Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

und Weisheit im gegebenen Falle sein, und muss den Bundesgewalten vertrauensvoll anheimgestellt werden.

Mehrfach wurde ferner hervorgehoben, dass die finanziellen Erträgnisse, auf welche die Zollvereinskasse angewiesen ist, eine Rücksichtnahme erheischten. Wenn wir dieselben auch nicht als in erster Reihe und nicht immer als maassgebend für unsere Vorschläge betrachten konnten, vielmehr der Meinung waren, dass es nicht die Aufgabe des Handelsstandes sein könne, über die Durchführbarkeit derselben von diesem Standpunkte aus zu entscheiden, so haben wir doch unter dem vollen Eindrucke berathen, dass sich die Verwaltung des Zollvereins schon im gegenwärtigen Augenblicke ihrer Constituirung schwerlich darauf wird einlassen können, in solche Reformen zu willigen, welche ihre wichtigsten und reichsten Einnahmequellen berühren. Berufen aber durften wir uns auf die Erfahrung, welche sich in den letzten Jahren in den westlichen Staaten Europas zur Geltung gebracht hat, dass nämlich das fiscalische Interesse an der Zollrevenue keinesweges in directem Verhältniss steht zu der Höhe der Zölle, und dass ausserdem die Herabsetzung und Beseitigung der Zölle das Entstehen neuer und das Wachsen alter Steuerobjecte veranlasst, und so der Staatskasse das etwa gebrachte Opfer in anderer Form wieder zugeführt wird.

Demgemäss scheinen sich solche Reformen, welche entweder tief in das bestehende Industrieleben des Zollvereins eingreifen oder das staatliche finanzielle Interesse stark berühren könnten, nicht zu empfehlen, wohl aber darf einer Vereinfachung des Tarifs durch Befreiung oder Ermässigung in allen denjenigen Positionen das Wort geredet werden, bei denen nach keiner dieser beiden Richtungen hin ernste Verlegenheiten daraus zur Zeit zu befürchten sind.

Vielfältig erhellte ferner aus den Berichten die erfreuliche Thatsache, dass bei einer erstarkten Industrie einem Zolltarife unter den ProductionsBedingungen eines Landes nicht mehr diejenige Wichtigkeit beizumessen sei, die demselben in früheren Zeiten zukam. Die Verbesserung der Gesetze auf allen Gebieten wirthschaftlicher Thätigkeit und die fortschreitende Entwickelung eines einzelnen Industriezweiges befördern die Productivbedingungen eines anderen Industriezweiges mindestens ebenso energisch, als dies durch die Veränderung eines Zollsatzes geschehen kann. Durch Freizügigkeit, Gewerbefreiheit und ein verständiges Creditsystem, mit jeder neuen Eisenbahn, mit jedem Kanal und jeder Strasse, mit jedem erniedrigten Frachtsatz wird die Production billiger, das Absatzgebiet erweitert und die Concurrenzfähigkeit erhöht. Durchaus berechtigt ist daher der vielfach von den Kammern gegebene Hinweis darauf, dass die Herabsetzung des Tarifs begleitet sein müsse von der Durchführung der in der Norddeutschen Bundesverfassung verheissenen Reformen in der Gesetzgebung, von staatlichen, wirthschaftlich nützlichen Einrichtungen und vor Allem und am dringendsten von einer Ermässigung der Eisenbahnfrachten. Man fordert die Befreiung von inneren

Hemmnissen und Fesseln, welche bisweilen der alleinige Grund für die augenblickliche Nothwendigkeit eines Schutzzolles sind.

Wichtiger auch vielleicht als die Höhe eines Tarifsatzes für eine Industrie ist die Grösse des Marktes, der ihren Producten offen steht. Unter diesem Gesichtspunkte empfinden unsere Committenten es auf das Schmerzlichste, bei dem Tarife fast Position für Position constatiren zu müssen, dass das Ausland für nöthig oder nützlich erachtet hat und in der Lage gewesen ist, rund herum um uns durch höhere Tarifsätze, als wir sie haben, unseren Markt zu beschränken, den seinigen zu vergrössern.

