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Bungs - Berg aus ein Panorama des östlichen Holstein aufzunehmen. Als erster Bleistiftstrich galt es Herrn Loos, wie jedem Maler, den Horizont zu fixiren. Da bei dem in Frage stehenden Panorama scheinbarer und wahrer Horizont zusammenfallen, so können wir auch bei unserer Erörterung diesen Unterschied als verschwindend annehmen. So oft nun Herr Loos bei seiner Zeichnung beschäftigt war (also während 14 Tage), konnte er niemals vom Thurme des Bungs-Berges noch vom Fusse des Thurmes aus den Horizont hinter dem Piels - Berg erblicken, und wenn Herr Loos auf dem Piels-Berge sich befand, so sah er von der Kuppe des Piels-Berges aus, die von Geerz zu 445 Hamburger Fuss angegeben ist, also um 109 F. niedriger als die Schumacher'sche Messung des Bungs-Berges, weit über den Bungs-Berg weg die Thürme von Lübeck ') und konnte den ganzen Horizont überschauen. Die Erzählung dieser Thatsache hat zu ferneren Beobachtungen Veranlassung gegeben, die alle dasselbe bestätigen, und wir selbst, um uns von der Richtigkeit zu überzeugen, haben das von Herrn Loos gezeichnete Panorama vor Augen gehabt und können bei der bekannten Gediegenheit und Genauigkeit des Herrn Landschaftsmalers Loos über die Thatsache nicht mehr im Zweifel sein. Physikalische Erscheinungen, Luftspiegelungen, können bei der während 14 Tage fortgesetzten und später von anderen Herren erneuerten Beobachtung nicht vorgelegen haben. Ist die Thatsache in allen Details begründet und sie unterliegt keinem Zweifel so muss der Höhenunterschied der beiden Berge ein ziemlich beträchtlicher, ja gewiss 100 Fuss betragen und der Bungs-Berg wird nicht allein in seiner Würde degradirt, sondern, was ein noch weit interessanteres Factum, der Piels-Berg erhebt sich zu einer Höhe von circa 600 Fuss und wird der höchste Punkt der Cimbrischen Halbinsel.

Wir haben nicht unterlassen wollen, diese interessante Beobachtung in einem weit verbreiteten Journal mitzutheilen, damit man an geeigneter Stelle darauf aufmerksam werde und sich baldigst zu einer genauen Höhenmessung dieser beiden in Frage stehenden Punkte verstehe, damit jeden Zweifel benehme und dem unrechtmässiger Weise degradirten Piels-Berg zu der ihm gebührenden Ehre verhelfe.

Das Fürstenthum Birkenfeld.

Die Oldenburgische Enklave im Preussischen Rheinland, das zwischen Hunsrück und Nahe sich hinstreckende Fürstenthum Birkenfeld mit 9,13 QMeilen und 35.198 Bewohnern (Zählung vom Dezember 1864), ist bei der jetzigen Umgestaltung der Karte von Deutschland oft genannt worden, weil seine Verbindung mit der Rheinprovinz, vielleicht gegen Austausch im Norden, natürlich schien. Vor der Hand bleibt es nun zwar Oldenburgisch, das Ländchen bietet aber bekanntlich ausser seiner politischen Beziehung ein eigenthümliches Interesse in seinen grossartigen Achat-Schleifereien, es ist in dieser Hinsicht ein Unicum. In welch' hoher Blüthe diese Industrie auch jetzt noch steht, sehen

1) Diess muss wohl ein Irrthum sein, denn Lübeck liegt weit ab von der Verlängerung der Linie, die den Piels-Berg mit dem BungsBerg verbindet. A. P.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1866, Heft XI.

wir aus einer Korrespondenz in der Kölnischen Zeitung, d. d. Birkenfeld, 18. Oktober 1866:

