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eine derartige Duplicität verbieten, oder auch die Aufgebung des ausländischen Unterthan-Verhältnisses fordern oder in Wahl stellen.

So lange nun das Unterhan-Verhältniß besteht, kommen der heimathlichen Staatsgewalt folgende Befugnisse in internationaler Beziehung zu:

a. Die Befugniß, ja Verpflichtung, selbst den einzelnen Unterthan bei gerechten Ansprüchen an ausländische Staaten oder gegen deren Angehörige, so wie in seiner rechtmäßigen Vertheidigung gegen ausländische Angriffe auf völkerrechtlichem Wege zu unterstützen, auch seine Vertretung zu übernehmen und eine etwaige Rechtsverletzung zu beseitigen. (Ius protectionis civilis.)1

b. Jeder Staat kann seine im Auslande befindlichen Unterthanen nach seinem Ermessen zurückrufen (ius avocandi), ohne daß er jedoch zur Bewirkung der Rückkehr ein Vindicationsrecht gegen den ausländischen Staat oder in demselben hat, oder auf sonstige Unterstützung desselben hierbei Anspruch machen darf2.

c. Ein Unterthan bleibt auch noch im Auslande dem Heimathstaat unterworfen, so lange er nicht von demselben entlassen ist. Der thatsächliche Eintritt in einen fremden Staat, selbst die Aufnahme in denselben schließt jene Abhängigkeit, so weit sie sich noch geltend machen läßt, nicht aus3. Den Unzuträglichkeiten hierbei kann nur

Jedoch ist dies zu weit gegangen. Alles hängt von dem Willen der Einzelstaaten ab. Schon das Staatsrecht der alten Welt war hierin verschieden. Cic. pro Balb. 12. „Sed nos (Romani) non possumus et huius esse civitatis et cuiusvis praeterea; ceteris omnibus concessum est." Ueber die neuere Doctrin und Praxis s. Moser, Vers. VI, 52. Günther II, 326. Gaschon (Disc. prél.) p. 73. Phillimore IV, 46. Bar, Internat. Straf- u. Privatr. S. 84 ff. Vgl. Klüber, öffentl. R. § 173a. Phillimore II, 3. Die Anlässe und Mittel s. unten §. 102. 110.

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2 Folgt aus dem allgemeinen Weltbürgerrecht. Daher braucht nicht einmal die Bekanntmachung der Avocatorien in einem fremden Lande gestattet zu werden. J. J. Moser, Nachbarl. Staatsr. 118. 687. Vgl. übrigens Desselben Versuch des V. R. VI, Cap. 4 u. 6. Gegen das Vindicationsrecht s. Günther II, 309 ff.

3 Theilweis abweichende Ansichten f. bei Bar, S. 84 ff. Unger, Oesterr. Privatr. 1856. S. 293. Bluntschli, Mod. V. R. Satz 370 ff. Ausführlich ist der Gegenstand erörtert in W. B. Lawrence, Commentaire sur Wheaton, III, p. 183.

durch Einvernehmen der Staaten unter einander vorgebeugt werden1, für dritte Staaten wird freilich in vorkommenden Fällen der letzte status quo maßgebend sein.

Auf ausländisches Grund-Eigenthum kann sich die Hoheitsgewalt des heimathlichen Staates nicht erstrecken2.

d. Kein Unterthan kann sich unter den Schutz einer fremden Macht begeben oder dieselbe als Richter gegen seinen vaterländischen Staat anrufen, wofern nicht ein solches Recht verfassungsmäßig bestehen sollte. Bloß freundschaftliche Intercessionen dürfen sich fremde Mächte für den auswärtigen Unterthan einer anderen erlauben3.

III. Rechtsverhältnisse der Ausländer überhaupt 4.

60. Unterthanen eines Staates stehen an und für sich in keiner Abhängigkeit von fremder Staatsgewalt und können auch durch dieselbe keine politischen oder staatsbürgerlichen Rechte in ihrem eigenen oder einem dritten Staat ohne deren Zustimmung erwerben3.

Eine Abhängigkeit von fremden Staaten tritt freilich ein: wenn ein Ausländer in dem Bereiche derselben Rechte erwerben oder ge

1 Nordamerikanische Verträge mit deutschen Staaten: Conventions regulating Nationality. 1868. Vgl. darüber Westlake, in der Rev. Internat. I, 102 ff.

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So können z. B. die auswärtigen Immobilien eines Unterthans von seinem heimathlichen Staat nicht besteuert werden. In der älteren Zeit wurde bei Vermögenssteuern dies nicht immer beachtet. Man s. den Deutschen R. A. von 1544 § 45. Mynsinger, Cent. obss. V, 22. Klock, de contribution. c. XIII. Natürlich könnte durch Verträge und Observanz unter einzelnen Staaten jenes ältere System noch Fortbestand erlangt haben.