Wir acceptiren, wo immer dies der Fall ist, das Zugeständniss unserer Ueberlegenheit, und wir sind uns dessen sehr wohl bewusst, dass der oberste Grundsatz in der Aufstellung eines Tarifs die eigene Productionsfähigkeit und nicht die des Auslandes sein soll, und dass das Verlangen der Reciprocität Zug für Zug in allen einzelnen Artikeln nicht in allen Fällen möglich oder geboten ist. Aber ein Ausgleich muss irgendwo gefunden werden, und er findet sich in der gelegentlichen Vergrösserung des einheimischen Marktes durch Reduction der Zölle des Auslandes, sei es in dieser, sei es in jener Position. Wenn wir diese allgemeine Reciprocität fordern, so halten wir durch die damit erreichte einfache Erweiterung des Marktes auch eine dann gerechtfertigte weitere Reduction unseres eigenen Tarifs ermöglicht.

Das System, durch Handelsverträge die internationalen Arbeits- und Verkehrsbeziehungen auf eine Reihe von Jahren festzustellen, macht sich ohne Zweifel als ein wesentlicher Fortschritt für die Entwickelung der nationalen Arbeitskraft gel. tend; allein nothwendig ist dabei, dass diese Verträge den Absichten entsprechend, unter denen sic abgeschlossen wurden, auch gehalten und nicht durch andere Einrichtungen in ihren Wirkungen illusorisch gemacht werden. Wir haben deshalb eine grosse Beschwerde der heimischen Eisenindustrie über eine Einrichtung vorzulegen, welche in Frankreich, offenbar im Widerspruch mit Art. 6 des Handelsvertrages, besteht. Das in seinem Anfange im Jahre 1857 unverfängliche System der Ausgabe von titres d'acquits-à-caution hat nach und nach eine Erweiterung erfahren, welche unsere Eisenindustrie im höchsten Grade benachtheiligt. Indem wir auf unsere näheren Bemerkungen zur Position 6 (Eisen) Bezug nehmen, dürfen wir hier schon die volle Zuversicht aussprechen, dass der Hohe Zoll-Bundesrath Mittel und Wege finden wird, den bestimmenden Einfluss, welchen die materiellen Interessen auf die Regelung der internationalen Beziehungen gewonnen haben, nicht wieder durch innere Momente in diesem oder jenem Lande beeinträchtigen zu lassen.

In grösster Ehrerbietung

Der bleibende Ausschuss des Deutschen

[blocks in formation]

A. Betreffend den Zolltarif.*)

2. Baumwolle und Baumwollen-Waaren. ad a) 2. (Baumwoll-Watte, 1 Thlr. 15 Sgr.) zu streichen. ad b) 18) Den Zoll auf gebleichtes und gefärbtes Garn von 4 auf 2 Thlr. herabzusetzen, so dass a. und B. in eine Position zusammenfallen. ad c) 3. (Alle undichte Gewebe, wie Jaconet u. 8. w.) Herabsetzung von 30 auf 25 Thlr. Mehrere Handelskammern aus den Industriebezirken haben zwar ausgesprochen, dass mit Rücksicht auf die im französischen Tarif gegebene Verschiedenheit der Absatzverhältnisse für die Producte dieses Industriezweiges eine Veränderung unseres Tarifs durch Herabsetzung von Zöllen nicht wünschenswerth sei, weil die bestehende Verschiedenheit dadurch noch vergrössert werden müsse, auch der Absatz nach Frankreich sich nicht günstiger gestaltet habe. Auch wird von einigen Seiten, und namentlich von Kaufbeuern, darauf hingewiesen, dass das vom Zollverein acceptirte und sich im Uebrigen als praktisch bewährende System der Verzollung nach Gewicht an dieser Stelle seine Dienste versage und unsere Industrie nicht nur in den durchschnittlichen Zollsätzen für Garne wie für Waaren erheblich in Nachtheil stelle, sondern auch durch seine specielle Gliederung bedenkliche Erscheinungen begründe. Demungeachtet glaubte der Ausschuss von der Ansicht ausgehen zu müssen, dass eine an und für sich für diese Position des Tarifs rationellere Aenderung des Systems zur Zeit wenig Aussicht auf Realisirung habe, dass vielmebr auch mit diesem System versucht werden müsse, diejenigen Reductionen und Vereinfachungen des Tarifs vorzunehmen, welche sich irgend als zulässig erweisen. Demgemäss ist er den Anträgen von Gladbach und Hamburg beigetreten, dahin gehend, die Abtheilungen b) 1. a) (ein- und zweidrähtiges) rohes und b) 1. ) gebleichtes und gefärbtes Garn zu einer Abtheilung à 2 Thlr. zu vereinigen, weil die Einfuhr von gebleichten und gefärbten Garnen an sich eine unbedeutende war, das Verhältniss des Zolles zum Preise der gebleichten und gefärbten Garne wenig in Betracht kommt und die Exportfähigkeit der letzteren (Türkisch Rothgarn) als bedeutend erwiesen wurde.

