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LELAND STANFORD JR. UNIVERSITY.

a. 36443

zur Nachricht!

Mit der Herausgabe vorliegenden III. Teils des „Methodischen Handbuchs für den deutschen Geschichtsunterricht" verbinden wir hierdurch die Anzeige, daß es in unserer Absicht liegt, für die Hand der Schüler eine Reihe von „Leitfäden" zu veröffentlichen, die sich nach Inhalt und Gliederung genau dem „Methodischen Handbuche“ anschließen werden, in denen aber auch die Geschichte des engeren Heimatlandes eingehende Berücksichtigung finden soll, dergestalt, daß sie (nach den in der Vorrede zum L. Bande dieses Handbuchs" (Seite X) entwickelten Grundsäßen] nicht in besonderem Gange auftritt, sondern innerhalb des Rahmens der allgemeinen deutschen Geschichte behandelt wird. Dadurch würde also allgemeine deutsche und besondere Stammesgeschichte derart ineinander verflochten und verwoben werden, daß der Schüler genau erführe, welchen Anteil sein engeres Vaterland an der Entwickelung des großen Gesamtvaterlandes genommen hat. Daraus folgt, daß für jeden Einzelstaat des deutschen Reiches, ja für jede preußische Provinz sich ein besonderes Schüler-. heft nötig macht. Daß derartig gestaltete Leitfäden, besonders für die Schüler der Volksschule, große Vorzüge vor manchen anderen haben dürften, würde des Näheren zu begründen wohl kaum nötig sein.

Zunächst ist ein Leitfaden für die Volksschulen des Herzogtums Gotha ins Auge gefaßt, welcher vom Verfasser des „Methodischen Handbuchs" herrühren und im Sommer dieses Jahres die Presse verlassen wird. Über die Leitfäden für andere deutsche Staaten behalten wir uns die nötigen weiteren Mitteilungen noch vor.

Siebleben und Leipzig, Ostern 1893.

Ernst Kornrumpf als Verfasser.
Friedrich Brandstetter als Verleger.

X. Das Zeitalter Friedrichs des Großen.

A. Preußen wird Königreich.

(Ziel: Wie aus dem Staate des großen Kurfürsten das Königreich Preußen wird.)

I. Vorbereitung.

Der Staat des großen Kurfürsten hatte bei dessen Tode einen Umfang von ungefähr 2000 Quadratmeilen, er war also größer als das heutige Bayern, Württemberg und Baden zusammengenommen. Dieser königlichen Macht fehlte nur noch der königliche Name; denn an Einfluß und Ansehn standen die brandenburgischen Regenten bereits weit über den übrigen Kurfürsten des Reiches. Von dem Manne, der dem Staate des großen Kurfürsten den königlichen Namen gegeben, und von dem Manne, der das Werk dieses ersten Königs von Preußen fortgesezt hat, also von den beiden ersten Preußenkönigen wollen wir jezt hören.

II. Darbietung.

A. Der neue Stoff.

1. Friedrich I., der erste König von Preußen. a) Friedrich als Kurfürst. Nach dem Tode des großen Kurfürsten kam 1688 sein Sohn Friedrich III. zur Regierung. Er besaß zwar nicht die vorzüglichen Anlagen des Geistes und Körpers, wie sein Vater, besonders fehlte ihm die eiserne. Willenskraft desselben, aber er hat dennoch durch Milde und Wohlwollen sich die Liebe seines Volkes in reichem Maße erworben. In seinen auswärtigen Unternehmungen schloß er sich, wie fast alle seine Vorfahren, dem Kaiser an. Dadurch geriet er von selbst in einen scharfen Gegensaß zu Frankreich. Als

Kornrumpf, Handbuch 2c. III.

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Ludwig XIV. seinen 3. Raubkrieg begann und Kaiser Leopold, damals mit dem Türkenkriege beschäftigt, zögerte, das Reich zu verteidigen, vereinte er mehrere Länder Norddeutschlands zu einem Bund gegen Frankreich und eilte, seines großen Vaters würdig, mit seinen Truppen an den Rhein, das bedrohte Vaterland zu schüßen. Er leitete persönlich die Eroberung von Bonn, in welche Stadt sich die Franzosen geworfen hatten. Auch schüßte er Köln gegen die Gewaltthaten der Franzosen. Nicht seine Schuld war es, daß durch den Frieden zu Ryswick 1697 das ganze Elsaß mit Straßburg in französischen Händen blieb.

Gleich seinem Vater nahm er sich auch stets der unterdrückten und verfolgten Protestanten an. Noch immer wanderten heimlich viele derselben aus Frankreich aus. Auch aus der verwüsteteten Pfalz kamen hunderte von Familien. Sie fanden in Friedrichs Ländern jederzeit gastliche Aufnahme und Unterstüßung, förderten besonders das gewerbliche Leben derselben und brachten dadurch ihrer neuen Heimat mannigfachen Nußen. Auch ein Freund und Beförderer von Kunst und Wissenschaft war er, in welchen Bestrebungen er von seiner geistreichen Gemahlin Sophie Charlotte unterstützt wurde. Er gründete im Jahre 1694 die Universität Halle,*) 1700 die Akademie der Wissen= schaften zu Berlin; Gelehrte und Künstler wurden an seinem Hofe geehrt und unterstüßt. Er schmückte seine Residenz mit prächtigen Bauten, unter denen das königliche Schloß, das stattliche Zeughaus unter den Linden“ und das prächtige Reiterstandbild des großen Kurfürsten besonders hervorragen.

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b) Sein Streben nach der Königskrone. Während seiner ganzen Regierung lag ihm besonders eines am Herzen, nämlich die Erhöhung des äußeren Glanzes seiner Krone, denn ein gewisser Hang zur Eitelkeit und zu äußerem Prunk beherrschte ihn von frühster Jugend auf. Den Königstitel zu erlangen, war daher sein sehnlichster Wunsch. In allen Ländern Europas war damals ein Streben nach Glanz und eine eifersüchtige Rangsucht unter den Fürsten allgemein herrschend; es war das der verderbliche Einfluß, den Ludwigs XIV. verschwenderisches Hofleben auf alle Fürstenhöfe Europas übte. Kein Regent war für solchen Glanz empfänglicher als Friedrich. Es kränkte seine Eitelkeit tief, daß auf den Friedensverhandlungen zu Ryswick sein Gesandter dem der Republik Venedig nachgestellt wurde, auch daß er selbst bei einer Zusammenkunft im Haag einen Sessel ohne Lehne erhielt, während der König von England auf einem solchen mit Lehne saß, weil nur Königen ein solcher gebührte. An diesem kleinlichen Umstande wäre die Konferenz gescheitert, wenn man sie nicht zulezt stehend abgehalten hätte. Man gab ihm zu ver

*) An dieser Stelle könnte auch das Leben, Streben und Verdienst Aug. Herm. Frande's behandelt werden.

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