Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

11. März.

18. März.

Schon am Tage des Einzugs in Paris hat die französische Nationalversammlung die Friedenspräliminarien bestätigt. Jetzt wird's daher bald heimwärts gehen. Gestern morgen 8 Uhr verließen wir die Quartiere in Luzarches und marschirten nach Chantilly. Heute früh hieß es, daß wir den Kaiser hier sehen würden. Se. Majestät kam jedoch nicht, statt dessen traf mittags 1 Uhr Se. kaiserliche Hoheit der Kronprinz, „Unser Fritz“, mit Stab ein. Die Ehrenwache wurde von der 7. Kompanie gestellt. Der Kronprinz in Mütze, Waffenrock mit dem Stern des Schwarzen Adlerordens, Schärpe, Korbsäbel und hohen Reitstiefeln ritt einen prächtigen Fuchs, ihm zur Seite waren General v. Blumenthal, sein Stabschef, Hofmarschall Graf Eulenburg, Adjutant Major Mischke, denen eine glänzende Suite von höhe ren Offizieren, darunter die hohe Gestalt Herzog Ernsts von Koburg in Kürassieruniform, Prinz Leopold von Hohenzollern, der unschuldige Anlaß des furchtbaren Krieges, und andre hohe Fürstlichkeiten folgte. In seiner roten englischen Husarenuniform fiel der Militärbevollmächtigte englische Oberst Walker auf.

Se. kaiserliche Hoheit besichtigte die aufgestellte Kompanie, unterhielt sich mit den Offizieren und hatte für die meisten der Unteroffiziere und Mannschaften ein freundliches, wohlwollendes Wort. Seine Leutseligkeit, der mit einer natürlichen Hoheit gepaarte Ausdruck männlicher Freudigkeit und freier Herzlichkeit eroberten dem Kaisersohne, den die meisten von uns zum erstenmal sahen, im Fluge unsere Herzen.

Se. Majestät der Kaiser hat die Armee verlassen und ist nach Berlin zurückgekehrt. In einer uns kundgegebenen Proklamation, in welcher er uns lebewohl, mit warmem und erhabenem Herzen Dank" sagte für alles, was die Armee im Kriege geleistet habe, fügte er hinzu: „Jhr kehrt mit dem stolzen Bewußtsein in die Heimat zurück, daß ihr einen der größten Kriege siegreich geschlagen habt, den die Weltgeschichte je gesehen, daß das teure Vaterland vor dem Betreten durch den Feind geschützt worden ist, und daß dem Deutschen Reiche jetzt Länder wiedergewonnen sind, die es vor langer Zeit verloren hat."

Laut donnern die Geschütze einer im Dorfe aufgestellten 22. März. Batterie. Sie salutiren dem Kaiser, dessen Geburtstag wir heute in Chantilly feiern. Um 9 Uhr hatten die Katholiken, um 11 Uhr die Evangelischen Kirchengang, um halb 12 Uhr hatten wir Appell im Ordonnanzanzuge und am Nachmittag werden die Kompanien festlich bewirtet werden.

Ein Tag vergeht wie der andere unter Ererziren und 24. April. Felddienstübungen auf den Stoppelfeldern und Kleeäckern herum, ganz wie zu Hause, nur daß wir hier, der Alarmbereitschaft wegen, meist feldmarschmäßig ausrücken müssen. In Paris hat seit dem 18. März die Commune sich erhoben, welche die Autorität der französischen Regierung in Frage stellt und welche die jedenfalls alleinige Ursache der Sistirung unsrer Rückmarsch. bewegung ist. Die Regierungstruppen haben von der Pariser Schwefelgarde sich natürlich die meisten der ihnen eben erst von uns wieder übergebenen forts und Batterien auf der Südseite mit sämtlichen Geschützen abnehmen lassen, wodurch die Commune erhebliche Stärke erlangt hat. Ein Glück, daß die forts der Nord- und Ostseite noch von den Unsern besetzt sind, auch diese hätten sich sonst die Kommunisten genommen.

