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aber ein innerer zusammenhang, ein leitender gedanke fehlt. Es ist auch praktisch ganz unausführbar von politik, religion, litteratur, kunst der Sikelioten zu reden ohne dabei fortwährend die italiotischen verhältnisse im detail zu berücksichtigen. Denn tritt auch das festland, wie nun einmal die überlieferung ist, für uns weit mehr in den hintergrund, so ist es doch in politik und cultur aufs engste mit der insel verwachsen. Dem neueren historiker war ein bedeutsamer fingerzeig durch den umstand gegeben, dass die alten nicht bloss Σικελικά sondern Ιταλικὰ καὶ Σικελικά schrieben.

Nach dem gesagten können wir es nicht billigen, dass der verfasser sein unternehmen auf die geschichte der Westhellenen hat ausdehnen wollen. Wir müssen es im interesse der wissenschaft bedauern. Denn das material ist hier mit einer geduld zusammen getragen, die in unserer rasch schreibenden zeit selten wird und die nur bei näherem eingehen völlig gewürdigt werden kann. Topographie, archaeologie, numismatik, litteratur sind mit gleicher sorgfalt berücksichtigt und auch ziemlich abgelegene notizen und bücher nicht übersehen; eine oberflächliche vergleichung mit dem verdienstlichen werk von Brunet de Presle wird dies jedem veranschaulichen. Zu dem fleiss in der sammlung des materials steht freilich die verwerthung desselben in durchaus ungünstigem verhältniss. Das geheimniss aller geschichtschreibung wesentliches und unwesentliches zu scheiden, hat sich dem verf. nicht erschlossen: gewissenhaft bringt er die spreu mit dem weizen vermischt auf den markt. Um so leichter hätte die darstellung ohne einbusse der gründlichkeit gefördert werden können, als die belegstellen nach einem sehr praktischen verfahren in einem gelehrten anhang (p. 307-454) gegeben werden. Aber der grund liegt in dem übergrossen respect des verf. vor der überlieferung. Was er über die antiken geschichtsquellen sagt (p. 307-319), erregt vielfach befremden. Diodor z. b. dar

über herrscht in der kritischen schule kein zweifel hat den Thukydides für die geschichte der athenischen expedition keineswegs direct benutzt. Die litterarhistorischen notizen bei demselben Diodor stammen in der that aus einem compendium : eine wahrheit, die übrigens nicht erst Volquardsen, sondern lange vor ihm Cauer gefunden hat. Oder wenn der verf. dem

Polybios,,sinn für ächte menschliche grösse" abspricht, dagegen,,viele eigenschaften einer guten geschichtsquelle" zuspricht, so heisst das in der that zu sikeliotisch reden. Dass die pseudoplatonischen briefe,, schwerlich von Platon selbst, sondern eher von einem der verhältnisse kundigen schüler desselben herrühren", klingt nach den untersuchungen Karstens (de Platonis quae feruntur epistolis. Traj. ad Rh. 1864), die indessen dem verf. unbekannt geblieben zu sein scheinen, gar seltsam.

Holm geht von bodenverhältnissen der insel aus (p. 5— 41): wobei die producte etwas dürftig ausfallen; das schöne buch Hehn's hätte reiche anregung geben können, wenn es nicht zu spät, wir meinen gleichzeitig, erschienen wäre. Bei den folgenden drei kapiteln: sagen (p. 42 — 56), ureinwohner (p 56-78), Phoenikier und Elymer (p. 79-96) ist die topographische seite der behandlung dankenswerth, die historische erinnerte uns hie und da an jenes grauen, das ein namhafter historiker empfand, sobald er den namen Pelasger hörte oder las. Von der strengen kritik, die auf dem gebiet der römischen geschichte die bahn rein gefegt, scheint man in der hellenischen noch weit entfernt: wenn in einem vielgelesenen neueren werk allen ernstes die Sarden für verwilderte Griechen, die etrurischen seestädte für griechische gründungen erklärt werden, so darf man sich auch nicht beklagen, dass Troer und andere fabelwesen nach wie vor an den italischen küsten ihr spiel treiben. In betreff der urzustände hätte Holm aber doch wohl einen bessern gebrauch von des trefflichen Vicomte de Rougé entzifferungen aus dem tempelhof von Karnak machen können, als dies p. 64 geschehen ist. Wenn die religion der Sikeler z. b. als,, der einfache glaube an ländliche und hirtengottheiten" im gegensatz zu den orientalischen mythen,, mit ihren grossen licht- und schattenmassen" characterisirt wird, so meine ich existirt die ländliche hirtenperiode der völker nur in der phantasie der dichter; dagegen die historischen zeugnisse belehren uns dass die kindheit der völker von krieg erfüllt ist. Die verehrung der naturmächte mit ihren grossen licht- und schattenmassen brauchten sie wirklich nicht erst von den Phoenikiern

zu lernen. Dann folgt kap. 6 über die spuren der ältesten bewohner Siciliens, jene einfachen fels- und höhlenbauten, denen in neuerer zeit so eingehendes studium zugewandt wird.

