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Publikums zu bringen, zusammengehalten mit dem verschiedenartigen Bestand dieser Bedingungen, erweiset zur Genüge, daß die rechtliche Ueberzeugung von dem Eintritte gleichmäßiger, mit jedem Geschäftsübergange nach dem Geseze innerer Nothwendigkeit sich vollziehenden Rechtsfolgen in der factischen Uebung des Kaufmannsstandes keinen genügenden Ausdruck findet. In der That fehlt es an jedem haltbaren Grunde für die Annahme des Bestehens einer festen handelsrecht lichen Praxis in dem Sinne, daß der Eintritt in das Handelsgeschäft eines Einzelfaufmanns ebenso, wie der Eintritt in eine schon bestehende Handelsgesellschaft (ohne Weiteres) die Verhaftung für die älteren Passi ven nach sich zieht."

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Bd. II, S. 48: Diese hier angefochtene Ansicht (über den selbstfolglichen Uebergang der Passi= ven im fraglichen Falle) . . . hat man . . . lediglich auf den angeblichen Geist und Sinn des Deutschen Handelsgesetzbuchs, sowie darauf stügen wollen, daß fie der Ansicht des handeltreibenden Publikums und der handelsrechtlichen Praxis entspreche. Inzwischen erscheint die erstere Fundamentirung schen von vornherein höchst bedenklich, wenn man den Gang der Berathungen des Entwurfs zum Handelsgesetzbuch in dieser Beziehung in Betracht zieht.

Nachdem mündlich bei der ersten Lesung des Preuß. Entwurfs zum Handelsgesetzbuchs der Art. 27 (jegt Artikel 23 des Handelsgeseßbuchs) einhellig angenommen worden (S. 41 der Protecolle) wurde beantragt, folgende Bestimmungen in das Gefeß aufzunehmen:

Der Uebernehmer (Erwerber) einer Handlung ist zur Erfüllung aller Handelsverbindlichkeiten des früheren Inhabers der Handlung unter Ausschluß der Einrede der Vorklage und der Abtretung des Klagrechts verpflichtet.

sie überflüssig erschien, indem die Beantwortung schon anderweit aus dem Gesetz zu entnehmen sei, sondern weil die thatsächlichen Verhältnisse, um deren Beurtheilung es sich handle, so außerordentlich verschieden seien. und die Absicht der Contrahenten so vielgestaltig sei, daß es unmöglich erscheine, die erforderlichen rechtlichen Bestimmungen in wenigen Säßen zusammen zu faffen, ohne daß dabei dem Leben und dem Rechtsgefühl der Betheiligten Gewalt angethan würde; wobei im Ver lauf der Berathung durch Anführung einer Mehrzahl von Fällen zu zeigen versucht wurde, daß keiner der vorgeschlagenen Säge ganz mit Stillschweigen übergangen. Gleichwohl hat man jene, hier angefochtene Ansicht zu stüßen versucht

1) auf Art. 15, 23 des Handelsgeseßbuchs, indem auszuführen versucht wird, daß die Firma ein Sachname und als unzertrennbar von dem Geschäft anzusehen sei, daß dies Geschäft ein abgeschlossenes Ganze sei, zu welchem als integrirende Theile nicht nur die Waarenvorräthe und Utensilien, sondern auch die ausstehenden Handelsforderungen uud contrahirten Handelsschulden gehörten. Nur dies Ganze könne deshalb mit der Firma übertragen werden und werde auch in der Handelswelt dergestalt als ein einheitlicher Complerus aufgefaßt, daß, welche Person auch der Träger einer solchen Firma sein möge, dadurch diese Einheit an sich nicht alterirt werde, vielmehr unverändert und ungetrennt stehen bleibe.

Abgesehen indeß davon, daß diese Ausführung viel zu viel beweisen und zu seltsamen Consequenzen füh= ren würde, z. B. daß der Inhaber eines Handelsgeschäfts dasselbe nicht mit Ausschluß seiner Activa verkaufen könnte, erscheinen die Prämissen in dieser Ausführung auch unrichtig, womit die darauf gebauten Folgerungen von selbst zerfallen.

