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Quijote (II. Teil, 30. Kapitel) erzählt wird, der durch Ungeschicklichkeit seines Knappen auch vom Pferde fällt und zwar vor den Augen des Herzogspaares.

3. Cervantes bot m. E. auch Anregung für die Abfassung des Briefes, den Walter Sandy in einer stillen Stunde seinem auf Werbung ausgehenden Bruder Toby schreibt. Man denke sich, ein Mann fühlt sich gedrängt, seinem Bruder, der gerade eben ausgegangen ist, kurz vor dessen Verheiratung alle guten Ratschläge einmal brieflich zusammenzufassen, von deren Befolgung das Heil des Ehemanns abhängen soll! Die Idee ist so durchaus eigenartig, dass ihre Verwandtschaft mit dem Brief, den Don Quijote an Sancho schreibt, als dieser auf die Statthalterschaft auszieht, und den Ratschlägen, die er ihm mündlich kurz zuvor gibt, nicht geleugnet werden kann (Don Quijote II. Teil, Kap. 42 u. 51). Zum näheren Vergleich sei noch angeführt, dass der ganze Ton der beiden Briefe mit ihrem gut gemeinten Idealismus, aber ihrer Fülle spasshaft wirkender Ideen ein durchaus komischer ist. In letzterer Hinsicht will ich nur ein Beispiel aus Walter Shandys Brief anführen; er sagt: suffer her (die Frau Tobys) not to look into Rabelais, or Scarron, or Don Quixote: They are all books which excite laughter; and thou knowest, dear Toby, that there is no passion so serious as lust'). Don Quijote sowohl wie Walter Shandy geben ihren Ratschlägen folgende feierliche Einleitung. Don Quijote: Primeramente, ó hijo, has de temer á Dios; porque en el temerle está la sabiduría, y siendo sabio no podrás errar en nada. Walter Shandy: In the first place, with regard to all which concerns religion in the affair, I would remind thee of one

[= office] (during the continuance of thy courtship) in a particular manner, which I have not omitted; and that is, never to go forth upon the enterprise, whether it be in the morning or the afternoon, without first recommending thyself to the protection of Almighty God, that he may defend thee from the evil one).

1) Works, vol. II, S. 209 (Buch VIII, Kap. 34).
2) ibid. S. 208.

4. Als Sterne sich anschickt, die Erzählung von Uncle Tobys Liebeswerbung um die Witwe Wadman zu beginnen, schickt er folgende Invocation voraus (Buch 9, Kap. 24): Gentle Spirit of sweetest humour, who erst didst sit upon the easy pen of my beloved Cervantes! Thou who glidedst daily through his lattice, and turnedst the twilight of his prison into noon-day brightness by thy presence, - tingedst his little urn of water with heaven-sent nectar, and, all the time he wrote of Sancho and his master, didst cast thy mystic mantle o'er his withered stump, and wide extendedst it to all the evils of his life, turn hither . . . 1). Also er ruft den Geist an, der einst Cervantes beseelte, als er den Don Quijote schrieb. Allerdings lässt sich in der nun beginnenden Werbung um Mrs. Wadman gerade nicht nachweisen, dass irgendwie eine deutliche Beeinflussung durch den Don Quijote stattgefunden hätte.

5. In den Reden, die Uncle Toby über den Soldatenstand hält (Buch 7, Kap. 32 u. ö.), verspürt man deutliche Anklänge an die Reden Don Quijotes über dasselbe Thema (I. Teil, Kap. 37 u. 38). Die Verwandtschaft besteht allerdings nicht so sehr in einer wörtlichen Übereinstimmung, obwohl wir die deutliche Vorstellung haben, dass die Rede des einen ebenso gut von dem andern hätte gesprochen werden können; wohl aber ist der ganze Ton dieser Reden ein so eigenartiger, dass wir eine deutliche Beziehung herausfühlen. Dieser Ton ergibt sich aus der herzenswarmen Begeisterung der beiden, wie wir gesehen haben, im Grunde tief verwandten Naturen für ihren Soldatenberuf und aus dem Ernst ihrer Auffassung desselben; dazu kommt dann noch ein Anflug von zarter Komik, die in diesen auch bei Don Quijote (von seinen Schlussbemerkungen über das fahrende Rittertum selbstverständlich abgesehen) durchaus verständigen Reden in einem gewissen Halbdunkel unterströmt.

1) Works. vol. 11, S. 249-250.

Werke, die sich nach Don Quijote benennen..

Derartige Werke erschienen gerade in England mehrfach. Alle, mit Ausnahme von Richard Graves' Spiritual Quixote (1773), sind mir unzugänglich gewesen. Ausserdem erschienen:

1673 (?). Don Quixot Redivivus, encountring a BarnsDoor, or an Exact Narrative of the Rare Exploits of Captain Braines and Tom Coxcomb, etc. etc. (Die Verfolgung der Nonconformisten in Hampshire gab den Anlass zur Abfassung dieses Buches, das ich in modernen Buchhändlerkatalogen verzeichnet fand.)

1678. The Mock Clelia, or Madam Quixote, being a comical History of French Gallantries (zitiert nach Lowndes, Manuel of Engl. Bibl.), ist offenbar die Übersetzung von La Fausse Clélie, Histoire Françoise Gallante et Comique, Amsterdam 1671, die Subligny zugeschrieben wird und eine Parodie auf den Roman Clélie des Frl. de Scudéry ist (s. Quérard, La France Littéraire, IXe tome, Paris 1838).