„Die Absatzverhältnisse der Achatwaaren - Fabriken gestalten sich von Jahr zu Jahr günstiger. Während vor 5 bis 6 Jahren dieser Industriezweig nur auf Oberstein und Idar beschränkt war, hat er sich jetzt auch auf einige Ortschaften des Preussischen Hochwaldes, wo die nöthigen Wassergefälle vorhanden sind, ausgedehnt. Im vorigen Jahre waren im Fürstenthum Birkenfeld 117 Schleifereien, in den Preussischen Ortschaften aber 35 vorhanden. Die erwähnte Industrie hat dadurch eine beträchtliche Ausdehnung erhalten, dass seit ungefähr 15 Jahren auch fremde Halbedelsteine, als Chalcedone, Böhmische Steine &c., geschliffen werden. Ferner ist hervorzuheben, dass man es versteht, dem Achat durch Färben und Kochen in chemischen Substanzen beliebige Färbungen zu geben, so dass dadurch wirkliche Edelsteine nachgeahmt werden. Das Fassen der vielen Gegenstände, als Dosen, Schreib- und Feuerzeuge, Kästchen, Schober, Leuchter, Becken &c., in Gold, vergoldetes Silber, Messing &c. beschäftigt viele Menschen und gewährt lohnenden Verdienst. So waren 1865 373 Goldschmiedemeister mit 134 Gesellen und 133 Lehrlingen in Thätigkeit. Der Versandt der Waaren geht in alle Zollvereins - Staaten, nach Frankreich, England, Italien, nach Trans-Atlantischen Plätzen &c. und es werden circa 1 Mill. Thaler jährlich in den verschiedenen Artikeln umgesetzt. In Kreuznach, Münster am Stein &c. finden sich Lager jener Schleifereien und Achatwaaren-Fabriken."

Zur Thiergeographie Deutschlands.
Vom Gymnasial-Direktor Krause in Rostock.

Der Nörz, Lutra Lutreola (Erxl.), gilt allgemein als Thier des Ostens von Europa, das von Russland und Polen her nur noch in Schlesien vorkomme. Dr. Karl Schiller hat in seinem sprachwissenschaftlichen und daher den Zoologen und Geographen weniger zur Hand kommenden Werke ,,Zum Thier- und Kräuterbuche des Mecklenburgischen Volkes", Heft 1, Schwerin 1861, 4o, S. 6, noch neuerdings durch sichere sachkundige Zeugnisse bewiesen, dass das Thier unter den Namen Mänk, Ottermänk, seltener Nörz und Nörx in den Flüssen und See'n Mecklenburg's ziemlich oft vorkommt. Zu den schon etwas älteren Belegen im Schweriner Abendblatt vom Jahre 1818, S. 313, und Boll's Archiv, XIII, S. 139, führt Schiller Beweise des Vorkommens an von Ludwigslust, Schwerin (Schelfwerder, Wadewiese, Pfaffenteich, Fauler See, Neumühler Sec), Vitense (Fluss Radegast), Wismar (,,bei Wismar allgemein bekannt").

Dazu stelle ich die vor einigen Tagen im „Rostocker Tagesblatt" enthaltene Notiz aus Waren am Müritz-See: „Die Fischotter kommt in hiesiger Gegend noch recht häufig vor, dagegen ist der Nörz bei weitem seltener, obgleich noch alle Jahre an der Müritz welche gespürt und gesehen werden." Über das vereinzelte Vorkommen des sehr geschätzten Pelzthieres in der Umgebung Lübeck's, bei Braunschweig und am Harz findet man das Nähere in Brehm's Illustrirtem Thierleben, I, S. 560. Der Name Mänk, nach Schlesien hinein Mink, wird auf Mönch zurückzuführen sein, da im Niederdeutschen auch die aus dem Wasser auftauchenden

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Balkenköpfe des Verschlusses der Teichabflüsse (sogenannte Grundzapfen) Mönk genannt werden, so z. B. in SchleswigHolstein (Biernatzki, Schleswig-Holstein'sches Volksbuch, 1846, S. 162) und im Bremischen.

Beobachtungen über das Treibeis in der Ostsee.

Von Dr. Arthur Ferdinand Baron Sass. Während einer Reise im Winter des Jahres 1866 hatte ich im Januar und Februar Gelegenheit, am Kleinen Sunde zwischen den Inseln Ösel und Moon so wie am Grossen Sunde zwischen der Insel Moon und dem Festlande von Ehstland) einige Beobachtungen über das Treibeis anzustellen. Als ich am 5. Januar über den Kleinen Sund fuhr, war die Küste von Moon mit einer breiartigen Masse von Treibeis erfüllt, welche die geringe Tiefe des hiesigen Meeres bis auf den Grund ausfüllte. Das Eis bildete mit dem Wasser eine breiartige formlose Masse von einer solchen Konsistenz wie Schnee, den man zuerst in eine Schale hineingedrückt und darauf mit kaltem Wasser übergossen hat. Durch solches Treibeis kommt man mit einem Boot sehr schwer hindurch, indem dasselbe das Boot fest umklammert und die Durchfahrt im höchsten Grade behindert, so dass man nur dadurch das Boot vorwärts bewegen kann, dass man es in niedrigem Wasser mit Hülfe von Stangen vorwärts schiebt.

