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chen Reuterey, und das Jammergeschrey und Winseln der von ihr niedergehauenen und niedergeschossenen Einwoh ner. Unten im Hause ward nun alles mit Aerten unter einem fürchterlichen Getöse und Krachen aufgeschlagen. Nachdem man damit unten fertig war, so gings nun eben so im zweyten Stockwerk. Bald kamen sie auch auf den Boden zu den dahin Geflüchteten. Einer von ihnen wollte den Thodån gleich mit einer spißigen Keulhaue auf den Kopf schlagen. Indem ihm aber ein anderer sagte: Was willst du machen? du siehst ja, daß es ein Pre: ,,diger ist," so ließ er ihn unbeschädigt, und ging weg. Einige andere ließen sich mit einem großen seidenen Tuche abfinden. Zuleßt kam einer mit einem spißigen Stechdes gen die Treppe hinauf,, hieb sogleich den Thodån über den Kopf, verwundete ihn hart, schrie dabey :,, Pfaff, gieb Geld!" und wollte auch die wehklagende Gattin Thodans auf der Stelle mit dem Degen niederstoßen, der aber noch abglitschte, und nur in die Kleider fuhr. Der Anblick des stark blutenden Predigers schien aber doch selbst bey diesem Wüterich einiges Mitleiden rege zu mas chen. Auf das jammernde Bitten der Unglücklichen und auf ihr Versprechen, in ihrem Hause ihm Geld zu geben, versprach er sie dahin zu führen, sagte ihnen die Losung, wanderte mit ihnen nun die Treppe hinunter und zum breiten Wege hin, wo alles voller Menschen war, und überall eine Menge Todter lag. Hier ward sie bald ein vornehmer kaiserlicher Officier zu Pferde gewahr. (Sie erfuhren nachher, daß er ein Italiener, Namens Joseph von Aynsa, und Hauptmann beym Savellischen Regiment fey.) Dieser rief ihrem grausamen Führer zu: Kerl,

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,, verantworten.“ Da dieser sich nun in dem Gedränge davon machte, redete der Hauptmann die Gattin Thos dáns an, und sagte: Fasset an meinem Steigbügel, ,, nehmt euren Herrn bey der Hand, führet mich in euer ,,Haus; ihr sollt Quartier haben." Dann sagte er mit leiserer Stimme zu Thodân:,, Ihr Herren, ihr Herren, ,, ihr hättet es auch wohl anders machen können! // Als sie ans Haus kamen, und es voller Plünderer fanden, -wovon einer gerade mit 3 schönen Röcken der Gattin Thodans auf der Achsel, herauskam und fortging; - fo hieß der Officier diese Plünderer sogleich herausgehen, befahl den verwundeten Thodan sogleich zu verbinden, versprach, daß er sein Quartier im Hause nehmen wolle, und daß ihnen nun fein Leid mehr widerfahren solle. Darauf ritt er weg, stellte aber zwey seiner Leibschüßen zur Wache vor das Haus, die allen Anlauf treulich, ob: gleich mit Mühe, abhielten, und selbst ihr Verlangen, auch Beute zu machen, für zwey Rosenobel, welche Tho: dån jedem von ihnen schenkte, willig aufgaben. Der Schußengel Thodáns, der gute Officier, erschien auch bald selbst wieder, und sahe zu, wie es seinen Schutz: genossen ginge. Er entfernte sich aber noch einmal, sum zu sehen, ob man nicht noch Anstalten treffen könne, das herandringende Feuer zu löschen. Er war aber kaum bis zum breiten Wege gekommen, so sprengte er schnell zus rück, und sagte zu Thodans Gattin: Frau, nehme mein Pferd beym Zaum, und euren Herrn bey der Hand, ,, und führet mich zur Stadt hinaus, oder wir müssen alle verbrennen. “ Das Feuer nåherte sich auch schon fürchterlich von mehrern Seiten, besonders vom breitens Wege her, wo man einen großen schwarzen Rauch aufge:

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hen, auch das nahe große und schöne Haus des` Burges meisters Schmidt schon lichterloh brennen, sah: und die große Hike fing schon in ihrer Nähe brennbare Sachen zu sengen an. Man warf nun alles, was noch von Werth verhanden war, 'in den Keller, und verschüttete ihn mit Erde. Die Magd Thodåns nahm noch eines Nachbars verlassenes Kind, welches sie auf der Straße fand, auf den Arm, und so wanderten sie, da schon alle Thore in vollem Feuer standen, nach dem Fischerufer zu, um da noch aus der Stadt zu kommen. Unterweges saz