3 Vgl. hierüber die schon zuvor angeführte Abh. Fr. C. v. Mosers, in s. fl. Schriften VI, 287. Günther, Völkerr. I, 280.

4 Vgl. Jordan, im Staats-Lex. VI, 360 f. und das bereits angeführte Pütter'sche Fremdenrecht.

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Folgt aus der Unabhängigkeit der Staatsgewalten. S. schon oben § 35. S. 67. Not. 1. Vgl. Günther, Völkerr. II, 262. 315. 323. v. Martens, Völkerr. § 85 ff. Schmelzing § 142. Daher haben auch Erfindungspatente eines Staates in einem anderen keine ausschließende Kraft. Foelix, Dr, internat. II. 9, 6,

nießen will; insbesondere wegen seines dortigen Grundbesites (§ 61); endlich wenn er ein fremdes Staatsgebiet betritt (§ 62).

In Betreff des ersten Punktes steht es zwar in der Macht jedes Staates, die Bedingungen zu bestimmen, unter welchen den Ausländern ein rechtlicher Verkehr in seinem Bereich gestattet sein solle, vornehmlich auch sie von politischen und staatsbürgerlichen Befugnissen auszuschließen; es sollte jedoch, wenn sich ein Staat einmal dem Verkehr mit fremden Nationen öffnet, nie den Angehörigen derselben der Genuß des Privatrechtes (§ 59) auf gleichem Fuße mit den eigenen Unterthanen, bei völliger Gleichheit der Verhältnisse, versagt werden und eine Zurücksetzung derselben gegen die einheimischen Bürger nur dann Platz greifen, wenn die auswärtige Nation selbst ein System der Ungleichheit befolgt.

Von allem Grunde entblößt erscheint eine Gerichtsbarkeit über Ausländer, welche sich gar nicht einmal in dem Gebiete des fremden Staates befinden oder kein Vermögen daselbst besigen, woran die dasselbe betreffenden Ansprüche in Vollzug gesetzt werden könnten2,

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Ueber den Grundsatz ist man gewiß längst im Allgemeinen einverstanden. Vgl. v. Martens, Völkerr. § 83. 93. Schmelzing § 132. 146. Es kann auch nach den heutigen Verhältnissen ein Unterschied zwischen nationalen und allgemeinen Civilrechten nicht mehr gemacht werden, wie zwischen ius civile und ius gentium der Römer, ausgenommen insofern verfassungsmäßig der Erwerb gewisser Rechte an eine bestimmte staatsbürgerliche Eigenschaft geknüpft ist. Die neuere Gesetzgebung ist durchgängig auf diesem Wege und nur in einzelnen Punkten noch bedenklich. Daß Fremde als Kläger Caution leisten müssen, ist eine durch die Verhältnisse gerechtfertigte Regel; daher auch die allgemeine Praxis derselben. Vgl. Foelix II, 2, 2, 1. Wenn dagegen Erbschaften und Vermächtnisse einem Fremden entweder ganz vorenthalten oder einem Abzugsgeld (ius detractus, traite foraine) unterworfen werden, so ist dies noch ein Rest vormaliger Befangenheit, dessen Beibehaltung dem Princip eines freien Verkehres der Nationen nicht mehr entspricht, daher auch schon die häufige, wiewohl noch nicht durchgängige Abschaffung jener Sitte durch ausdrückliche Verträge.

2 Gleichwohl ist in Frankreich dies System adoptirt durch Art. 14 des C. N. Es verstößt gegen das Princip: daß Niemand seinem natürlichen Richter entzogen werden soll; gegendas Princip: actor rei forum sequitur, und extra territorium ius dicenti impune non paretur. S. darüber und über das System anderer Staaten Foelix II, 2, 2, 3. Ueber das Verhalten der Deutschen Staaten dem Französischen bürgerlichen Gesetzb. Art. 14 gegenüber vgl. Kappler, jurist. Promptuar., W.: Ausländer. S. 88 f. Ausg. 2.

während kein Staat sein richterliches Amt einem Fremden wider einen anderen Fremden versagen sollte, wenn ein Anspruch des erste= ren an den letzteren dadurch auf demselben Wege realisirt werden könnte, wie es gegen den eigenen Unterthan zulässig sein würde1. Es kann endlich in Privat-Angelegenheiten ausländischer Unterthanen alsdann kein unbedingtes Entscheidungsrecht ausgeübt werden, wenn dabei ein internationales Rechtsverhältniß ihres heimathlichen Staates selbst in Frage kommt und dieser auf politischem Wege intervenirt, der Streit folglich aufhört ein privatrechtlicher zu sein.