Bei dieser Gelegenheit müssen wir jedoch einer Klage Erwähnung thun, welche Seitens des Handelsstandes aus allen Theilen des Zollvereins wiederholt und ungeachtet der von den Finanzbehörden getroffenen declaratorischen Verfügungen erhoben ist; sie bezieht sich auf die Unterscheidung von „dichten" und undichten" Geweben. Wir gestatten uns auch, unseren bescheidenen Zweifel darüber auszudrücken,

[ocr errors]

dass eine vollständige Klarheit darin jemals durch eine Declaration erreicht werde, so lange neben dem obenberegten System der Gewichtsverzollung der Begriff der Dichtigkeit zum Unterscheidungsgrunde der Gliederung der Position gemacht wird. Das System trifft in den seltensten Fällen zusammen mit dem Werthe der Waaren, oder mit der Qualität des Fadens. Ein Gewebe kann roh und dicht und doch sehr fein und werthvoll, es kann fast undicht (unter 3.) und doch sehr grob und werthlos sein. Wenn es ad c) 3. heisst: „Alle undichte Gewebe, so weit sie nicht unter 2. begriffen sind", und ad 2: „alle nicht unter 1. und 3. begriffene dichte Gewebe“, so würde die Unterscheidung klar sein, wenn nicht die Begriffe dicht und undicht selbst, um welche es sich eben handelt, an sich unklar wären.

Eine Beseitigung dieses Uebelstandes kann nur gehofft werden, wenn entweder die Verzollung nach dem Werthe oder nach der Zahl der Fäden in bestimmter quadratischer Fläche unter Berücksichtigung des Gewichts geschieht, oder dadurch, dass auch die Unterscheidung zwischen dichten und undichten Geweben überhaupt aufgehoben, und sämmtliche drei Unterabtheilungen zu einer einzigen verschmolzen werden. Soll dieses Ziel erreicht werden, so muss eine Vermittelung gesucht, und sie kann nur gefunden werden in der Richtung nach unten, in einer allmäligen Ermässigung der höher tarifirten Positionen. Es ist hauptsächlich aus diesem Gesichtspunkte, dass wir, um den einzuschlagenden Weg zu kennzeichnen, bei undichten Geweben den Antrag auf Ermässigung des Zolles von 30 Thlr. auf 25 Thlr. hier vorzuschlagen uns erlauben.

Den Eingangszoll auf Watte glaubten wir mit Rücksicht auf die Vereinfachung des Tarifs zur Disposition stellen zu dürfen, da ein industrielles Interesse für die Aufrechterhaltung desselben nicht vorzuliegen scheint.

Wenn wir in den diesen Vorschlägen vorangeschickten allgemeinen Bemerkungen unseren Standpunkt in der Frage der Reciprocität der Zolltarife im Allgemeinen kurz entwickelt haben, so müssen wir an dieser Stelle bemerken, dass bei der Baumwollen-Industrie einer der wenigen Fälle vorliegt, in welchen wir uns ausdrücklich für eine specielle Reciprocität in ein und demselben Industriezweige mit dem französischen Tarife erklären müssen.

