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Magen wohlthun wird. Einen Vorbegriff von der Ausdehnbarkeit des Handels mit frischem Fisch kann hiernach wohl die Entwickelung der Herings-Einfuhr in Deutschland geben. Sie betrug im Jahre 1858 320.444 Tonnen, im Jahre 1864 565.495 Tonnen, ist also in den fraglichen sechs Jahren und zwar von Jahr zu Jahr stetig anwachsend um reichlich 75 Prozent gestiegen. Rascher noch als den Heringsverbrauch hat man auch in Deutschland den Verbrauch frischen Seefisches zunehmen sehen, wo sich ihm beschränkt, wie er bei der bisherigen Geringfügigkeit des Fanges bleiben musste gelegentlich ein neues Thor nach dem Inlande hin aufthat. So namentlich nach der Eröffnung der beiden Eisenbahnen, welche Emden und Bremerhaven mit dem Inneren verbinden. Der Schellfisch - Handel von Norderney, der in guten Jahren wohl zwei Millionen Stück liefert, ist seitdem eigentlich erst zur Blüthe gediehen. In Norwegen aber, wo das Eis so zu sagen wild wächst, hat man seit 1860 begonnen, ausser gesalzenen Heringen und getrockneten Dorschen (Stockfisch) auch frische Lachse und Makrelen nach England zu schicken, und dieser Handel trug 1863 schon 250.000 Thaler ein. Der Weg von Norwegen nach London ist nicht kürzer als nach Bremerhaven; lässt uns also der Nord-Deutsche Winter auch ein Mal mit Eis im Stiche, so wird es sich für den Deutschen Markt immer noch verlohnen, das Erhaltungsmittel aus jenen arktischen Regionen zu beziehen und hier der Waare mitzutheilen.

Der Betrieb unserer Küsten- und Inselbewohner, unzulänglich, wie er nach allen Seiten hin ist, lässt eben deswegen desto günstigere Schlüsse ziehen auf die Rentabilität eines mit hinlänglichem Kapital ausgerüsteten und mit praktischer Intelligenz geleiteten Unternehmens. Nehmen wir Beispiels halber den Schellfisch-Fang der Insel Norderney, der mit 50 bis 60 Schaluppen und 150 bis 200 Mann betrieben wird. Er ergab im Jahre 1864, wo man der ungünstigen Witterung wegen nur 44 Mal im Frühjahr und 24 Mal im Herbste aussegeln konnte, 1.713.600 Stück, welche für 31.316 Thaler verkauft wurden. Auf jede Schaluppe also, die mit voller Ausrüstung höchstens 900 bis 1000 Thaler kostet, kam ein Ertrag von 559 Thaler; auf jede der überhaupt an dem Gewerbe betheiligten 440 Personen, darunter fast die Hälfte Frauen und Kinder, 71 bis 72 Thaler, auf die Durchschnitts-Familie von vier Köpfen gegen 300 Thaler. Und von diesem Ergebniss erklärten die Fischer, dass es zu den ungünstigen gehöre. Was hätten sie erst ans Land holen können, wenn sie Schiffe gehabt hätten, welche einen stärkeren Seegang nicht zu scheuen brauchen! Erkundigt man sich nach den Erträgen der Huller smacks, welche zwischen Sylt und Borkum dem Fischfang obliegen, so erhält man für die Vermuthungen, welche man

aus dem immerhin schon lohnenden Ertrag der unzulänglichen Deutschen Seefischerei schöpft, die vollste Bestätigung. Der Preis einer smack wird auf 6000 bis 6600 Thaler angegeben; der Werth ihres Fanges erreicht in guten Jahren. nahezu dieselbe Summe. Der Kapitän oder Steuermann und die zwei Vollmatrosen, welche ausser zwei Schiffsjungen ihre Bemannung ausmachen, erhalten keinen Lohn, sondern nur Antheil an der Beute: der Erstgenannte 13, Jeder der beiden Anderen 1 von den acht Parten, in welche der Ertrag zerfällt. Bei diesem Verfahren ist es nicht selten, dass ein Matrose sich auf 100 Pfd. St. im Jahre steht. Den Kapitän setzen die Ersparnisse weniger Fahrten häufig in den Stand, dem Rheder oder Schiffsbauer das Schiff abzukaufen und dann auf eigene Rechnung eine so gewinnreiche Fahrt fortzusetzen.