In wiefern Verträge einer Staatsregierung mit auswärtigen Unterthanen nach völkerrechtlichen Grundsäßen zu beurtheilen sind, wird unten (§ 82) erwogen werden.

Rechtsverhältniß der Forensen3.

61. Forense Besiger von Grundstücken oder denselben gleichgeachteten Real-Berechtigungen in einem anderen Staate werden diesem lediglich nur in Bezug auf jene Besigungen unterworfen, insbesondere also

dem Gerichtsstande der gelegenen Sache, oder wenn es ein Lehen ist, auch der Lehengerichtsbarkeit;

der Besteuerung*;

1 Auch hier befolgt die französische Rechtsbildung ein sehr abweichendes Princip von dem anderer Staaten. S. Foelix II, 2, 2, 2. Gerechtfertigt wird das Obige durch die weltbürgerliche Stellung des Individuums, welche zu keiner Zeit rechtlos gelassen werden kann. Nur find principale Statusklagen unter Ausländern auszuschließen, weil der Status eines Menschen wesentlich den vaterländischen Staat betrifft und sich nur hier in Ausführung bringen läßt. Alle anderen Ansprüche an die Person hingegen sind beweglich und vollziehbar mit der Person. Wegen Immobiliarklagen ist kein Zweifel.

2 Zuerst kam dies in Frage zwischen Großbritannien und Preußen wegen der von Englischen Capern gegen Preußische Unterthanen gemachten Prisen. S. darüber Ch. de Martens, Causes célèbres. t. II, p. 1-88. Martens, Völferrecht § 95. Klüber, Droit des gens. § 58.

3 Joh. Chr. Limbach, de forensib. Giess. 1869.

4 Nach neuerem Staatsrecht (vgl. § 59 c.) entschieden. S. Martens, Völkerr. § 88. Klüber, öffentl. N. § 407 h. und die Schriften in v. Kamph, Lit. § 113.

der Güter-Polizei.

Bloß zu den Eigenthümlichkeiten gewisser Staaten gehört es, daß an die Erwerbung gewisser Besitzungen oder eines Anrechtes daran die Bedingung der vollständigen persönlichen Unterwerfung, mittelst Leistung eines Unterthan-Eides, geknüpft ist (ein s. g. voller Landsafsiat), so daß der Erwerber nunmehr auch für seine Person, versteht sich ohne seine im Auslande befindliche Familie und Vermögensbestandtheile, in ein Subjections-Verhältniß eintreten soll'. Weder der Heimathstaat eines solchen Forensen, noch auch ein dritter Staat, ist indessen verpflichtet, diesem Verhältniß eine gleiche Bedeutung mit dem wahren persönlichen Unterthan-Verhältnisse zuzugestehen; namentlich kann jener wegen Unverträglichkeit die Aufhebung einer solchen Duplicität in Wahl stellen. Es ist eine Reliquie des Lehnswesens, zugespitzt durch Territorialismus.

Rechtsverhältnisse der Fremden in einem auswärtigen Staatsgebiet.

62. In Bezug auf Fremde, welche ein anderes Staatsgebiet betreten wollen oder wirklich schon betreten, hängt es zuvörderst von der dortigen Staatsgewalt ab, ob und wie lange ihnen ein Aufenthalt gestattet werden soll. Sie können aus Rücksichten des öffentlichen Wohles einzeln oder in Masse zurückgewiesen werden, so weit man nicht durch Verträge gebunden ist, und kein Staat kann sich

1 C. H. Geisler, de landsassiatu. Marp. 1781 und Klüber a. a. D. § 269. 466 a. Unzweifelhaft äußert sich dasselbe in einer Unterwerfung des auswärtigen Landsassen unter die bürgerliche Rechtspflege in allen persönlichen Ansprüchen. Eichhorn, Deutsches Privatr. § 75. Wegen der Observanz in Sächsischen Ländern s. Emminghaus, Pandekten. S. 97.

2 Günther II, 426.

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S. schon oben § 33. Schmelzing § 168. Günther II, 219. 223. 314. Martens § 84. Schilter 1. c. § 52. Phillimore I, 407. Dem Alterthum waren allgemeine Fremdenvertreibungen (evlavia) nicht fremd. In neuerer Zeit kommen sie meist nur in Verbindung mit kriegerischen Maßregeln vor. Eine Vertheidigung der sonstigen Britischen Fremdenbill gab Canning am 3. April 1824. Jetzt besteht auch in England ein einfacheres, milderes System, ein bloßes Einregistriren von 6 zu 6 Monaten. S. Geo. 4, c. 54.

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