Direkt haben wir mit den Vorgängen zwar nichts zu thun und sehen mal ruhig zu, wie Franzosen mit Franzosen sich hauen, aber indirekt sind wir durch den vermehrten Dienst schon mehr als genug in Mitleidenschaft gezogen. Nebenher haben durch die seit der Kapitulation aus der Gefangenschaft zurückgekehrten, sich uns recht überflüssig machenden Mobilgardisten 20. die Ortschaften an Gemütlichkeit nicht gewonnen, und sind nächtliche Überfälle seitens jener und kleine Keilereien an der Tagesordnung. Vermehrte Vorsicht und Wachsamkeit ist allenthalben wieder geboten.

Wir näherten uns wieder mehr der Hauptstadt. Drinnen 25. Mai, in Paris kämpfen die französischen Regierungstruppen und Communards einen blutigen Vernichtungskampf. Unausgesetzt hört man das Donnern der Kanonen, das Knattern des Infanteriefeuers. Paris brennt. Allnächtlich rötet sich der Himmel von dem Widerschein der ungeheuren Feuersbrünste, welche die ganze Hauptstadt mit Verwüstung bedrohen.

Heute sahen wir mehrere über die Linie gekommene Communards, welche unter Bedeckung nach Montmorency transportirt wurden, drei Männer und eine hochelegant gekleidete, aber arg zerfetzte Frauensperson, anscheinend den besseren Ständen angehörend. Ein Entrinnen der Barrikadenmänner und Petroleumsweiber auf der von uns besetzten Nordseite von Paris ist durch die scharfe Absperrung unmöglich gemacht.

30. Mai.

7. Juni.

10. Juni.

Die

Wir liegen in Ecouen in Kantonnementsquartier. Pariser Revolution ist nach schweren Kämpfen durch die Regierungstruppen bewältigt, nachdem die Pariser den größten Teil der öffentlichen Gebäude und die schönsten Kunstwerke durch Gewalt und Feuer zerstört haben.

Nun, wo sie ihre Hauptstadt und sich auf lange Zeit hinaus ruinirt haben, werden sie wohl Ruhe haben, diese Franzosen. Da der Friede abgeschlossen, so wird bereits in den nächsten Tagen die Heimkehr angetreten.

Nachdem Premierleutnant Braumüller mit den Quartiermachern vorgestern nach Berlin abgegangen, marschirte das 2. Bataillon gestern mittag nach Mitry, von wo das 1. Bas taillon bereits früh 32 Uhr nach Deutschland abgefahren war.

Heute morgen nach 314 Uhr trat das 2. Bataillon an und wurde auf dem Bahnhofe verladen, morgen wird das Füsilierbataillon eingeladen werden. Mittags 12 Uhr kamen wir durch Reims; dort wurden wir gespeist. Heute nacht vor 12 Uhr langten wir in Thionville oder Diedenhofen, wie die deutsche Stadt von nun ab wieder heißen wird, an und bezogen hier Nachtquartiere. Morgen geht es weiter der Heimat zu.

Um 8 Uhr früh wurde die Weiterfahrt angetreten. Um 2 Uhr mittags trafen wir in Saarbrücken ein; die auf dem Bahnhofe angesammelte Menschenmasse brachte uns den ersten Glückwunsch zur freudigen Heimkehr, den ersten, so wohlthuenden Gruß auf heimischem Boden. Auch in Bingerbrück, wo wir abends 9 Uhr eintrafen, war der Empfang ein begeisterter. In die Jubelrufe mischte sich das Rauschen des heimatlichen Rheins und die Lichter auf dem rechten Ufer in den am Fuße

des Niederwaldes liegenden Ortschaften Rüdesheim und Aßmannshausen flimmerten wie eine für uns arrangirte Belenchtung über den Strom uns entgegen. Der rebenumgürtete, laub. bedeckte Niederwald grüßte reckenhaft herüber. Tausendstimmige Hochs dem Vater Rhein und seinen Bergen, und weiter ging es den Strom entlang dem lieben Koblenz zu. Nachts langten wir dort an, aber trotz der nächtlichen Stunde waren Tausende hinaus nach dem fackelbeleuchteten Güterbahnhof geeilt, ihre Söhne, Gatten, Brüder oder Freunde wiederzusehen. War das ein Glück und eine Freude!