Die Debatte hierüber wurde indeß vertagt und erst Die Firma eines Kaufmanns ist überhaupt kein bei der zweiten Lesung wieder aufgenommen (Proto- Sachname. Man hat in neueren Gesetzgebungen den colle S. 1131 ff.), wo denn zwei Anträge gestellt Kaufleuten die Führung einer Firma, deren Eintra= wurden, welche mit verschiedenen einschränkenden resp. gung im Handelsregister und die Zeichnung vor dem erweiternden Modificationen im Wesentlichen jenen Handelsgericht zur Pflicht gemacht, um Zweifel über Saz wieder aufnahmen. Als Resultat der desfallsigen die Identität der Personen, über die Echtheit der UnDebatten aber wurde die zur Abstimmung gestellte terschriften und über die Befugniß zur Vertretung Vorfrage: u. f. w. zu beseitigen, und es erscheint in der That ob solche Bestimmungen in das Gesetz aufzu- willkürlich, wenn man hinter dem Gebrauch einer nehmen seien? Firma etwas Weiteres suchen, darin den Ausdruck für mit bedeutender Majorität abgelehnt, nicht etwa weil die Gesammtheit der auf ein Handelsgeschäft sich be=

ziehenden Rechtsverhältnisse und einen juristischen Unterschied für die Uebertragung des Geschäfts mit und ohne Firma finden will. Dies ergiebt sich klar aus der Bestimmung des Art. 15 des Deutschen Handelsgesetzbuchs:

Die Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter welchem er im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgiebt,

sowie aus Art. 113 a. a. D., wonach Derjenige, wel= cher in eine bestehende Handelsgesellschaft eintritt, die Haftung für die vorhandenen Gesellschaftsschulden über tommt, gleich viel ob die Firma beibehalten oder geändert wird.

der bisherigen Firma mit oder ohne einen, das Nachfolgeverhältniß andeutenden Zusaß fort= führen, wenn der bisherige Geschäftsinhaber oder dessen Erben, oder die etwaigen Miterben in die Fortführung der Firma ausdrücklich willigen.

Art. 23. Die Veräußerung der Firma als solcher, abgesondert von dem Handelsgeschäft, für welches sie bisher geführt wurde, ist unzulässig. Hiernach kann nun die Firma nicht ohne das Geschäft, wohl aber das Geschäft ohne die Firma veräußert werden; und mit der gedachten absoluten Untrennbarkeit Beider fallen auch die darauf gebauten Folgerungen weg.

Jene Ansicht wird ferner

2) auf Art. 113 a. a. D. gestüßt:

Ferner erscheint in der obigen Darstellung des Handelsgeschäfts als eines Ganzen, eines Inbegriffes von Rechtsverhältnissen u. s. w. der Begriff des Handelsgeschäftes mit dem des Handelsvermögens verwechselt, was klar hervortritt, wenn man den Fall segt, daß ein Kaufmann sein Geschäft plöglich schließt, seine Firma im Handelsregister streichen läßt, dies auch öffentlich bekannt macht, womit denn dies Handelsgeschäft offenbar gänzlich verschwunden ist, während das Vermögen ungeändert bleibt. Auch pflegt der Kaufmann unter dem „Handelsgeschäft“ nur die, mit einer bestimmten Räumlichkeit, oder mit einem bestimmten Namen, oder mit beiden verknüpfte Gelegen= heit zum Betriebe eines Handelsgewerbes zu denken, bei deren Erwerb es ihm darum zu thun ist, daß der, welcher die Handlung bisher betrieben, zurücktrete, diese Art des Geschäfts aufgebe und daß er, der Erwerber, indem ihn jener bei seinen Handelsfreunden empfiehlt und das Vertrauen, welches derselbe bis dahin genossen, auf seinen Nachfolger zu übertragen bittet, die Verbindungen und Kundschaften erhalte, worin jener bisher gestanden; während es auf der Hand liegt, daß die bisherigen Creditoren des Geschäfts bei dergleichen Aenderungen in der Person des Inhabers ihren Entschluß zum ferneren Creditgeben weniger vom Namen der Firma, als von ihrer Ansicht über die Vertrauenswürdigkeit der Person des neuen Instimmung enthalte. habers abhängig machen werden.

