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trachtet und sich durch ihn von der Einführung des neuen Sprengstoffes nicht abhalten lassen 1).

Ist nun auch das Dynamit ein ganz vorzügliches Sprengmittel, so entspricht es doch noch lange nicht dem Ideale eines solchen. Es hat zwei ziemlich bedeutende Mängel, wenn auch dieselben in der Anwendung für militärische Zwecke seltener zur Sprache kommen.

1. Die leichte Trennbarkeit der Kieselerde von dem Nitroglycerin durch Wasser, wodurch ein längeres Belassen unter Wasser ohne Anwendung wasserdichter Hüllen unzulässig wird.

2. Die Nothwendigkeit der Zündung durch Knallpräparate, also die Abhängigkeit von einer ganz besonderen Zündungsweise. Der letztere Umstand ist freilich vom Standpunkte der Sicherheit ein grosser Vorzug, und aile Präparate, bei welchen eine Explosion durch gewöhnliche Zündung möglich wird, bringen naturgemäss wieder den Nachtheil grösserer Empfindlichkeit gegen Feuer und meist auch gegen mechanische Einwirkungen mit sich.

Der erste der hier angeführten Nachtheile kann gründlich beseitigt werden durch die von mir vorgeschlagene Mengung fein zermahlener Schiesswolle mit Nitroglycerin, die ich im kleinen Massstabe ziemlich durchgeprüft habe, und die gegenüber allen bis jetzt in Anwendung befindlichen Sprengmitteln eine Reihe höchst bedeutender Vortheile, besonders in der Anwendung für Militärzwecke bietet.

Die Mängel des Dynamits veranlassten mich bereits im Vorjahre zu einer Reihe von Versuchen mit Mengungen von Nitroglycerin mit Schiesswolle, nitrirtem Holzstoff oder gewöhnlichem Holzstoff. Die Resultate der damit vorgenommenen Versuche waren überraschend und von hoher Wichtigkeit.

Es zeigte sich vor Allem, dass:

Mischungen fester und flüssiger Nitrilverbindungen (Trinitrocellulose und Nitroglycerin) in geeigneten Verhältnissen beider Stoffe die besondere Eigenschaft haben, in Wasser und Feuchtigkeit vollkommen unverändert zu bleiben und ihr Mengungsverhältniss constant festzuhalten. Solche Mischungen können daher ohne Beeinträchtigung der Explosionsfähigkeit in Wasser aufbewahrt und in feuchtem Zustande, in dem sie nicht einmal mehr tindbar sind, verschickt werden; es ist deshalb bei ihnen jede Gefahr während Magazinirung und Transport vermeidbar.

Die Verwendung des Dynamits ist in rapidem Steigen begriffen. In Deutschland bestehen gegenwärtig vier, in Österreich zwei, in Schweden eine, in NordAmerika zwei Dynamitfabriken; demnächst wird eine Fabrik in Frankreich und eine in England errichtet werden.

Vorjahre über 4500 Centner Dynamit.

Die Fabrik bei Hamburg allein erzeugte im

Die Fähigkeit der Kapselzündung, ganz bedeutende, der Wärmeconcentration entgegenstehende Hindernisse zu überwinden, welche sich mir aus mehreren Versuchen klar herausstellte, führte weiter zu dem Gedanken, ob es nicht möglich sei, den letztgenannten Sprengmitteln Stoffe zu incorporiren, welche die Zündfähigkeit aufheben, ohne die Explosionsfähigkeit wesentlich zu alte riren.

Das am nächsten Liegende war, nachdem ich die Unschädlichkeit eines Wasserzusatzes für die Stabilität des Präparates kannte, zu versuchen, ob nicht bei einem solchen Zusatz, in einer Menge, dass die Zündfähigkeit der Mischung nahezu auf Null reducirt wird, noch immer die Möglichkeit hoher Kraftentwicklung durch Detonationszündung vorhanden sei.

Die angestellten Versuche waren sehr günstig, Mischungen von 75 Percent Nitroglycerin und 25 Percent Schiesswolle wurden durch mehrere Tage im Wasser in vollkommen zertheiltem Zustande liegen gelassen und hierauf so weit ausgepresst, dass sie noch etwa 10 Percent Wasser enthielten. In diesem Zustande sind sie gegenüber allen gewöhnlichen Zündmittem vollkommen ungefährlich, während sie durch starke Knallkapsel in leichtem Einschlusse zur momentanen Explosion gebracht werden. Eine Mischung von 73 Percent Nitroglycerin, 25 Percent Schiesswolle, 2 Percent Kohle wurde in eine Pergamentpapierhülse von 1 Zoll Durchmesser und 4 Zoll Länge fest eingepresst, und dann diese Patrone, an beiden Enden geöffnet, 4 Tage im Wasser gelassen. Nach Ablauf dieser Zeit wurde die Patrone herausgenommen, und es ergab sich, dass das Sprengmittel 15 Percent Wasser aufgesaugt hatte. Bei diesem Wassergehalte war es nicht mehr möglich, durch glühende oder flammende Körper die Mischung zu entzünden, während sie durch starke Knallzündhütchen vollkommen explodirbar blieb. Freilich entsteht durch den Wasserzusatz ein ziemlicher Kraftverlust, aber dieser ist nicht so bedeutend, um den grossen Vortheil, jede Explosionsgefahr durch gewöhnliche Zündmittel und wahrscheinlich auch durch sehr starke und heftige mechanische Einwirkungen vollkommen zu beseitigen, aufzuwiegen. Überdies haben wir den ganz gleichen Nachtheil einer kraftconsumirenden Beimengung bei Dynamit, bei Dualin, bei Coloniapulver und im höchsten Masse bei Schwarzpulver. Es frägt sich aber auch gar nicht, ob man durch neue Explosiv mittel das durch Explosivstoffe erreichbare Kraftmaximum, sondern ob man damit eine für gegebene Zwecke genügende Kraft erreiche.