Diess also wäre die nächste Aufgabe: den Weg zu betreten, auf dem die Engländer in unseren eigenen Gewässern solche Erfolge davon getragen. Wir haben vor ihnen die ungleich grössere Nähe unserer Häfen im Vergleich zu Hull, Yarmouth oder London voraus. Aussegeln, abliefern, Eis und Lebensmittel holen kostet uns höchstens ein Drittel der Zeit, welche sie brauchen. Wir finden ausserdem den Markt im Inneren Deutschlands noch so gut wie unbesetzt. Wir haben dafür freilich auch die Empfänglichkeit für die Gaben des Meeres grossentheils noch erst zu schaffen, welche in England so unersättlich scheint. Wir müssen ferner eine wahrhaft tüchtige Bemannung der Fischer - Flotte erst zusammensuchen oder heranbilden. Aber das sind auch die einzigen ernsten Schwierigkeiten und sie werden nicht unüberwindlich sein.

Ob die Gesellschaft, wenn sie diese erste Aufgabe als gelöst ansehen darf und zu hinlänglichen Kräften gekommen ist, über das nächste Feld ihrer Thätigkeit hinausschreiten, Theil an dem Heringsfang der Schottischen und Norwegischen Küste oder an dem noch weiter nördlich sich erstreckenden Stockfischfang nehmen, wohl gar Dampfschiffe auf den Robbenschlag oder die Walfischjagd der Südsee aussenden wird, lassen wir vorläufig dahin gestellt. Dagegen soll die Anlegung künstlicher Austernbänke, falls die Nordsee westlich von den Schleswig'schen Inseln dafür überhaupt Grund und Wasser hat, sofort ins Auge gefasst werden. Im Übrigen werden die Netze auch in den südlichsten Strichen der Nordsee sicher Manches aufnehmen, was nicht füglich als frischer Fisch zu unmittelbarem Verbrauch in den Handel gebracht werden kann. Dieser Theil der Beute wird dann entweder zu räuchern sein welche Verarbeitungsart bei der Bevölkerung unserer Küsten und Inseln immer mehr Anklang findet oder zu salzen, um unter Anderem Kauffahrteischiffe auf langer Fahrt versorgen zu helfen, vielleicht auch in die Form von Fischmehl, das neuerdings

von Norwegen aus gut empfohlen in den Handel kommt, oder endlich von Fisch-Guano zu bringen sein, der sich für den Weinbau besonders eignen soll und den man in Holland auch für den Gemüsebau in schwerem Boden zur Anwendung bringt.

Ihren geschäftlichen Mittelpunkt wird die Gesellschaft in Bremen finden, von wo sich die nöthigen Verbindungen nach allen Seiten hin am leichtesten werden anknüpfen lassen. Bremerhaven - Geestemünde wird sie zunächst als den Hafen für ihre Flotte zu betrachten haben, dort also ihre Vorräthe von Eis und anderen Schiffsbedürfnissen lagern, so wie die erforderlichen Werkstätten für die Verarbeitung der Rückstände entstehen lassen; aber die Ausdehnung des Betriebes auf die Elb- und Ems- Häfen ist damit nicht ausgeschlossen, vielmehr hegt man den entschiedenen Wunsch, die Kräfte und Gelegenheiten der Ost-Friesischen Inseln so wie der ganzen Deutschen Nordseeküste zu gemeinsamer Thätigkeit heranzuziehen. Für die grösseren Schiffe, mit denen die Gesellschaft hauptsächlich ihre Zwecke zu erreichen suchen muss, sind Norderney und Wangeroog allerdings leider so gut als unzugänglich. Vielleicht aber findet sie es ihrem Interesse nicht zuwider, die bisher gebräuchlichen kleinen Fahrzeuge aushülfsweise gleichfalls zu benutzen und dann schon dadurch mit den Inselbewohnern in nähere Beziehung zu treten.

Das Kapital der Gesellschaft, welche den Namen „,Erste Deutsche Nordsee-Fischerei-Gesellschaft" führen soll, ist auf 250.000 Thaler Crt. festgesetzt. Die Aktie ist auf den Betrag von 50 Thaler gestellt, um die 'Betheiligung in den weitesten Kreisen des Küsten- wie des Binnenlandes möglich und den Seeleuten, welche die Schiffe der Gesellschaft bemannen werden, vermöge ihres Antheils am Fange die Erwerbung eines Antheils an dem Gesammteigenthum der Gesellschaft leicht zu machen.