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Das zweite buch (p. 108-191) behandelt die ältere zeit von den ältesten beziehungen zwischen Hellas und Sicilien bis auf die Perserkriege, das dritte buch (p. 192-306) die blüthezeit von den freiheitskriegen bis zum conflict mit Athen. Der verf. ringt fortwährend mit der masse des details und verliert darüber den sinn für den grossen zusammenhang. Die gesetze der colonialentwicklung, wie sie Roscher dargelegt hat, dessen buch voller anregungen, soweit ich sehe, nirgends berücksichtigt ist, die grossen von der natur gegebenen gegensätze zwischen nord und süd, zwischen Syrakus - Akragas und MessanaRhegion, welche die gesammte geschichte der insel bedingen, die politik der tyrannen, von denen man aus der renaissance, den schriften eines Machiavelli ein lebendiges bild gewinnen kann nichts von allem kommt zu seiner verdienten geltung. Die glanzzeit der sicilischen geschichte, die monarchie Gelon's, seine kämpfe gegen Karthago hätten in ein ganz andres licht gerückt werden sollen. Holm setzt die schlacht von Himera mit Niebuhr vor die salaminische, vielleicht 481: meines erachtens ist die von Grote gegebene deutung von Herod. 7, 158 im wesentlichen richtig. Die geschichte Gelon's wird von Grote mit einer grossen kälte behandelt, die freilich durch seine gesammtauffassung bedingt ist ein sicilischer historiker hätte den grossen fürsten wohl mit mehr wärme schildern können. Wir müssen es uns versagen auf weitere einzelheiten einzugehen. Wir haben unsere abweichenden ansichten gegen den verf. und unsere ausstellungen deshalb offen mitgetheilt, weil er unsere historische wissenschaft nm ein vortreffliches werk bereichert hat. Man muss im interesse der griechischen geschichte wünschen, dass seine forschung ähnlichen monographien ein vorbild werde.

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THFSES, quae .. in academia Fridericia Guilelmia Rhenana d. XXIII m. Decemb... publice defendet Car. Buecher: I. primum bellum servile ortum est inter a. 143 et 140 a. Chr. n. — II. Diodorus (1. XXXV aut XXXVI) et Livius (1. LVI et LVIII) in primo bello servili narrando Posidonium Rhodium expresserunt. - III. Aeschin, or. II, §. 116 non recte editores nomen dolónær inseruerunt. IV. Quae ap. Xen. Hist. Gr. I, 1, 32 et I, 4, 9 de Thaso insula narrantur ad a. 409/8 a. Chr. n. referenda sunt. V. Pseudoxen. de re publ. Ath. 2, 7 scri

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bendum est: διὰ τὴν ἀρχὴν τῆς θαλάσσης πρῶτον μὲν τρόπους εὐωχιῶν ἐξεῦρον ἐπιμισγόμενοι τοῖς ἄλλοις, ὥστε ὅτι ἐν Σικε λίᾳ ἡδὺ ἢ ἐν Ἰταλίᾳ ἢ ἐν Κύπρῳ ἢ ἐν Αἰγύπτῳ ἢ ἐν Λυδίᾳ ἢ ἐν τῷ Πόντῳ ἢ ἐν Χερρονήσῳ ἢ ἄλλοθί που, ταῦτα εἰς ἕν ἠθροῖ σθαι διὰ τὴν ἀρχὴν τῆς θαλάσσης. VI. Suid. s. v. Пoλéμwr conicio: κτίσεις τῶν ἐν Φωκίδι πόλεων· πτίσεις τῶν ἐν Πόντῳ πόλεων καὶ περὶ τῆς πρὸς Αθηναίους συγγενείας αὐτῶν.

21.

NEUE AUFLAGEN: 19. Xenophons Memorabilien für den schulgebrauch erklärt von R. Kühner. 8. Leipzig. Teubn., 2. auf.: 12 ngr. 20. H. W. Stoll, geschichte der Griechen. 2. aufl. 2 bde. 8. Rümpler. Hannov.: 2 thlr. 15 gr. Desselben geschichte der Römer. 2. aufl. 2 bde. 8. ebendas.: 2 thlr. 15 ngr. 22. A. Stahr, herbstmonate in OberItalien. 2. aufl. 8. Oldenburg. Schulze: 2 thlr. 71/2 ngr.

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16.

NEUE SCHULBÜCHER: 23. 24. Freund's schülerbibliothek 1. abth., präparationen zu den griech. und römisch. schulclassikern. Präparation zu Homers Ilias. 1. hft. 4. aufl. Leipzig. Violet; 5 gr.: dess. Präparationen zu Sallust's wer3. hft. 3. aufl. 16. Leipzig. Violet: 5 ngr.

