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waltung des abendländischen Reiches vor, bis sein Bruder die Jahre erreicht hätte, die Regentschaft selbst zu führen.

38. Während der lezten Lebensjahre des Kais sers Valens, seines Dheims, war Fridiger, König der Gothen mit einem mächtigen Kriegesheere in Thrazien und Pannonien eingefallen. Alsbald beschloß Gratian, seinem Oheim wider diese feindli, chen Völker zu Hilfe zu eilen. Da er jedoch den Haß dieses Fürsten wider die katholische Kirche kannte, nahm er sich zugleich vor, gegen die Fallstricke auf seiner Hut zu seyn, die er und die von ihm begünstige ten Arianer ihm legen konnten. In dieser Absicht wendete er sich an Ambrosius, und ersuchte diesen heilis gen Bischof, gegen den er die höchste Verehrung hegs te, ihm einige Belehrungen wider die Irrlehre des Arius schriftlich aufzusehen. Des jungen Kaisers frommen Absichten zu entsprechen, verfaßte daher Ambrosius seine Schrift über den Glauben oder über die Dreieinigkeit; die er in fünf Bücher eintheilte, von welchen er aber die drei leßten erst später vollendete. Diese Schrift enthält die bündigste Widerlegung der arianischen Irrlehre. Der heilige Bischof begründet darin die Glaubenslehre mit so großer Gewandtheit als siegreicher Kraft, und weist alle Einwendungen der Arianer durch die schlagendsten Antworten zurück. Auch verfaßte der Heilige noch ein Buch über die Menschwerdung; worin er diese Häretiker vollends ihres gotteslästerlichen Irrthums

überwies. Von allen diesen Werken wird späterhin ausführlicher die Rede seyn. (§. 383 u. ff. 389).

39. Durch den Tod des Kaisers Valens (§.35.), seines Dheims, war nun Gratianus auch Beherrs scher des Orients geworden. Sein erster Befehl als solcher war, ein Gesez, in dessen Kraft alle katholis schen Bischöfe, welche Valens ins Elend verwiesen hatte, und die nicht in der Verbannung gestorben was ren, zurück berufen und abermal auf ihre bischöflichen Stühle eingeseßt wurden. Indessen fühlte die, ser junge und gottesfürchtige Fürst die Last der Regierung eines so ungeheuern Reiches in ihrer ganzen Schwere; und sah bald die Nothwendigkeit ein, dieselbe mit einem Gefährten zu theilen. Da aber zu jes ner Zeit das orientalische Reich von allen Seiten durch die Barbaren angefallen wurde, bedurfte es eines tapfern Kriegeshelden, dasselbe zu beschüßen; der jedoch mit seiner Tapferkeit zugleich auch große Weisheit und Gottesfurcht vereinte; weil dem edlen Gratian vor allen andern Dingen daran gelegen war, daß die wahre Religion in allen seinen Ländern beobachtet, und Gott auf die rechte Weise gedient würde. In seiner erleuchteten Weisheit erwählte er nun Einen, der beide Eigenschaften in gleich hohem Grade in sich vereinte. Dieser Eine aber war Theodosius, der auch in der That durch den Glanz seiner Thaten den Namen des Großen in der Geschichte erlangte.

40. Schon der Vater dieses großen Mannes, ebenfalls Theodosius, genannt, war der berühm

teste Feldherr feiner Zeit gewesen, und hatte in Britannien, in Deutschland und in Afrika glänzende Siege über die Feinde des Reiches errungen. Er war eben in Afrika mit der Heilung der Wunden beschäftigt, welche die Barbaren diesen Landschaften geschlagen hatten, als er auf kaiserlichen Befehl enthauptet wurs de. Daß er als ein Opfer der Verleumdung und des Neides fiel, darin stimmen Ambrosius, Hies ronymus und Orosius überein; welches aber der Vorwand zu seinem Tode war, dies meldet feis ner der alten Geschichtschreiber; doch vermuthet man, er sei fälschlicher Weise angeklagt worden, als strebe er nach der Herrschaft über das Reich. Sein Sohn Theodosius, der desgleichen als Dur, nämlich als Befehlshaber des Heeres, kurze Zeit zuvor in Mösten rühmlich sich ausgezeichnet, die Sarmaten in mehreren Treffen besiegt, und sie zum Frieden gezwungen hatte, zog sich, als er die Ermordung seis nes Vaters erfuhr, mit tief verwundetem Herzen nach Spanien auf sein Landgut zurück, und ergab sich daselbst den einfachen und unschuldigen Beschäftigungen des Landlebens, durch die er seine einsame Verbor genheit erheiterte.