Möge uns denn die Unterstützung, deren wir bedürfen, nicht fehlen! Wir sind überzeugt, zu einem eben so gemeinnützigen als Gewinn versprechenden Unternehmen einzuladen, das bis tief in Deutschland hinein die Menge und Auswahl gesunder Nahrungsmittel vermehren, den Küsten- und Inselbewohnern eine neue Erwerbsquelle aufthun und für die Handels- wie für die Kriegsmarine eine Schule ausdauernder Seemannschaft begründen wird, wie sie fast alle anderen See-fahrenden Nationen längst besitzen, zum Theil sich sogar von Jahr zu Jahr die grössten finanziellen und volkswirthschaftlichen Opfer kosten lassen.

Bremen, im September 1866. Das Gründungs - Comité: George Albrecht, Firma: Joh. Lange Sohns Wwe. & Co. Dr. V. Böhmert, Syndikus der Handelskammer. Johannes Fritze, Firma: W. A. Fritze & Co. Ludwig Geerken, Kapitän. Wilhelm Gutkese, Kapitän. Fr. Klevenhusen, Amtsfischer.

A. Lammers, Redacteur des Bremer Handelsblatts. H. H. Meier, Firma: H. H. Meier & Co. A. G. Mosle, Firma: Stockmeyer, Mosle & Co. C. H. Noltenius, Firma: B. Groverman & Co. Franz Tecklenborg jun., Schiffsbaumeister. Werner, Korvetten-Kapitän.

Statut der Ersten Deutschen Nordsee - Fischerei

Gesellschaft.

I. Zweck, Name, Sitz der Gesellschaft. — §. 1. Unter dem Namen ,,Erste Deutsche Nordsee-Fischerei-Gesellschaft" tritt eine Aktien-Gesellschaft zusammen, um den Fischfang und die daran sich knüpfenden Geschäfte im Grossen zu betreiben. Die Gesellschaft erwirbt die

Rechte einer juristischen Person und hat ihren Sitz in Bremen. II. Aktien-Kapital und Aktien. §. 2. Das Aktien-Kapital ist auf 250.000 Thaler Courant in Aktien zu je 50 Thaler Courant festgesetzt. Sobald jedoch 125.000 Thaler Courant gezeichnet sind, kann die Konstituirung der Gesellschaft erfolgen.

§. 3. Auf jede Aktie werden 20 Thaler Courant sofort bei der Zeichnung den näheren Bestimmungen des Gründungs-Comité's gemäss eingezahlt, der Rest in solchen Raten und Terminen, wie sie der zu erwählende Vorstand (§§. 13.-17.) vorschreibt.

§. 4. Wer eine ausgeschriebene Einzahlung innerhalb sechs Wochen nach dem Ablauf des festgesetzten Termins nicht leistet, verwirkt damit alle seine Ansprüche an die Gesellschaft. Die schon eingezahlten Beträge verfallen der Gesellschaft und die darüber ausgefertigten Interimsscheine verlieren ihre Gültigkeit. Statt der damit erloschenen Aktien kann der Vorstand neue ausstellen und für Rechnung der Gesellschaft verwerthen. Solche verwirkte Einzahlungen verfallen dem Reservefonds.

§. 5. Die Aktien werden nach Belieben der Aktionäre auf ihren Namen oder auf den Inhaber ausgestellt. Die Umwandlung einer Aktie der einen Gattung in eine solche der anderen kann auf Ansuchen des Berechtigten durch den Vorstand jeder Zeit geschehen.

Die auf den Namen lautenden Aktien können durch Indossament übertragen werden. Der Vorstand ist befugt, aber nicht verpflichtet, die Echtheit eines Indossaments zu prüfen.

III. Versammlung der Aktionäre. §. 6. Die Versammlung der Aktionäre tritt regelmässig im ersten Vierteljahr jedes Kalenderjahres zusammen, um den Bericht des Vorstandes über die Ergebnisse des abgelaufenen Geschäftsjahres, so wie den Bericht der Revisoren über die Rechnung desselben entgegen zu nehmen, die erforderlichen Wahlen in den Vorstand so wie zum Behuf der Rechnungs-Revision vorzunehmen und über gestellte Anträge zu berathen und zu beschliessen.

§. 7. Eine ausserordentliche Versammlung der Aktionäre findet Statt, so oft entweder der Vorstand sie beschliesst oder mindestens fünf Aktionäre, welche den Besitz von zusammen tausend auf ihre Namen in das Aktien-Verzeichniss der Gesellschaft eingetragenen Aktien nachweisen, mit Angabe des Zweckes eine solche schriftlich beantragen.