Der ausserordentliche Vortheil, welchen England in seinen Productionsbedingungen vor uns voraus hat (die Nähe des Liverpooler Baumwollenmarkts, die wohlfeilen Kohlen, die Centralisation der Arbeitsbranchen, die hohe Entwickelung des Transportwesens, die Wohlfeilheit der Maschinen, der

*) Vergl. den Abdruck des Zolltarifs im I. Heft der „Annalen", S. 95-111.

durch das Alter der Industrie begründete Vorsprung in der Amortisation der ursprünglichen Anlagecapitalien), sollte als bestimmendes Moment für die Erwägung betrachtet werden, dass für unsere mühsam ringende Industrie die Hindernisse wenigstens zu beseitigen sind, welche sich in dem französischen Tarif einer räumlichen Ausdehnung ihres Absatzmarktes entgegenstellen.

Zur Tendenz der abwärts steigenden Tariflinie haben wir uns durch die voranstehenden Vorschläge bekannt; vielleicht gelingt es den hohen Regierungen, das nothwendige Supplement durch Reciprocität des französischen Tarifs zu schaffen.

3. Blei und Bleiwaaren, auch mit
Spiessglanz legirt.

Streichung der ganzen Position.

Die Production von Blei und Bleiwaaren ist im Zollverein seit 25 Jahren in einer beständigen und sehr erheblichen Steigerung begriffen. Trotz der starken Ermässigung des Eingangszolles von 4 auf 1 Thlr. in groben und von 10 auf 4 Thlr. in feinen Waaren ist der Export gestiegen und der an sich überhaupt unbedeutende Import in groben Waaren noch gefallen, in feinen gleich geblieben.

Diese Daten führten in Verbindung mit unserer direct eingezogenen Information zu der Ueberzeugung, dass die gesammte Bleiwaaren - Production im Zollvereine eine selbständige, allen Concurrenzländern ebenbürtige ist und eines Schutzes daher nach keiner Seite hin bedarf. Die gegenwärtig bestehenden Eingangszölle wirken daher als reine Finanzzölle und erfüllen auch nach dieser Richtung hin ihren Zweck nur in sehr untergeordnetem Grade, da der Gesammtbetrag sich in 1866 nur auf 4256 Thlr. belief, wovon 3724 Thlr. auf Blei-, Gold- und Silber-Glätte und Mennige fielen, so dass für die anderen Abtheilungen zusammengenommen eine Einnahme von 532 Thlr. verbleibt.

Mit Rücksicht auf die angestrebte Vereinfachung des Tarifs kann aus diesen Gründen nur die Streichung der ganzen Position,,Blei- und Bleiwaaren beantragt werden.

4. Bürstenbinder- und Siebmacher-
Waaren.

Gänzliche Streichung unter Hinweis darauf, dass dann gleichzeitig die Positionen 11. b) 2. (Borsten) und 13. d) 3. (Rohr) zu beseitigen sind.

Auch hier ist trotz stark reducirter Zölle die Einfuhr im Ganzen gefallen, die Ausfuhr im Steigen und in der Balance überwiegend. Die dabei überhaupt in Betracht kommenden Summen repräsentiren an und für sich keine in die Waagschale fallende Industrie, und bei gänzlicher Aufhebung des Zolles kann es sich um eine Entwerthung inländischer Arbeitskräfte in grösserem Maassstabe nicht handeln. Das geringe Zoll-Erträgniss steht einer grossen Summe der verschiedenartigsten Artikel gegenüber, und im Interesse der Vereinfachung des Tarifs empfahl es sich daher, den desfallsigen Anträgen von Königsberg und Bremen auf gänzliche Streichung der Position beizutreten.

