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gegolten, mangelt es jenem Anführen an genugsamer histo rischer Begründung. Es müßte nåmlich nachgewiesen werden, daß schon vor dem Absterben des Grafen Adolph 8. im Jahre 1459, oder doch bey der Vereinbarung über seinen Nachlaß 1460 die Grafen von Holstein wenigstens Versuche gemacht, den Grafen von Schauenburg etwas von der Grafschaft Pinneberg zu entziehen, so daß diese dadurch veranlaßt werden konnten, jedes Mittel zu ergreifen, um ihre Holstei nischen Besitzungen auf alle Weise von den Ländern der Holsteinischen Grafen unterscheidbar zu machen. Bergebens forscht man aber in der vaterländischen Geschichte nach solchen Borgången; diese ergiebt vielmehr das Gegentheil. Denn zufolge des zwischen Gerhard 6., Nicolaus 2. und Otto 2. nach Absterben des Grafen Adolph 7. von Holstein, welcher ein Sohn des Grafen Johann des Milden war und den größten Theil von Wagrien besaß 31), im Jahre 1390 zu Kiel ge= fchloffenen Vergleichs. ward Graf Otto 2. von Schauenburg durch eine Summe Geldes und durch die Ueberlassung einiger Grundstücke von dem Nachlasse Adolph's 7. abgefunden; und ihm zugleich der fernere Besitz der, schon früher — seit 1281, — von Schauenburger Grafen aus einer Seitenlinie des Holstein-Rendsburgischen Grafenhauses als Upanage be fessenen, und jetzt, -1390 förmlich von dem übrigen Holstein getrennten, Grafschaft Pinneberg, bestehend aus den Aemtern Pinneberg, Barmstedt und Hazeburg bestätigt 3o) Auf solche Weise waren die Gränzen der Grafschaft consti tuirt. Diese wurden auch in der Folge ebensowenig streitig,

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31) Christiani loc. cit. Thh. 4. pag. 12.

32) Christiani, Geschichte der Herzogthümer Schleswig- und Holstein,

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der Grafen zu Schauenburg lib. 2. cap. 20; cff; die Einleis tung zu diesem Beitrag.

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als auch die Grafen von Holstein keine Versuche machten, Theile der Grafschaft Pinneberg an sich zu ziehen. Im Jahre 1459 ́entstanden allerdings nach Absterben des Grafen Adolph 8. von Holstein über dessen Nachlaß Streitigkeiten zwischen König Christian 1. und dem Grafen Otto 3. von Schauenburg. Diese wurden durch den Vergleich von 1460 beseitigt, in dem Graf Otto 3. mit seinen Ansprüchen auf. die Grafschaft Holstein durch eine Summe Geldes abgefune den ward. Von einer Ungewißheit der Grenzen der Grafschaft Pinneberg, oder von einem Unverlangen Christian 1, irgend einen Theil jener Grafschaft zu erhalten, war aber überall nicht die Rede, vielmehr verlangte das Schauenburs ger Haus ganz Holstein, oder doch mindestens einen Theil desselben, neben der Grafschaft Pinneberg zu besitzen. Auch übernahm Christian 1. in dem Vergleiche ausdrücklich die Guarantie des Befihes der Pinnebergischen Lande 33). In den folgenden Jahren bis 1640, wo Pinneberg an die Herzöge von Holstein zurückfiel, stritten diese mit den Grafen pon Schauenburg fortwährend darüber, wem die Landesho, heit über das Kloster Uetersen competire. In diesem Streite erscheinen nun zwar allerdings die Grafen von Schauenburg als der angegriffene Theil, dem man, mit Rücksicht auf die Klostervogtey Uetersen, etwas von dem bisherigen Territorio entziehen wollte. Allein eben dieser Streit liefert den voll ständighten Beweis dafür, daß die Grafen von Schauenburg zur Einführung des Römischen Rechts unter Ausschließung des Sachsenspiegels nicht deshalb veranlaßt worden sind, um dadurch ihre Lånder von dem Herzogthume Holstein unterscheidend zu bezeichnen. Denn so sorgfältig auch von beiden Seiten in den vielfältigen, und in verschiedenen Jahrhunderten Statt gehabten, Verhandlungen selbst die kleinsten Umstände urgirt wurden, welche den Ansprüchen

33) Der Vergleich von 1460 findet sich vollständig in Westphalen loc. cit. to. 1. pag. 1069 sequ.

und Widersprüchen nur irgend zu wahren oder vermeintlichen Stützpuncten dienen konnten; so ist doch niemals Schauenburgischer Seits als Grund für die Zuständigkeit der Lan deshoheit über das Kloster Uetersen angeführt worden, daß in der Klostervogtey Uetersen mit Ausschluß des Sachsenspiegels Römisches Recht gelte.