Als ich mich später vom 29. Januar bis 4. Februar in Werder am Grossen Sunde und auf der Insel Schildau in demselben aufhielt, hatte ich Gelegenheit, sehr verschiedene Arten des Treibeises zu sehen. Zunächst sah ich eine grosse Menge abgerissener grösserer oder kleinerer Eisfelder, gleichsam schwimmende Inseln, sich langsam vorwärts bewegen, und zwar in der Richtung, wohin Wind oder Meeresströmung sie führten. Kleine Eisblöcke, welche bedeutend höher aus dem Wasser hervorragten, indem sie über demselben die Höhe von 2 bis 3 Fuss erreichten, dabei aber eine Länge von 6 bis 14 F. hatten, zogen sehr schnell vorwärts und wie sie mit bedeutender Geschwindigkeit hinter einander durch den Sund zogen, glichen sie einer Reihe einander folgender Eisenbahnwaggons. Grössere oder kleinere Strecken des Sundes wurden von einem ähnlichen Breigemisch von Eis, Schnee und Wasser bedeckt, wie ich oben aus dem Kleinen Sunde bereits beschrieben habe. Die kleinen hohen Eisschollen sind unten aus blauem dichten Eis gebildet, das, da es mit Wasser durchzogen ist, welches sich in die Poren des Eises hineinzieht, beinahe die Farbe des umgebenden Wassers hat, während der oben herausragende Theil desselben vom Wasser bis zur Oberfläche immer heller und heller wird, bis die Eisschollen an ihrer höchsten Fläche ganz weiss sind, was sich daraus erklärt, dass hier die Poren des Eises ganz leer sind und das Eis oben aus mehreren dünnen Eislamellen besteht, die unregelmässig zu einander gestellt der ganzen Oberfläche ein rauhes Ansehen verleihen. Häufig haben die breiartigen

1) Eine von mir in Erdmann's Journal für praktische Chemie, Bd. 98, S. 251, veröffentlichte Analyse des Ostseewassers aus dem Grossen Sunde zwischen der Insel Moon und dem Festlande von Ehstland bezeichnet aus Versehen irrthümlich die Lage des Grossen Sundes zwischen den Inseln Ösel und Moon, welchen Fehler ich hiermit berichtige.

Partien des Treibeises eine netzförmige Oberfläche, welche aus glatten Eisflächen von 5 bis 12 Zoll Durchmesser besteht und von unregelmässigen Seiten begrenzt ist, welche aus der Berührung der benachbarten Eisflächen sich bilden, und da diese Kanten sich über und in einander schieben, so bildet sich ein erhabener, aus Eislamellen bestehender Rand. Wenn im Winter bei ziemlich starker Kälte Schnee fällt und das Wasser schon so abgekühlt ist, dass es nicht mehr im Stande ist, den hineinfallenden Schnee zu schmelzen, so erhält diese ins Wasser gefallene Schneemasse dieselbe netzförmige Zeichnung, welche Erscheinung sich wie folgt erklärt.

Wenn das Wasser so wenig bewegt ist, dass seine Oberfläche, wie man sich ausdrückt, nur gekräuselt ist, was darin besteht, dass eine Masse sehr kleiner, niedriger Wellen die Oberfläche des Wassers bedecken, welche, wenn man ihren Bau genauer betrachtet, aus etwas in die Länge gezogenen konkaven Flächen bestehen, die von gekrümmten Linien begrenzt werden, so schwingen dieselben nach den bekannten, in der Wellenlehre zur Anwendung gebrachten Pendelgesetzen hin und her. Die Schwingungen dieser verschiedenen, einander begrenzenden konkaven Flächen sind aber nicht gleichmässig, sondern jede Fläche hat ihre besonderen Schwingungen; daher bleiben die Begrenzungslinien derselben nicht stets dieselben, es finden hier Reibungen der Begrenzungslinien an einander Statt. Sind nun diese konkaven Flächen, wie oben bemerkt, mit frisch gefallenem Schnee bedeckt, so breitet sich derselbe auf der konkaver Fläche gleichmässig aus und bildet ebenfalls eine konkave Fläche, aber an den Rändern reibt sich die Schneefläche der einen konkaven Fläche an die der anderen und hierdurch kann die aus dem gefallenen Schnee gebildete dünne Schneedecke sich nicht in eine Fläche legen, sondern wird stets aus ihrer Lage gehoben und bildet dadurch erhabene Ränder, die aus aufgeschüttetem Schnee oder aus feinen Eislamellen bestehen und Eissäume 1) bilden. Dadurch, dass diese schwere Schneedecke die Oberfläche des Wassers bedeckt, hat ein schwacher Wind nicht mehr die Kraft, auf der Oberfläche des Wassers die Wellenbewegung hervorzurufen, und die Oberfläche stellt eine ruhig stehende Ebene dar, die mit einer Schneeschicht bedeckt ist, welche die oben erwähnte, während des Wellenschlages erhaltene Form beibehält und nun gefriert und auch dann eine netzförmige Eisfläche zeigt.