Es ist gleichzeitig und schon an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es mit einem rationellen System nicht vereinbar wäre, das Fabrikat zollfrei eingehen zu lassen und für den Rohstoff eine Steuer beizubehalten, wie gering auch das procentische Verhältniss des Zolles zum Durchschnittspreise dieses Rohstoffes sein mag. Es gehören dahin Borsten (11. b) 2.) und Stuhlrohr (13. d) 3.), deren Freigebung daher schon vom Standpunkt dieser Position aus beantragt werden muss.

5. Droguerie-, Apotheker- und FarbeWaaren.

ad Anm. 1. Bleiweiss, Persio, Orseille, Zinkweiss und Bleizucker freizugeben.

"

[ocr errors]

2. Alaun und Soda auf 15 Sgr. zu ermässigen, also unter Anm. 4. zu setzen.

4. Ricinusöl, alle Vitriole und chromsaures Kali freizugeben, also unter Anm. 3. zu

setzen.

5. Sämmtliche Artikel auf 15 Sgr. zu ermässigen, also mit Anm. 4. zu vereinigen, mit Ausnahme des Ultramarin, welches ganz freizugeben, also unter Anm. 3. zu versetzen ist.

6. Kadmiumgelb und Casselergelb freizugeben, die übrigen Artikel dieser Posi tion aber mit Anm. 8. auf den Satz von 1 Thlr. 10 Sgr. zu vereinigen.

"

7.

9.

Freigebung von Eisen-Vitriol und ge-
mahlener Kreide (zu Anm 3.).
(Salzsäure) freizugeben.

ad b) 2. (Erzeugnisse zum Medicinal-Gebrauche) freizugeben.

Bei den von verschiedenen Handelskammern gestellten Anträgen in Bezug auf diese reichhaltige Position stellte sich die Erwägung in den Vordergrund, dass diejenigen Chemikalien, welche als Hülfsstoffe für andere Industriezweige eine höhere Bedeutung haben, als ihre eigene Fabrikation, freizugeben oder soweit möglich zu ermässigen seien. Dieser Grundsatz führte consequent zu den obenstehenden Anträgen.

In Betreff der Sodafabrikation wurde die bedeutende Stellung, welche dieselbe als solche für sich, als auch durch ihre Nebenproducte in Anspruch nimmt, keinesweges verkannt und mit Bedauern darauf hingewiesen, dass zu den natürlichen Schwierigkeiten, mit welchen sie zu kämpfen hat (Frachtverhältnisse und das oft weite Auseinanderliegen der Rohmaterialien), noch eine Behinderung des Aufschwungs in dem durch staatliche Einrichtungen bedingten Salzpreise hinzukomme, während das concurrirende England beide nicht kenne.

6. Eisen und Stahl, Eisen- und
Stahlwaaren.

Reduction des Eingangs-Zolles für Roheisen von 7% auf 5 Sgr.

Es lagen uns Anträge vor von Königsberg, Danzig, Stettin, Emden, Halle, Pforzheim und Harburg, welche sämmtlich auf eine Ermässigung und theilweise Aufhebung der Eingangszölle gerichtet sind,

unter besonderem Hinweis darauf, dass das Eisen das Werkzeug für alle anderen Industrieen liefere, und dass bei der Russischen Zollsperre das Wohl ganzer Provinzen daran hänge, welche durch ihre Lage fast allein auf den Ackerbau angewiesen seien, der wie kein anderes Gewerbe der Eisenindustrie tributpflichtig sei. Wir hatten auf der anderen, Seite die einer übereilten Ermässigung oder Aufhebung Seitens der Eisenindustrie entgegenstehenden Bedenken daneben zu halten, welche ihren concentrirten Ausdruck in einigen Denkschriften des „Zollvereinsländischen Eisenhütten-Vereins" gefunden haben, von denen das hohe Bundeskanzler-Amt directe Mittheilung Seitens der Betheiligten erhalten hat. Unter Erwägung der berechtigten Momente in beiden Standpunkten ist der Ausschuss der Ansicht,

