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machen so sind fast immer die codd. im allgemeinen angegeben, nicht die einzelnen: kurz das urtheil, was Volkmann im Philol. XV, p. 317 figg. über die erste ausgabe abgegeben, bleibt auch für die zweite bestehen. Dazu müssen wir noch beklagen, dass der vf. nicht aufmerksamer die deutsche literatur verfolgt hat: so stehen III, 439. 474 noch die ganz sinnlosen lesarten, welche Meineke schon im Philol. XIV, p. 30 so trefflich verbessert hat: so hatte Klaussen Aen. u. d. Pen. I, p. 241 ßadvv vortrefflich in lib. III, 436 hergestellt, was auch von Mein. ad Callim. h. in Cerer. 114 übersehen ist; von demselben Claussen ist auch ib. 455 nach dлоwon ovσ die lücke erkannt das. p. 240, wie denn eine solche auch nach HI, 736 nothwendig angenommen werden muss, da das sprüchwort un xívɛı Kaμılgıvav (Zenob. V, 18) mit dem πάρδαλιν ἐκ κοίτης κτλ. in gar keinem zusammenhange steht. Auch Meineke's ausgabe des Callimachus, die so manches treffliche für diese orakel enthält, ist unbeachtet geblieben; doch drgl. liesse sich leicht noch gar vieles sagen und verweise ich daher statt dessen auf den schönen aufsatz von Meineke im Philol. XXVJII, p. 577 flg., der einer recension dieser ausgabe gleich zu achten und zudem auf das deutlichste zeigt, wie es hier noch aussieht, hebe dagegen hervor, dass von Alexandre viel zu wenig, eigentlich gar nicht, auf die von den verfassern dieser weissagungen benutzten alten dichter geachtet ist; zu diesen gehört wie bei Gregor von Nazianz (s. M. Schmidt im Philol. XIX, p. 708) besonders Kallimachos, s. Mein. ad Callim. h. p. 123. 181. Auf den text folgen p. 343 Notae sive editoris curae postremae ad libros omnes Sibyllinos, die nur auf erklärung, nicht auf kritik sich einlassen: obgleich auch hier die vernachlässigung der deutschen untersuchungen zu beklagen, denn nur sehr einzelnes benutzt der vf. bieten diese erörterungen doch ungemein viel lehrreiches über die kaisergeschichte und machen wir namentlich die bearbeiter des Tacitus auf dieselben aufmerksam. Bei allen diesen und andern mängeln bleibt diese ausgabe immer eine erfreuliche erscheinung und können wir keine andere jetzt bei den studien über diese poetischen pro. phezeiungen zu grunde legen. Das hier gesagte wird man auch durch Ewald bestätigt finden, wenn man dessen beurtheilung dieser ausgabe vergleicht: s. Philoi. Anz. II, nr. 1, p. 80.

E. v. L.

11. Le sentiment religieux en Grèce d'Homère à Aeschyle étudié dans son développement moral et dans son caractère dramatique par Jules Girard. 8. Paris. 1869.

Die einschränkung auf die zeit von Homer bis Aeschylus ergiebt sich insofern aus der sache selbst, als in der bezeichneten periode das religiöse leben der Griechen am reinsten und ungetrübtesten sich offenbart, während späterhin zersetzende elemente sich mehr und mehr geltend machen. Homer und Hesiod, welche den Griechen ihre götter schufen, und Aeschylus, der religiöseste unter den dramatikern, bilden die bedeutendsten marksteine in der entwicklungsgeschichte der griechischen religion. Diese betrachtungen sind für den verfasser ohne zweifel entscheidend gewesen, als er seine aufgabe in der angegebenen weise begränzte. Was nun die beiden hauptgesichtspunkte der antersuchung betrifft, welche in dem titel des buches angedeutet sind, so ist die darstellung des ethischen elementes am wenigsten befriedigend. Doch wollen wir dem verfasser hieraus keinen vorwurf machen, denn es ist eine nahezu unmögliche auf. gabe, aus blossen dichterstellen eine ethik herzustellen, und doch stehen uns keine andern quellen zu gebote. Das bedenkliche der aufgabe erkennt man so recht deutlich aus dem capitel über Theognis, wo uns die starken ausbrüche der politischen leidenschaft als ethische ideen geboten werden. Doch hier ist die klippe wenigstens leicht zu erkennen und deshalb eher zu vermeiden als bei dichtern wie Homer und Aeschylus. Der ver

