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§ 99. 10. Herbeischaffung d. Ueberführungsstücke. § 100. 11. Mittheil. § 101. 12. Zwischenfälle. 369

oder

Sie wollen diejenigen Ihrer Handlungsbücher, aus denen die an den Angeklagten geleistete Zahlung erhellt, zum Termine mitbringen;

Zu laden als Sachverständiger der ... mit der Aufforderung, die Ihnen zur Untersuchung und Aufbewahrung übergebene Fläsche, enthaltend den gefälschten Wein, zur Erläuterung Ihres Gutachtens mit zur Stelle bringen.

§ 100.

11. Die Mittheilungen zur Zeit der Ladungen. Die Rückgabe der Akten.

I. Gleichzeitig hat der StA. auch die Mittheilungen von Eröffnung des Hauptverfahrens zu machen:

1. An die dienstlichen Vorgesezten des beamteten Angeklagten. S. darüber oben §§ 64 und 88. Hat er dieselben schon bei Anklageerhebung vorläufig abgelassen, so verfügt er jetzt nur:

Nachricht den Bl. . . . d. A. benannten Behörden im Anschluß an meine Mittheilung vom . daß das Hauptverfahren meinem Anklage-Antrage gemäß unterm . . . eröffnet worden ist.

...

.

2. Dazu kommen noch in den auf Papiergeld und gleichstehende Werthzeichen sich beziehenden Untersuchungen Nachrichten an die Hauptverwaltung der Staatsschulden, bezw. andere Behörden (oben § 38 C. 159).

3. Sodann die Fälle, in denen der JM. bezw. ObStA. fortdauernd durch Berichte auf dem Laufenden zu erhalten ist (oben § 56 S. 227).

II. Gleichzeitig mit allen diesen Maßnahmen wird die nach ihrer Ausführung vom Sekretariat zu bewirkende Rücksendung der Akten an das Spruchgericht verfügt:

Demnächst mit den Zustellungsurkunden.

An die Straffammer des Kgl. Landgerichts hier zurückgeben. Drängt die Zeit, vor Allem in größeren Sachen und in Haftsachen, so lautet die letztere Verfügung:

Sofort zurückzugeben (über diese Form s. oben § 2 S. 5).

Hier erweist sich das Unzweckmäßige der in ihrer Verallgemeinerung zu weit gehenden Arbeitstheilung der §§ 36, 213 StPO. (oben §§ 6 und 90). Denn die Rücksendung hat wiederum den Uebelstand, daß nun die allmälig eingehenden Zust.-Urk. vom Sekretariat schlechter auf ihre Vollständigkeit geprüft werden können, daß sie den Akten einzeln nachgesandt werden müssen (oben § 88 S. 348), ferner, daß man bei Unauffindbarkeit eines zu Ladenden ohne die Akten schwer dessen Nothwendigkeit für die HV. ermessen und die Wege zur Ermittelung finden kann.

§ 101.

12. Zwischenfälle aus der Person des Angeklagten: die vorläufige Einstellung des Verfahrens; die Entbindung vom Erscheinen;

die Verhaftung.

1. Kommt die Ladung an den Angeklagten als unbestellbar zurück, so wird sein Aufenthalt neu ermittelt. Bleiben diese Ermittelungen ohne Erfolg, so treten die oben § 44 S. 179 erörterten Erwägungen auch hier ein. Nur tritt

statt der selbstständigen Einstellung des Verfahrens durch den StA. nunmehr die vorläufige Einstellung durch das Gericht ein gemäß

StPO. § 203.

1. Diese vorläufige Einstellung konnte auch schon vor der Eröffnung des Hauptverfahrens, nach Schluß der Voruntersuchung, beschlossen werden gemäß StPO. § 196 Abs. 1 (oben § 89 IV).

2. Nicht nur bei Abwesenheit und Geisteskrankheit wird der § 203 StPO. anwendbar sein, sondern überall wo der Durchführung der Klage ein Hinderniß entgegensteht, von dem zur Zeit nicht abzusehen, ob es jemals werde beseitigt werden (Löwe Note 2 zu § 203).

3. Die Verfügung lautet:

V.