1. dass in der allgemein gebotenen Tendenz einer ferneren, baldigst beginnenden successiven Ermässigung der Zölle auf Eisen, Stahl und Fabrikate daraus, namentlich der gröberen, bis zu ihrer völligen Beseitigung eine Herabsetzung des Eingangszolles auf Roheisen von 71⁄2 auf 5 Sgr. alsbald auszuführen sei; 2. dass die fernere Durchführung jener Tendenz die wirksamste Unterstützung und Förderung dadurch erhält, dass die Bestimmungen der Bundesverfassung über Eisenbahn-Concessionen und Eisenbahn-Fracht-Ermässigungen für Erze, Kalkstein und andere Rohstoffe praktisch durchgeführt werden;

3. dass die Begünstigungen, welche Frankreich, dem Geiste und Wortlaut des Deutsch-Französischen Handelsvertrages zuwider, seiner Eisenindustrie durch die Interpretation des Begriffs ,façonnirtes Eisen" bei der Ausfuhr nach Deutschland und durch Handhabung der Rückvergütung des Importzollbetrages (titres d'acquitsa-caution) zu Theil werden lässt, baldigst beseitigt werden.

Der Anerkennung des Grundsatzes, dass das Werkzeug möglichst zu verbilligen sei, haben wir noch an einer anderen Stelle Ausdruck zu geben versucht, indem wir in Art. 15 (Instrumente) zu b) 1. (Locomotiven, Tender und Dampfkessel), und b) 2. y) (Maschinen aus Schmiedeeisen oder Stahl) eine Ermässigung beantragen. Die in dem vorstehenden Satze enthaltene einfache Begründung jenes Antrages gehört aber, wie die davon betroffene Position, ihrem Wesen nach an diese Stelle. Wir empfehlen damit eine Ermässigung des Eingangszolles für das in diesen Maschinen enthaltene Eisen.

An dieser Stelle haben wir des in den einleitenden Bemerkungen erwähnten Verfahrens der Französischen Regierung zu gedenken, betreffend die Ausgabe von titres d'acquits-à-caution. Die nachstehende Darstellung entnehmen wir zwei verschiedenen Denkschriften, welche der Ausschuss des Zollvereinsländischen Eisenhütten-Vereins an den Herrn Kanzler des Norddeutschen Bundes und an den Preussischen Herrn Minister für Handel und Gewerbe gerichtet hat. Es heisst darin:

Wenn man schliessen wollte, die gegenseitigen Zollsätze für Eisen seien von Deutscher Seite bei Abschluss des Deutsch-Französischen Handels-Vertrages nicht richtig abgemessen worden, so würde

dies voreilig sein; nur bindet sich die Französische Regierung nicht an die Bestimmung dieses Vertrages. Während nämlich nach dem vierten Absatze seines Art. 6 die zu gewährenden Ausfuhr-Vergütungen nur genau die inneren Steuern ersetzen sollen, welche auf den ausgeführten Erzeugnissen oder auf den Stoffen, aus denen solche verfertigt sind, ruhen, vergütet die Französiche Regierung den Exporteuren diejenigen Zölle, welche von den Stoffen, woraus die ausgeführten Erzeugnisse verfertigt sind, erhoben würden, wenn sie in Frankreich eingeführt würden. Sie lässt nämlich Eisen und Eisenwaaren vorläufig zollfrei ein (admission temporaire), und wenn ein anderer Fabrikant Eisen-Fabrikate exportirt, erhält er einen Schein zur zollfreien Einfuhr eines gleichen Quantums Eisen, den er zur Benutzung an jenen Importeur veräussern kann. Der Umfang dieses Verkehrs ist ein ganz erheblicher. Nach Angabe des Journal l'Ancre de Saint-Dizier“ vom 12. December v. J. haben die admissions temporaires in den ersten 10 Monaten des Jahres 1867 betragen:

[merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][ocr errors][merged small][ocr errors]