fasser rühmt an dem ersteren, und mit recht, die dramatische kunst, die sich auch im epos offenbart. Diese bringt es aber mit sich, dass alle aussprüche ethischen inhalts, welche der dichter seinen helden in den mund legt, eine ganz individuelle auffassung und färbung erhalten, da sie als ausdruck der besondern gemüthsstimmung oder als bedeutungsvolle pinselstriche bei der schilderung der charactere dienen. Wenn also Achilles in seinem tiefen schmerze sagt: ὡς γὰρ ἐπεκλώσαντο θεοὶ δειλοῖσι βροτοῖσιν, ζώειν ἀχνυμένοις· αὐτοὶ δέ τ' ἀκηδέες εἰsív, so darf man daraus ebenso wenig mit dem verfasser einen fundamentalsatz der griechischen religion machen, als ähnliches gestattet sein dürfte mit der stelle in Bürgers Leonore:,,bei Gott ist kein erbarmen". Allerdings können bei allen dichtern auch stellen vorkommen, in denen das schlichte religiöse gefühl Philol. Anz. III.

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sich unverfälscht ausspricht; doch ist es schwierig diese auszusondern, und jedenfalls reichen sie nicht hin, um ein buch von beiläufig 545 seiten zu füllen. Zu welchen schiefen auffassungen das hier getadelte, aber leider weit verbreitete verfahren anlass giebt, dafür lassen sich in jedem grösseren abschnitte des vorliegenden buches belege finden. Die religiösen anschauungen der Griechen erscheinen hier nicht bloss durchgehends sehr ernst, sie erscheinen sogar mehrfach äusserst grämlich und trübe, während doch der heitere charakter der griechischen religion sich in zahlreichen erscheinungen unwidersprechlich zn erkennen giebt.

Viel glücklicher ist der verfasser bei behandlung des zweiten gesichtspunktes gewesen. Hier handelt es sich um die ästhetische bedeutung der griechischen religion, um ein thema, zu dessen bearbeitung ihn seine belesenheit, sein feiner geschmack und die gabe der eleganten und geistvollen darstellung besonders befähigten. Der gedankengang ist hier etwa folgender. Die idee der harmonie beherrscht in den ältesten zeiten fast ausschliesslich die religiösen anschauungen der Griechen und führt sie zu der entwicklung, welche in Homer und Hesiod sich kundgiebt. Dazu treten später, besonders durch den einfluss der Pythagoräer und der orphischen lehren, die ideen der sühne und der reinigung. Durch den kultus des Bacchus, des grossen gottes der orphischen lehre, entwickelt sich ein neues element, die exaltation, macht sich in kultus, sitte und kunst gleichmässig geltend, und führt endlich zur entstehung des drama. Bei diesen betrachtungen überwiegt natürlich die ästhetik die religion, wie es kaum' anders sein kann.

Aus gewissen theilen des buches könnte man nach etlichen auslassungen leicht eine abhandlung herstellen über das plastische im Homer", und ein bestimmtes kapitel, und zwar eins der schönsten, handelt sogar ausschliesslich von dem compositionstalente dieses dichters. Girard erläutert die vorzüge der homerischen composition durch eine geistvolle analyse der scenen zwischen Odysseus und Nausikaa und der wiedererkennungsscene zwischen Odysseus und Penelope. Eine vergleichung mit dem indischen epos hebt die vorzüge Homers noch mehr hervor. Solche ästhetische untersuchungen, welche von der feinen und geschmackvollen auffassung des verfassers zeugen, finden sich vielfach in dem umfang

reichen buche, und sie dürften gerade für den deutschen leser den hauptsächlichsten werth desselben ausmachen, während ihm. die erläuterungen über religion und mythologie wenig neues bieten können. Freilich ist auch hier ein sehr gewöhnlicher irrthum nicht vermieden worden, der nämlich, dass die bewunderung, auf welche das ästhetische element der griechischen religion und das genie der griechischen dichter und künstler gerechten anspruch haben, ohne weiteres auf die religion selbst übertragen wird. Doch auch hieraus wollen wir dem verfasser keinen vorwurf machen. Giebt es doch auch in Deutschland genug gelehrte, welche bei den Griechen nach besonders tiefer religiöser weisheit suchen und es für nothwendig halten, für die lehren des christenthums belege und beweisstellen in den alten dichtern zu suchen. Allen diesen, welche nun einmal nicht nach derselben façon selig werden wollen wie die bauern, ist es gewiss aus der seele gesprochen, wenn Girard emphatisch ausruft: Est-il juste, de refuser aux Grecs polythéistes le sens vrai de la religion? Wer anderer meinung ist, muss sich damit trösten, dass jede mode ihre zeit hat.

