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VI. Analyse des Weins. Der Besitzer stellte uns 2 Proben Wein zur Verfügung; zuerst eine Probe, als der Wein eben die stürmische Gärung beendet hatte im Spätherbst, und eine Probe beim Abstich des Weines im Frühjahr.

Die Weine wurden anfangs nach Angabe von A. Hubert und F. Alba (Monit scientif. 1906. 4. Ser. 20. 799) aufgeschlossen, nur mit dem Unterschiede, daß der Wein zuerst auf ein Drittel seines Volumens eingedampft worden war. Das Verfahren gestaltete sich demnach folgendermaßen.

Der Wein wird auf dem Wasserbade auf etwa ein Drittel seines Volumens eingedampft und nach dem Erkalten mit etwa 20% reiner, konzentrierter Salpetersäure versetzt. Nunmehr läßt man das Gemisch mit Hilfe eines Scheidetrichters in etwa 30 ccm zum Sieden erhitzter, in einem Kjeldahl-Kolben befindliche konzentrierte Schwefelsäure eintropfen. Unter lebhafter Reaktion wird jeder einfallende Tropfen des Weines sofort oxydiert, während gleichzeitig Ströme von Stickoxyd entweichen. Nachdem das ganze Gemisch eingetragen ist, wird noch längere Zeit erhitzt, nötigenfalls unter tropfenweiser Zugabe von konzentrierter Salpetersäure. Ist schließlich alle Kohle verschwunden, so führt man den Kolbeninhalt in eine gereinigte Platinschale über und verdampft zur Trockene, um auf diese Weise die Salpetersäure und die überschüssige Schwefelsäure zu entfernen. Man nimmt mit Wasser auf, versetzt mit Salzsäure und fällt, wie oben angegeben, die Schwermetalle mit Schwefelwasserstoff.

Im Laufe der Untersuchung wurde als das zweckmäßigste Verfahren, die organische Substanz im Wein zu zerstören, folgendes erkannt. 300-900 ccm Wein werden auf dem Wasserbade auf 50-150 ccm eingedampft. Hierauf gibt man soviel des dünnen. Sirups, als etwa 300 ccm ursprünglichen Weines entspricht, in einen langhalsigen Aufschließkolben nach Kjeldahl, versetzt mit etwa 30 ccm reiner Salpetersäure und erhitzt, bis eine lebhafte Reaktion einsetzt. Durch passendes Regulieren der Flamme sorgt man dafür, daß die Reaktion nicht zu heftig wird. Nach einer halben Stunde gibt man wiederum einen entsprechenden Anteil des dünnflüssigen Sirups hinzu, oxydiert, wie beschrieben, mit Salpetersäure und wiederholt das Verfahren nötigenfalls mit dem dritten Anteil; die letzten Reste des Sirups spült man zweckmäßig mit Salpetersäure in den Zersetzungskolben. Hierauf gibt man zur gesamten Masse nochmals etwa 30 ccm Salpetersäure und dampft auf ein kleines Volumen ein. Da aber durch die Salpetersäure allein die organische Substanz nicht völlig zerstört wird, so versetzt man jetzt mit etwa 10-30 ccm reiner, konzentrierter Schwefelsäure und erhitzt, bis, meist unter lebhaftem Aufschäumen, eine Kohle- Abscheidung eintritt; man setzt dann vorsichtig einige Tropfen Salpetersäure zu, wodurch die ab

geschiedene Kohle fast augenblicklich oxydiert wird, erhitzt weiter, bis wiederum sich Kohle abscheidet, die dann von neuem durch Zugabe weniger Tropfen Salpetersäure oxydiert wird. Dieses Verfahren wird wiederholt, bis alle organischen Stoffe zerstört sind, d. h. bis die Schwefelsäure wasserhell geworden ist. Schließlich wird der Kolbeninhalt in eine geräumige Platinschale übergeführt und zur Verjagung der etwa noch vorhandenen Salpetersäure und der überschüssigen Schwefelsäure zur Trockene abgeraucht. Im Rückstand, der mit verdünnter Salzsäure aufgenommen wird, bestimmt man in üblicher Weise die Schwermetalle. Es wurden jeweils 725 ccm Wein in Arbeit genommen. Wein I ist die nach Beendigung der stürmischen Gärung untersuchte Probe, Wein II wurde nach erhaltenem 1. Abstich analysiert.