Es lässt sich aber mit der absolutesten Bestimmtheit sagen, dass nicht 88 Millionen Pfund Roheisen aus Frankreich ausgeführt worden sind, weil das gute Französische Roheisen zu theuer und das billige zu schlecht ist, um exportirt zu werden. Die aufgeführten Quantitäten sind vielmehr diejenigen, auf welche die wegen anderer ausgeführten Fabrikate ausgestellten acquits-à-caution lauten, und das angegebene Quantum Roheisen besagt z. B., dass ein gleiches Quantum Schienen, façonnirtes Eisen, Gusswaaren etc. etc. ausgeführt worden sei. Legt man für Roheisen den Satz von 2 Frcs. pr. 100 Kil., für Walzeisen und Bleche die geringsten Französischen Zollsätze von 6 Frcs. und Fres. 7. 50 pr. 100. Kil. zu Grunde, so ergiebt sich, dass die Französische Regierung auf ausgeführte Eisen-Fabrikate 4,537,151 Fres. Vergütungen gewährt hat. Nun betrugen die Ausfuhren nach dem Zollverein während der ersten 9 Monate des v. J. rund 93 Millionen Kil., also in zehn Monaten voraussichtlich nahezu den Betrag der sogenannten réexportations; mit anderen Worten, es scheint die Französische Regierung 4 Millionen Frcs. aufgewandt zu haben, um die Ausfuhr nach dem Zollverein zu ermöglichen oder zu vermehren.

Das angewendete Verfahren datirt bereits seit dem Jahre 1857 und ist durch Decret (cfr. Moniteur v. 19. October 1857) ins Leben gerufen, jedoch

unter gänzlich anderen Voraussetzungen, als von denen gegenwärtig ausgegangen wird.

Der Wortlaut dieses Decrets beweist, dass es sich hier nicht um eine Ausfuhr-Vergütung handelt, sondern um zollfreie Einfuhr von Eisen unter der Bedingung, dass die auszuführende Waare wirklich aus demselben Eisen angefertigt sei.

In diesem Zusammenhange ist die bezeichnete Maassregel eine ganz statthafte, die nicht Gegenstand internationaler Verhandlung sein kann, sie ist nicht verschieden von der Zollerstattung für Twiste, welche im Inlande gefärbt und wieder exportirt werden, oder für indischen Zucker, welcher, im Inlande raffinirt, in's Ausland geht. Die im Elsass wohnenden Wagenfabrikanten und die Walzwerke des Mosel-Departements würden aber gar nicht in die Lage kommen, ausländisches Eisen für ihre Arbeiten zu beziehen, da das einheimische Eisen ihren Zwecken genügt und billiger ist als das ausländische. Trotzdem ertheilt ihnen die Französische Regierung zollfreie Einfuhrscheine, titres d'acquitsà-caution, obgleich sie recht wohl weiss, dass Petent keineswegs die Absicht hat, selbst Eisen zollfrei einzuführen. Jene Scheine lauten für Eisenbahnwagen auf ein gleiches Quantum Stabeisen, Blech, Langbalken etc., wie an den zu exportirenden Wagen verwandt ist oder werden soll, für Brückeneisen und Schienen auf das entsprechende Quantum Roheisen. Weder im Elsass noch im Mosel-Departement sind diese titres zu verwerthen, wohl aber in Paris und dem nördlichen Littorale von Frankreich zum Bezug von Englischem oder Belgischem Eisen. Da sie auf den Inhaber lauten, gelingt es den Besitzern leicht, dieselben an Importeure zu verkaufen, und zwar, so lange der Import in Frankreich den Export übersteigt, mit geringem Verlust. Dieselben werden von den Französischen und Belgischen Börsen notirt und gehandelt und sind nach Angebot und Nachfrage dem Steigen und Fallen unterworfen.