§. 8. In der Versammlung kann sich jeder stimmberechtigte Aktionär durch einen anderen stimmberechtigten Aktionär vertreten lassen, jedoch bedarf es dazu schriftlicher Vollmachtertheilung.

§. 9. Nur solche Namen-Aktien gewähren das Recht, an der Versammlung der Aktionäre Theil zu nehmen, und Stimmrecht in derselben, deren Inhaber spätestens am Tage vor der Versammlung in das AktienVerzeichniss der Gesellschaft eingetragen worden sind. Für je fünf solcher Aktien, welche ein Anwesender besitzt oder in Vollmacht der Berechtigten vertritt, hat er Eine Stimme, jedoch kann Niemand mehr als 25 Stimmen für eigene und 25 Stimmen für fremde Aktien führen. Bis zur Ausgabe der Aktien vertreten die Interimsscheine die Stelle der Aktien.

§. 10. Beschlüsse und Wahlen geschehen nach absoluter Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzer.

Eine Änderung des Statuts, die Aufnahme einer Anleihe, die Vermehrung des Aktien-Kapitals, eine ausserordentliche Verfügung über den Reservefonds oder Vermehrung desselben (§. 25.) kann nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln, die Auflösung der Gesellschaft nur mit einer solchen von drei Vierteln der Stimmen beschlossen werden.

§. 11. Anträge von Aktionären sind nur dann zur Berathung zuzulassen, wenn sie spätestens drei Tage vor der Versammlung schriftlich dem Vorstande eingereicht sind.

§. 12. Die Versammlung der Aktionäre wird vermittelst ordnungsmässiger Bekanntmachung (§. 27.) unter Angabe der Berathungs-Gegen

stände durch den Vorstand berufen, welchem auch die Leitung der Verhandlungen so wie die Protokollführung zusteht. Die Berufung muss zwei Mal und zuerst mindestens acht Tage vor der Versammlung erfolgen.

IV. Der Vorstand. — §. 13. Der Vorstand beaufsichtigt und leitet im Allgemeinen die Thätigkeit der Gesellschaft und fasst in allen denjenigen Angelegenheiten bindende Beschlüsse, welche nicht in §§. 6. und 10. als der Versammlung der Aktionäre zustehend bezeichnet sind. Namentlich bestimmt er die Höhe der Dividenden und die vorzunehmenden Abschreibungen.

§. 14. Er vertritt die Gesellschaft nach aussen und zeichnet für dieselbe. Die vom Vorstande ausgehenden Urkunden werden vom Vorsitzer oder dessen Stellvertreter unterzeichnet.

Er bestimmt, in welchen Fällen und in welcher Form auch der Geschäftsführer (§. 18.) für die Gesellschaft zu zeichnen befugt ist.

§. 15. Der Vorstand bestimmt, wo Contore und Agenturen der Gesellschaft errichtet werden sollen. Er ernennt und entlässt den Geschäftsführer so wie sämmtliche Beamte und Agenten der Gesellschaft, einschliesslich der Kapitäne ihrer Fahrzeuge.

§. 16. Der Vorstand besteht aus sieben von der Generalversammlung erwählten Aktionären, von denen mindestens vier in Bremen wohnhaft sein müssen.

Jedes Mitglied des Vorstandes hat innerhalb 14 Tage nach seiner Wahl zehn auf seinen Namen eingetragene Aktien bei der Gesellschaft zu deponiren, widrigenfalls es als auf die Wahl verzichtend gilt und zu einer anderen Wahl geschritten wird.

Alljährlich scheidet ein Mitglied aus (zuerst Ende 1867) und wird durch Neuwahl ersetzt. Bis die Reihefolge nach der Amtsdauer feststeht, entscheidet das Loos. Der Austretende ist sofort wieder wählbar.

Lücken im Vorstande, welche auf andere Weise entstehen (z. B. im Falle des Absatzes 2), werden bis zur nächsten Versammlung der Aktionäre durch den Vorstand ergänzt.

§. 17. Der Vorstand ernennt aus seiner Mitte einen Vorsitzer und einen Stellvertreter desselben.

Der Vorstand fasst regelmässig seine Beschlüsse in voller Sitzung, welcher dann mindestens drei Mitglieder beiwohnen müssen. Er kann jedoch die Leitung einzelner Geschäftszweige selbstverständlich unter seiner Verantwortlichkeit auch an einzelne seiner Mitglieder übertragen.

In Behinderungsfällen kann ein Mitglied sich mit Genehmigung des Vorstandes durch einen anderen Aktionär vertreten lassen.