Endlich bilden sich bei Temperaturen, welche nicht viel unter 0° R. liegen, bei bewegter See Eisnadeln, welche gruppenweise die Wasseroberfläche bedecken. Ob diese sich wie im süssen Wasser an der Oberfläche bilden oder, wie Edlund 2) von den Küsten Schwedens und Norwegens berichtet, aus der Tiefe heraufsteigen, darüber habe ich keine Beobachtungen angestellt.

Diese und die vorher geschilderten Eisbildungen gefrieren immer stärker und wenn sie in der Nähe des Landes sind, so tragen sie wesentlich dazu bei, die Bildung der KüstenEiskruste zu beschleunigen; sind sie jedoch entfernt vom Lande, so gefrieren sie zu Eisinseln und bilden somit Treibeis,

1) Untersuchungen über die Eisbedeckung des Meeres an den Küsten der Inseln Ösel und Moon von Dr. A. F. Baron Sass, in Mélanges phys. et chim. tirés du Bulletin de l'Acad. Imp. des sc. de St.-Pétersbourg, T. VI, p. 527.

2) Über die Bildung des Eises im Meere, von E. Edlund, in Poggendorf's Annalen der Chemie und Phys., Bd. CXXI, pp. 513 ff.

und es ergiebt sich hieraus, dass das Treibeis in der Ostsee nicht nur aus Trümmern früheren festen Eises besteht, sondern sich auch selbstständig auf dem Meere in Gestalt von Eisinseln bildet. Dass die freie Eisbildung im Meere auch einen Beitrag zur Treibeisbildung liefert, ist bereits von E. Edlund) behauptet worden.

Die Mammuth-Expedition.

Vor wenigen Monaten erwähnten wir anlässlich der neuesten Arbeiten über das Mammuth (,,Geogr. Mitth." 1866, Heft IX, SS. 325 ff.) hoffnungsvoll die Sendung des Geologen Fr. Schmidt nach den Eisgefilden Nord-Sibiriens, wo er eine 1864 aufgefundene Mammuth - Leiche untersuchen und für den späteren Transport nach St. Petersburg in Sicherheit bringen sollte. Die Nachrichten über diesen Fund liessen kaum einen Zweifel, dass es sich um ein vollständig erhaltenes Exemplar handle, und man durfte mit Recht erwarten, es werde dem Abgesandten der Petersburger Akademie gelingen, über das räthselhafte Vorkommen solcher Zeugen einer längst vergangenen Zeit im ewig gefrorenen Boden des Sibirischen Küstenstriches, über ihre Lagerungsverhältnisse, ihre Lebens- und Nahrungsweise wichtige Aufschlüsse zu geben. Leider sind wir aber nur um eine Täuschung reicher geworden.

Es wurde angeführt, dass Magister Schmidt am 12. Februar d. J. St. Petersburg verliess, am 24. März in Jenis

seisk war und von dort zu Schlitten bis Ochotskoje

nur

(701° N. Br.) reisen, dann in Dudinsk am unteren Jenissei den Finder des Mammuth erfragen und nach Weggang des Schnees dieses selbst aufsuchen wollte. Wie nun in der Oktober-Sitzung der Kaiserl. Russischen Geographischen Gesellschaft berichtet wurde, ist es ihm zwar gelungen, die Mammuth-Leiche aufzufinden, die Nachrichten darüber haben sich aber als sehr übertrieben herausgestellt. Statt eines vollständigen und gut erhaltenen Exemplares waren die Haut und einige halb verfaulte Knochen vorhanden. Unzweifelhaft wird man bald Ausführlicheres darüber vernehmen. Die hier mitgetheilte Nachricht stammt von der Expedition, die im Auftrag der Irkutsker Geogr. Gesellschaft die Uferlandschaften des Jenissei explorirte und in Dudinsk dem Magister Schmidt begegnete. Die Mitglieder dieser von Lopatin geleiteten Expedition waren am 8. Mai d. J. in Jenisseisk eingetroffen, Lopatin machte mehrere geologische Exkursionen in der Umgegend der Stadt und besuchte unter Anderem ein seit dem 17. Jahrhundert bearbeitetes Eisen-Bergwerk, während ein anderes Mitglied, Stschapow, ethnographische Beobachtungen in den umliegenden Dörfern sammelte. Die Expedition fuhr sodann auf einem Dampfboot den Jenissei hinab, war am 11. Juni in Turuchansk und wollte bis zu den Brechow-Inseln hinabfahren, sich dort bis zum 13. Juli aufhalten, eine Exkursion nach dem Eismeer machen und am 1. August in der Station Krestowsky zurück sein, von wo noch einige Ausflüge in dje Umgegend gemacht werden sollten. Anfang September beabsichtigte die Expedition den Rückweg anzutreten.

