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ben seien, zurückziehe; im andern Falle müsse Preußen bei den wichs tigen und folgenschweren Verhandlungen, welche mit dem österreichischen Kabinet bevorstünden, sich gleichfalls in Kriegsbereitschaft sehen. Inzwischen machte seit Mitte April die italienische Regierung sehr ernste Vorbereitungen zum Kriege, welche deutlich zeigten, daß zwischen dem italienischen und preußischen Kabinet ein geheimes Einverständniß und auf beiden Seiten der feste Entschluß bestehe, mit Desterreich anzubinden. Auch Sachsen, das entschieden österreichisch gesinnt und als Nachbarland von Preußen am meisten bedroht war, brachte seine Armee auf den Kriegsfuß. Auf eine preußische Anfrage vom 27. April 1866, was diese Rüstungen zu bedeuten hätten, antwortete das sächfische Kabinet, Sachsen suche seine Armee nur in den bundesmäßigen Stand zu sehen, um etwaigen Anforderungen des Bundes entsprechen zu können. Aus Oesterreich gingen in der letzten Woche des April starke Truppensendungen nach Venetien. Das österreichische Kabinet richtete zur Rechtfertigung seiner Rüstungen am 27. April 1866 ein Rundschreiben an die auswärtigen Mächte, worin es sagte: „Wir haben zu viele Pfänder unserer friedlichen Absichten ertheilt, es ist zu offenkundig, daß weder die Politik der kaiserlichen Regierung noch Desterreichs Interessen bei Angriffsplänen ihren Vortheil finden, als daß in Europa Zweifel an der Aufrichtigkeit unserer Rede obwalten könnten. Unsere Maßregeln haben nur den Charakter strengster Defensive, und es kommt der kaiserlichen Regierung nicht in den Sinn, mit irgend Wem einen Krieg hervorzurufen. Aber wir halten es zugleich für eine gebieterische Pflicht, Nichts zu versäumen, um uns in den Stand zu sehen, eine bewaffnete Invasion zurückzutreiben. Kein Kabinet könnte, davon sind wir überzeugt, die Verantwortlichkeit auf sich nehmen, uns den Rath zu geben, daß wir anders handeln sollten; denn keines würde bei dermaliger Lage uns die Unverlegbarkeit unseres Gebietes garantiren wollen." Zugleich verstärkte die österreichische Regierung die Besatzungen in Böhmen, Mähren und Schlesien, contrahirte gegen Verpfändung von Staatsgütern ein Anlehen von 72 Millionen Gulden und befahl die Anfertigung von Staatsnoten zu einem und zu fünfzig Gulden bis zur Summe von 150 Millionen. Die von Preußen durch eine Note vom 30. April 1866 geforderte Abrüstung lehnte das österreichische Kabinet in seiner Antwort vom 4. Mai ab, indem es wiederholt und feierlich versicherte, es beabsichtige weder Preußen noch Italien anzugreifen, fühle sich aber verpflichtet, für die Vertheidigung der Monarchie zu sorgen. Darauf verfügte ein unter dem Vorsiz des Königs von Preußen gehaltener Kriegsrath Kriegsbereitschaft für sechs preußische Armeecorps und die Versehung der ganzen preußischen Infanterie auf Kriegsstärke; der Kaiser von Desterreich seinerseits er=

