wendigen Sachen zu Unterhaltung des Leibes überflüssig erfüllet ist; aber [c. April. wenig sind, die solche Wohlthat des Höchsten erkennen, sondern es gehet uns, wie andern Rebuspublicis] ergangen, daß aus Sattigkeit und Überfluß üppigkeit und Hochmuth entsprossen, wie solches leider die Erfahrung gar zu sehr bezeuget. Ladet jemand seine Freunde zu Gast, so muß er die Tafel, ob sie gleich ziemblich groß, mit allerhand köstlichen Speisen dermaßen besehen, daß nicht eine Schüssel mehr Raum habe. Da machet uns dann der Überfluß einen Ekel, welchen zu vertreiben Europa und Afrika nicht gewachsen sind; Asia und Amerika muß ihnen zu Hülf kommen, allerhand Gewürz und Zucker durch so viel Meer und Länder zuschicken, ob sie uns vielleicht einen Appetit zu essen erwecken möchten. Es ist kaum ein Land unter der Sonnen, da so viel und unterschiedene Art der schmackhaftigsten Biere gefunden werden, als allhie bei uns in Preußen. Aber die sind uns zu schlecht. Deutschland, Franckreich, Hispanien muß ihre Wein zuschicken, damit wir uns erfüllen können. Hierauf folget die Hoffart und der Übermuth in Kleidungen. Ein wollen Kleid, so fein als es immer sein mag, stehet uns nicht mehr wohl an. Da müssen die Italiener und auch die Holländer aus Ost-Indien uns Seidenwaaren zuführen. Dennoch ist uns (insonderheit unsern Jungfrauen) bald dieses bald jenes ein altsränkisch Muster, daß die Künstler, so Sammt und Seiden arbeiten, so viel neue inventiones nicht erdenken können, als wir begehren. Unsern Vorfahren war ein Fuchsenpelz warm genug; wir müssen die theuersten Zobeln aus Moscovien bringen lassen. Die Kleider müssen wir mit breiten seidenen Krönichen oder Spiken ganz dicht besehen lassen, unsere Mäntel müssen wir mit köstlichem Sammet durch und durch ausfüttern lassen; unsere Jungfrauen müssen in lauter Seiden gehen, sollte gleich nicht ein Heller im Hause bleiben. Nun fraget man noch wohl, wo doch das Geld aus Preußenland bleibe. Wir schicken in Franckreich und Hispanien so viel vor 1) Wein, wie auch in Deutschlandt, in Ost- und West-Indien so viel vor Gewürz und Zucker, in Italien so viel vor Seidenwaaren, in Moßcovien so viel vor Peltereien, so jährlich zusammen viel Tonnen Goldes machen. Diesem Übel zu remediren, ist man zum öftern auf Mittel bedacht gewesen, und haben die Priester auf den Kanzeln das ihrige wohl gethan, daß sie in diesem Fall entschuldiget sein. Aber wer achtet auf ihr Predigen? Man hat auch zu unterschiedlichen Malen Kleiderordnung gemacht; weil man aber mit der Execution der gedraueten Strafen nicht fortgefahren, sondern solches vielmehr eines Jeglichen Schamhaftigkeit und Ehrbarkeit 1) Vorl.: so. [c. April.] heimgestellet, als hat solche Kleiderordnung nicht lang Bestand gehabt, sondern das Übel ist immer ärger worden. Demnach wird E. Ch. D. meines Erachtens sehr weislich thun, wann Sie nach dem Exempel lobwürdiger Städte, als Nürnberg, Straßburg, Geneva und anderer, solchen Übermuth und üppigkeit per censorum officium zwingen würden, welches Ambt wahrlch in einer Republ[ica] hochnöthig; dann Obrigkeit nicht allein auf justitiam Achtung geben muß, daß einem jeglichen Recht müge gepflogen werden, sondern auch zusehen, daß die Unterthanen in Zucht und Ehrbarkeit leben mögen, damit des Landes Einkommen nicht durch Hoffart, Übermuth und üppigkeit der Unterthanen fremden Nationen in die Hände gerathe. In Constituirung aber der censorum ist erstlich dieses in Acht zu nehmen, daß man dazu nehme zwei oder drei ehrbare Leute unstrafbares Lebens, insonderheit in den Städten aus Rathsmittel, welche E. Ch. D. durch ein Special-Jurament können verpflichtet werden. Zum andern, der censorum Ambt und Verrichtung soll sein, daß sie Sorge tragen sollen, damit die Üppigkeit in Fressen und Saufen und die Hoffart in Kleidungen möge gezähmet werden; zu dem Ende sie von allen denen Waaren, so aus frembden Ländern zu uns gebracht und nur zur Üppigkeit und Hoffart im Lande consumiret werden (als allerhand Gewürz, Zucker, Wein, allerhand frembde Bier, Wein und dergleichen Getränk, so