Im Übrigen bestimmt der Vorstand seine Geschäftsordnung so wie auch die Vertheilung der Tantième (§. 19.) unter seine Mitglieder selbst. V. Der Geschäftsführer. §. 18. Der Geschäftsführer leitet den Betrieb der Gesellschaft und vertritt dieselbe Dritten gegenüber, insbesondere auch in Rechtsstreitigkeiten, nach Maassgabe des darüber vom Vorstande zu erlassenden Reglements.

Für den Fall seiner Verhinderung wird der Vorstand für geeignete Vertretung Sorge tragen. VI. Gewinnvertheilung, Reservefonds, Bekanntmachungen, Auf

lösung, Gerichtsstand der Gesellschaft. §. 19. Die Bücher der Gesellschaft werden mit dem 31. Dezember jeden Jahres abgeschlossen und die Bilanz gezogen, welche die Revisoren zu prüfen haben, bevor sie zugeschrieben wird. Der Reingewinn wird in der Art vertheilt, dass zunächst die Aktionäre bis zu 5 Prozent Zinsen erhalten, dann die Mitglieder des Vorstandes 10 Prozent des Überschusses als Tantième, darauf der Reservefonds den alsdann verbleibenden Rest bis zum Belauf von 5 Prozent des Aktien-Kapitals und endlich der Rest zur Dividende geschlagen wird, vorbehältlich der Abrundung derselben durch Übertragung auf das nächste Rechnungsjahr.

§. 20. Die Dividende wird alljährlich innerhalb 14 Tage nach der ordentlichen Versammlung der Aktionäre gezahlt.

§. 21. Die Dividenden-Scheine erlöschen, wenn ihr Betrag nicht binnen vier Jahren, vom Tage der Fälligkeit an gerechnet, erhoben wird. Nach Ablauf dieser Frist verfallen solche Dividenden dem Reservefonds. §. 22. Der Reservefonds ist bestimmt, zum Ersatz des abgängig gewordenen Inventars zu dienen und zur Deckung den Gewinn übersteigender Verluste verwendet zu werden; es ist nicht gestattet, daraus Zins- oder Dividenden-Zahlungen zu leisten.

§. 23. Wenn der Reservefonds zur Deckung von Verlusten in Anspruch genommen wird, so fällt jede Dividende über 5 Prozent des Aktien-Kapitals hinaus so lange weg, bis der Reservefonds wieder zu derjenigen Höhe angewachsen ist, welche er bereits erreicht hatte.

§. 24. Hat der Reservefonds die Höhe des Aktien-Kapitals erreicht, so wird derselbe nicht weiter dotirt.

§. 25. Die Versammlung der Aktionäre ist befugt, über den Reservefonds allein oder in Verbindung mit anderen Mitteln zu einer weiteren Ausführung der Zwecke der Gesellschaft zu verfügen; eben so bleibt derselben die Bestimmung überlassen, diesen Fonds, nachdem er die Höhe des Aktien-Kapitals erreicht hat, aus dem Reingewinn noch weiter zu dotiren.

§. 26. Die Zinsen des Reservefonds werden als laufende Einnahme gebucht und verwendet.

§. 27. Alle Bekanntmachungen des Vorstandes, bezüglich des Gründungs-Comité's gelten, sowohl den Aktionären wie dem Publikum im Allgemeinen gegenüber, als mit rechtlicher Wirkung geschehen durch ihre mindestens einmalige Einrückung in ein in Bremen erscheinendes öffentliches Blatt. Zur Nachricht müssen dieselben jedoch ausserdem möglichst zeitig in mindestens zwei anderen Deutschen Zeitungen veröffentlicht werden. Die Namen der regelmässig benutzten Blätter werden öffentlich bekannt gemacht.

§. 28. Die Auflösung der Gesellschaft findet Statt, wenn drei Viertel der Stimmen in einer zu diesem Zwecke berufenen ausserordentlichen Versammlung der Aktionäre sie beschliessen.

§. 29. Das Gesellschafts-Vermögen darf nicht weiter und nicht eher vertheilt werden, als die laufenden Verbindlichkeiten abgewickelt sind.

§. 30. Alle Streitigkeiten in Angelegenheiten der Gesellschaft, welche zwischen den Aktionären unter einander oder zwischen Aktionären und dem Vorstand der Gesellschaft entstehen, sollen in erster Instanz vor das hiesige Handels-Gericht gebracht werden.

