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4) Nenne Herrscher, deren Tod tief betrauert wird!

5) Erzähle volkstümliche Züge aus Friedrichs Leben!

6) Nenne andere volkstümliche Persönlichkeiten und weise ihre Volkstümlichkeit nach!

7) Wie kommt wohl der schwäbische Bauer bei der Botschaft von Friedrichs Tode zu seiner Frage: Wer wird nun die Welt regieren?"

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5. Friedrichs des Großen Jugend.

(Ziel: Wie Friedrich der Große zu einem so gewaltigen Kriegshelden und einem so weisen Regenten geworden ist.)

I. Vorbereitung.

Wir haben schon häufig gesehen, wie die Tugenden und Schwächen hervorragender Menschen ihren Ursprung in der guten oder fehlerhaften Erziehung in der Jugend haben. Nennt solche Persönlichkeiten! (Heinrich IV., Kolumbus, Luther.) In der Jugend also wird der Grund gelegt fürs spätere Leben. Bei Friedrich dem Großen wird es nicht anders sein. Ihr habt von seinen glänzenden Thaten als Kriegsheld und von seiner weisen, landesväterlichen Fürsorge als Regent gehört, wir wollen nun Näheres über seine Jugend erfahren, besonders über seine Erziehung zum künftigen König.

II. Darbietung.

A. Der neue Stoff.

1. Friedrichs Jugend. Friedrich II. wurde am 24. Januar 1712 geboren. Über seine Geburt herrschte im königlichen Hause große Freude. Sein Großvater, Friedrich I., der erste König auf dem preußischen Throne, der damals noch lebte, hatte den Schmerz gehabt, zwei Enkel sterben zu sehen, und seine ganze Hoffnung ruhte nun auf dem jungen Prinzen, der anfangs sehr schwächlich war. Der junge Friedrich war 13 Monate alt, als der Großvater 1713 starb und sein Vater Friedrich Wilhelm I. den Thron bestieg. Diesem strengen und gewissenhaften König, der unablässig bemüht war, den Wohlstand seines Landes zu heben, das Heer zu verstärken und die Mittel des Staates durch Sparsamkeit zu vermehren, konnte es nicht gleichgültig sein, in wessen Hände er diese Macht einst legte; darum verwandte er auf die Erziehung seines Sohnes die größte Sorgfalt. Die drei Herrschertugenden, durch die er den preußischen Staat besonders emporgebracht hatte, seine Tüchtigkeit

als Soldat, seine Einfachheit und Sparsamkeit, und seine schlichte Frömmigkeit, in das ganze Seelenleben seines Sohnes zu pflanzen, erschien ihm als die heiligste Aufgabe seines Lebens. Großes hatte er schon für seinen Thronfolger gethan; noch Größeres, so hoffte er zuversichtlich, werde dieser einst für Preußen thun. In diesem Sinne schrieb er schon 1720 bei der Erwerbung Vorpom= merns: „Der Kurfürst Friedrich Wilhelm hat die Aufnahme und den rechten. Flor in unser Haus gebracht, mein Vater hat die königliche Würde erworben, ich habe das Land und die Armee in Stand gesezt; an Euch, mein lieber Nachfolger, ist, was Eure Vorfahren angefangen, zu behaupten und die Länder herbeizuschaffen, die unserem Hause von Gott und Rechtswegen zugehören." Dazu war freilich erforderlich, daß der Sohn wie der Vater mit Leib und Seele aufging in seinem königlichen Amt und selber das Beispiel hingebender Pflichttreue, unermüdeter Arbeit und vollendeter Selbstverleugnung gab. Daß das Schwierigkeiten haben könnte, daran dachte er nicht.