Nach kurzem Aufenthalt, während welchem die Bagage, welche gleich in Koblenz blieb, ausgeladen wurde, führte der Zug uns weiter nach Köln. In Hamm wurde nachmittags 3 Uhr das Bataillon gespeist. Halb 5 Uhr heute morgen kamen wir nach Braunschweig. Allenthalben an Städten und Dörfern, die wir passirten, wurde unser Zug mit Jubelrufen begrüßt. Endlich am Nachmittag verriet am Horizont ein Häusermeer uns die Nähe der Hauptstadt, und 5 Uhr war es, als wir nach Zehlendorf kamen, wo das Bataillon festlich empfangen wurde.

Unter Instandsetzung der Kleidungs- und Ausrüstungsstücke, 16. Juni. Appells und Parademarschüben vergingen die Tage. Heute morgen 712 Uhr marschirten wir von Mariendorf nach dem Tempelhofer Felde, wo um 9 Uhr das Regiment zum Einmarsch in Berlin sich sammelte.

"

Der Einzug erfolgte durch das Hallesche Thor, die Königgräßzerstraße und das Brandenburger Thor durch die Straße Unter den Linden". An der Spitze des Gardekorps Seine Majestät der Kaiser, die Prinzen, Fürstlichkeiten und Generale. Regiment folgte auf Regiment. Außer den Garden das KönigsGrenadierregiment Nr. 7, ein aus Mannschaften aller deutschen Regimenter formirtes Infanteriebataillon, und eine ebenso formirte Eskadron. Offiziere und Mannschaften wettergebräunt, aber blank und sauber, als kehrten sie von einer Parade und nicht aus einem so langen und furchtbaren Kriege heim. Berlin hatte eine glänzende Siegesstraße den einziehenden Truppen her gerichtet. Mit Guirlanden verbundene Flaggenmaste und be: kränzte französische Kanonen säumten den ganzen Weg ein, alle Häuser waren mit Fahnen, Wimpeln, Drapierungen, Guirlanden und Kränzen bedeckt, die Fenster vollgepfropft mit wehenden,

jubelnden Menschen, auf den Tribünen und längs den Straßen brachten Tausende und aber Tausende unaufhörlich neue jubelnde Hochs den vorüberziehenden Truppen.

Am kronprinzlichen Palais nahm, umgeben von seiner glänzenden Suite, der Kaiser den Parademarsch ab. Nachher fand die Einweihung des Denkmals König Friedrich Wilhelms III. statt. Halb 4 Uhr war es, als wir in die Quartiere abrückten.

19. Juni.

20. Juni.

Die Aufnahme, die wir bei der Bürgerschaft Berlins gefunden, war eine ausgezeichnete, die Quartiere waren durchgängig gute. Vereine, Korporationen und Private ließen es sich angelegen sein, die Berliner Einzugstage in unsrer Erinnerung unvergeßlich zu machen. Es war nicht möglich, von all den gebotenen Gelegenheiten, den an uns verteilten Einladungskarten zu Festessen, Theatern, Konzerten, Kneipabenden, zur Besichtigung von Sehenswürdigkeiten Gebrauch zu machen. Als Andenken erhielt von der Stadt Berlin jeder Offizier und Soldat des Gardekorps ein die sämtlichen Kriegsdepeschen enthaltendes Büchlein.

[ocr errors]

Gestern gaben sämtliche Kompanien Deputationen zur Kirche. Heute früh, ehe noch der Tag dämmerte, traten wir auf den Sammelplätzen zum Abmarsch nach dem Potsdamer Bahnhof an. Um 4 Uhr fuhren wir unter tausendstimmigem Hurra nach Koblenz ab.

Koblenz prangte in festlichem Gewande. Von den Türmen und Häusern wehten die Fahnen, Guirlanden spannten sich über die Straßen und prächtige Triumphbögen trugen den Gruß: ,,Willkommen!" Koblenz erwartete sein Königin - Augusta

Regiment.

[ocr errors]

Um 5 Uhr nachmittags zog bereits das 1. Bataillon unter klingendem Spiel in die Stadt ein, bewillkommt von tausendfachen Hochs der jubelnden Menge und mit einem Regen von Blumensträußen und Kränzen von Eichenlaub aus den Fenstern der Häuser überschüttet. Über den Altengraben, die Löhrstraße, Schloßstraße durch das Mainzer Thor nahm das Bataillon seinen Weg nach den Kasernements auf der Kartause. Eine dichtgedrängte Menschenmenge bewegte sich durch die in der Nähe der Moselbrücke gelegenen Straßen, von Stunde zu Stunde

« ZurückWeiter »