Der Wassergehalt kann durch eine Reihe anderer Stoffe ersetzt werden. Vorzüglich scheint sich nach Versuchen im Kleinen Glycerin zu eignen, welches gegenüber dem Wasserzusatz den Vortheil bietet, einen bestimmten Minimalgehalt an Feuchtigkeit unter allen Umständen dem Sprengmittel zu sichern.

Sollten die Resultate der von mir nur in kleinem Massstabe angestellten Versuche durch Experimente mit grossen Massen ihre Bestätigung finden,

so wäre damit einer der wichtigsten und segensreichsten Fortschritte in der Sprengtechnik erzielt, indem nahezu alle Unglücksfälle mit Sprengmitteln Während der Aufbewahrung, dem Transporte und der Verwendung in durchgreifender Weise beseitigt wären, und eben nur die während der Fabrication möglichen Zufälligkeiten, welche sich durch rationellen Vorgang sehr einschränken lassen, übrig blieben.

Schiesswolle theilt wohl mit den von mir vorgeschlagenen Präparaten den Vortheil, in unverarbeitetem Zustande in Wasser aufbewahrt werden zu können; aber sie muss vor der Verwendung der höchst zeitraubenden Comprimirung und dann dem gefährlichen Trockenprocesse unterzogen werden, und Transport und Verwendung muss in dem dadurch erreichten, gegen Feuer und mechanische Einwirkungen ziemlich empfindlichen Zustande geschehen.

In der mit Nitroglycerin getränkten Sprengwolle habe ich zugleich das Mittel gefunden, um Dynamit bei noch so niederer Temperatur in beliebiger Masse momentan zu vollständiger Explosion zu bringen, ohne übermässig starke Knallsätze benutzen zu müssen.

Ausser dem Dynamit besteht noch eine Reihe anderer Sprengmittel, in denen Nitroglycerin durch die verschiedensten festen Stoffe aufgesaugt erscheint.

Die beiden vorzüglichsten derselben, das Dualin und der Lithofracteur, haben leider keinen der oben genannnten Fehler des Dynamits rationell beseitigt, dagegen eine Reihe anderer Übelstände, wegen deren eben Nobel von der Verfolgung des Weges, der in beiden Präparaten betreten ist, abgieng.

Der Lithofracteur hat annähernd folgende Zusammensetzung:

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Der Lithofracteur ist also Nichts anderes als Dynamit, dem etwa 20 Percent eines sehr schlecht combinirten, einen enormen Überschuss an Kohle enthaltenden Schwarzpulvers beigesetzt sind. Dieser Zusatz an Schwarzpulver soll den Zweck haben, die Explodirbarkeit des Präparates auch bei niederen Temperaturen zu sichern, ein Zweck, der nach dem früher Angegebenen nahezu gegenstandslos geworden ist.

Der Lithofracteur bietet natürlich gegenüber dem Dynamit gar keine wesentlichen Vortheile, dagegen eine Reihe 'bedeutender Nachtheile. Er ist: 1. Weitaus empfindlicher gegen hohe Temperaturen als das Dynamit. Während die Entzündungstemperatur dieses letzteren 190° beträgt, ist jene des Lithofracteurs 120o.

2. Er ist empfindlicher gegen die Einwirkung von Feuchtigkeit und Österr. militär. Zeitschrift 1871. (1. Bd.)

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Wasser, was zunächst durch den Gehalt an Natronsalpeter, der bekanntlich sehr hygroskopisch ist, herbeigeführt wird.

3. Durch den Überschuss an Kohlenstoff entwickelt er bei der Explosion eine grosse Menge von Kohlenoxydgasen, also schädlichere Verbrennungsproducte als das Dynamit.

4. Bei gleichem Volumen ist, wie aus der Zusammensetzung klar hervorgeht, seine Kraft eine geringere als jene des Dynamits, eine für die meisten Zwecke des Bergbaues sehr ins Gewicht fallende Thatsache.

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Eine Reihe anderer Übelstände, begründet in der unrationellen, complicirten und ganz unwissenschaftlichen Zusammensetzung will ich nicht näher berühren.