Der junge Friedrich sollte nach dem Willen des Vaters zunächst ein braver Deutscher werden, einfach und schlicht in seinem Wesen, wie er selbst es war. Doch gab er ihm nicht nur eine französische Erzieherin, sondern später auch einen französischen Lehrer, zwei ausgezeichnete Persönlichkeiten, die bald großen Einfluß auf das Wesen des jungen Prinzen gewannen und denen er in dankbarer Verehrung bis zu ihrem Tode anhing. Aber sie erzogen den hochbegabten Knaben nicht zu einem Deutschen, flößten ihm vielmehr schon frühe eine Vorliebe für französische Sprache und Litteratur ein. Daher seine begeisterte Verehrung des französischen Volkes, daher zog er besonders Franzosen gern an seinen Hof und in seine nächste Umgebung, daher auch die Abneigung, ja Verachtung gegen die deutsche Sprache und Litteratur. Während er französisch schrieb, sprach und dichtete, hat er das Deutsche nie richtig sprechen und schreiben gelernt, und wo er es doch sprechen und schreiben mußte, machte er nicht nur viele Fehler, sondern vermengte es auch mit zahlreichen französischen Ausdrücken. Lateinische Sprache sollte der Kronprinz gar nicht lernen, griechische und römische Geschichte nur oberflächlich, dagegen sehr eingehend die deutsche Geschichte der leßten 150 Jahre, besonders auch die Geschichte Brandenburgs. Auch sollte er schon als Knabe genau die Verhältnisse der Nachbarländer kennen lernen.

Er sollte aber auch ein guter, frommer, evangelischer Christ werden. Das schärfte der König den Erziehern seines Sohnes besonders ein. Wie eine der ehrenwertesten Eigenschaften des Vaters seine Wahrhaftigkeit, sein Abscheu vor Schmeichelei und Lüge war, so sollte auch der Sohn aufrecht und aufrichtig wie er selbst sein. Ehrfurcht vor Vater und Mutter sollte er lernen, aber sie sollte nicht knechtisch sein, und ebenso ehrfürchtig sollte er gegen Gott sein. Insonderheit muß meinem Sohne eine rechte Liebe und Furcht vor

Gott beigebracht werden, auch ist er zur wahren christlichen Religion, welche fürnehmlich darin besteht, daß Christus für alle Menschen gestorben, als den einzigen Trost in unserem Leben zu leiten und zu führen, und muß er von der Allmacht Gottes dergestalt unterrichtet werden, daß ihm allezeit eine heilige Furcht vor Gott beiwohne." Dieses Ziel zu erreichen, wandte der König jedoch verkehrte Mittel an. Der Religionsunterricht wurde dem äußerst lebhaften Knaben auf eine so trockene, langweilige Weise erteilt, daß er sich davon nur abgestoßen fühlte. Durch lange Hausandachten, bei denen der König öfter selbst die Gebete verrichtete und geistliche Ansprachen hielt, wurde Friedrich ermüdet, nicht selten sogar zum Lachen und zum Spott hingerissen. Zur Strafe für solchen Mutwillen mußte er dann lange Kapitel und Psalmen aus der Bibel auswendig lernen. Dadurch wurde er mit Ekel und Abscheu gegen die religiösen Stoffe erfüllt, und nie hat er Liebe und Verständnis für den tiefen Lebensgehalt der Bibel gewonnen; vielmehr war er in allen religiösen Fragen von äußerster Gleichgültigkeit.

Auch die Bemühungen des Königs, ihn zu einem einfachen, ordentlichen, sparsamen Hauswirt zu erziehen, wollten nicht recht glücken. Gegen Pracht und überflüssigen Aufwand, noch mehr gegen Geldspiele und jede Art von Verschwendung sollte man ihm Ekel einpflanzen. Dabei sollte er an rastlose Thätigkeit gewöhnt werden, weil aus Faulheit nur Verschwendung und Liederlichkeit entsprängen und weil Faulheit eines der größten Laster sei. Der Kronprinz hatte jedoch einen Hang zum Leichtsinn, mochte mit dem Gelde nicht knausern, und da er über jeden verbrauchten Pfennig seinem Vater Rechenschaft ablegen mußte, so machte er leichtsinnige Schulden; auch zog er lieber einen bequemen Schlafrock als den knappen Soldatenrock an, ging lieber in seidenen Pantoffeln als in unbequemen Stiefeln, trug lieber einen französischen Haarbeutel als einen steifen Soldatenzopf, that überhaupt gern das Gegenteil von dem, was der Vater wollte. Der König geriet oft in Zorn über den „weibischen Kerl“ und warf eines Tages den gestickten Schlafrock ins Feuer.