ließ am 6. Mai 1866 den Befehl, die ganze österreichische Armee auf den Kriegsfuß zu sehen und die Nordarmee an der böhmischen und schlesischen Grenze zu concentriren. Desterreichische Blätter gaben da mals den Gesammtstand der österreichischen Armee auf dem Kriegsfuße, ohne die vierten Bataillone, auf 690,009 Mann an; 380,000 Mann mit 500 Geschüßen sollten gegen Preußen, 130,000 Mann gegen Italien aufgestellt werden. Diese Angaben waren, wie die nun folgenden kriegerischen Ereignisse zeigten, viel zu hoch und hatten das Vertrauen der deutschen Mittelstaaten auf die österreichische Macht allzusehr gesteigert. Es schien gar keinem Zweifel zu unterliegen, daß Preußen einer solchen, noch mit den Armeen sämmtlicher Mittelstaaten vergrößerten Macht nicht gewachsen sei. Als im Frühjahr 1867 die kaiserliche statistische Commission ihren Bericht veröffentlichte, erfuhr man, daß die gesammte sowohl gegen Preußen als gegen Italien gerichtete österreichische Armee nicht mehr als 407,223 Combattanten zählte. Die von Preußen aufgebotenen Streitkräfte betrugen, nach_offi= ciellen Nachrichten, 669,079 Mann. Hievon kamen auf die active Armee aller Waffengattungen 442,466 Mann, auf die Erfaßtruppen 129,025 Mann, auf die Festungsbesaßungen 97,588 Mann. Noch nicht aufgeboten bis zum Schlusse des Krieges waren 33 vierte Bataillone, 80 Escadrons Landwehr und beinahe die ganze Landwehr zweiten Aufgebotes. Der preußische Major Veißke, bemerkte in seiner Broschüre: „Das preußische Heer vor und nach der Reorganisation, seine Stärke und Zusammensetzung im Kriege 1866", Preußen hätte diesen Kraftaufwand nicht lange aushalten können; von etwa 32 Einwohnern sei einer unter die Waffen gerufen gewesen; bei einer län geren Dauer des Krieges hätten Gewerbe und Ackerbau und mit ihnen die erwerbsunfähig gemachten Familien auf das Empfindlichste leiden müssen.

Am 5. Mai 1866 legte der sächsische Gesandte dem deutschen Bundestag die preußische Aufforderung zur Abrüstung vor und ver langte, der Bund solle Preußen zu beruhigenden Erklärungen veran= lassen; dieser Antrag wurde mit 10 gegen 5 Stimmen angenommen. Der preußische Gesandte erklärte hierauf, die preußischen Rüstungen seien blos defensiver Natur, und seine Regierung erwarte, der Bund werde vielmehr Sachsen und Oesterreich auffordern, ihre Rüstungen einzustellen. Es ist bemerkenswerth, daß sich die Volksstimmung in Preußen um diese Zeit, nämlich vor dem wirklichen Ausbruch des Krieges, überall sehr entschieden gegen den Krieg aussprach und gar nicht verhehlte, daß das preußische Volk sehr wohl einsehe, Preußen sei von Desterreich nichts weniger als bedroht, das preußische Kabinet suche vielmehr Krieg mit Desterreich. Volksversammlungen in Berlin