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hen sie das Petri und Johanniskirchspiel schon im vollen Feuer, und fanden alle Gassen noch voll von wütenden Soldaten, und von Erschlagenen, welche hin und wieder haufenweise über einander lagen. Kaum konnte der gute Officier den Thodån in seinem Predigerhabit vor der Wut der drohenden, schimpfenden und tobenden Croaten durch seine Leute schüßen. Endlich kamen sie am Neuens werke bey der Neustadt, wo màn zu stürmen angefangen hatte, auf einem steilen, über den Wall gebahnten, Wege, mit Mühe aus der Stadt heraus ins Lager vor dem Ros tenseer Busche, wo sie zwar von den Soldaten mit Schim pfen und Spotten empfangen wurden, aber doch nun in Sicherheit waren. Nun erst fragte der Officier, was sie ihm für ihre Rettung geben wollten, und man versprach ihm dafür das in ihrem Hause, im Keller vergrabene Gold und Silber, womit er auch zufrieden war, und fie in sein Zelt führen ließ. Hier ließ er sie nun sogleich mit einem Becher Wein erquicken, fie an seinem Tische speisen, den Thodån selbst in einer ihm vom Schreck und Verwundung zugestoßenen Krankheit pflegen, auch die Geretteten vor aller Mißhandlung im Lager kräftig durch

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seine Leute schüßen, welche auch selbst viel Mitleiden und guten Willen gegen sie bewiesen, und sie zu trösten such; ten. Besonders nahm sich der Koch ihres guten Häupt: manns ihrer treulich an, welcher gegen Abend mit einem geretteten, aber ganz mit Blut und Wunden bedeckten Rathsherrn, dem D.. Olvenstedt, zu ihnen ins Lager kam, die Geretteten mit in seine Hütte nahm, in seis nem Bette schlafen ließ, und sich in seinem Mantel vor ihnen, mit dem bloßen Degen im Arm, zu ihrem Schuß niederlegte.

Um dem guten Officier nun die verlangte Ranzion zu verschaffen, so ließ Thodan alles, was er an Geld und Silberzeug noch im Keller verborgen hatte, durch seine Magd holen, sobald sie vor dem Feuer dazu kommen konnte. Dies nahm der Officier auch gern an, gab aber der Gattin Thodans ihre darunter befindliche silberne Ha ken und einen Thaler Zehrgeld zurück, und versahe sie mit einem Paß, worauf sie durch einen lutherischen Ofs ficier des Holkischen Regiments, von Potthausen, nach Olvenstedt zu dem lutherischen Feldprediger dieses Regis ments, Schwanenberg, gebracht, bey ihm einige Tage sehr wohl aufgenommen, und von da nach Gardelegen gebracht wurden, und überall, wo sie hinkamen, viel Mitleiden und Unterstüßung fanden. Thodån ging aber noch weiter bis nach Hamburg, und ward von da nach Rendsburg zum Prediger berufen, wo er auch gestorben ist.

Die Errettung des damaligen Oberstadtsecretairs, Daniel Friese, ist nicht weniger merkwürdig. *)

*) Die umständlichere Erzählung davon findet man in Walthers hundertjährigem Denkmal der Zerst. Magdeburgs C. 39 80. Desgleichen in den Magdeb. gemeinnüßt, gen Blättern, im 4ten Bande, S. 310

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Dieser war mit den andern Magistratsgliedern ges rade zu Nathhause, als die Stadt bestürmt und erobert ward. Auf die erste Nachricht davon, und wie er das heftige Schießen hörte, ritte er, so wie andere, nach Hause. Hier zog er sich gleich mit seiner aus der heil. Geistkirche herbeieilenden Gattin so schlecht an als mög: lich, damit man ihn für einen gemeinen Bürger halten, und nicht zuviel Lösegeld von ihm fordern sollte. Unters deß hörte man ein heftiges unaufhörliches Feuern, wel: ches immer mehr zunahm, und sich immer mehr nås herte, bis es nach einer starken Salve mit einmal völlig aufhörte. Nun geschahe keine weitere Gegenwehr. Die flüchtigen Bürger eilten mit ihren Gewehren unter großem Wehklagen in ihre Häuser. Man machte überall die Hausthüren zu. Gleich darauf aber hörte man die Kai: serlichen überall rufen:,, all gewonnen, all gewonnen ! “ Sie pochten nun mit großem Ungeftum an alle Thüren. Zwey Musquetiere pochten auch heftig an die Friesische Haysthür, und schoffen gleich nach dem, aus dem Fenster um Pardon bittenden, Hauslehrer. Sie droheten, keine Seele im Hause leben zu lassen, wenn man sie nicht gleich hinein ließe. Man machte auf. Sie verlangten ungestům Geld, und man gab ihnen, was man gleich. bey der Hand hatte, auch Kleidungsstücke und Geråthe. Bergebens aber bemühte sich Friese, sie zu erbitten, daß sie ihn mit den Seinigen für ein Lösegeld doch aus der Stadt retten möchten: sie sagten,,,sie müßten erst Beute machen. M

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Nach ihrer Entfernung schlug Friese selbst mit einer Art die Fenster, Thüren und Oefen in seinem Hause

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