Endlich ist auch die Untrennbarkeit der Firma von dem Handelsgeschäft durchaus nicht vorhanden, denn es bestimmt Art. 22 a. a. D.:

wer ein bestehendes Handelsgeschäft durch Vertrag oder Erbgang erwirbt, kann dasselbe unter

wer in eine bestehende Handelsgesellschaft eintritt, haftet gleich den anderen Gesellschaftern für alle von der Gesellschaft vor seinem Eintritt eingegangenen Verbindlichkeiten, es mag die Firma eine Aenderung erleiden oder nicht, indem behauptet wird: daß dies noch mehr als dann gelten müsse, wenn Jemand ein bestehendes Handelsgeschäft mit Ausscheidung des bisherigen Inhabers allein und ganz übernimmt und unter der alten Firma fortführt; wofür nur angeführt wird, daß ein wesent= licher Unterschied zwischen beiden Fällen (des Eintritts in eine Handelsgesellschaft und des alleinigen Erwerbs eines Geschäfts) nicht obwalte. Aber gerade dies Leztere ist augenscheinlich unrichtig. Vorweg mag nur bemerkt werden, daß nach den Commissionsverhandlungen sämmtliche Commissionsmitglieder den Art. 113 a. a. D. als eine, nur für den darin bezeichneten Fall abgegebene Vorschrift auffaßten und daß, wie bereits oben angedeutet, der wiederholte Antrag für die übrigen Fälle des Eintritts in ein Handelsgeschäft ähnliche Beftimmungen zu geben abgelehnt wurde, und nicht etwa deshalb, weil der Art. 113 schon die allgemeine Be

Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Fällen,
tritt aber flar vor Augen, wenn man folgende Be-
ftimmungen des Handelsgeseßbuchs in Betracht zieht:
a) die Handelsgesellschaft kann unter ihrer Firma

Eigenthum und andere dingliche Rechte an
Grundstücken erwerben;

b) sie kann vor Gericht klagen und belangt werden falls sind die Unterschiede so erheblich, daß eben des-
und besigt

c) ihren eigenen Gerichtsstand (Art. 111);

d) die Privatgläubiger eines Gesellschafters sind wäh-
rend der Dauer der Gesellschaft nicht befugt, die
zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Sachen,
Forderungen und Rechte, ganz oder theilweise
zu ihrer Befriedigung in Anspruch zu nehmen
(Art. 119, 120, 126, 132);

e) die Compensation zwischen Forderungen der Ge-
sellschaft und Privatfordungen eines Gesell-
schafters, gegenüber einem einzelnen Gesellschafter
ift für die Dauer der Gesellschaft ausgeschlossen
(Art. 121);

f) der einzelne Gesellschafter kann über seinen An-
theil an den Gesellschaftsactivis, Sachen und
Forderungen nicht selbstständig durch Einklagung
oder Uebertragung an Andere verfügen, er muß
sich im Falle des Ausscheidens mit einer Abfin-
dung in Geldwerth begnügen (Art. 108, 131,
132);

g) es ist der Concurs über das Gesellschaftsver
mögen, verschieden vom Concurse über das Pri-
vatvermögen der einzelnen Gesellschafter, zulässig.
Die Gesellschaftsgläubiger haben in der Befrie-
digung aus dem Gesellschaftsvermögen einen
Vorzug vor den Privatgläubigeru der einzelnen
Gesellschafter (Art. 122, 123, 133);
h) die Gesellschaft kann, unbeschadet des Ausscheidens
eines Theilhabers fortbestehen (Art. 127, 128,
131).