1) Über die Bildung des Eises im Meere, von E. Edlund, in Poggendorf's Annalen der Chemie und Phys., Bd. CXXI, p. 550.

Die Zahl der Türken in der Türkei.

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In der Kölnischen Zeitung" vom 21. Oktober 1866 liest man: „Der ehemalige Redacteur en chef des Journal de Constantinople theilt im Mémorial Diplomatique einige sehr interessante Einzelheiten über die Bevölkerungen mit, welche die Türkei bewohnen. Ihm zufolge ist es lächerlich, den 2 bis 3 Millionen Griechen, welche es in Allem giebt, die Europäische Türkei zusprechen zu wollen. Er giebt zu, dass es in der Türkei 12 Millionen Menschen giebt, die sich zur sogenannten griechischen Religion bekennen, diese seien aber aus Völkerschaften zusammengesetzt, die sich von je her gehasst und bekriegt hätten. Nach offiziellen Quellen seien diese 12 Millionen folgendermaassen zusammengesetzt: Griechen 1.000.000, Rumänen 4.100.000, Serben 1.000.000, Bulgaren 4.000.000, Bosnier und Herzegowiner 1.100.000, Albanesen, Armenier und Andere 800.000. Türken gebe es aber nicht 2 Millionen, wie man immer behauptete, sondern 6 Millionen, was bei einer Änderung der Lage der Dinge in der Europäischen Türkei jedenfalls in Betracht gezogen werden müsse."

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Durch die Autorität des aus,,offiziellen Quellen" schöpfenden Chef Redacteurs einer Konstantinopeler Zeitung könnte man sich verleiten lassen, diesen Zahlenangaben Glauben zu schenken und einen wissenschaftlichen Werth beizulegen. Man hat aber jetzt in Behm's ,,Geographischem Jahrbuch" ein bequemes Mittel, um sich über die Glaubwürdigkeit solcher Angaben sofort zu orientiren. Dort finden wir (S. 47) cine ethnographische Tabelle über die Türkei nach den anerkanntesten Autoritäten, aus welcher sich die 6 Millionen Türken (Osmanen) ganz unzweifelhaft als eine enorme Übertreibung erweisen. Die Tabelle ist folgende: nach Frhrn v. Reden ') nach Lejean)

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nach Ficker 3)

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4.300.000

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1.600.000 1.309.302 1.055.000

1.300.000

1.500.000

1.050.000 990.000

1.000.000

150.000

400.000

400.000

Juden Zigeuner Tataren (Nogai) Deutsche Magyaren Araber

125.000

200.000

80.000 25.000

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J. Petherick über seine Karte vom oberen Nil. In dem Aufsatz über John Petherick's Reise westlich vom Weissen Nil (,,Geogr. Mitth." 1866, Heft V, SS. 177 ff.)

1) Die Türkei und Griechenland in ihrer Entwickelungsfähigkeit. Frankfurt 1856. 2) Ethnographie de la Turquie d'Europe. Ergänzungsheft 4 zu den ,,Geogr. Mitth." Gotha 1861. 3) Über die ethnographischen Verhältnisse der Europäischen Türkei. (Mittheilungen der K. K. Geogr. Gesellschaft, 5. Jahrgang, Wien 1861.)

äusserten wir mehrfache Zweifel und Bedenken in Bezug auf die dem Aufsatz in Kopie beigegebene Karte (Tafel 10), die, von Arrowsmith gezeichnet, ursprünglich im Journal der Londoner Geogr. Gesellschaft publicirt worden war. Wir vermissten namentlich Aufklärungen über die Differenzen der Karte mit den Petherick'schen Positions-Bestimmungen.