Vor allem aber sollte der Kronprinz ein tüchtiger Soldat werden. Anfangs schien es auch, als ob er so recht nach des Vaters Sinn sich zu einem Soldatenfreund entwickeln würde. Schon im zarten Alter mußte er die Kinderkleider mit der Uniform vertauschen. Mit Eifer gab er sich dem Soldatenspiele hin, denn sein Vater hatte schon in seinem sechsten Lebensjahre eine kleine Kadettenkompagnie errichtet, die der junge Kronprinz kommandierte. Schon im zwölften Jahre war er im militärischen Dienst so bewandert, daß er dem als Gast anwesenden Könige von England, seinem Großvater mütterlicherseits, seine Kadetten zur größten Zufriedenheit vorführte. Damit er frühzeitig Sinn und Liebe für das Kriegshandwerk gewinne, richtete man in einem Saale des Schlosses ein kleines Zeughaus für ihn ein, indem man allerlei

Gewehre, Kanonen und sonstige Waffen da aufstellen ließ, so daß Friedrich später mit Recht sagen konnte: „Meine Wiege war mit Waffen umgeben; in der Armee bin ich aufgezogen worden." Seitdem er jedoch durch seinen Lehrer tiefer in die Wissenschaften eingeführt, besonders mit der französischen Litteratur bekannt geworden war, kam ihm das Soldatenleben geisttötend und langweilig vor; das mechanische Exerzieren befriedigte seinen Geist nicht; die harte Zucht, der peinliche Zwang, die rohe Behandlung der Soldaten, besonders das Prügeln und Spießrutenlaufen derselben verwundeten sein von Natur weiches, mitleidiges Herz; der derbe Ton und die nicht selten gemeinen Späße des Tabakskollegiums, an dem er schon frühzeitig teilnehmen mußte, sowie der meist ganz ungebildete Umgang des Vaters stießen ihn ab; auch an der Jagd, welche der Vater so sehr liebte, fand der Sohn nicht gleiches Behagen. Er war froh, wenn er diesem lästigen Zwange entfliehen, bei seinen geliebten Büchern träumen, Verse machen oder Flöte spielen konnte, so daß der König, der den Wert der Wissenschaften sehr gering schäßte und sich gar nicht denken konnte, daß ein tüchtiger Soldat sich etwas aus Büchern machen könne, einst voll tiefer Entrüstung ausrief: Frig ist ein Querpfeifer und Poet; er macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben!"

2. Friedrichs Zwiespalt mit seinem Vater. Im Jahre 1728, im beginnenden 17. Lebensjahre, nahm ihn sein Vater mit an den kurfürstlichen Hof nach Dresden. Der Prinz staunte nicht wenig über die hier herrschende Pracht, die so sehr von dem einfachen Wesen im väterlichen Hause abstach. Das rege künstlerische Leben daselbst fesselte ihn mächtig; hier hörte er auch seinen Lehrer im Flötenspiel, einen berühmten Flötenbläser, zum erstenmale und zog ihn dann heimlich nach Berlin, um gegen den Willen seines Vaters Unterricht bei ihm zu nehmen. Auch sonst geriet Friedrich in Dresden auf Abwege, er wurde ausschweifend, liederlich, lebte höchst leichtsinnig und wurde von seinen Günstlingen, den Leutnants Keith und Katte, dabei unterstüßt, so daß sein Vater, als er davon erfuhr, höchst zornig und aufgebracht war. Er verzieh es dem Sohne nicht, daß dieser alle seine Wünsche durchfreuzte, wurde heftig gegen ihn, schalt ihn aus, wo er ihn sah, sogar in Gegenwart der Hofbeamten, und ärgerte sich besonders darüber, daß er ihm die Wahrheit nicht sagte, sondern ihn hinterging, so oft es möglich war. Aus diesem Mangel an Wahrheitsliebe ging eine lange Kette von Ungemach für Vater und Sohn hervor. Der Vater mochte den Sohn nicht mehr sehen, erflärte ihn des preußischen Thrones für unwürdig, mißhandelte ihn nicht selten mit Faust- und Stockschlägen, so daß dieser sich vor dem Vater, der in seinem Jähzorn keine Grenzen kannte, verbergen mußte. Von Zeit zu Zeit schrieb er einen demütigen Brief, um des Vaters Gnade wieder zu erlangen; dann wurde der König etwas freundlicher, aber es dauerte meist nicht lange. Um den