zur See eingeführet werden, item Tabak, allerhand Seidenwaaren, wie sie immer Namen haben mögen, allerhand Spigen oder Krönichen, sowohl von Zwirn als von Seiden, Silber oder Gold, Silber- und Guldenstück, Zobeln, köstliche Leinwand, als Kammertuch, Holländische Leinwand, Französische Waaren und dergleichen, welche alle allhie zu specificiren zu lang werden will), die Censurgelder, nämlich den Zehenden Pfennig von deroselben Werth einnehmen sollen. Die Nuzbarkeiten, so aus diesem Censurambt entspringen werden, sind viel und mancherlei. Erstlich wird E. Ch. D. die üppigkeit in Fressen und Saufen, die Hoffart und Übermuth in Kleidungen, welche schädliche Laster sind, dadurch der Zorn Gottes über das Land gehäuset wird, wie obgemelt, hiedurch etlicher Maßen im Zaum halten und hergegen die Unterthanen zur Sparsamkeit und Frugalität gewöhnen. Fürs andere wird man nicht so viel Geld in Muscau, Italien, Deutschland, Franckreich, Hispanien oder Indien aus dem Lande schicken dörsen. Zum dritten werden aus den Censurgeldern, so auf eine ansehnliche Summa jährlichen sich belaufen werden, die verarrendirten Güter wieder können eingelöset und also das Land wiederümb in seinen Wohlstand gesehet werden. Zum vierten, weil durch solche Straf- oder Censurgelder nur die Reichen, üppigen und Hoffärtigen gedrückt werden, wird die liebe Armuth [c. April.] und insonderheit der Ackermann hierdurch verschonet und wird also wiederumb können auf die Beine gebracht werden. Mehr Nuzbarkeiten allhie anzuziehen, achte ich vor unnöthig, sintemal verhoffentlich sonnenklar, daß das Land hiedurch in merklichen Aufwachs könne gebracht werden. Wird demnach zweifelsohn niemand gefunden werden, dem solches mißfallen oder dasselbe verhindern sollte; es wäre dann, daß er augenscheinlich den Lastern den Rücken halten und dem Lande gute Sitten und alle Wohlfahrt mißgönnen wolle. Es wird sich auch keiner über solche Censurgelder beschweren können, sintemal der hundert Rthlr. in obgemelten Waaren verschwendet, kann auch wohl zehen zu des Landes Besten ablegen. Dieses ist mein einfältiges Bedenken, welches ich E. Ch. D. in Unterthänigkeit nicht vorenthalten wollen, mit demüthigster Bitte, solches nicht in Ungnaden zu vernehmen, sondern, dafern ich etwa worin geirret, nach Churf. angeborner Gelindigkeit und Sanstmuth gnädigst zu[zu geben, daß die Liebe gegen E. Ch. D. und des Landes gedeihlichen Wohlstand, dadurch ich dieses zu schreiben bin bewogen worden, mich mögen entschuldigen, womit ich Sie zu allem Churf. Wohlergehen dem höchsten Gott will befohlen haben. 293. Protokoll. 21 April (1 Mai). Anwesend: Gözen, Putliz, Nibbeck, Schwerin, Stripe. 1. Schreiben vom Herren Verweser 1) sambt Postscripto an S. Ch. D. Westfäl. abgelesen, wegen S. Ch. D. ehisten Hierkunst und was er an den von Kleist Friedens geschrieben zum andern Male. Was armistitii halb zu rathen. Werbener Schanze könnte nicht prästiret werden. Kaiserischen sollte kein Paß und Proviant geben werden. Wäre uf ein biennium gerichtet. Werbener Schanze halb müßte man eine Recognition haben und in andern Punkten auch geändert werden. Der von Leuchtmar nit Befehl gehabt, wie er erst geschickt, vom armistitio zu tractiren, hätte sich aber dazu persuadiren lassen, hätte es guet zwar gemeint. Armistitium müßte doch auch in geheimb gehalten werden, do die Ratification ausgeben werden sollte und bei den Kaiserischen in Verdacht kämen. Zeit müßte auch prolongirt werden. Herr Putliz. Man hätte die puncta armistitii zu ersehen, was zu ändern. Herr Oberhauptmann. S. Ch. D. Wille nit, in Feindschaft mit Schweden zu sein. Wann Schweden mit dem Kaiser verglichen, könnte 1) Vgl. oben Nr. 283. verhand. lungen. Westfäl. neue Alliance gemacht werden. Schiene, Schweden suchten etwas Ge Friedens. verhand. fährliches. lungen. Herr Schwerin. Hielte auch davor, daß Schweden nit Ursach armistitium zu fordern, weil Sich S. Ch. D. also erzeigt, daß sie von Ihr nichts zu fürchten. Weil sie aber druf tringen, zu geben und Maß voll zu machen; doch daß die puncta impossibilia