Urschriftlich m. A. unter Bezugnahme auf obigen Polizeibericht
An Straffammer Schöffengericht

mit dem Antrage auf vorläufige Einstellung des Verfahrens, weil dem weiteren
Verfahren Abwesenheit des G. entgegensteht. Denn nach Bl. . . .

4. Auf den Beschluß hin, der nicht ausgefertigt noch bekannt gemacht wird:

Nach 4 Jahren.

V.

5. Das weitere Verfahren nach Ablauf der Frist ist nirgends geregelt. Man legt schließlich die Akten weg, nachdem noch einmal sorgfältige Erhebungen über die Abwesenheit u. s. w. angestellt sind, oder man unterbricht die Verjährung weiter.

II. 1. Ist zwar die Ladung richtig, zugestellt, aber der Aufenthaltsort des Angeklagten, welcher vielleicht inzwischen erst dorthin verzogen ist, weit entfernt von der Gerichtsstelle, so kann nach

StPO. § 232

der Angeklagte wegen großer Entfernung seines Aufenthaltsorts von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden werden, wenn nach dem Ermessen des Gerichts voraussichtlich keine andere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen oder Geldstrafe oder Einziehung, allein oder in Verbindung miteinander, zu erwarten steht.

2. Das Verfahren regeln

StPO. § 232 Abs. 2 und 3.

3. Bilden mehrere Strafthaten den Gegenstand der Verhandlung, so darf der Angeklagte nur dann vom Erscheinen nach § 232 StPO. entbunden werden, wenn die Gesammtstrafe die Dauer von 6 Wochen nicht übersteigt (Entsch. d. RG. Bd. 30 S. 277).

4. Wenn in solchem Falle der StA. nicht bereits von vornherein in den Schlußanträgen seiner Anklage dies Verfahren angeregt hatte, so hat er jegt auf die Anträge des Angeklagten sich zu erklären (§ 33 StPO.), und er stimmt der Entbindung zu, wenn auch er keine hohe Strafe in Aussicht nimmt und er zugleich das persönliche Erscheinen nicht als für die Wahrheitsermittelung unumgänglich erachtet.

5. Der vom Erscheinen entbundene Angeklagte ist dennoch zum Termine zur Hauptverhandlung zu laden und es ist die Ladung zuzustellen (s. oben § 93). III. Ein Zwischenfall auf anderem Gebiet ist die erst nach erhobener Anflage eintretende Festnahme.

1. Waren Fluchtverdacht oder Verdunkelungsgefahr schon früher bekannt, so verband man mit der Anklageschrift selbst den Haftantrag (oben § 83 S. 329)

und führte den Haftbeschluß in der Zwischenzeit bis zur Hauptverhandlung aus, wie jeden anderen (s. oben § 65 S. 255).

2. Stellt sich erst nachträglich die Nothwendigkeit der Verhaftung heraus, so stellt der StA. seine Anträge an den oben § 63 S. 250 genannten Stellen und führt die Beschlüsse aus. Oder er schreitet bei Gefahr im Verzuge zur vorläufigen Festnahme (oben § 62) und führt den Angeklagten sodann denselben Stellen zu.

IV. Ueber die Vorführung wegen Nichterscheinens s. oben § 98.

§ 102.

13. Direkte Ladungen durch den Angeklagten.

Ein fernerer Zwischenfall tritt ein, wenn der Angeklagte Beweisanträge stellte und der Vorsitzende ihnen nicht stattgab (oben § 96), sondern sie ablehnte.

1. Dann kann der Angeklagte die Zeugen und Sachverständigen unmittelbar laden lassen gemäß

StPO. § 219.

2. Der Angeklagte ist hierzu auch ohne vorherigen Antrag berechtigt.
3. Die Zustellung ergiebt

Geschäftsanw. f. GV. v. 1. Dec. 1899 (JMBI. 631) § 39,

wonach nicht die vereinfachte, sondern die allgemeine Zustellung in Anwendung fommt (oben § 7).

4. Nach

StPO. § 221 Abs. 1

hat der Angeklagte die von ihm unmittelbar geladenen oder zur Hauptverhandlung zu stellenden Zeugen und Sachverständigen rechtzeitig dem StA. namhaft zu machen und ihren Wohn- oder Aufenthaltsort anzugeben. Ueber die umgekehrte Pflicht s. oben § 97 S. 365.

