Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

weder eine zu frühzeitige noch eine zu spåt reifende Frucht frage: denn in diesem Falle werden die Trauben entweder den Vögeln zu Theil, oder sie sind den Stürmen und der üblen Witterung des Winters unterworfen. Aber einen solchen Stock lernt man nicht aus einer Weinlese kennen: denn es kann, entweder durch ein ganz besonders fruchtbringendes Jahr oder aus andern Gründen, ein sonst gänzlich unfruchtbarer' Weinstock einmal viele Früchte tragen. Nur nach der Erfahr rung mehrerer Jahre, wo man denselben Weinstock viele Früchte tragen sah, kann man Vertrauen auf denselben sehen. Jedoch eine solche Prüfung braucht man auch nicht über vier Jahreauszudehnen, dënn diese Zeit bestimmt fast immer den Adel und die gute Art bey den Gewächsen, weil während derselben die Sonne durch alle Zeichen hindurch geht.

Wie erfährt man, ob ein Stock fruchtbar sey
oder nicht?

Allein nun wird man gewiß fragen, von was für einér® Sorte jener fruchtbare Weinstock sey, welchen wir eben bes schrieben haben; und man wird zweifeln, ob denn nicht viela leicht einige angegeben werden könnten, die gemeiniglich gar nicht tragbar wären: denn sehr viele erheben den Bituriz schen, viele den Spionischen, und einige den Arzekazis schen gar sehr. Auch ich verweigere diesem Urtheil meinen Beiz fall nicht, denn diese Arten geben sehr vielen Wein: allein unser Borsaß ist es nur solche Wein: Arten zu empfehlen, die nichs sowohl ganz außerordentlich tragbar sind, sondern die auch einen sehr edeln Geschmack haben, wie die Amincischen; zund wenigsten doch solche Arten, die nicht weit von diesem vorzugs Itchen Geschmacke entfernt sind. Ich weiß zwar sehr wohl, Zeutsch. Obfigårtn. 14. Bd. IV. GI.

daß

[ocr errors]

1

daß diese meine Meynung der Meynung beynahe aller Lands leute schnurstracks entgegen ist, denn von dem Amineischen Wein haben diese den Glauben, als wenn derselbe eine naturs. liche ihm angeborne Unfruchtbarkeit besäße. Allein, wie ich schon oben gesagt habe, so liegt dieß theils an dem schlechten. Boden, in dem sie sich befinden, theils an der Nachlässigkeit, mit der sie gewartet werden. Um diesen öffentlichen Frrthum zu rügen halte ich es daher für nothwendig mich zu folgendem zu wenden.

Von der Beschaffenheit des Bodens den man

zum Weinberge bestimmt.

Wenn man die Wirkungen der Natur mit etwas schårs fern Augèn betrachtet, so findet man, daß sie sowohl für die Gewächse, als auch für die Menschen und alle andere Thiers Arten immer ähnliche Geseze gegeben habe, und daß sie nicht in allen Ländern und unter allen Völkern sich gleich bleibe. Einigen Völkern gab sie einen sehr starken Zeugungstrieb, wie den Egyptiern und Afrikanern, bey denen Zwillings: Gez burten etwas sehr Gewöhnliches find. Jedoch auch die Italiår ner stehen ihnen hierinnen nicht nach; denn wer kennt nicht die Drillings: Geburten der Kuriazier bey den Albaniern. Deutschland hat ganze Heere großer riesenhafter Menschen; so wie es auch bey andern Völkern nicht an großen Personen fehlt. Nach dem Zeugniß des Cicero war einmal in Rom ein Bürger, Nervius Pollio mit Namen, welcher einen weit längern Fuß hatte, als der längste nur haben konnte: - und neulich sahen wir selbst bey den Zurüstungen zu den Cirs censischen Spielen einen Juden, der höher war, als der größte Deutsche. - Gehe ich zu den Thieren über, so ist bes kannt, daß die Merianische Gegend einen vorzüglichen

[ocr errors]
[ocr errors]

Reichthum an großem Bich hat, so wie Ligurien an tleinem. Aber auch in Merien ist der Ochse oft klein, und in Ligur rien der Stier groß, u. s. w. Wendet man sich zur Bes trachtung der verschiedenen Frucht: Arten: so ergiebt fich fols gendes. My sien und Lycien hat einen Ueberfluß an Ges treide Arten; so wie Apulien und Kampanien an guten Früch ten keinen Mangel leiden. Emolon und Kroton ind reich an Krokus. Judaea und Arabien sind sehr berühmt wegen ihres vortreflichen Weihrauchs, u. s. w. Jedoch durch alle diese Beyspiele werden wir erinnert, daß vielleicht kein Land so wie Italien die Sorgfalt und Pflege der Landbauer, belohne; da in demselben alle Arten von Früchten gebaut wers den. Und desto weniger darf man an dem Fortkommen einer Fruchtart in demselben zweifeln, die demselben gleichsam eis genthümlich ist. Und man hat keine Ursache zu zweifeln, daß die Stöcke des Massischen, Surrentinischen, Albanischen, und Cetubischen Weins unter allen, vielleicht auf der ganzen Erde, die edelsten Gattungen sind.