So unhaltbar fich demnach die obige Meinung Lacmann's darstellt, eben so wenig läßt sich mit Grund behaupten, daß die Grafen von Schauenburg deshalb das Römische Recht so auffallend bevorzugt haben, weil fie darin ein Mittel sahen, ihr Ansehen, zu erweitern und ihre Macht als Landesherren zu vermehren. Hiezu mag allerdings das Rdmische Recht geeignet seyn, das Erkennen dieser Qualität die Deutschen Kaiser bestimmt haben, die Ausbreitung, deffelben in Deutschland möglichst zu fördern 34), und für diese die Anwendung solcher versteckter und indirecter Mittel. nothwendig gewesen seyn, um nicht die mächtigen Deutschen. Allein alles dieses past Fürsten gegen fich aufzubringen. nicht auf die Grafen von Schauenburg. Denn nie haben diese begierig nach Erweiterung der Herrschermacht gestrebt, und hätten sie ein solches Ziel vor Augen gehabt, so, standen ihnen directe Wege offen, welche sie um so zuversichtlicher betreten konnten, da sie die Grafschaft Pinneberg: nicht als Lehn sondern als Allodium besaßen, auch in derselben keine Stånde vorhanden waren, welche ihre Schritte aufhalten konnten. Jeden Falls aber håtten. sie den Sachsenspiegel ohne Nachtheil ihres Vorhabens neben dem Römischen Rechte bestehen lassen können, da dieser die Herrschermacht wenig stens nicht beschränkt.

Nicht jene Qualität des Römischen Rechts, nicht der Irrwahn, daß das Deutsche Kaiserthum eine Fortschung des Römischen sey, nicht die enge Verbindung, in der das Römische Recht mit dem bereits in Deutschland geltenden

34) Potter a. a. D. pag. 332.

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Canonischen Rechte stand, war es, wodurch die Römischen Sahungen zuerst unter den Deutschen eingeführt wurden. Alles dieses diente nur zur Ausbreitung jenes Rechts, von dem sich die Deutschen auf fremden Academien, und den vaterländischen Rechten dadurch entfremdet, Kunde erworben hatten, und welches sie nun, theils aus Vorliebe, theils aus Unkunde der Landesrechte, in und außer den Gerichten geltend zu machen und einzuführen wußten 35). Eben diese Vorliebe oder Unkunde veranlaßte es auch, daß in der Grafschaft Pinneberg das Römische Recht unter Ausschluß des Sachsenspiegels obtinirte. Die in der Grafschaft Schauenburg anwesenden, mit dem Römischen Rechte vertrauten, des Sächsischen Rechts unkundigen, Rechtsgelehrte und Råthe der Schauenburgischen Grafen, so wie die aus der Residenz nach Pinneberg gesandten Landdroste und Amt månner, welche eben so wenig das Landesrecht kannten, brångten dieses je långer je mehr zurück und wandten Römisches Recht an, wo solches nur irgend thunlich war 36). So brachten fie ihrer Unkunde, oder doch ihrer Vorliebe für ein fremdes Recht, die eigentlichen Landesrechte der Holsteinischen Unterthanen zum Opfer, sprachen endlich die Ungültigkeit jener formell aus, und enthoben sich auf solche Weise für immer der Mühe, das aus dem wirklichen Leben des Volks hervorgegangene Recht zu ergründen. In den früheren Jahrhunderten würde ein folches Unternehmen sicherlich durch die treue Anhänglichkeit der Holsteiner an den alten Landesrechten vereitelt worden seyn.

Die in der Schauenburgischen Hofgerichts-Ordnung ausgesprochene Gültigkeit des Römischen Rechts ward weder durch die, im Jahre 1640 zwischen der Königlichen und

35) Eichhorn loc. cit. §. 440 444.

Pütter loc. alleg. pag. 330 μ. fa

Mackeldey, Lehrbuch des heutigen Römischen Rechts §. 84. 36) Gadendam loe, alleg.

Herzoglichen Linie Statt gehabte Theilung des Schauenburgischen Districts, noch durch die im Jahre 1806 erfolgte Vereinigung des Herzogthums Holstein mit dem Dänischen Reiche alterirt. Der lettere Vorgang veranlaßte sogar eine Bestätigung, indem durch das Königliche Patent d. d. Friederichsberg den 9. September 1806 57) im Allgemeinen bestimmt ward:

Daß bis zur Einführung eines allgemeinen Gefeßes alle Rechtssachen in dem Herzogthume Holstein nach den an jedem Orte bisher befolgten Geseßen und Gewohnheiten, mit Inbegriff der in den Reichsgesehen enthaltenen Vorfchriften, in so weit dieselben das bürgerliche und peinliche Recht angehen, fernerhin entschieden werden sollen. Hiemit stimmt auch die Praxis völlig überein, indem, wie die Landesarchive in unzähligen Fållen ergeben, die Rechtsverhältnisse in dem ehemals _Schauenburgischen Dis strict stets, in Ermangelung von Gewöhnheiten oder specieller Gefehe, nach Römischem Rechte beurtheilt worden sind. Demnach tritt denn auch, um nur ein Beispiel anzuführen, in allen denjenigen Districten, welche ehemals den Schauenburgischen Antheil bildeten, die Volljährigkeit erst mit dem 25sten Jahre ein. - Diese Beurtheilung nach Römischem Rechte hat nicht nur bey denen, welche das forum inferius, sondern auch bey solchen Personen Statt, welche das forum superius fortiren.

`Die Gesetzgebung hat in dem ehemals Schauenburgischen District außer dem Römischen Rechte, auch die Gültigkeit der Landesgewohnheiten anerkannt, indem in der Schauenb. Hofgerichts-Ordnung gefagt ist 38):

es folle nach dem gemeinen Rechte und der Grafschaft Herkommmen und Gewohnheit gesprochen werden.

37) Chronologische Sammlung der Verordnungen Jahrgang vomr 9. Septemb. 1806 bis 1807 inclu. No. 1.

38) Schauenb. Hofg. Drdu. Par, 2. tit. 26 §. 16.

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