(5. Mai), Königsberg (9. Mai), Köln (13. Mai), die Handelskammern von Elberfeld, Düsseldorf, Dortmund, Crefeld, Trier, Münster (Ende Mai) erklärten sich gegen den Krieg. Die Einberufung auch der verheiratheten Landwehrmänner zur Armee (Mitte Mai) erregte im ganzen Lande große Unzufriedenheit, namentlich in Berücksichtigung der höchst dürftigen Unterstüßung, welche die ihres Ernährers entbehrenden Familien erhielten; eine Frau bekam nämlich für sich einen Silbergroschen und für jedes Kind sechs Pfennige täglich, womit unbemittelte Familien kaum ihre Miethe bestreiten konnten. Als jedoch der Krieg einmal im Gang war und Siegesberichte einliefen, legte sich die Verstimmung und an vielen Orten zeigte sich im Gegentheil eine freudige Theilnahme an den Ereignissen, die eine Erhöhung des preußischen Kriegsruhmes versprachen. Auf österreichischer Seite erließ der Feldzcugmeister Bene dek bereits am 12. Mai 1866, sechs Wochen vor der eigentlichen Kriegserklärung (am 23. Juni), einen Armeebefehl, worin er bekannt gab, daß er vom Kaiser zum Oberbefehlshaber der Nordarmee ernannt sei; die kaiserliche Armee", sagte er, wird in jedem Kampfe mit Begeisterung und altösterreichischer Zähigkeit in Treue und Ehre siegen, in Treue und Ehre zu sterben wissen für Kaiser und Vaterland.“ Die Minister der deutschen Mittel- und Kleinstanten (Bayern, Württemberg, Sachsen, Baden, Darmstadt, Nassau, Weimar, Koburg, Meiningen) hielten am 13. und 14. Mai 1866 eine Conferenz in Bamberg, um sich über eine gemeinsame Haltung in der Streitsache der beiden deutschen Großmächte zu vereinigen. Sie kamen überein, folgende Punkte aufrecht zu erhalten: 1) Desterreich und Preußen sollen gleichzeitig entwaffnen und, wenn sich Preußen weigert, soll Bundesexecution eintreten. 2) Die Lösung der Herzogthümerfrage gehört allein dem deutschen Bunde zu. 3) Eine ausgedehnte liberale Bundesreform ist zeitgemäß und soll in's Werk gescht werden. 4) Preußen soll seine Vorschläge für Bundesreform vor der Berufung des deutschen Parlaments mittheilen. Diese Staaten waren damals, wie ganz Deutschland, noch in dem guten Glauben, sie würden vereinigt eine dritte deutsche Großmacht darstellen, die mit Hülfe der Bundesverfassung das Schiedsrichteramt zwischen Preußen und Desterreich ausüben könnte; allein die Ereignisse bewiesen, daß das Bundesband, welches sie zusammenhielt, ein sehr lockeres war, und daß ihr aus verschiedenen Bestandtheilen zusammengesetztes gemeinsames Heer gegen die concentrirte Heeresmacht des preußischen Großstaates Nichts auszurichten vermochte. Am 19. Mai 1866 stellten die genannten Staaten in der Bundesversammlung den Antrag, lettere möge bei den Regierungen, die sich zum Kriege rüsteten, Anfrage halten, ob und unter welchen Bedingungen sie bereit seien, gleichzeitig und zwar an einem von der Bundesversamm

lung zu bestimmenden Tage, ihre Streitkräfte auf den Friedensstand zurückzuführen? Dieser Antrag wurde am 24. Mai einstimmig, auch von Preußen, angenommen; der preußische Gesandte forderte jedoch bei dieser Veranlassung sofortige Einberufung eines deutschen Parlaments, welches allein im Stande sei, einem deutschen Bürgerkriege vorzubeugen. Das preußische Kabinet durfte voraussehen, daß ihm durch ein Parlament, wie im Jahr 1849, auf friedlichem Wege die Stellung in Deutschland werde angewiesen werden, die es mit Gewalt der Waffen zu erzwingen im Begriff stand.

Die europäischen Großmächte Frankreich, England und Rußland machten um diese Zeit einen Versuch, die Streitfragen auf einer Conferenz zu schlichten. Sie stellten am 24. Mai 1866 an Desterreich, Preußen, den deutschen Bund und Italien den Antrag, an einem zu bestimmenden Tage Bevollmächtigte nach Paris zu senden, um auf diplomatischem Wege die Elbherzogthümerfrage, die italienische und die Frage der deutschen Bundesreform zu lösen. Desterreich antwortete am 1. Juni, es erwarte von einer solchen Conferenz kein günstiges Resultat; denn voraussichtlich entscheide sich dieselbe für die Abtretung Venetiens, und dazu verstehe sich Oesterreich nicht. Auf diese Erklärung hin wurde der Plan aufgegeben. An dem nämlichen Tage (1. Juni 1866) erklärte der österreichische Gesandte in der deutschen Bundesversammlung, der Kaiser von Oesterreich sei in seinen Zugeständnissen an Preußen bezüglich der Elbherzogthümer so weit gegangen, als es die Würde Oesterreichs und das Recht des deutschen Bundes erlaubten. Preußen stelle unberechtigte Forderungen und bethätige die Neigung, dieselben rücksichtslos und selbst mit Gewalt der Waffen durchzuführen. Desterreich könne die von Preußen verlangte Einstellung der Rüstungen nur dann in's Werk sehen, wenn es von Preußen keinen Angriff mehr auf sein Gebiet oder auf das seiner Bundesgenossen zu befürchten habe; die kaiserliche Regierung gebe daher alles Weitere den Beschlüssen des Bundes anheim, welche Oesterreich befolgen werde." Zugleich zeigte der Gesandte an, daß der österrei= chische Statthalter in Holstein beauftragt sei, die holsteinischen Stände einzu berufen, damit sich die Wünsche und Rechtsanschauungen des Landes als ein berechtigter Factor der Entscheidung geltend machen könnten. Diese Berufung erklärte der preußische Gesandte in Wien am 6. Juni 1866 und ebenso eine preußische Depesche an die preußischen Gesandten im Ausland für einen Bruch des Gasteiner Vertrags, nach welchem die Souveränetätsrechte in Holstein Desterreich und Preußen gemeinschaftlich zugehörten und das österreichische Ministerium nicht einseitig die dortige Ständeversammlung berufen könne. Sofort rückte (7. Juni 1866) ein ungefähr 20,000 Mann

