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Bleioxyd und Bleisulfat zerlegen Schwefelblei, sobald die Temperatur bis zum Zusammenschmelzen oder Teigigwerden der Massen gesteigert wird, nach den

Formeln:

2 PbO PbS 3 Pb + SO2

=

PbS04+ PbS2 Pb+ 2 SO2

Bleisulfat schmilzt in dunkler Hitze, ist aber nur sehr wenig flüchtig. Durch eine hinreichende Menge von Kohle wird es in starker Hitze reduziert. PbS04+2 C PbS+ 2 CO2

Bei geringerer Menge Kohle bleibt ein Teil des Bleisulfats unzersetzt.
2 PbS04+2 CPbS04+ PbS+ 2 CO2.

Die Einverleibung des Bleis in den menschlichen Organismus erfolgt am häufigsten von den Verdauungswegen aus durch Verschlucken von Bleipartikelchen mit dem Speichel, mit Speisen oder Getränken, nicht selten auch auf dem Wege der Atmungsorgane durch Einatmung feinverteilten bleihaltigen Staubes, teilweise auch durch die Poren der Haut, besonders wenn der Körper in Schweiss geraten ist, zumal in den Hautfalten und an den Berührungsstellen zwischen Haut und Kleidung.

Das Blei wirkt in allen Aggretatzuständen und allen Verbindungen giftig, allerdings in sehr erheblich abweichendem Grade. Am gefährlichsten erweist sich das Bleikarbonat und das Bleioxyd; das Bleisulfat, welches eine zeitlang namentlich von Engländern mit Unrecht als ein ungiftiger Ersatz des Bleiweisses empfohlen wurde, unterscheidet sich von letzterem nur dadurch, dass es wesentlich langsamer zur Lösung gelangt. Das Bleisulfid gilt als unlöslich in unseren Körpersäften, und auf nahezu gleicher Stufe steht das Bleisilikat.

Bei der Schilderung der gesundheitlichen Gefahren, die dem Arbeiter auf der Bleihütte und den sonstigen bleihaltige Erze zu gute machenden Hütten drohen, müssen wir zwei Gruppen von Schädlichkeiten auseinanderhalten, einmal diejenigen, welche die Verhüttung von Bleierzen und bleihaltigen Erzen eigentümlich sind, sodann solche mehr allgemeiner Natur, die dem Hüttenbetriebe als solchem anhaften.

In ersterer Beziehung haben wir die Einwirkung des Arbeitsmaterials, der Roherze, Zwischenprodukte und Zuschläge, insbesondere ihre Beziehungen zur Entstehung von Bleivergiftung ins Auge zu fassen.

Der Gefahr der Bleivergiftung sind die Arbeiter ausgesetzt:
1. durch die unmittelbare Berührung des bleihaltigen Materials,
2. durch die Einwirkung bleihaltigen Staubes,

3. durch die Einwirkung bleihaltiger Gase und Dämpfe.

I. Mechanische Berührung der bleihaltigen Produkte.

Gelegenheit zur Berührung bleihaltiger Erze und Produkte haben. die Hüttenarbeiter vor allem beim Transport und teilweise auch beim Verpacken von Werkblei und Kaufblei, beim Zerkleinern von Schlacke, Bleistein und Ofenbruch, zum Teil auch beim Herrichten der Ofeneinsätze und Beschicken der Oefen.

Auf den meisten Hütten wird das in Bleimuldenformen oder Teller abgestochene oder mit der Kelle ausgeschöpfte, nach dem Erkalten mit einem Haken aus diesen Formen herausgehobene Werkblei oder Kaufblei mit ungeschützten Händen bei Seite gestellt, nach Bedarf weitergeschafft und aufgestapelt. Da das Blei, wie bereits erwähnt, die Eigenschaft hat, abzufärben, so bedecken sich die das Blei berührenden Hautstellen der Hand mit einer äusserst feinen Schicht metallischen Bleis. Führt der Arbeiter bleibeschmutzte Finger an den Mund oder fasst er hiermit seine Zigarre, seinen Kautabak oder Nahrungsmittel an, so gelangen Bleipartikelchen an die Mundschleimhaut und werden mit dem Speichel oder mit den Speisen und Getränken in den Magen eingeführt, von wo aus die Aufnahme des Giftes in den Blutkreislauf erfolgt. Handelt es sich bei jedesmaliger Aufnahme von Blei auch nur um allerkleinste Mengen, so genügen diese erfahrungsgemäss, um allmählich selbst verhängnisvolle Bleivergiftungen heraufzubeschwören, weil das Blei nur schwer den Organismus verlässt und die Wirkung der einzelnen nacheinander aufgenommenen Partikelchen auf die Gewebe der menschlichen Organe sich allmählich anhäuft.