5. Auf die Anzeige verfügt der StA., wenn ihm keine Bedenken aufstoßen 3. d. A."

6. Anderenfalls zieht er Erkundigungen ein:

K. H., ohne Akten,

B. Sofort.

An die Polizeibehörde

mit dem Ersuchen um Auskunft über_Leumund und Glaubwürdigkeit der nebenbezeichneten Zeugen K. und L. Stehen sie in Beziehungen zum Angeklagten? Ist einer von ihnen vielleicht gleichfalls wegen Wilddieberei, deren der X. angeklagt ist, bestraft oder verdächtig? Besteht Feindschaft gegenüber dem Verleßten Y.?

Die erlangte Auskunft wird zu den Handakten" geschrieben zur Verwendung durch den Vertreter der StA. in der Sitzung.

7. Daß der Angeklagte (wie auch jeder andere Prozeßbetheiligte) Zeugen und Sachverständige, statt sie laden zu lassen, auch einfach zur Sigung mitbringen (stellen") kann, ist als selbstverständlich betrachtet und daher nicht ausdrücklich vorgeschrieben worden (Mot. S. 179).

C. Der Vertreter der StA. in der Hauptverhandlung.

§ 103.

I. Die Abordnung des Sizungsvertreters. II. Aeußeres Verhältniß zum Vorsitzenden und Vertheidiger.

I. Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart des StA.
StPO. § 225.

II. 1. In die Sigung geht entweder der Erste StA. selber (§ 146 GVG.), oder einer der ihm beigeordneten Beamten (§ 145 das.), ein Hülfsarbeiter, oder ein zur unbesoldeten Beschäftigung überwiesener Assessor (Allg. Verf. v. 17. Mai 1882, JMBI. 140); in Beistand einer der vorbenannten Personen selbst ein Referendar:

JMErlass v. 17. März 1851:... genehmigt, dass den bei der StA. zu ihrer Ausbildung arbeitenden Referendarien auch mündliche Vorträge in den öffentlichen Gerichtssitzungen übertragen werden dürfen; bei dergleichen Vorträgen der Referendarien hat jedoch stets eine beaufsichtigende Mitwirkung des StA. resp. dessen Vertreters und zwar in der Art stattzufinden, dass derselbe am Schlusse des Vortrages seine ausdrückliche zustimmende Erklärung abgiebt, oder, wenn er es für erforderlich erachtet, den Vortrag ergänzt.

2. Im Nothfalle muß an Stelle eines StA. ein Richter eintreten nach Ausführ.-Ges. z. GVG. v. 24. April 1878 (GS. 230).

a) Auf Ersuchen des Ersten Staatsanwalts bestellt ihn der LandgerichtsPräsident und giebt der StA. davon Kenntniß.

b) Die Thätigkeit des Richters ist mit dem Terminsvermerke abgeschlossen. Wenn er die Einlegung eines Rechtsmittels für angezeigt erachtet, giebt er sie dem Ersten Staatsanwalt anheim.

3. a) Ueber Wahrnehmung von Straffachen, die aus inneren Gründen eine besondere Bedeutung haben, vgl.

Allg. Verf. v. 16. Januar 1894 (I. 238) bei Müller, Justizverwaltung, Aufl. v. 1901 S. 50.

b) Ueber Wahrnehmung von Schwurgerichtssachen in der Hauptverhandlung durch Assessoren vgl.

Allg. Verf. v. 17. Oct. 1898 (IIb. 3148) bei Müller, Justizverwaltung, Auflage v. 1901 S. 50.

4. Mehrere StA. können thätig werden und ihre Verrichtungen unter sich theilen nach

StPO. § 226.

Ein Wechsel in der Person des Beamten der StA. ist in jeder Lage der Verhandlung statthaft; es können aber auch während der ganzen Verhandlung oder während eines Theils derselben mehrere Beamte gleichzeitig anwesend sein. Bei der Anklagerede ist eine Betheiligung mehrerer StA. in der Art statthaft, daß der eine Beamte den einen, der zweite einen anderen Straffall oder Angeklagten zum Gegenstand der Erörterung macht, oder der eine das Allgemeine, der andere die einzelnen Fälle, oder daß der eine Beamte den ersten Vortrag, der andere die Erwiderung übernimmt.