starkes preußisches Armeecorps aus Schleswig in Holstein ein und besezte die Städte Kiel, Rendsburg und Izehoe, um das Zusammentreten des holsteinischen Landtags mit Gewalt `zu verhindern. Der preußische Gouverneur in Schleswig, General v. Manteuffel, machte in Schleswig bekannt, es geschehe die Besetzung Holsteins durch preußische Truppen im Interesse der schleswig-holsteinischen Landesverfassung, da sich die Stände der Herzogthümer nicht nach beiden Ländern getrennt, sondern gemeinsam zu versammeln hätten. Am 10. Juni erließ er eine Proclamation an die Holsteiner, worin er ihr ruhiges Verhalten beim Einmarsch der Preußen belobte, aber zugleich alle po litischen Vereine schloß und ankündigte, daß die von dem österreichischen Statthalter General v. Gablenz am 15. September 1865 in Holstein eingesetzte Regierung aufgelöst sei, wogegen der Baron Scheel-Plessen, der seinen Siß in Kiel genommen, die Regierung über beide Herzog= thümer übernommen habe; der König von Preußen beabsichtige, die Stände beider Herzogthümer zu einer gemeinsamen Versammlung zu berufen. Gegen dieses Vorgehen protestirte eine am 8. Juni 1866 auf dem Markte von Izehoe abgehaltene Volksversammlung, welche die Erklärung abgab: „Angesichts der bedrohten Lage des Landes wiederholen wir das Gelöbniß, nach wie vor an dem Recht unseres Landes auf seine Selbstständigkeit unter dem angestammten und erkørenen Fürsten Herzog Friedrich festzuhalten." Unbeirrt von dieser Demonstration besetzten preußische Truppen das Ständehaus in Jhehoe, um die Versammlung der Stände zu verhindern, und brachten den Regie: rungsrath Lasser, welcher die Ständeversammlung eröffnen sollte, in der Nacht vom 10. auf den 11. Juni 1866 in Haft. Gegen die Infinuation, daß Preußen eine gewaltsame Annexion der Herzogthümer beabsichtige, legte der preußische Gesandte in der Bundestagssizung vom 9. Juni Protest ein. Preußen sei bereit, die Frage der Herzogthümer in Verbindung mit der Bundesreform zu behandeln, und erwarte nur den Augenblick, wo es dieselbe mit einer Bundesgewalt erledigen könne, in welcher die Mitwirkung der nationalen Vertretung dem Einfluß particulärer Interessen das Gegengewicht halte und Bürgschaft gewähre, daß die von Preußen gebrachten Opfer schlüßlich dem Gesammtvaterlande, nicht dynastischer Begehrlichkeit zu Gute kämen. Den Bundestag, wie er jetzt bestehe, sei Preußen nicht gemeint, über seine durch internationale Verträge erworbenen Rechte entscheiden zu lassen. An dem nämlichen 9. Juni 1866 übergab aber auch das österreichische Kabinet in Berlin eine Depesche, worin dasselbe gegen die preußische Beschuldigung, Oesterreich verleze den Gasteiner Vertrag, Protest er= hob. „Wir erheben hiemit feierliche Einsprache", hieß es in diesem Schreiben, gegen diese Behauptungen, und wir lehnen alle und jede

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