Von diesen Bestimmungen leiden selbstredend die
unter f und h auf Eigengeschäfte keine Anwendung; bei
den übrigen besteht ein solches Hinderniß nicht, gleich
wohl gelten die unter a, d, e, g, für Einzelngeschäfte
entschieden nicht; die Unterschiede zwischen beiden sind
also sehr erheblich, und während gerade die Solidari
tät, welcher der eintretende Gesellschafter sich unter
wirft, durch die Bestimmungen unter a, d, e, zu
seinen Gunsten beschränkt wird, oder ihm dadurch doch
zu seiner Sicherung Rechte an die Hand gegeben
werden, da er 3. B. unter Umständen den Verkauf,
oder die Verschuldung der auf den Namen der Firma
der Gesellschaft eingetragenen Grundstücke hindern kann
(Art 102 a. a. D.), ist davon bei einem einzelnen
Geschäft für dessen Inhaber nicht die Rede. Jeden-

wegen von analoger Anwendung des Art. 113 a. a. D.
auf den alleinigen Erwerber eines Handelsgeschäftes
nicht die Rede sein kann.

Wenn ferner die

3) entgegengesette Ansicht sich auf die Vermuthung
stüßt, daß der Erwerber eines Handelsgeschäftes sammt
Firma auch die gesammten Activa und Passiva über-
nommen habe, so wird diese Vermuthung lediglich auf
die schon erwähnte angebliche Natur des Handelsge-
schäftes sammt Firma, als eines nntrennbaren Ganzen,
gegründet, was oben bereits seine Widerlegung ge=
funden hat. Jedenfalls würde aber auch dergleichen
Vermuthung durch den Inhalt des Erwerbungsver-
trages widerlegbar sein.

4) Als ferneren Grund für jene Ansicht hat man
angeführt, daß unzweifelhaft die Rechte der Handlungs-
gläubiger durch den zwischen dem Veräußerer und Er-
werber des Handelsgeschäfts geschlossenen Uebergangs-
vertrag nicht geschmälert werden dürfen, und daß das
her diese Gläubiger, obwohl ihnen wider ihren Willen
ein anderer Schuldner, statt des ursprünglichen, nicht
obtrudirt werden könne, doch berechtigt seien, sich ohne
Weiteres an den Erwerber wegen ihrer Forderungen
zu halten. Dieser leßtere Schluß trifft indessen offen-
bar schon dann nicht zu, wenn die Rechte der Gläu-
biger durch den Veräußerungsvertrag nicht geschmälert
werden, also wenn dieser Vertrag für den Veräußerer
so geartet ist, daß seine Zahlungsfähigkeit durch den-
selben nicht verringert wird. Allein selbst wenn leg-
teres der Fall wäre, wenn der Veräußerer sein Ge-
schäft unentgeltlich abgetreten hätte, oder der Vertrag
ein Scheingeschäft, oder sonst in fraudem creditorum
abgeschlossen wäre, so würden die Gläubiger beim
Vorhandensein der Bedingungen der actio Pauliana
nach gemeinem Rechte doch nur diese Klage, nach den
Preußischen Gesezen das Anfechtungsrecht gegen den
Vertrag nach dem Gesez vom 9. Mai 1855, oder im
Falle des Concurses nach den Bestimmungen der Con-
cursordnung vom 8. Mai 1855 haben.

Endlich steht

5) jener Meinung feineswegs die Ansicht des han-
deltreibenden Publikums, noch die handelsrechtliche
Praris zur Seite. Ersteres findet schon im Obigen,
sowie besonders auch darin seine Widerlegung, daß bei
derartigen Geschäftsveräußerungen die Betheiligten Cir

cit. enthaltene Saß, daß die Gefahr auf den Käufer erst übergehe, wenn ihm die verkaufte Sache geliefert worden, bezieht sich nicht blos auf die Gefahr des Unterganges, sondern auch der Verschlechterung des Kaufobjects, und geht das Appellationsgericht mit Recht davon aus, daß im Geltungsbereiche des Dithmarscher Landrechts zur Begründung der Klage auf Aufhebung eines Kaufcontracts wegen heimlicher Mängel der verkauften Sache nicht der Nachweis er

culare und öffentliche Bekanntmachungen zu erlassen pflegen, durch welche der Uebergang des Geschäfts auf den neuen Erwerber, sei es mit den Activis und Pasfivis oder ohne diese, mitgetheilt wird. In Betreff der handelsrechtlichen Praris aber stehen jener Ansicht entgegen: die Rechtssprüche des H. A. G. in Nürnberg (Seuffert, Arch., Bd. XXI, S. 142, und Goldschmidt, Zeitschr. für Handelsr. XI, S. 548), des Ober- Tribunals in Stuttgart (Seuffert, Arch. Bd. VI, S. 242, Bd. VII, S. 41), des Hofgerichts_forderlich sei, daß dieser Mangel schon zur Zeit der in Darmstadt (Busch, Arch. VIII, S. 174), des Db. Ap. Ger. in Dresden (Sächs. Wochenbl. f. Rechtsfälle, 17. Jahrg. Nr. 22), endlich des Db. Ap. Ger. in Lübeck (Goldschmidt, Zeitschr. VI, S. 558).