Sohn noch mehr zu demütigen, meinte der König, wenn ihn sein Vater auf ähnliche Weise behandelt hätte, würde er lieber tausendmal davon gelaufen sein; aber dazu gehöre mehr Mut, als der Kronprinz besize. Der Zorn des Königs stieg noch höher, als er hörte, daß der Kronprinz bei Berliner Kaufleuten 7000 Thaler Schulden gemacht hatte. Dieser war in seinen Ausgaben sehr beschränkt; über jeden Groschen, den er ausgab, mußte er genaue Rechenschaft ablegen. Dadurch sollte er von früh auf an Sparsamkeit gewöhnt werden. Er meinte aber, als Königssohn brauche er nicht so beschränkt zu leben; auch war es ihm lästig, in allem, was er für seine Bücher und kleinen Vergnügungen ausgab, so genau beaufsichtigt zu werden. Darum hatte er Geld geliehen. Leute, die ihm halfen, fand er als Königssohn genug. Der Vater glaubte nun, mit der Erziehung zur Sparsamkeit sei es ebenfalls nichts. Er war darüber so aufgebracht, daß er sogleich einen scharfen Befehl gegen das Geldleihen an Minderjährige schrieb. Die 7000 Thaler wurden bezahlt, der Kronprinz aber mußte nun den ganzen väterlichen Zorn erfahren. Er selbst schreibt darüber an seine Schwester:

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Man predigt mir alle Tage Geduld, allein niemand weiß, was ich ertragen muß. Täglich bekomme ich Schläge, werde behandelt wie ein Sklave und habe nicht die mindeste Erholung. Man verbietet mir das Lesen, die Musik, die Wissenschaften, ich darf fast mit niemand mehr sprechen, bin beständig in Lebensgefahr, von lauter Aufpassern umgeben und was mich endlich ganz überwältigt hat, ist der lezte Auftritt, den ich in Potsdam mit dem König hatte. Er läßt mich des Morgens rufen; so wie ich eintrete, faßt er mich bei den Haaren, wirft mich zu Boden, und nachdem er seine starken Fäuste auf meiner Brust und auf meinem ganzen Leibe erprobt hatte, schleppt er mich an das Fenster und legt mir den Vorhangstrang um den Hals. Glücklicherweise hatte ich Zeit gehabt, mich aufzuraffen und seine beiden Hände zu faffen; da er aber den Vorhangstrang aus allen Kräften zuzog und ich mich erdrosseln fühlte, rief ich endlich um Hilfe. Ein Kammerdiener eilte herbei und befreite mich mit Gewalt aus des Königs Händen. Ich habe zu viel Ehrgefühl, um eine solche Behandlung auszuhalten, bin aufs äußerste gebracht und entschlossen, dem auf die eine oder andere Weise ein Ende zu machen."

Zu diesen Zerwürfnissen kam ein neues durch die geplante Verheiratung Friedrichs und seiner Schwester. Die Gemahlin Friedrich Wilhelms I., Sophie Dorothea, war die Schwester des Königs Georg III. von England, desselben, der sich im siebenjährigen Kriege mit Friedrich dem Großen verband. Nun hatte die Königin, schon von frühster Jugend der Kinder an, den Plan, ihre Tochter mit dem englischen Thronerben, Friedrich dagegen mit dessen Schwester zu verheiraten. Durch diese Doppelheirat sollten die beiden Häuser Hohenzollern und Braunschweig (die englische Königsfamilie stammte aus dem Hause der Welfen, also von Heinrich dem Löwen ab) noch fester mit einander verbunden werden. König Friedrich Wilhelm I., anfangs diesem Plane nicht abgeneigt, wollte jedoch später nichts mehr davon wissen, als er merkte, daß er auf diese Weise auf die Seite Frankreichs und Englands gezogen und dem

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