Der einzelne titre braucht selbst nicht für das ganze Quantum, worauf er lautet, auf einmal benutzt zu werden, sondern er ist theilbar. Als beispielsweise Hr. Fils François de Wendel mit der Cöln-Mindener-Bahn-Direction 10 Millionen Pfund Schienen abschloss, erhielt er einen titre d'acquità-caution auf 5,000,000 Kil. Roheisen. Es würde ihm, wenn der Schein untheilbar gewesen wäre, schwer gefallen sein, denselben zu verkaufen, er konnte aber kleinere Quantitäten, etwa von 100,000Kil., cediren, und wurde dann dieses Quantum auf der Rückseite von der Steuerbehörde abgeschrieben, bis der titre erschöpft war. So erklärt sich, dass diese Scheine wenigstens für Roheisen mit dem ganzen Verlust von 2 Procent veräussert werden können. Bei einem Eisenbahn-Waggon beträgt hiernach die nominelle Ausfuhr-Prämie also, abgesehen von dem darauf zu erleidenden Agio-Verlust, für die auf denselben verwandten

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small]

Eingangszoll nach dem Protokoll vom 14. December 1864 nur 10 Procent vom Werthe beträgt.

[ocr errors]

Das Journal l'Ancre vom 25. Januar vorigen Jahres hat ferner die erste öffentliche Kunde von einer Agitation der Französischen Industriellen gebracht, den bestehenden Vertrag in einem zweiten Punkte zu durchbrechen. In dem ZollvereinsTarif ist geschmiedetes und gewalztes Eisen in Stäben mit 25 Sgr., façonnirtes Eisen mit 1 Thlr. 5 Sgr. pr. Centner Eingangszoll belegt. Der Ausdruck façonnirtes Eisen" ist allerdings vielleicht nicht glücklich gewählt, da eine Schiene und jeder Stab auch eine Façon haben; aber es gehört die ganze gewinnsüchtige Anmaasslichkeit der Franzosen dazu, wenn sie der Preussischen Staatsregierung einen anderen Begriff dieses Ausdrucks, als den ursprünglichen aufdrängen wollen, indem sie behaupten, die mehr oder weniger complicirte Form, welche das Eisen unter der Walze erhalte, bilde keine Façon; dieser Ausdruck könne nur die Operationen der Lochung, Feilung, des Schneidens auf Länge etc. etc., deren Gegenstand das Eisen häufig nach der Walzung zum Zwecke einer weiteren Verwendung sei, bezeichnen. Sie übersehen dabei noch, dass, wenn auf diese Weise die bei uns unter dem Namen ,façonnirtes Eisen" begriffenen Winkel-, T-,I-,U-Eisen, ferner die Fenstereisen in den geringeren Zollsatz gedrückt würden, gerade Eisenbahn-Schienen, welche gelocht, ajustirt und auf Länge geschnitten sind, unter den so definirten Begriff des façonnirten Eisens fallen würden, also den höheren Zoll bezahlen müssten."

Diese Thatsachen dürften die in der Einleitung ausgesprochene Behauptung, dass das durch den Vertrag mit Frankreich beabsichtigte Tarifverhältniss in Bezug auf Eisen zwischen beiden Gebieten in der That alterirt, und dass der Wunsch vorhan den ist, es noch weiter zum Nachtheile der zollvereinsländischen Industrie zu alteriren, vollständig rechtfertigen.

10. Glas und Glaswaaren.

ad a) (Grünes Hohlglas, Glasgeschirr, 5 Sgr.) freizugeben. ad Anm. zu c) und e) (Glasmasse und Glasröhren etc.) zu streichen.

Die Glasproduction weist im Ganzen bereits einen sehr erheblichen Ueberschuss über den Bedarf des Inlandes nach; allein dieser Ueberschuss findet einzig und allein in den allergröbsten Sorten, in grünem Hohlglase statt, von welchem sogar erhebliche Quantitäten exportirt werden; dagegen hat sich der Import von weissem Hohlglas und namentlich von Tafel- und Fensterglas seit der Ermässigung des Tarifs im Jahre 1865 bemerklich vergrössert, und halten wir uns zu der Annahme berechtigt, dass eine jetzt gleich eintretende Ermässigung den Bestand der augenblicklich schwer kämpfenden Industrie gefährden würde.

Mit Rücksicht hierauf glauben wir die Freigebung von grünem Hohlglase, welches allein schon eine zahlreiche Reihe von Artikeln für den allergewöhnlichsten Lebensgebrauch umfasst, nach dem Antrage von Bremen und Königsberg befürworten zu dürfen,

« ZurückWeiter »