1752. The Female Quixote, von Mrs. Lennox, einer Schwester Fieldings. Eine Skizzierung des Inhalts findet sich bei Dunlop, History of prose fiction 1).

1761. Tarrataria, or Don Quixote the Second, a Romantic Poetical Medley, in two Cantos. By a Traveller of Distinction. (Erwähnt in Watt's Biogr. Brit.)

1763. Fizgigg, or the Modern Quixote. A Tale. (Angezeigt im Gentleman's Magazine für März 1763.)

1785. The Country Quixote, a Poetical, Political, Satirical Colliloquy. (Erwähnt von Watt.)

1789. The Amicable Quixote, or The Enthusiasm of Friendship. (Erwähnt von Watt.)

1) s. Dunlop-Liebrecht, Geschichte der Prosadichtungen, Berlin 1851, S. 334 b.

Richard Graves, The Spiritual Quixote.

Dieser Roman erschien anonym 1773 mit dem vollständigen Titel: The Spiritual Quixote, or, The Summer's Ramble of Mr. Geoffry Wildgoose. A comic Romance in three volumes.

In der Geschichte des Helden verspottet der Verfasser die religiösen Sekten, insbesondere die Methodisten. Die Stifter dieser Sekte, Whitfield und Wesley, treten auch darin auf, die Spaltung innerhalb der Sekte nach ihren Hauptvertretern wird hervorgehoben und die kleinliche Eifersucht derselben betont. Whitfield erblickt bei seiner Zusammenkunft mit Wildgoose in letzterem einen Nebenbuhler: 'as he found some few sparks of jealousy in his own breast, he was desirous of dismissing Wildgoose as soon as he decently could'.

In der Hauptsache wird die Sekte der Methodisten aber durch das Wesen des Helden, Wildgoose, lächerlich gemacht. Wildgoose ist ein Mann von Bildung und Erbe eines grossen Vermögens. Er ist auf sein Wissen sehr eingebildet, und als der Vikar des Ortes eine von Wildgoose geäusserte, spitzfindige Meinung lächerlich macht, fühlt sich Wildgoose in seiner Eitelkeit derart verletzt, dass er darauf ausgeht, sich von dem Vikar und dessen Religion zu trennen. Er liest die verschiedensten Bücher der englischen Sekten, besonders die der Methodisten, und kommt zu dem Entschlusse: ... in imitation of Mr. Whitfield and his associates, to use his earnest endeavours, to revive the practice of primitive piety and doctrines of the Reformation, by turning missionary, and publishing his religious notions in every part of the kingdom) (Buch I, Kap. 11).

Wildgoose verbindet sich, wie Don Quijote, mit einem Gefährten und begibt sich auf Abenteuer. Dies ist ein Schuster, Jerry Tugwell, der ebenfalls schon stark vom Methodismus angesteckt ist. Wie Don Quijote sich in allem nach dem

1) Ausg. von 1773, vol. I, p. 34-35.

Vorbilde der fahrenden Ritter richtet, so fragt Wildgoose bei allem, wie es Whitfield in der oder jener Gelegenheit gehalten habe. Als ihn Tugwell fragt, ob er irgend welche notwendigen Dinge mit auf die Reise nehmen soll, antwortet Wildgoose: Well . . . I do not recollect that either Mr. Wesley or Mr. Whitfield ever make any mention in their journals, that they took either money or clean shirts with them, nor whether they thought it lawful or unlawful to use any precaution of this kind') (Buch II, Kap. 3), was ein deutlicher Anklang an eine ähnliche Äusserung Don Quijotes ist (vgl. Teil I, Kap.3) Da er nie gelesen hat, dass die Apostel auf ihren Reisen geritten seien, so geht auch er zu Fuss 2). In zweifelhaften Fällen erinnert er sich, dass die Stifter seiner Sekte in solcher Lage durch das Los entschieden, was sie tun sollten ) (Buch III, Kap 3).

Er befolgt aber auch alle noch so strengen Vorschriften seines Glaubens bis zur Lächerlichkeit. Auf seiner Wanderung schläft er einmal, in eine Bettdecke gehüllt, auf dem Fussboden, obwohl ein gutes Federbett für ihn bereit gemacht worden war, weil sein Gefährte auf dem Heuboden hatte

schlafen müssen *).

Wildgoose sieht natürlich seine religiösen Überzeugungen als das Höchste an, was der Mensch erreichen könne. Er findet einst seinen ehemaligen Studienfreund Rivers und ist ganz erbaut von seinem schönen Familienglück, aber er meint doch he wanted only the one thing needful to complete his felicity' 5). So findet Don Quijote den Don Lorenzo, der ihm durch seine Kenntnisse Bewunderung entlockt hatte, gerade geeignet dazu, ein fahrender Ritter zu werden (D. Q. II. Teil, Kap. 18).

Er unternimmt es auch zuweilen, nicht nur durch Reden, sondern auch durch die Tat, wie Don Quijote, seine reiigiösen

1) Ausg. von 1773, vol. I, p. 51–52.

2) ibid. p. 54.

3) ibid. p. 53 u. ö.

4) Buch IV, Kap. 3, vol. I, p. 212.

5) Buch VI, Kap. 20, vol. II, p. 95.

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