Eine Zuschrift von dem verdienten Reisenden selbst enthält nun darüber Folgendes: „Die Differenzen von mehreren meiner Positionen auf Herrn Arrowsmith's Karte mit den von Herrn Dunkin berechneten Resultaten meiner astronomischen Beobachtungen, wie Adael und Nyangara, ohne begleitende Erläuterungen, muss Jedermann als sonderbar auffallen. Bei Aufnahmen von Landschaften, wo man ab und zu von Höhen ungehinderte Aussichten auf Meilen weite Entfernungen hat, kann ein Kartograph in manchen Fällen eine sorgfältige Gissung (Messung der Distancen und Richtungen) mit Recht astronomischen Positions - Bestimmungen vorziehen. Aber erscheint es nicht seltsam, dass Herr Arrowsmith darauf bestand, die erwähnten Punkte nach der Gissung und nicht nach den Beobachtungen niederzulegen in einem ungemein flachen, dicht bewaldeten und überschwemmten Lande, wie das zwischen Lolnun oder Abu Kuka und Adael, wo gewundene Fusspfade durch dichte Wälder von fast erstickender Vegetation und verworrene Passagen durch endlose Sümpfe nur selten eine beschränkte Aussicht gestatteten? Unter solchen Umständen, wo auf eine Strecke von 90 Engl. Meilen der Höhenunterschied beider Endpunkte der Route, Lolnun und Adael, nach den Bestimmungen mit dem Kochthermometer nur 15 Fuss be- trug und wo trotz alles erdenklichen Eifers, die Entfernungen zu schätzen und Winkel zu messen, höchstens kurze Aussichten zu erhalten waren, lag es doch meiner Ansicht nach auf der Hand, dass die Abschätzungen des Weges nur als Anhängsel zu den astronomischen Beobachtungen einigen Werth haben konnten. Die Annahme des Gegentheils kann nur zu Irrthum führen.

„Herr Arrowsmith, der meine Breite für die Insel Kyt angenommen hat, würde, glaube ich, der Wahrheit näher gekommen sein, wenn er auch meine Länge, 29° 47′ 25′′ Östl. v. Gr., adoptirt hätte, denn nach mannigfaltiger Prüfung verlässlicher Nachrichten der Eingebornen beträgt, glaube ich, die direkte Entfernung von der Insel Kyt bis zum Weissen Nil nicht über 30 Engl. Meilen. Diess würde den ganzen nördlichen Theil meiner Route um ungefähr dieselbe Entfernung östlicher verlegt haben, ohne die südlichen Endpunkte zu verändern, und hätte man auch die Lage von Adael, Nyangara und Wayo nach den astronomischen Bestimmungen eingetragen, so würde die Karte meiner Meinung nach ein richtigeres Bild meiner Reisen gegeben haben.

,,Mit Bezug auf die Nichtbeachtung meiner Position für den No-See zu Gunsten der von Speke's Position der SobatMündung (9° 20' N.) abgeleiteten kann ich nur sagen, dass ich in Anbetracht der grossen Sorgfalt, die ich gerade auf die Beobachtungen an diesem Anfangspunkt meiner früheren Reise auf dem Bahr-el-Gazal verwendete, und bei dem Umstand, dass v. Heuglin nur 8° 40' N. für den Sobat fand, meine beobachtete Breite von 8° 58′ 40′′ für den See No aufrecht zu erhalten den Muth habe.

,,Auf die Höhenbestimmungen hat mein Assistent Dr. Murie sowohl wie ich selbst grosse Sorgfalt verwendet, die Zahl für Chartum, 969 Engl. F., ist das Mittel von Beobachtungen, die zu verschiedenen Tageszeiten und bei verschiedener Lufttemperatur wiederholt wurden, denn ich kannte wohl die grosse Differenz der von mir gefundenen Höhe mit den Resultaten, welche die meisten der von Ihnen citirten hohen Autoritäten erlangt haben. Sollte daher meine Zahl falsch sein, so kann ich es keiner anderen Ursache als vielleicht einer Unvollkommenheit des Instrumentes zuschreiben, welches jedoch durchweg übereinstimmende Werthe in so fern ergab, als sie nicht das Wasser bergauf fliessen lassen.

,,Auch sonst finden sich verschiedene Fehler in der Karte, Jau und das südlich daran stossende Land ist z. B. in das Gebiet der Djur anstatt in das der Dor gesetzt, eine Route von Ibrahim Bas von Adael nach Jau ist eingezeichnet, die niemals zurückgelegt wurde 1), und wurmartige Hügelzüge finden sich in Sumpfgegenden und Ebenen, wo Ameisenhügel die einzigen wahrnehmbaren Erhöhungen sind.

„Das kleine Nuer-Dorf Aliab setzt Arrowsmith in 8° 20′ N. Br. und lässt unterhalb desselben, in 8° 27′ N. Br., den Nam in den Weissen Nil einmünden, wogegen die am 4. Mai 1862 von mir beobachtete Breite des Ortes 8° 8′ 15′′ ist und die Vereinigung des Nam mit dem Kyr oder Weissen Fluss ungefähr 1 Engl. Meile südlich von ihm Statt findet.