Wie macht man die Amineischen Stöcke recht tragbar?

Schon an und für sich find diese Weinarten sehr tragbar, allein ihre Tragbarkeit kann man noch erhöhen durch Pflege und Wartung, die man auf sie verwendet. Denn wenn, wie

ich

nur kurz vorher angegeben habe, die allgemeine Mutter unser aller, die Natur fast alle Länder mit eignen Gaben also bereichert hat, daß sie doch auch andere dabey nicht ganz vers nachläßigte: warum sollte man zweifeln, daß dieß auch bey dem Wein der Fall sey; nämlich daß sie, da sie doch einige Arten desselben vorzüglich fruchtbar gemacht hat, wie die Biturische und Basilische, die Amineische gänzlich vers nachläßigt haben sollte. Jedoch dieß ist nicht bloß wahrscheins

[ocr errors]

lich sondern auch Versuche und Erfahrung bestätigen dasselbe, Denn zu Ardeatum, welche Gegend ich vor vielen Jahren besaß, zu Karseolanum, und in Albanien habe ich auch Amiz neische Stöcke gehabt, zwar wenig an der Zahl, aber so trags bar, daß jeder einzelne am Spalier gezogene Stock drey Urs nen gab, hochgezogen man aber von einem einzigen unter ihs nen zehn Eymer erhielt. Diese vorzügliche Tragbarkeit der Amineischen Stöcke darf durchaus nicht befremden, wenn man erwägt, was Varro und vor ihm Kato sagen, nåms lich: daß man in alten Zeiten von einem Weinbergs Acker fechs hundert Urnen erhalten habe, wenn die Amineischen Stöcke eben nicht besonders tragbar gewesen wären. Denn die Amineischen Weinstdcke sind die ältesten, welche unsre Vorfahren kultivært haben, die andern alle sind eben nicht vor langen Jahren aus entfernten Gegenden zu uns gebracht wors ben, wie die Biturischen und Basilischen. Wird also jemand, wie ich oben schon angegeben habe, diese Stöcke mehrere Weinlesen hindurch prüfen, und dann von ihnen Abs senter nehmen, so wird er eben so tragbare Weinstöcke bekom men, als die Mutterstocke selbst sind: denn in einem und dems felben Lande und in gleichem Boden artet kein Stock so leicht aus. Wir können es ja in diesem Stücke eben so machen, wie die Wettrenner mit den Quadrigen, die mehrere Jahre hins durch die Pferde, mit denen fie das Wettrennen anstellen wols len, beobachten und von einer guten Race nehmen. Der Aufs wand von Zeit darf uns dabey nicht abschrecken, denn dadurch erfahren wir die Gate unserer Absenker um desto bestimmter. Sft nun der Stock wirklich als sehr fruchtbar befunden wors den, so bedient man sich der Veredlungsmethode, um die Artdesselben recht zu vervielfältigen. Ich habe diese Methode mit sehr vielem Erfolg angewendet; denn das weiß jedermann, Dağ

daß während der Zeit zweyer Jahre durch mich auf einem meis ner Weinberge zwey Aecker mit einem einzigen Stocke, wels cher frühzeitig reifte, veredelt worden sind. Welche unges heure Zahl von Stöcken hätte es aber nun nicht bedurft, wenn man mit Fächsern diese Art hätte fortpflanzen wollen? Man braucht also nur Sorgfalt und Fleiß anzuwenden, um die Amineischen Stöcke eben so tragbar zu machen, wie die Bir turischen und Basilischen es sind. Nur muß man darauf sehen, daß man den Abfenker in gleichen Boden, und in gleis chen Himmelsstrich bringt; denn mehrentheils artet derselbe aus, wenn die Verschiedenheit der angegebenen Dinge zu groß ist, Man muß alle mögliche Umstånde genau beobachten; denn öfters artet er auch deshalb aus, weil man ihn vorher als Baum erzogen hat, und ihn nun am Spalier behandelt. Man verseße also den Weinstock aus kalten Gegenden in falte und aus heißen oder warmen in warme. Jedoch den Amis neischen Weinstock kann man eher aus kalten Gegenden in warme verpflanzen als umgekehrt: da alle Gattungen von Stöcken mehr in warmen Himmelsstrichen, als in falten ges deihen. Eben so verhält es sich auch mit dem Boden. Aus fetten läßt sich ein Stock nicht gut in magern versehen, wenn er daran gewöhnt ist; oder man müßie dann demselben mit Miste nachhelfen.

Von welchem Theile des Stockes muß man die

Absenker nehmen?

Obgleich die alten Autoren und hie und da auch einige Winzer noch daraufhalten, so ist dennoch nicht der tragbarste zu den Aor senkern zu nehmende Theil die äußerste Spihe der Ranken, die man auch den Kopf zu nennen pflegt. Die Ursache zum Betrug ist der erste Anschein, nämlich weil an den Ranken, die nach den

äußer

« ZurückWeiter »