geändert und deshalb ein Revers geben würde. " Herr Strip. Hielte Sache nit practicabel. Die Dinge, so im armistitio enthalten, schon passirt. Hätten rem in Handen, als die Pläße, so darin gedacht. Müßte etwas Gefährliches drin stecken, S. Ch. D. in Handen zu haben, wann sie mit Polen oder andern Krieg anfiengen. Thäten izo S. Ch. D. keine Freundschast; würden uns nit vom Kaiser ganz abwerfen müssen, armistitium also in illa forma nit auszugeben. Do sie aber meinen, S. Ch. D. Affection nit versichert, könnte S. Ch. D. Declaration geben, daß S. Ch. D. alles ratione amicitiae ratificirt haben und in solchem Vertrauen mit der Königin bleiben, wie das armistitium besaget, und daß die Articul, so nicht mehr zu practiciren, präterirt würden. In voriger Form könnte es nit ratificirt werden. Herr Kanzler. Wann Schweden Declaration geben, würde es besser sein. Sonst möchten sie Staten und andern weisen, als wann noch kein Freundschaft und Friede gemacht, sondern derselbe in Kraft des armistitii nur suspendirt. Wollte die dubia in Relation fassen und Schluß zu S. Ch. D. Ausschlag stellen. Hier wüßte man nit, was S. Ch. D. in puncto satisfactionis an den Verweser geschrieben, auch was Kleist negotiiret. 2. Relatio von Münster vom 20. dies st. n. 1) referirt von Herren Schwerinen. Item Osnabruggische Relation vom 13 Aprilis 2). 294. Protokoll. 22 April (2 Mai). Schwedischer 1. Generalmajor Wittenbergs Schreiben, daß er seine march nothwendig Durchmarsch von Treuenbriehen, Beliz, Sarmundt, uf Beskow nehmen müsse p. Stehet an den Obristen Hansen von Rochow. Soll S. Ch. D. mit zugeschickt werden. Anmerkung. Den 16 April kündigt Wittenberg den Geh. Räthen an, daß er seinen Marsch durch die Mark nehmen müsse und Treuenbriezen beriühren werde; er bittet um Commissarien. Es wird Oberst Hans v. Rochow gebeten, die Commission zu übernehmen, weil das Amt Lehnin, das ihm anvertraut, im Zauchischen Kreise liege, und zur Zeit kein Commissar vorhanden sei. N. berichtet dann, daß W., obwohl er beständig vorgebe, sein Marsch sei auf Jüterbog gerichtet, auf Beelitz, Sarmund und Beeskow marschiere. Die 5 Räthe berichten am 22 April (2 Mai) im Postscript dem Kurs., daß sie den Oberschenken an W. gesandt, um den Marsch abzuwenden, es sei aber nicht möglich gewesen. Melden dann das Weitere. Die Soldaten hausen nicht zum Besten. R. 24c. 198. Fasc. 18. 1) U.-A. 4, 436. 2) U.-A. 4, 436 f. 2. Concept Relationis 1) an S. Ch. D. wegen der nägsten Oßnabrugg Relation und Münsterischen Briefe, vom Herren Kanzler abgelesen. 3. Relatio der Subdelegirten von Wittenberg in der Anhaltischen Sache, Anhaltischer so heut einkommen, abgelesen. 295. Relation von Gözen, Putliz, Ribbeck, Schwerin, Stripe. Cölln. 22 April (2 Mai). Ausf. Concept von Göken in R. 246. 16. Westfälische Friedensverhandlungen. Armistitium. Anhaltische Commission. 8wist. Sie senden Osnabrücker und Münsterische Relationen, worauf es einer 2 Mai. ausdrücklichen Resolution ihrerseits nicht bedarf, sondern sie geben es dem „Daß aber auf schwedischer Seiten die Extradition der Ratification über das geschlossene armistitium so hart urgiret wird, müssen wir billig mit Verwunderung vernehmen, zumal zu dieser Zeit, da man eben zu dem Ende beisammen, einen beständigen immerwährenden Frieden zu schließen. Es wird zwart als eine Ursach angezogen, sambt könne J. Kön. Maj., dieweil solche Ratification nicht extradiret, E. Ch. D. nicht trauen, sondern müßten besorgen, E. Ch. D. suchten nurt liberas manus zu behalten. Nun wissen wir zwart nicht, daß dieses E. Ch. D. Meinung sein sollte; wannenhero man aber, dieses zu besorgen, auf schwedischer Seite Ursach nehmen können, vermögen wir nicht abzusehen. Sie haben einen gefaßten exercitum auf den Beinen, E. Ch. D. seind dahingegen ohne alle Verfassung; ganz Pommern stehet in ihren Handen, darüber haben sie noch unterschiedliche Plätze in E. Ch. D. Churfürstenthumb beseket. Was ihnen auch in dem armistitio versprochen worden, wie es hernacher wegen des Unterhalt 1) Vgl. Nr. 295. Meinardus, Protokolle. III. 29 |