41. Wer den Feldherrn Theodosius eigentlich habe ermorden lassen: ob Valens oder Gra tian, dies scheint unentschieden zu seyn. Wahrscheinlicher bedünkt uns die Meinung Derjenigen, die dem eifersüchtigen Valens, der, nach einer Zaubersage, Diejenigen, deren Namen mit Theo anfing, als Solche fürchtete, die ihm nach dem Reiche stell

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die Schuld seines Todes beimessen; und es ist schwer zu begreifen, wie Stolberg den edlen Gras tian als den Urheber dieser schweren Blutschuld bes trachten konnte. Denn er selbst spricht von diesem Kaiser, daß christliche und heidnische Schriftsteller in seinem Lobe sich vereinigten. „Eine schöne Seele wohnte in einem schönen Leibe. . . . Mild, freigebig, edelmüthig, gesellig, mit Würde leutselig, erwarb er sich die Achtung und Liebe aller Stände. Seine Güte kam oft der Aeußerung ihres harrenden Wunsches zuvor. Er nahm wahren Antheil an Anderer Wohl und Wehe; besuchte Kranke, auch gemeine Soldas ten. Diese liebenswürdigen Eigenschaften wurden theils gesichert,.theils geheiligt durch wahre Gottesfurcht." Also spricht Stolberg von ihm. Daß aber ein solcher Fürst, der überdies „mit Verstand und Würde im Rathe sprach," die glänzenden Verdienste des ersten und größten Feldherrn um das Reich also belohnt, und auf bloßen Verdacht hin, und ohne ihn früher anzuhören, sollte zum Tode verurtheilt haben, dies bedünkt uns mehr als unwahrscheinlich. Und würde wohl, nach einer solchen That, der Sohn dieses großen Mannes dem Rufe Gratians sich gefügt, und den Befehl über das Heer übernommen haben? Mußte er nicht befürchten, daß, wofern er ebenfalls durch glänzende Waffenthaten sich auszeich nete, ein ähnlicher Verdacht und ein ähnliches Schicksal auch ihn treffen könnte? Ja mußte nicht Gratian selbst fürchten, der Sohn würde bei guter Gelegenheit den Tod des Vaters an ihm rächen?

42. Vielmehr scheint es, daß Gratian, der die hohen Vorzüge des noch jungen Theodosius kannte, und sehr genau zu würdigen verstand, sowohl über den unverschuldeten Tod seines Vaters ihn trösten, als den Vater durch ihn erseßen wollte; und daß auch nur der edle und liebenswürdige Charakter des Kaisers den jungen Helden bewog, seinen Ruf anzunehmen. Auch zeigte er der Wahl seines Kaisers (sich vollkommen würdig. Denn kaum hatte er den Oberbefehl über das Heer übernommen, so schlug er die Barbaren in mehreren Treffen; erfocht zulegt einen vollständigen Sieg über die Gothen, führte den ers sehnten Frieden in das Reich zurück, und traf sehr weise Anordnungen in den Provinzen, die seiner Vers waltung untergeben wurden. Diese glänzenden Thaten bestärkten den Kaiser in dem Gedanken, einen Theil seiner Macht an den grøßen und gottesfürchtigen Feldherrn zu übertragen; er ertheilte ihm i. I. 379 zu Syrmium den Purpur und erklärte ihn zum Mitregenten im Morgenlande. Zugleich auch trat er Thrazien und Alles an ihn ab, was früher Valens angehört hatte; und eben so auch den östlichen Theil Illyriens, dessen Hauptstadt Chefsalonich war.

43. Während dieser Kriege hatten die Gothen in Thrazien und Illyrien schauderhafte Verheerun? gen angerichtet, und waren bis in die Alpen vorges drungen. Allenthalben wurden Gefangene zum Verkauf angeboten; und es waren derselben so viele, daß ihre

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