Ueber die Gewähr der Mängel beim Vieh

handel nach Dithmarscher Recht.

In der in den vorjährigen Schl. Holst. Anzeigen S. 317 mitgetheilten Sache ist auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Beklagten die nachstehende Entscheidung der höchsten Instanz erfolgt.

Im Namen des Königs!

In Sachen des Vollmacht Haalf in Weddingstedt, Beklagten und Imploranten,

wider

N. Billerbeck und M. Ohlandt zu Wilster, Kläger und Imploraten,

wegen Aufhebung eines Kaufvertrages,
hat der erste Senat des Königlichen Ober-Appellations.
gerichts zu Berlin, in seiner Sigung am 16. November
1871 2c. für Recht erkannt:

daß die gegen das Urtheil des Königlichen
Appellationsgerichts zu Kiel vom 17. März
1871 vom Beklagten erhobene Nichtigkeitsbe
schwerde, unter Verurtheilung desselben in die
Kosten dieser Instanz, zu verwerfen sei.
V. R. M.

Gründe.

Die unter Ia gerügten Verlegungen des Art. 76 des Dithmarscher Landrechts, sowie der speciell aufgestellten Rechtssäge liegen nicht vor. Der in Art. 76

Perfection des Vertrages vorhanden gewesen sei. Die vom Verklagten als verlegt bezeichneten Rechtsfäße bestehen im Gebiete des Dithmarscher Landrechts nicht.

Der unter Ib hervorgehobene Rechtssag ist als richtig nicht anzuerkennen, vielmehr giebt der Appellationsrichter die Vorausseßungen der actio redhibitoria richtig an. Denn nach dem ädililischen Edicte haftet der Verkäufer wegen Mängel der verkauften Sache, wenn sie ihm nicht bekannt gewesen, falls sie so er= heblich sind, daß sie den Gebrauch der Sache beein= trächtigen, auf ihren Werth von Einfluß und nicht so offenkundig sind, daß sie dem Käufer in die Augen fallen mußten. Uebrigens stellt auch der Appellationsrichter thatsächlich fest, es sei erwiesen, daß die Kuh qu. an einem „wesentlichen“ Uebel, der sogenannten Franzosenkrankheit, gelitten habe und an dieser gestorben sei, sowie daß diese Krankheit keine solche sei, welche sofort in die Augen falle.

Die unter II der Rechtfertigung gerügte Omission wesentlicher Behauptungen des Beklagten liegt nicht vor. Der Appellationsrichter prüft und verwirft den aus der behaupteten Bekanntschaft der Kläger mit dem Fehler der Kuh entnommenen Einwand des Beklagten nnd kann daraus, daß er dabei nicht alle thatsächlichen Anführungen des Beklagten erwähnt, nicht gefolgert werden, daß er die nicht erwähnten übersehen habe.

fann nur wegen heimlicher Mängel auf Rescission Daß der Appellationsrichter den Saß: der Käufer des Vertrages klagen, nicht verlegt habe, geht auf's Klarste aus den Entscheidungsgründen hervor, indem darin ausdrücklich als Vorausseßung der Klage ange= führt wird, daß die Kuh qu. an einem heimlichen, ihren Werth beeinträchtigenden Mangel gelitten habe und thatsächlich festgestellt wird, daß der Fehler, mit welchem die Kuh behaftet gewesen, ein solcher sei, wel

cher nicht sofort in die Augen falle, also ein heimlicher sei.