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VII. Analyse des Hefetrubes. Schließlich wurde auch eine von uns erbetene Hefeprobe der Analyse unterworfen. Die Hefe wurde absetzen gelassen, möglichst vollständig abgehebert, mit Wasser angerührt und wiederholt gewaschen. Zum Schlusse wurde die Hefe mit Schwefel- und Salpetersäure aufgeschlossen und in bekannter Weise analysiert. Eine Wasserbestimmung der Hefe ergab folgende Werte. 46,09 g nasse Hefe lieferten, bei 105° getrocknet, 10,70 g Rückstand 23,2% Trockensubstanz.

=

In 100 g nasser Hefe wurden gefunden:

0,0048 g Blei,
0,0030 g Arsen,

oder 100 g trockner Hefe enthielten:

0,0207 g Blei,

0,0129 g Arsen.

Man sieht hieraus, daß die Hefe imstande ist, nicht unbedeutende Mengen Arsen und Blei aus dem Most aufzunehmen und sie somit dem Weine zu entziehen. Ob diese Bindung als physiologischer Vorgang, oder ob sie als mechanische Ausscheidung der Blei- und Arsen-Verbindungen infolge Unlöslichwerdens aufzufassen ist, wage ich zunächst nicht zu entscheiden.

Fassen wir zur besseren Übersicht die erhaltenen Zahlen zusammen, so ergibt sich folgendes Bild:

Je 100 g Most, Trester, Wein und Hefe enthielten in Milligrammen:

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Es zeigt sich zunächst, daß tatsächlich die Trester noch bedeutende Mengen von Arsen und Blei enthalten. Obwohl also die Maische nach dem Mahlen 24 Stunden auf den Trestern stand, wie uns der Weinbergbesitzer mitteilte, wurde dennoch nicht alles Blei

und Arsen von den Rappen und Beerenhäuten abgewaschen oder in Lösung gebracht. Wie oben ausgeführt, ist demnach zu hoffen, daß sich die Metallmengen noch weiter vermindern lassen werden, falls man nur die Kelterung rasch genug auf das Mahlen folgen läßt.

Aber auch die sich auf Most und Wein beziehenden Zahlenwerte geben zu einigen Betrachtungen Anlaß. Es zeigt sich einmal, daß sich die im Most befindlichen Arsen- und Bleimengen bereits nach der Hauptgärung nicht unwesentlich, und daß sie sich im Weine nach dem ersten Abstich sehr bedeutend vermindert haben.

Wenn man daher von Anfang an dafür sorgt, daß die in den Most gelangenden Blei- und Arsen-Mengen sehr gering sind, so vermag man vielleicht mit Hilfe der Hefe erreichen, daß die beiden Metalle fast vollständig aus dem Wein entfernt werden.

Die Beobachtung, daß das Arsen im Trub sich anreichert, hat schon Chuard (Chronique agricole du Canton de Vaud, 1905, 119 bis 121 und 149-151) gemacht, der angibt, daß der klare Wein nur 0,02 mg, der Trub dagegen 20 mg im Liter enthalte, nachdem er Arsenik in der Kupferkalkbrühe gegen den Springwurmwickler angewandt hat.

Am Schlusse will ich noch betonen, daß ich mir wohl bewußt bin, daß die von uns angewandten analytischen Methoden nicht Anspruch auf höchste Genauigkeit machen können; da es sich aber für uns nur darum handelt, vergleichbare Zahlen zu erhalten, so könnte man sich mit den gewählten Methoden zufrieden geben. Da dieses Jahr neue Bespritzungsversuche in Aussicht genommen sind, so soll im Herbste die Untersuchung wieder aufgenommen und auf Grund unserer jetzigen Erfahrungen mit den genauesten analytischen Methoden gearbeitet werden. Gleichzeitig sollen die Ergebnisse der Praxis mit von uns selbständig durchgeführten Kelterungs-, Vergärungs- und Abstich-Versuchen kontrolliert werden.