Auch bei der Zerkleinerung von Schlacke, gesintertem Röstgut, Bleistein, Ofenbruch, Geschur und Gekrätz hat der Arbeiter Gelegenheit, die bleihaltigen Materialien mit den Händen zu berühren, sei es um sie zum Zwecke des Zerhämmerns in eine passende Lage zu bringen oder um die verkleinerten Stücke zu sondern, bei Seite zu legen oder in Wagen zu werfen. Doch ist die hierdurch gegebene Gefahr nur gering, weil die genannten Stoffe das Blei nicht in Form von leicht abfärbbarem metallischen Blei enthalten, sondern als Bleioxd, Bleisulfat, Bleisilikat oder Bleisulfid, deren feinste Partikelchen nicht so leicht an den Händen haften bleiben, zudem nicht reine Bleiverbindungen darstellen, sondern an mannigfache andere metallische und erdige Beimengungen gebunden sind.

II. Einatmung bleihaltigen Staubes.

Eine Verstäubung bleihaltigen Materials kommt in Frage:
1. bei dem Transport der Roherze und Zwischenprodukte,
2. beim Zerkleinern der Roherze und Zwischenprodukte,

3. bei dem Mischen der Ofeneinsätze und Beschicken der Oefen, 4. beim Abheben der armen Oxyde aus dem Entzinkungskessel und beim Einfüllen derselben in Wagen,

5. beim Mahlen, Sieben, Transportieren und Verpacken der beim Abtreiben gewonnenen Bleiglätte,

6. beim Ausräumen der ausgeblasenen Schachtöfen,

7. beim Ausräumen der Flugstaubkanäle und Flugstaubkammern. 1. Transport der Roherze und Zwischenprodukte.

Das von der Aufbereitungsanstalt in verschiedenen Korngrössen angelieferte und teils auf offenen Halden, teils in geschlossenen Räumen gelagerte Erz trocknet, wenn es wegen grösserer Vorräte nicht alsbald verschüttet wird, allmählich aus und bedeckt sich mit einer Staubschicht, die beim Einladen in die Kippwagen aufwirbelt und, mit der Atmungsluft gemischt, teilweise zur Einatmung gelangt. Der Staub besteht aus fein zerriebenen Erzpartikelchen, sowie aus dem überall im Freien vorhandenen Strassenstaube. Die Gefahr der Bleivergiftung durch die aufbereiteten Erze ist indessen nicht erheblich, weil nur die oberen Schichten des Erzlagers eintrocknen, die tieferen noch von der nassen Aufbereitung her einen beträchtlichen Wassergehalt aufweisen; zudem vollzieht sich diese Arbeit zumeist im Freien, wo die geringen Staubmengen schon durch einen mässigen Luftzug weggeweht werden.

Belangvoller ist das Hantieren mit dem Röstklein (vergl. Figur 1) aus der Haufen- und Stadelröstung, das nach vorgängiger Auslaugung des Zinksulfats im Flammenofen getrocknet ist. Sowohl beim Transportieren des vorwiegend zu einem feinen Mehl aus Bleisulfat und pulverförmig zerfallenen Röstkleins, wie insbesondere beim Einstürzen desselben in die Laugetrommel bei der Darstellung von Zinksulfat, nicht minder beim Ausziehen, Einfüllen und Transport des nach der Auslaugung getrockneten Erzkleins bilden sich sehr reichliche Mengen staubförmigen Materials, dessen Bleioxydgehalt bei der Verarbeitung Rammelsberger Erze 10 bis 15 pCt. beträgt.