5. Unter Umständen steht der StA. neben einem anderen Ankläger, und zwar nothwendig im Falle der §§ 464, 465 StPO. (j. oben § 19 S. 107) neben dem Vertreter der Verwaltungsbehörde, neben welchem auch er seine Anträge zu stellen hat; nach seinem Ermessen neben dem Privatkläger

(j. oben § 28 S. 126); endlich dann, wenn ein Nebenkläger zugelassen ist und in der Hauptverhandlung auftritt (oben § 92 S. 356).

6. Regelmäßig läßt sich der in die Situng gehende StA. zu seiner Unterrichtung mit dem genügen, was ihm die Handakten bieten. Glaubt der Bearbeiter der Sache, daß dies für die Sizung nicht genügt, etwa die Akten selbst eingesehen werden müssen, oder mündliche Besprechung nöthig ist, so muß er einen entsprechenden Vermerk in den Handakten an augenfälliger Stelle machen, oder Abschriften wichtiger Aftentheile, z. B. von Berufungsrechtfertigungen, der StA. zu den Handakten fertigen lassen (oben § 88 S. 347). Darüber, daß in Schwurgerichtssachen eine genauere Vorbereitung nöthig ist, s. unten § 106.

III. Wie steht der St. gegenüber der Sizungspolizei des Gerichts und des Vorsigenden?

1. Die Aufrechterhaltung der Ordnung liegt nach

GVG. § 177

dem Vorsitzenden ob.

Dieses Recht des Vorsitzenden, das im einzelnen nicht näher festgestellt und daher sehr weit umfassend ist, greift auch gegenüber der StA. Platz (Entsch. d. RG. Bd. 9 S. 135). Nur ist gegen den StA. keine Strafmaßregel zulässig gemäß den ausdrücklichen Bestimmungen in

GVG. §§ 178-180.

Höchstens könnte der Gerichtshof eine Vertagung der Verhandlung und eine Anzeige bei dem Vorgesetzten des StA. beschließen (unten 3).

2. Auch die Auslassungen des StA. im Laufe der Verhandlung darf der Vorsitzende gemäß

StPO. § 237

unterbrechen; er darf dem StA. nach Ansicht fast aller Theoretiker das Wort entziehen, da es dem im Laufe der Verhandlung zum Wort verstatteten StA. nicht zustehen kann, den Vorsigenden zu verhindern, seinerseits wieder das Wort zu ergreifen.

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3. Wenn der StA. in der Anklagerede sich einer Ungehörigkeit schuldig macht, hat der Vorsitzende gemäß dem obengen. § 177 GVG. das Recht und die Pflicht, dagegen einzuschreiten. In diesem Falle aber sind seine Mittel_sehr beschränkt, vgl. darüber Rechtspr. d. RG. Bd. 3. S. 96: ... so stand dem Vorsitzenden . . das Recht . . das Recht zu, mit den ihm der StA. gegenüber gegebenen Mitteln einer solchen Beeinflussung des Spruchs der Geschworenen entgegenzutreten. Zwar konnte er der StA. nicht das Wort entziehen und hatte ihr keine Anordnung zu ertheilen . . . Uebereinstimmend wurde aber

anerkannt, daß der Vorsitzende wegen eines dem Gesetz widersprechenden Verfahrens der StA. die Verhandlung abbrechen könne."

Glaubt sich der StA. ungesetzlich vom Vorsitzenden behandelt, so hat er die Entscheidung des Gerichts anzurufen (unten, nächster §).

IV. Die richtige Stellung zum Vertheidiger wird der StA. innehalten, wenn er stets beachtet, daß der StA. (und der Vertheidiger ebenso) vor und zu den Richtern (und Geschworenen, Schöffen) spricht, und zwar ausschließlich zur Ueberzeugung der letzteren. StA. und Vertheidiger streiten nicht miteinander. Die Folge eines Wortkampfs von Person zu Berson ist einerseits persönliche Verbitterung, andererseits Ablenkung der Aufmerksamkeit von den eigentlichen Fragen. Unbedingte Ruhe und Sachlichkeit werden hier immer Anerkennung finden. - Aeußerlich wahrt man die Grenzen auch dadurch, daß man

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