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Erinnerungen

und

Aufzeichnungen eines freiwilligen Grenadiers

aus dem

Feldzuge 1870/71.

Szene:

Vor dem Löhrthore in Koblenz im Römerschen Garten. (Offiziere, Feldwebel und die Regimentskapelle vom königlich preußischen 4. GardeGrenadierregiment Königin, Wachtmeister, Trompeter, Kürassiere und Jäger aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges.)

Wallensteins Lager.
Sechster Auftritt.

Trompeter:

Ihr habt da einen sauberen Spitzen

Am Kragen, und wie euch die Hosen sizen!

Die feine Wäsche, der Federhut!

Was das alles für Wirkung thut!

Daß doch dem Burschen das Glück soll scheinen,

Und so was kommt nie an unsereinen.

Wachtmeister:

Dafür sind wir des Friedländers Regiment,

Man muß uns ehren und respektieren.

Erster Jäger:

Das ist für uns andre kein Kompliment,
Wir ebenso gut seinen Namen führen.

Wachtmeister:

Ja, ihr gehört auch so zur ganzen Masse.

Erster Jäger:

Ihr seid wohl von einer besonderen Rasse?
Der ganze Unterschied ist in den Röcken,
Und ich ganz gern mag in meinem stecken.

Wachtmeister:

Herr Jäger, ich muß euch nur bedauern,
Jhr lebt so draußen bei den Bauern,

Der feine Griff und der rechte Ton,

Der lernt sich nur um des Feldherrn Person.

Erster Jäger:

Sie bekam euch übel die Lektion.
Wie er räuspert und wie er spuckt,
Das habt ihr glücklich ihm abgeguckt;
Aber sein Genie, ich meine sein Geist,
Sich nicht auf der Wachtparade weist.

Bweiter Jäger:

Wetter auch: wo ihr nach uns fragt,
Wir heißen des Friedländers wilde Jagd
Und machen dem Namen keine Schande
Zieh'n frech durch Freundes und Feindes Lande,
Querfeldein durch die Saat, durch das gelbe Korn,
Sie kennen das Holkische Jägerhorn!
In einem Augenblick fern und nah,
Schnell wie die Sündflut, so sind wir da
Wie die Feuerflamme bei dunkler Nacht
In die Häuser fähret, wenn niemand wacht,
Da hilft keine Gegenwehr, keine Flucht,
Keine Ordnung gilt mehr und keine Zucht.
Es sträubt sich der Krieg hat kein Erbarmen
Das Mägdlein in unsern sehnigen Armen.
fragt nach, ich sag's nicht, um zu prahlen;
In Baireuth, im Vogtland, in Westfalen,
Wo wir nur durchgekommen sind
Erzählen Kinder und Kindeskind

Nach hundert und aber hundert Jahren
Von dem Holk noch und seinen Scharen.

Wachtmeister:

Nun, da sieht man's. Der Saus und Braus Macht denn der den Soldaten aus?

Das Tempo macht ihn, der Sinn und Schick,
Der Begriff, die Bedeutung, der feine Blick.

Erster Jäger:

Die Freiheit macht ihn! Mit euren Fratzen!
Daß ich mit euch soll darüber schwatzen.
Lief ich darum aus der Schul' und der Lehre,
Daß ich die fron' und die Galeere,

Die Schreibstub' und ihre engen Wände

In dem Feldlager wiederfände?

flott will ich leben und müßig geh'n,

Alle Tage was Neues seh'n,

Mich dem Augenblick frisch vertrauen,

Nicht zurück, auch nicht vorwärts schauen.

D'rum hab' ich meine Haut dem Kaiser verhandelt,

Daß keine Sorg' mich mehr anwandelt.

führt mich ins Feuer frisch hinein,
Über den reißenden tiefen Rhein

Der dritte Mann soll verloren sein;

Werde mich nicht lange sperren und zieren,
Sonst muß man mich aber, ich bitte sehr,
Mit nichts weiter inkommodieren.

3

Hauptmann von Knobelsdorf vom 4. Garde-Grenadierregiment Königin, welcher mit einem Schriftstück in den Händen mittlerweile unter die Spieler auf die Bühne getreten war:

Die Theaterproben zu den Festlichkeiten des Regiments sind wegen drohender Kriegsgefahren auf Allerhöchsten Befehl sistiert."

War es auf Veranlassung eines der Offiziere, war es Eingabe eines einzelnen Mannes, welcher die übrigen Mitspieler folgten, oder war es ein unbewußter Herzensdrang, der uns alle so, wie wir gingen und standen, in den malerischen Kostümen der Wallensteinschen Zeit um den die Proben leitenden Hauptmann und die denselben beiwohnenden Offiziere scharen ließ, um wie aus einem Munde mit dem Wallensteinschen Reiterliede dem Momente unbewußt eine eigne Weihe zu geben:

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