L. G.

12. Ueber die athetese des platonischen Sophistes. Von dr R. Pilger. Programm des Wilhelms-gymnasium in Berlin. 4. Berl. 1869. 27 s.

Der verfasser polemisirt gegen die unechtheitserklärung von Schaarschmidt, welche zuerst erschien in den abhandlungen des Rhein. Mus. XVIII, 1863, p. 128, sodann in dem besondern werk: „die sammlung der platonischen schriften zur scheidung der echten von den unechten". Bonn 1866, worin bereits die einwürfe von Hayduk, Greifsw. progr. von 1864, und Alberti im Rhein. Mus. XXII, 1866, p. 180-209 berücksichtigt sind. Folgende vier punkte werden der betrachtung unterzogen: I. die aristotelischen citate, die bisher auf den dialog bezogen wurden; II. die formalen seiten des dialogs; III. der philosophische inhalt desselben; IV. der zweck des werkes. Mit benutzung der schon von Ueberweg (über die echtheit und zeitfolge platonischer schriften. Wien. 1861, p. 152 ff.) geführten untersuchung kommt der verf, bei dem ersten punkte zu dem resultat, dass Aristoteles den Sophistes kennt und dass er ihn als werk Plato's betrachtet, wie man mit der höchsten wahrscheinlichkeit aus Met. p. 1089, mit geringerer

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bestimmtheit schon aus p. 1064 und 1026 folgern dürfe. Abgelehnt wird die annahme Ueberweg's (a. o. p. 159), dass der aristotelische bericht auf jene platonischen gedanken gehe, deren ausdruck zum theil in jenen dialogen, zum theil aber erst in den vorträgen gegeben wäre. Der zweite punkt berührt die formale seite des dialogs; er ist am wenigsten ausführlich behandelt und enthält zum schluss die bemerkung, dass „die zeichnung der personen, die dialogische form u. s. w. in hohem grade die künstlerschaft des schriftstellers, der das Symposion verfasst, vermissen lasse, dass aber daraus gründe für die unechtheit des werkes nicht herzuleiten seien". Der dritte abschnitt wendet sich wiederum gegen Schaarschmidt, der die diäresen als kleinliche, geschmackwidrig lang durchgeführte begriffsspaltungen bezeichnet und das verfahren von Bonitz, die logischen fehler als scherz aufzufassen, für unerhört erklärt. Abgesehen von den diäresen und dichotomien, in deren besprechung der verf. vornehmlich Bonitz gefolgt ist, weist er p. 13 den vorwurf der mängel, welche die definition der sophistik nach Schaarschmidts und Deussens (de Plat. Soph.: s. Phil. Anz. I, p. 229) ansicht haben soll, durch die begrenzung des dialogs auf den engern zweck, die sophistik nur von ihrer theoretischen seite zu betrachten, zurück. Der anstoss, welchen Schaarschmidt an der bestimmung nimmt, dass sich die sophistik mit dem nichtsein beschäftige und dass überdies Aristoteles jene bestimmung in einem ganz andern, allein mit Plato's echten schriften übereinstimmenden sinne verstehe, wird eben so geschickt als der einwand, dass sich grobe widersprüche mit den ausführungen im Theätet ergäben, beseitigt. Denn in der stelle der Met. VI, 2. 1026 b 14 fahrt Aristoteles nach den worten: εἰσὶ γὰρ οἱ τῶν σοφιστών λόγοι περὶ τὸ συμβεβηκὸς ὡς εἰπεῖν μάλιστα πάντων, weiter fort: φαίνεται γὰρ τὸ συμβεβηκὸς ἐγγύς τι τοῦ μὴ ὄντος, und es erscheint dem verf. nicht unmöglich, jene angabe mit 236 E, wo die möglichkeit des scheins und des irrthums erklärt wird, mit 260 C in einklang zu bringen, wo die entstehung des irrthums erklärt wird aus der möglichkeit, nichtseiendes als seiend zu setzen. Dies könne aber nur dann eintreten, wenn die einzelnen dinge mit ihren zufälligen eigenschaften (den ovμßeßnxóτu), nicht die ideen betrachtet würden (p. 14). Die angeblichen widersprüche mit dem Theätet löst der verf. durch den nachweis

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