,,Arrowsmith giebt auf seiner Karte dem Bibio fast eben so grosse Bedeutung als dem Ayi und eines Tages sah ich in der Kartensammlung der Königl. Geographischen Gesellschaft eine grosse Karte, auf welcher der erstere als Ausfluss des Luta Nzige oder Albert Nyanza gezeichnet war. Während des Aufenthalts auf meiner Station Wayo in der Nähe der Vereinigung beider Flüsse, zwischen dem 26. Januar und 11. Februar 1863, maass ich die Betten und das wirkliche Wasser-Volumen dieser Flüsse. Diess wird eine richtigere Vorstellung von der relativen Grösse des Bibio und Ayi geben, als was ich sonst darüber sagen könnte. Meine Messungen wurden in der trockenen Jahreszeit angestellt, wo sich am besten ihre verhältnissmässige Wichtigkeit vergleichen liess. Das Bett des Ayi unterhalb der Vereinigung ist 357 Engl. F. breit und 8 bis 10 F. tief; nimmt man 10 F. als Mittel an, so repräsentirt der Durchschnitt 3570 QFuss. Oberhalb der Vereinigung ist das Bett des Bibio 120 F. breit und die Höhe seiner fast senkrechten Ufer wechselt zwischen 10 und 14 F. Nimmt man daher 12 F. als Mittel an, so erhält man einen Durchschnitt von 1440 QFuss. Es bleibt also für den Ayi ein Raum von 2130 QFuss. Deutlicher wird aber das Verhältniss, wenn wir das Volumen des Wassers vergleichen:

1) Das für die Karte der Landschaften zwischen Weissem Nil und Djur nicht unwichtige Itinerar des Syriers Ibrahim Bas von Meloël über Adael nach Jau wurde uns durch Herrn v. Heuglin zugeschickt und im Ergänzungsheft 15 der ,,Geogr. Mittheilungen" (die Tinne'sche Expedition im westlichen Nilquellgebiet), S. 45, gedruckt, auch auf der zugehörigen Karte eingetragen. Das Itinerar stimmt in seinem östlichen, kontrolirbaren Theile sehr gut mit anderen Angaben, und sollte Ibrahim Bas, wie Petherick anzunehmen scheint, wirklich nicht selbst an den Djur gekommen sein, so hat er wenigstens ausführliche Erkundigungen über den Weg dahin eingezogen. Vorläufig halten wir aber an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen fest. A. P.

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Bleiben für den Ayi 1121 Kubik-F. in der Sekunde. „Vor dem Beginn der Regenzeit, im April, ist der Bibio in manchem Jahr ganz trocken und gewöhnlich fast ganz, wogegen der Ayi stets einen starken Wasserstrom führt und das ganze Jahr Nilpferde und riesige Krokodile beherbergt. Im Vergleich zum Ayi ist daher der Bibio nur ein Bach, der erstere muss einen viel längeren Lauf haben und ein weit umfangreicheres Gebiet entwässern.

,,Die Karte befand sich zwar zwei Jahre lang in Herrn Arrowsmith's Händen, ihre Beendigung wurde aber, weil sie endlich für die Publikation im Journal dringend gefordert wurde, so beeilt, dass einige weitere interessante Daten, die ich anbot, keine Aufnahme mehr finden konnten.

,,Zum Schluss noch eine Bemerkung. Die in unseren Karten von Central - Afrika angenommene Benennung von See'n und Flüssen weicht so sehr von derjenigen ab, die sie im Lande selbst tragen, dass die Karten ihre Aufgabe, eine treue Darstellung des Landes und ein praktischer Führer für Reisende zu sein, nicht erfüllen. Bahr - il - Abiad oder Weisser Fluss, Bahr-il-Gazal, Giraffe und Sobat sind Arabische und fremde Namen, folglich den Eingebornen an den Ufern dieser Flüsse jenseit des Ägyptischen Gebiets unbekannt. Die Dinka z. B. nennen den Weissen Fluss,,Kyr", den Bahr-il-Gazal,,Gael", den Giraffe „Piou", den Sobat ,,Kyati" und kennen sie nur unter diesen Namen. Die südlicheren Bari nennen den Kyr „Kere". Bahr-il-Abiad wird der Strom also nur von der Arabischen Bevölkerung seiner Ufer auf der letzten, 3 Breitengrade messenden Strecke vor seiner Vereinigung mit dem Blauen Nil genannt." 1)

Livingstone's neue Reise in Ost-Afrika, 1866. Bereits am 3. Januar d. J. reiste Dr. Livingstone von Bombay nach Zanzibar ab, um seine Forschungen in OstAfrika fortzusetzen, um diess Mal namentlich die Lücken in unserer Kenntniss von der Region der grossen See'n ausfüllen zu helfen und vom Nyassa im Süden bis zum Ukerewe im Norden die wichtigsten geographischen Zweifel und Räthsel zu lösen. Bis jetzt hat man aber noch wenig von seiner Expedition vernommen, die Vorbereitungen mögen ihn wohl lange an der Küste zurückgehalten haben. September kamen Nachrichten nach England, wonach er den Rovuma - Fluss abermals hinaufgegangen ist und 130 Engl. Meilen von dessen Mündung einen freundlich gesinnten Häuptling angetroffen hat, dessen Wohnort er zum Ausgangspunkt seiner Reise nach dem Nordende des Nyassa und dem Südende des Tanganyika zu machen beabsichtigte.