Daß das Appellationsgericht bei Beurtheilung des gedachten Einwandes des Beklagten von der Annahme ausgegangen sei, ein Fehler sei nur dann als ein offener, nicht heimlicher anzusehen, wenn der Käufer von der speciellen Natur der Krankheit Kenntniß gehabt habe, an welcher das gekaufte Thier glitten, ist aus den Entscheidungsgründen überall nicht zu entnehmen. Ein Rechtssaß, wie der am Schluffe der Rechtfertigungsschrift formulirte und angeblich verlegte, ist als bestehend nicht anzuerkennen. Urkundlich 2.

Strafrecht und Strafverfahren.

Beförderung verschlossener Briefe oder Begleitscheine mit Packeten. § 2 des Postgesetes vom 2. November 1867.

cf. Goltdammer, Archiv, Bd. 19, S. 539.

Der § 2 des Gesezes über das Postwesen des Norddeutschen Bundes vom 2. November 1867 lautet: Die Beförderung

1. aller versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Briefe,

2. aller Zeitungen politischen Inhalts gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach andren Orten mit einer Postanstalt des In- oder Auslandes ist verboten.

Es ist Strafe angedroht, im § 30 Nr. 1 auch dann, wenn Briefe oder politische Zeitungen den Bestimmungen des § 2 zuwider auf andere Weise als durch die Post gegen Bezahlung verschickt werden.

Die Angeklagten betreiben nun ein umfangreiches Speditionsgeschäft (Norddeutsche Packet-BeförderungsGesellschaft), und sie haben die Begleitbriefe der einzelnen Sendungen versiegelt mit den legteren auf dem gewöhnlichen Speditionswege befördert.

Sie sind von der Anschuldigung der Postcontravention freigesprochen.

Auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Ober- Staatsanwalts ist das Appellationsurtel vom 10. Mai 1871

vom Ober-Tribunal wider Valette und Genossen vernichtet und die Sache in die Instanz zurückgewiesen.

Gründe: Es ist festgestellt, daß der Norddeutschen Packet - Beförderungs-Gesellschaft zu Berlin mehrere Packete zur Weiterbeförderung an den respectiven Bestimmungsort übergeben worden sind, deren jedem ein versiegelter Begleitbrief beigelegen, und die sodann nach den Bestimmungsorten, an denen sich, wie in Berlin Postaustalten befinden, von Seiten der ers wähnten Gesellschaft gegen Erhebung der tarifmäßigen Packetgebühren gesendet wurden.

Der Appellationsrichter sucht sowohl aus den Ver= tragsverhältnissen zwischen der Norddeutschen PacketBeförderungs-Gesellschaft und den Auftraggebern, sowie aus den Gesichtspunkten des öffentlichen Rechts nachzuweisen, daß in dieser Verfahrungsweise nichts Strafbares zu finden sei, weil für die Beförderung der Begleitbriefe keine besondere Bezahlung erfolgt, sondern nur die für die Packetsendung an und für sich be= stimmten Gebühren erlegt seien.

Hierin liegt jedoch ein Rechtsirrthum.

Der § 2 des Norddeutschen Postgesezes vom 2. November 1867 verbietet ganz allgemein die Beförde= rung aller versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Briefe gegen Bezahlung von Orten mit einer Postanstalt nach anderen Orten mit einer Postanstalt des In- und Auslandes. Es heißt dann im dritten Absah wörtlich:

Unverschlossene Briefe, welche in versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten befördert werden, sind den verschlossenen Briefen gleich zu achten. Es ist jedoch gestattet, versiegelten, zugenähten oder sonst verschlossenen Packeten, welche auf andere Weise, als durch die Post, befördert werden, solche unverschlossene Briefe, Facturen, Preiscourante, Rechnungen und ähnliche Schriftstücke beizufügen, welche den Inhalt des Packets betreffen."

Endlich strafen die §§ 27 Nr. 2 und 30 Nr. 1 denjenigen, welcher unbefugt Briefe oder politische Zeitungen gegen Bezahlung befördert, beziehungsweise verschickt. Allegirt hierbei ist namentlich der hier einschlagende § 2 1. c.

Danach ist der Sinn dieser Vorschriften klar. Die Beförderung aller versiegelten c. Briefe gegen Bezahlung steht nur der Postbehörde zu, und nicht den Pri

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