Wir kommen nunmehr zur letzten Frage; sind die im Wein gefundenen Mengen Arsen und Blei gesundheitsschädlich?

Um hierüber die Ansicht des Kaiserlichen Gesundheitsamtes, als der berufensten Behörde in Deutschland, kennen zu lernen, richteten wir am 19. März 1906 an den Herrn Präsidenten des Kaiserl. Gesundheitsamtes zu Berlin folgendes Schreiben:

,,Euer Hochwohlgeboren erlaube ich mir ergebenst folgendes zu unterbreiten. Im Jahre 1906 wurden an der Kgl. Lehranstalt zu Geisenheim a/Rhein Spritzversuche mit arsensaurem Blei gegen den Heu- und Sauerwurm auf Reben unternommen. Die bespritzten Reben, die Blätter, der Most und schließlich der Jungwein wurden der Analyse unterzogen. Dabei wurden im Wein gefunden in

100 ccm:

0,0002 g metallisches Blei,
0.0001 g

Arsen.

Ich erlaube mir nun die ergebene Frage an das Kaiserl. Gesundheitsamt zu richten, ob diese Mengen an Blei und Arsen geeignet sind, Gesundheitsstörungen hervorzurufen, oder bis zu welcher

Maximalgrenze beide Metalle im Wein höchstens vorhanden sein dürfen. Die Spritzversuche sollen in diesem Frühjahr in größerem Maßstabe wiederholt werden. Es ist deshalb vom größten, allgemeinen Interesse zu wissen, ob die vorliegenden Mengen bedenklich sind oder nicht, damit dies Jahr eventuell mit konzentrierteren oder verdünnteren Lösungen gespritzt werden kann. Da diese Bespritzungen schon im Laufe des Monats April vorgenommen werden sollen, so wage ich Euer Hochwohlgeboren um eine möglichste Beschleunigung der Antwort zu bitten. Da wir die Untersuchung jetzt erst nach vollzogenem ersten Abstich zu Ende führen konnten, so fällt nicht uns, sondern den technischen Verhältnissen die scheinbare Verzögerung zur Last."

Hierauf erhielten wir von dem Präsidenten des Kaiserlichen Gesundheitsamtes am 6. April 1906 folgendes Antwortschreiben:

Auf die gefällige Anfrage vom 19. März d. J. (G. No. 2110) beehre ich mich zu erwidern, daß nach diesseitigem Dafürhalten Bedenken grundsätzlicher Art gegen das Bespritzen von Reben mit arsensaurem Blei bestehen. Vom gesundheitlichen Standpunkt aus kann es nicht gebilligt werden, daß zum Schutz der Reben gegen den Heu- und Sauerwurm chemische Stoffe verwendet werden, deren Fernhaltung von unsern Nahrungs- und Genußmitteln in wohlbewußter Weise ganz allgemein, soweit es nur irgend angängig ist, auf gesetzlichem Wege durchgeführt wird.

Die durch die chemische Analyse in Proben von Wein, der aus derartig bespritzten Reben gewonnen wurde, gefundenen Mengen von 0,002 g1) metallischem Blei, aber auch der Gehalt von 0,0015 g1) metallischem Arsen müssen nach den bisher bekannt gewordenen Erfahrungen über die schädliche Einwirkung von Blei- und Arsenverbindungen auf den menschlichen Körper als geeignet bezeichnet werden, die menschliche Gesundheit zu gefährden.