Besser constituirt als der Lithofracteur ist das Dualin. Es besteht annähernd aus:

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Gegenüber dem Dynamit hat dieses Sprengmittel alle Nachtheile, die die Verbindung des Nitroglycerins mit einem so brennbaren und das Sprengől schlecht aufsaugenden Stoffe, wie es das mit Salpeter imprägnirte Holz ist, besitzt. Es ist:

1. Bedeutend empfindlicher gegen Feuer und gegenüber mechanischen Einwirkungen, letzteres besonders im gefrorenen Zustande. Gleich bei den ersten Versuchen in Österreich kam bei dem Ausbohren der zum Einbringen des Zündhütchens nöthigen Öffnung in einer gefrorenen Dualinpatrone, trotzdem diese Operation mit grösster Sorgfalt von einem im Sprengfache sehr vertrauten Manne ausgeführt wurde, ein bedauernswerther Unfall vor 1).

2. Die Holzspäne haben eine sehr geringe Aufsaugungsfähigkeit für Nitroglycerin, und müssen deshalb bereits bei dem geringen Gehalte von 40-50 Percent Sprengöl die Ladungen in sehr starke Papierhüllen eingeschlossen werden.

3. Das specifische Gewicht ist nur 102, also um 50 Percent geringer als jenes des Dynamits. Gibt man also selbst zu, dass das Dualin bei gleichem Gewichte dieselbe Sprengkraft wie das Dynamit besitzt, so hat letzteres doch bei gleichem Volumen eine um 50 Percent grössere Sprengkraft, ein Punkt, der für viele Verwendungen sehr massgebend ist.

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4. Ebenso wie der Lithofracteur enthält das Dualin einen bedeutenden Überschuss an Kohlenstoff, entwickelt also schädlichere Explosionsgase als Dynamit.

1) Von nun an soll, wie ich hörte, die Fabrik eigene Zündpatronen verschicken, in welchen der für das Zündhütchen nöthige Raum durch ein Holzklötzchen ausgespart ist.

Dagegen hat es gegenüber Dynamit den Vortheil, in festem Einschlusse auch durch gewöhnliche Zündmittel zur Explosion zu kommen, ein Vortheil, der bei Verwendung für Kriegszwecke, vorausgesetzt, dass man für genügende Kapseln sorgt, wohl selten zur Verwerthung gelangen wird.

Für militärische Zwecke ist daher gegenwärtig entschieden das starke Dynamit das vorzüglichste der erprobten Sprengmittel.

Im folgenden Abschnitte will ich kurz die Wirkungen dieses Sprengstoffes gegen verschiedene Objecte und seine Verwendung im Felde skizziren.

III. Wirkungen des Dynamits.

Die Anwendung von Sprengmitteln im Kriege ist eine äusserst mannigfaltige. Zerstörung von Communicationsobjecten, wie Brücken jeder Gattung, Viaducte, Tunnels u. s. f., Demolirung von Gebäuden, freistehenden Mauern, Palissadirungen, Durchbrechen von Einschnitten, Schächten und Stollen in hartem Steine bei provisorischen Bahn- und Strassenbauten, oder im Minenkampfe sind eine Reihe von Aufgaben, die dem Ingenieur - Officier in Felde vorkommen, und deren rationelle Lösung, besonders wenn die Zeit kostbar ist, nur durch starke und brisante Sprengmittel möglich ist.

Bevor ich nun durch Anführung der Resultate von Versuchen die Eignung des Dynamits für die genannten Zwecke zeige, will ich kurz die Art und Weise angeben, in der das Dynamit als Sprengladung verwendet wird

Die Genietruppe, welche gegenwärtig mit Dynamit ausgerüstet ist, führt selbes in fertigen Patronen mit sich. Diese sind entweder kleine Patronen von 1-1/2 Zoll Durchmesser und wenigen Zoll Länge, in welchen das Dynamit nur von einer Pergamentpapierhülle umgeben ist, oder es sind sogenannte Sprengbüchsen, d. h. cylindrische Büchsen aus dünnem Weissblech, von 3 Zoll Durchmesser und 2 Fuss Länge, welche eine Ladung von 7 Pfund Dynamit enthalten. Erstere Patronen werden überall dort verwendet, wo Bohrlöcher zu laden und zu sprengen, letztere dagegen, wenn Objecte durch frei angelegte Ladungen zu zerstören sind.

Die Explosion einer zusammenhängenden Ladung von beliebiger Länge erfolgt in folgender Weise: In eine kleine Patrone (Zündpatrone), welche bei gewöhnlicher Temperatur nur weiches Dynamit, bei minderer Temperatur aber zur Zündung gefrornen Dynamits aber eine eigene Zündmischung, am besten 75 Percent fein zertheilter Schiesswolle und 25 Percent Nitroglycerin, enthält, wird ein Kupferhütchen K (Fig. 1) eingesteckt, welches mit etwa 0.5 Gramm Knallsilber in seinem unteren Theile gefüllt ist, und in das man früher eine gewöhnliche Zündschnur Z eingesteckt hat, um den Knallsatz entzünden zu können. Kapsel und Zündschnur werden fest mit der Zündpatrone verbunden, und diese dann entweder einfach auf die zu

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