze Erscheinung ein Hauch von Milde und leiser Schwermuth, der von ihrem gewöhnlichen Ausdruck wenig, oder doch nur zu ihrem Vortheil unterschieden war.

Der Banquier, der, wie es schien, ziem lich ungeduldig auf und abging und, bei des Mädchens Eintritt stehen bleibend, sie rasch musterte, hatte daher auch vollkom= men Recht, als er nicht ohne Lebhaftigkeit sagte:

„Ah, Fräulein Bertha, und wie anmuthig! Eine solche Ballermüdung finde ich entzückend, sie macht die Damen nur reizender!"

Sie verneigte sich schüchtern, gesenkten Blicks und mit einem ganz leisen Lächeln. Wie gütig Sie sind, Herr von Wehlow!“ flüsterte sie dabei.

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Er trat ihr näher, das Auge von ihr zur Thür und wieder auf sie zurückwendend.

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So mache es kurz ab, -man sieht es dir ja an, wie angegriffen du bist, und er kann's dir nicht übel nehmen, wenn du dich bald zurückziehst. Eigentlich ist's schade für dies neue hübsche Negligee am heutigen Morgen es steht dir allerliebst, aber du solltest auch ein wenig frischer und | auf. heiterer dazu aussehen!" sprach Marie, die Freundin freundlich musternd; Bertha's Morgenkleid war allerdings von jener tadellosen Sauberkeit und, man muß wohl sagen, milden Eleganz, welche die Erscheinung der Damen gerade zu dieser Stunde zu einer so ansprechenden zu machen ver

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Sie kommen allein, mein Fräulein?" Sie blickte flüchtig und schüchtern zu ihm

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Fräulein Marie hat bereits gefrühstückt, weil wir ihr zu lange säumten," versette sie in gleich leisem, sanftem Ton, „und jezt. hat Ihre Frau Mutter sie rufen lassen, sagte sie mir."

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Ah, c'est charmant! Schon der zweite Vortheil dieser Balllangweilerei!“ rief er

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Seien Sie nicht grausam, liebenswürdige Bertha!" sprach er erregt, bald die eine, bald die andere Hand küssend. Eine so unverhoffte Gunst des Geschicks - ich sehe Sie endlich einmal allein, das lang weilige Geschöpf läßt Sie endlich einmal frei! Und ich sollte den Augenblick nicht nüßen Ihnen nicht wiederholen, zeigen, wie heiß meine Empfindungen? Nicht versuchen, Ihre Härte und Kälte-"

"Herr von Wehlow schonen Sie mei nen Frieden! Ich darf das nicht hören ich ich stammelte sie und blickte bei der letzten, kaum verständlichen Silbe scheu zu ihm auf, schnell das Auge wieder senkend. Der Blick mußte doch wohl noch etwas Anderes enthalten haben als die Bitte um Schonung; der Widerstand, den sie leistete, mußte ihn nicht zurückschrecken. Er legte, immer erregter, jezt wirklich den Arm um ihre schlanke Taille und redete lebhaft:

„Reizendes Kind, ist es meine Schuld, daß Sie mich immer mehr bezaubern? Schöne Bertha, glauben Sie doch einmal an die Gluth meiner Ergebenheit! Können Sie denn ewig widerstehen? Spricht in Ihnen denn nicht ein einziges, sanftes, freundliches -"

"Herr von Wehlow-schonen Sie meine -Schwäche!" hauchte sie, von Gluth über gossen, mit einem neuen schwachen Versuch, sich von seinem Arm frei zu machen. Aber es war umsonst. „Schwäche!" rief er er„Schwäche!" rief er erregt aus, welch' ein entzückendes Wort! Schöne Bertha, es ist ja Alles, was ich wünsche und erbitte, daß Sie nicht immer streng und grausam, daß Sie nur einmal ein wenig schwach gegen mich und mein Gefühl find!"

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„Himmlisches Kind!" Er hielt sie von neuem in seinem Arme, er küßte von neuem ihre Hände. Sie müssen mir vertrauen, Sie müssen in mir Ihre Stärke, Ihren Schuß finden! Das erbitte ich ja! Himmlisches Kind sprechen Sie ein kleines süßes Wort, das mich befeligt!"

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"Ich kann nicht - ich kann nicht!" stammelte fie, aufs neue die Hände auf die Augen preffend, aber widerstandslos in seinem Arme. „Wenn Sie wüßten," fuhr sie nach einer Pause, mit einer Art von Schluchzen, fort, wie ich zu ringen habe mit meinem Mitleiden, meiner Bewunderung, wie weh es mir thut, daß Sie, so gütig, so nachsichtig, so ehrenhaft, stets auf Kälte stoßen, welche ja nichts als eine neue, furchtbare Täuschung ist o Herr von Wehlow!"

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Durch sein erregtes Gesicht glitt ein flüchtiger Zug von verdießlichem Erstaunen, allein was ihn gerade beherrschte und was er verfolgte, war allzu mächtig in ihm, als daß davor etwas Anderes hätte zur Geltung kommen können. Er traf die Gelegenheit so günstig, wie sie vielleicht in vielen Wochen nicht wiederkehrte; er sah das so hieß er es — scheue und kalte Mädchen nicht blos seltsam erregt, anf den Grund kam es für ihn sehr wenig an, die Stimmung selber war ihm so günstig

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