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sind die Umstände gebieterischer als der Wille, und mehr als je wird in diesem Augenblicke der monarchische Eigenwille nicht durch repråsenta: tive Formen, sondern durch die seltsamen Vers hältnisse der gesammten Europäischen Republik gehemmt. Allein warum deshalb das Verdienst nicht anerkennen, weil es zugleich von der Noth: wendigkeit bedingt ist? Karl Johann's Regie: rung athmet eine Mäßigung und zeigt von einer Einsicht in den wahren Vortheil Schwedens, wie man sie in der langen Reihe ausgezeichneter Männer des vorigen Regentenhauses vergeblich sucht. Seine persönliche Liebenswürdigkeit weiß die Herzen in allen Stånden und bei beiden Geschlechtern zu gewinnen. Sein militairischer Ruf schmeichelt der Eitelkeit des Schweden; sein Privatreichthum wirkt wohlthätig in einem so armen Lande.

Viele alte Familien verdanken ihm, dem Gerüchte nach, die Erhaltung ihrer tief verschuldeten Befißungen. Mag man es auch Klugheit nennen, so ist es doch die allerver: dienstlichste eines Regenten, daß sein ganzes Be: streben dahin geht, sich der Nation einzuverlei: ben, auf deren Thron ihn ein wunderbares Walten der Vorsehung gefeßt. Er selbst, der in den

Waffen ergraute Französische General, kann freis lich sein Vaterland nicht verleugnen, eben so we: nig als den Stand, dem er sein Glück verdankt. Gehört aber doch auf Karls des Zwölften Thron ein Monarch in Sporen und Uniform. Der Kronprinz ist dagegen zum Schweden erzogen und ganz Schwede geworden. Seine liebens: würdige Gemahlin von mütterlich Deutschem Blute hat sich ebenso in kurzer Zeit zur Schwes din umgebildet; wie anders verfuhren Napos leon's, in die eroberten Lånder eingeseßte, Kd: nige? Sie blieben Franzosen oder wünschten gar, in thörichtem Uebermuth, das ganze fremde Volk dazu unzuschaffen.

Eines muß den Fremden erfreuen; um so mehr erfreuen, je mehr er in andern Reichen das traurige Gegentheil sieht: die Achtung für die Reliquien des alten Stammes. Kein Name, kein Wappen ist verlöscht, keine Bilder sind vers boten, keine Bücher deshalb untersagt. Der Wasa: Orden wird noch fort und fort ertheilt. Man spricht mit Achtung und Anerkennung von den großen Regenten, von ihren wohlthätigen Institutionen. Ornås selbst, mit seinem wohls erhaltenen Wafazimmer, giebt davon ein Zeug

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niß. Ebenso die wohlthuende Fiction von dem Forterben des Geschlechts vermittelst einer Adops tion. Man führe auch hier immerhin die Klug: heit, die verschiedenen Verhältnisse, ja die Noths wendigkeit an; ein kleinlicher, ein gehässiger Sinn überwindet diese Rücksichten. Wie wohl thuend ist diese kluge Måßigung z. B. im Ge gensaß zu Frankreich. Welche Parthei unter als len, die dort geherrscht, wagte es, oder war so klug, sich selbst zu ehren'durch Achtung der ge: stürzten Vorgängerin? Napoleon's Bilder, of: fen verkauft in den Pariser Bilderlåden, håtten den Bourbons nicht geschadet; unter der Hand den Partisanen der Parthei verhandelt, werden sie ein Partheizeichen, ein Hauch, der verstohlen hinfährt über die glimmende Asche. Ein Bour: bon, der so großartig dächte, Napoleon's Leiche aus Helena kommen zu lassen und ihr eine Gruft anzuweisen in dem Lande, dessen größter Feldherr er gewesen, könnte den Thron seines Stammes auf diese Gruft wieder fester gründen, als auf Censur, Jesuiten und Gensd'armen.

Gustaf Adolf IV. mußte gestürzt werden, oder Schweden selbst fiel. Darüber findet der Reisende die Urtheilsfähigen im ganzen Reiche

einig. Sein unbeugsamer Trok, mit merkwür: diger Blindheit gepaart, ließ keinen andern Aus weg zu. Man kann seine Thaten, oder mehr noch, was er nicht that, bei einem Regenten Wahnsinn nennen. Sein Sturz steht auch nicht allein da in der Schwedischen Geschichte. Fru: here Beispiele geben dem Fall für Schweden eine Art legitimen Charakter. Aber die That bleibt That, und die Kränkung durch das Alter: thum und den Besitz geheiligter Rechte führt eine unheimliche Scheu mit sich. Sie umschwebt die, welche es zunächst gewagt, das Heiligthum an zutasten. Ein Instinkt, eine Scheu, zur Wohls that der Völker geboren. Auch den Thron ret teten nicht die großartigsten Motive. Doch eben dieser legitimen Gesinnung ist es ein Trost, daß die neue Dynastie ganz rein dasteht. Sie erntete nur die Früchte und überkam kei: nen Theil der Schuld aus einer Staatsumwål: zung, der sie ganz fremd geblieben. Darum, wie sie ohne Furcht rückwärts blicken darf, kann sie auch muthig in die Zukunft schauen. Ein Ge: rucht in Stockholm läßt den factisch am tiefsten bei Carl Johann's Thronbesteigung Gefrånkten ihm bei dieser Gelegenheit gratuliren.

Gustaf Adolf dem Vierten wird die Ge: schichte eine gewisse Größe nicht absprechen. Aber rücksichtsloser Starrsinn kann auch bei ed: len Gemüthern zum Verderben führen. Merk: würdig ist, daß der Raum an den Wänden des Wasazimmers in Ornås mit den Portraits der Könige bis zum leßten Gustaf so ausgefüllt ist, daß kein Bildniß eines Nachfolgers Plaß fånde.

Uch,

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