Im

1) Die verschiedenen Namen der Nilarme bei den Eingebornen sind auf der 10-Blatt-Karte von Inner - Afrika im 2. Ergänzungsband der ,,Geogr. Mitth." grösstentheils angegeben, siehe darüber auch Miani in ,,Geogr. Mitth." 1864, S. 195. A. P.

Lepsius und das Dekret von Kanopus.

Seit der Vollendung meiner Mittheilungen über „die Wichtigkeit der neuesten Entdeckungen Deutscher Gelehrter auf Ägyptischem Boden" (,,Geogr. Mitth." 1866, Heft VIII, SS. 294 ff.) hat Herr Professor Lepsius der Berliner Akademie über seine Reise Bericht erstattet (17. Mai 1866) und ist dann genöthigt worden, sein Finderrecht auf die Tafel von Kanopus gegen die Herren Rösler und Reinisch aus Wien geltend zu machen. Aus Herrn Lepsius' schlichter Darlegung der ganzen Sachlage (Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Alterthumskunde, Juni und Juli) geht mit Evidenz hervor, dass er in der That den Ruhm, den hochwichtigen Stein für die Wissenschaft gewonnen zu haben, für sich in Anspruch nehmen darf. Herr Dr. Reinisch, ein durch tüchtige Arbeiten bekannter Ägyptolog, jetzt Direktor der Museen des Kaisers von Mexiko, wird seine vor dem köstlichen Funde in der ersten Wallung verfassten Mittheilungen an die Wiener Akademie zu modificiren und seinem Fachgenossen das ungeschmälert zu lassen wissen, was ihm G. Ebers. allein gebührt ').

Forschungs-Reisen in Nord-Australien.

Im Jahre 1865 hat ein Mr. Litchfield von Palmerston an der Adam-Bai aus eine Forschungsreise gegen Süden, westlich vom Adelaide-Fluss, ausgeführt. Er fand am Finniss-Fluss in 12° 55′ S. Br. und 130° 46′ Östl. L. Spuren von Gold und entdeckte einen 50 Yards breiten Fluss, der in die Anson-Bai fällt.

McKinlay, der an Stelle des Colonel Finniss als Resident Commissioner nach der Nordküste geschickt worden ist, hat dort grössere Explorationen unternommen, zunächst von der Adam-Bai zum Roper, wo er von dem Schiff „Beatrice" Provisionen in Empfang nimmt, dann von dort querüber nach dem Victoria-Fluss, wo er weitere Vorräthe finden wird. Diese Reisen werden ihn bis November 1866 beschäftigen und bis dahin bleibt die Entscheidung über die Lokation der Ansiedelung ausgesetzt, jedenfalls scheint man aber Palmerston aufgeben zu wollen.

Die Schwedische Kolonie St.-Barthelemy.

Über Grösse und Bevölkerung der einzigen Schwedischen Kolonie, der kleinen West-Indischen Insel St.-Barthelemy, findet man in den Handbüchern äusserst differirende Angaben. Sie soll z. B. nach Johnston's Dictionary of Geography 35 Engl. oder 1,6 D. QMeilen und 10.000 Bewohner haben, nach Stark's Bearbeitung des Ritter'schen Geogr. Lexikons 2 D. QMln. und 10.000 Bewohner, nach Meyer's Konversations-Lexikon 3 D. QMln. und 16.000 Bewohner, nach Hoffmann's Encyklopädie der Erd-, Völker- und Staatenkunde sogar 45 D. QMeilen und 16.000 Bewohner; beide

1) Auf Seite 298 des Ebers'schen Aufsatzes (Spalte 1, Zeile 3 von oben) muss es "Abar statt awar heissen. Zugleich bemerken wir hierbei, dass sich im ,,Globus" ausser dem Aufsatz des Prof. Dr. Kaiser über die Hieroglyphen-Entzifferung auch eine Abhandlung von Dr. Ebers über denselben Gegenstand findet (Bd. IX, Nr. 7 und 8), die sehr klar und allgemein verständlich gehalten, auch durch Abbildungen erläutert ist. A. P.

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