2. Zerkleinern der Roherze und Zwischenprodukte. Eine Entwicklung von bleihaltigem Staub kommt auch in Frage, wenn in Erbsen- bis Eigrösse oder in noch grösseren Stücken ange

lieferte Erze vor der Verhüttung auf Walzwerke oder gar auf offene Kollermühlen aufgegeben und zerkleinert werden, ferner wenn das mittelst dieser Apparate oder in Kugelmühlen zerkleinerte Erz durch Stürzen aus den Kippwagen entleert wird.

Nicht unbeträchtliche Staubmengen entwickeln sich beim Zerschlagen von Schlacken, Bleistein, Ofenbruch und gesintertem Röstgut.

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Die aus den Tiegeln gestürzte Schlacke wird nach dem Erkalten mit einem Hammer zerschlagen, um die bleireichen Teile von den bleiarmen oder unhaltigen zu sondern und um auch bei nicht verwertbarem Material den Transport nach den Halden zu erleichtern. Besonders beim Einfüllen der zerkleinerten Schlacke in Kippwagen wirbeln reichliche Staubwolken auf, wovon ich mich wiederholt überzeugen konnte.

Die im Freien erfolgende Zerkleinerung des Bleisteins und Ofenbruchs kommt zudem nur in längeren Zwischenräumen in Frage. Um diese Zwischen- und Nebenprodukte leichter zu zerschlagen, lässt man

sie Monate lang im Freien lagern, bis sie unter dem Einfluss der atmosphärischen Luft allmählich verwittern.

Die Zerkleinerung des nach dem Huntington-Heberlein-Verfahren in Konvertoren gerösteten Erzes erfolgt in der Umgebung der letzteren meist in offenen Schuppen mit Hilfe von Keil und Fäusteln. Bei der Zerkleinerung sowohl wie beim Einfüllen in Wagen entwickeln. sich ziemlich erhebliche Staubmengen, die um so reichlicher sind, je länger das Material vor der Bearbeitung gelagert hat, und um so gefährlicher, als sie einen reichlichen Gehalt an Bleioxyd aufweisen.

Schlacke, Bleistein und Ofenbruch haben je nach der Natur der Erze und dem Schmelzverfahren eine wesentlich verschiedene Zusammensetzung, auch hinsichtlich ihres Bleigehaltes und der Art der Bleiverbindungen.

Bei der Zerkleinerung der Schlacke sind die Arbeiter der Gefahr der Bleivergiftung nur in geringem Masse ausgesetzt, weil die meisten Schlackenarten nur wenige Prozente Blei enthalten, zudem meist in einer für die Körpersäfte schwer löslichen Form. Aehnlich liegen die Verhältnisse bei der Zertrümmerung des Bleisteins und des Ofenbruchs, während das Zerkleinern des gesinterten Röstgutes wegen. seines grossen Gehalts an Bleioxyd die Arbeiter erheblich gefährdet.

3. Mischen der Ofeneinsätze und Beschicken der Oefen.

Nicht unbeträchtlich sind die Staubmengen, die sich beim Möllern der Beschickungen von Flamm- und Schachtöfen und beim Beschicken selber entwickeln. Die Mischung erfolgt entweder derart, dass man die einzelnen Beschickungsmaterialien schichtenweise in Schubkarren bzw. Kippwagen einbringt oder auf der weiten Mündung eines Mischtrichters nebeneinander anhäuft. Bei dem Einmöllern in die Ofenmündung oder in die Gicht wird der mit der Beschickung gefüllte Wagen umgekippt, oder die einzelnen Beschickungsmaterialien werden von mehreren, nebeneinander stehenden Arbeitern zu gleicher Zeit mit Schaufeln in den Trichter eingetragen.

Ist beim Möllern auch ein weitgehendes Zerkleinern der metallhaltigen Körper und der Zuschläge nicht erforderlich, sondern nur ein Zerschlagen in etwa faustgrosse Stücke, so ist doch zu erwägen, dass viele der verwendeten Materialien, vor allem Bleiglanz und Zinkblende oft schon von der Aufbereitung her Schliechform haben, andererseits die beim Zerschlagen sich ablösenden Partikelchen eine für die Schleimhaut der Luftwege gefährliche Konfiguration, Zacken, Spitzen, scharfe Vierteljahrsschrift f. ger. Med. u. öff. San.-Wesen. 3. Folge. XXXIX. 2. Suppl.-Heft. 7

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