25.

ken. R. Kuehner, grammatica elementare della lingua greca. P.1. Etimologia. 3. edit. 8. Wien. Gerold; 14 ngr.: desselb. P. 2. Sintaxi. ebendas.; 12 ngr. 26. K. Schenkl, griechisch-deutsches schulwörterbuch. 4 abdr. 8. Wien. Gerold;

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2 thlr. 20 gr.: 27. Dessel b. Vocabolario greco-italiano tradotto da F. Ambrosoli. 2. edit. 8. ebendas.; 3 thlr. 10 ngr. 28. K. W. Osterwald, griechische sagen. 2. abth. Euripideserzählungen. 3. bdchen. 8. Halle, Weisenhaus; 18 ngr. 29. K. Widmann, neue vereinfachte lehrweise der lateinischen sprache, durch welche die grundsteine der formenlehre und die syntax in einem schuljahre gelernt werden können. Erstes heft: die grundsteine der formenlehre. 8. München. Finsterlin. 1870; 15 ngr.: der verf. scheint mit der neuern pädagogischen literatur wenig vertraut zu sein, hat ausserdem auch nicht angegeben, wie schnell das nach seiner methode gelernte wieder vergessen wird. 30. Geschichten aus Livius. Mit ergänzungen aus griechischen schriftstellern. Bearbeitet von Paul Goldschmidt. 8. Lpz. 1871; 18 ngr.: soll in gewerbeund ähnlichen schulen, aus deren lehrplan die alten sprachen ausgeschossen sind, dazu dienen, den schülern die bekanntschaft mit dem griechischen und römischen alterthume zu vermitteln, sie mit den zuständen und einrichtungen, mit den persönlichkeiten und anschauungen desselben so weit vertraut zu machen, wie eine höhere allgemeine bildung dies erfordert. Obgleich diese art bücher ausserhalb unserer aufgabe liegen, he

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ben wir, da es doch auch für den philologen von interesse ist zu sehen, wie weit der einfluss seiner wissenschaft sich erstreckt, dieses wie uns dünkt fleissig und geschickt gearbeitete buch hier hervor. Ob es sein ziel wirklich erreiche, steht dahin: ich glaube, dass eine auf der schule zu erreichende „,höhere allgemeine bildung" ohne kenntniss der beiden classischen sprachen nur auf unklaren begriffen beruht. Nach dem bis jetzt vorliegenden bildungs- und entwicklungsgange deutscher nation kann der wahre fortschritt derselben nur geschehen durch immer weiter ausgedehnten und vervollkommneten unterricht im christenthum und in dem classischen alterthum, was beides ohne sprachkenntniss zu erreichen unmöglich ist; auf dem wege, den obiges buch einschlägt, wird nur oberflächliche vielwisserei und mit dieser verwerflicher hochmuth erzielt, also hingearbeitet auf das, was mit dem richtig erkannten character des deutschen volks geradezu in widerspruch steht. Man sehe auf das, was in Frankreich jetzt vorgeht, und lerne daraus, wohin der hochmuth führt.

BIBLIOGRAPHIE: 31. Bibliothecae philologicae pars II. Bibliotheca scriptorum classicorum et Graecorum et Latinorum. Verzeichniss der vom jahre 1858 bis incl. 1869 in Deutschland erschienenen ausgaben, übersetzungen und erläuterungsschriften der griechischen und lateinischen schriftsteller des alterthums, herausgegeben von C. H. Herrmann. 8. Halle. Herrmann, 1871: vrgl. Phil. Anz. I, nr. 12, p. 257: ist, so viel wir haben sehen können, sehr fleissig und genau gearbeitet: auslassungen, fehler werden sich finden lassen, so fehlt p. 97 unter Sibyllina oracula Volkmann im Philol. XV, p. 303, p. 16 steht Apollonius Aristarch, statt der Aristarcheer u. s. w.

32. Mittheilungen der verlagshandlung B. G. Teubner in Leipzig, nr. 5: als künftig erscheinend werden angekündigt: Aristotelis Politicorum ll. VIII cum vetusta translatione Guilelmi de Moerbeka. Secundum codd..... edidit Fr. Su semihl: nach den mittheilungen in programmen und zeitschriften (s. Philol. XXX, p. 420) lässt sich vorzügliches erwarten; W. Brambach rhythinische und metrische untersuchungen: soll sich auf den werth der rhythmik des Aristoxenos, die lehre von den oŋuɛĩa (theilzeichen) und besonders auf die moderne auffassung der eurythmie beziehen; C. Bursian, geographie von Griechenland, II, 2 (Arkadien); Scaenicae Romanorum poesis fragmenta iterum recensuit O. Ribbeck. Plauti fragmenta ed. Fr. Ritschl; O. Ribbeck, geschichte der römischen tragödie; A. Rossbach, römische hochzeits- und ehedenkmäler. Darauf folgen verzeichnisse über ältere verlagsartikel.

33. Bunsen's bibelwerk liegt vollendet vor, preis 20 thlr.: es veranstaltet der verleger, F. A. Brockhaus, eine neue ausgabe in 30 lieferungen zum preise von 20 ngr. für jede lieferung;

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