Aus vorstehenden Erwägungen muß sich das Gesundheitsamt gegen die Verwendung von arsensaurem Blei zum Bespritzen von Reben, sofern hierdurch Blei und Arsen in den Wein gelangen, aussprechen und vermag auch eine Höchstgrenze, die etwa zugelassen werden könnte, nicht für angängig zu erachten. Es kommt hinzu, daß nach § 1 des Gesetzes über die Verwendung gesundheitsschädlicher Farben bei der Herstellung von Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 5. Juli 1887 in Verbindung mit § 12 des Gesetzes, betreffend den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 Weine, die Arsen oder Blei enthalten, grundsätzlich beanstandet werden. müssen. Ungleich bedenkiicher muß es noch erscheinen, wenn die mit arsensaurem Blei behafteten Trauben als Tafeltrauben Verwendung finden oder im Weinberg selbst bei Gelegenheit der Weinlese genossen werden." gez. Bumm.

1) Im Urtext steht 0,0111 g Blei; es muß heißen 0,002 g Blei. Die Bleiund Arsenmengen beziehen sich auf 1000, nicht auf 100 cem!

Dieses Gutachten der autoritativsten Behörde läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig und ist zunächst geeignet, wohl jeden. von einem Bespritzungsversuch abzuhalten, denn es erscheint mir wenig wahrscheinlich, daß von Trauben, die aus bespritzten Weinbergen stammen, ein Wein gewonnen werden kann, der selbst von Spuren der beiden metallischen Gifte frei ist. Dennoch hoffe ich, werden sich Wege finden lassen, und den theoretisch nur zu billigenden Standpunkt des Gesundheitsamtes mit den Forderungen der Praxis zu vereinen. Auf welche Weise man dazu vorzugehen haben wird, habe ich versucht, im Laufe der obigen Ausführungen anzudeuten. Die Hauptsätze, von denen man sich wird leiten lassen können, sind kurz zusammengefaßt folgende:

1. Es ist zu prüfen, ob man nicht durch Blei oder Arsen allein den Wurm vergiften kann.

2. Es ist die kleinste, hierzu nötige Menge der Metallgifte zu ermitteln.

3. Welche Sicherheitsmaßregeln vermögen wirksam Vergiftungen mit der Bespritzungsflüssigkeit zu verhindern?

4. Welcher Zeitpunkt ist der für die Bespritzung geeignetste? 5. Wie verhindert man wirksam das Abwaschen oder Auflösen des Bleis und Arsens beim Mahlen, Maischen und Keltern?

6. Durch welche Maßnahmen können die im Wein befindlichen Metalle ausgeschieden werden?

Gelingt es den vereinten Anforderungen der Wissenschaft und Praxis, endlich ein durchschlagendes Mittel gegen den Heu- und Sauerwurm zu finden, so wird das für den Wohlstand des Winzers von ausschlaggebender Bedeutung werden.

4. Beitrag zur Bestimmung der flüchtigen Säure im Wein.

Von K. Windisch und Ph. Schmidt wurde ein Verfahren zur Bestimmung der flüchtigen Säure vorgeschlagen, das sich darauf gründet, aus dem zu untersuchenden Wein durch wiederholtes Abdampfen die flüchtigen Säuren zu entfernen und im Rückstand die nicht flüchtigen Säuren durch Titration zu bestimmen. Aus der in einer anderen Probe bestimmten Gesamtsäure und aus der nicht flüchtigen Säure findet man durch Subtraktion die flüchtige Säure. Sie schreiben dazu folgendes vor (Jahresbericht der Kgl. Lehranstalt Geisenheim, 1904, 203):

Man bestimmt zuerst die Gesamtsäure in 25 ccm Wein, indem man in der üblichen Weise titriert. Dann dampft man 25 ccm Wein in einer Porzellanschale auf dem Wasserbade auf 3-5 ccm ein, löst den Rückstand in 25 ccm heißen Wassers auf, verdampft wieder auf 3-5 ccm, löst den Rückstand wieder in heißem Wasser und verdampft zum drittenmal auf 3-5 ccm. Hierauf löst man den Rückstand in heißem Wasser und titriert ihn wie die Gesamtsäure. Man erhält so die nicht flüchtigen Säuren des Weines, als Weinsäure berechnet. Der Sicherheit halber ist dreimaliges Abdampfen des Weines zu empfehlen. Hierauf zieht man die nicht.

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