Dampfer-Linien von den Ost-Friesischen Häfen.

Seit langen Jahren hatte sich für die Preussischen Provinzen Westphalen und Rheinland so wie für Mittel- und Süd-Deutschland das Bedürfniss einer direkteren Verbindung mit der Nordsee, als sie über Hamburg und Bremen einerseits und Holland 1) andererseits Statt findet, fühlbar gemacht. Je mehr namentlich im Laufe des letzten Jahrzehnts die Gewerbe- und Handelsthätigkeit dieser betriebsamen und volkreichen Gegenden sich entwickelte und emporhob, um so dringender und unabweisbarer trat diess Bedürfniss hervor.

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Alle Bemühungen aber, demselben Genüge zu leisten, blieben erfolglos: sie scheiterten an dem politischen Organismus Deutschlands. Denn derjenige Theil der Nordsee, welcher der natürlichste, der schnellste und billigste Verbindungsweg der genannten Hinterlande mit dem Weltmeer 1) ist, die Ems-Mündung, war im Besitze Hannover's und hierdurch den letzteren so gut wie verschlossen. Nachdem jedoch

1) Zur Orientirung s. Stülpnagel, Bär und Petermann, Karte von Europa und dem Mittelländischen Meere in 4 Bl.; Berghaus, Chart of the World, 8 Bl.;

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Allgemeine Weltkarte zur Übersicht der Postschifffahrt &c. 1 Bl. A. P.

durch die grossen politischen Ereignisse der letztverflossenen Monate Hannover und somit die Küsten Ost - Frieslands in den Besitz Preussens gelangt sind, ist jenes Hinderniss beseitigt, ist die Nordsee, dieses Deutsche Meer, von dem Banne befreit, der in jener Beziehung auf ihm ruhte, und die freieste und sicherste Verbindung West- und Süd-Deutschlands mit dem Westtheile der Nordsee hergestellt. Hiermit aber sind für den Import und Export, in erster Linie dieses westlichen Theiles Deutschlands, in zweiter Linie seiner weiten Hinterländer, die Grundbedingungen eines neuen grossartigen Aufschwungs gegeben.

Im Hinblick auf diese hoffnungsreiche Thatsache hat sich das unterzeichnete, hauptsächlich aus Mitgliedern des Abgeordneten - Hauses bestehende Comité gebildet, zu dem Zwecke, regelmässige Dampfschifffahrts-Linien, deren Ausgangspunkt die Ems-Häfen bilden würden, ins Leben zu rufen.

Das Comité erlaubt sich, die nachstehenden kurzen Andeutungen hier auszusprechen und zu einer regen Betheiligung an diesem wahrhaft vaterländischen, alle Bürgschaften des Erfolges bietenden Unternehmen einzuladen.

Bremen und Hamburg vermitteln in grossartiger Weise den Trans-Atlantischen Verkehr, neben ihnen aber verdienen nunmehr die Ems-Häfen eine nicht geringere Würdigung, denn sie bilden für Westphalen, einen Theil der Rheinlande und Central - Deutschland die vortheilhafteste Verbindung mit der See.

Unter Friedrich dem Grossen erhob sich Emden zu einem Seeplatze zweiten Ranges; seine Schiffe besuchten Indien und alle Meere; auch die Herings-Fischerei trat nachhaltig ins Leben, trotz der kleinlichen Eifersucht der Holländer.

Die Französische Invasion, die Kontinentalsperre und die Kaperei vernichteten nach 1806 diese Blüthe. Im Frieden von 1815 kam Ost-Friesland an Hannover, allein dessen Regierung vernachlässigte die Ems-Häfen zu Gunsten von Geestemünde und Harburg ); trotz alle dem besitzen Emden, Leer und Papenburg gegenwärtig noch 600 Seeschiffe, welche Landesprodukte verfahren oder Fracht in. fremden Meeren suchen.

Die Verbindung mit dem Hinterlande wurde bis 1838 nur durch die unvollkommene Schifffahrt auf der Ems unterhalten; die zur Hebung der Hindernisse im Jahre 1815 zwischen Preussen und Hannover abgeschlossene Konvention ist nie erfüllt worden und auf Preussen ruht jetzt die Verpflichtung, das Versäumte nachzuholen. Ohnehin kann die Zeit nicht mehr fern sein, wo Rhein, Ruhr, Lippe, Ems, Weser und Elbe durch einen Gürtelkanal verbunden sein werden, um den Produktenverkehr des Binnenlandes zu

1) Siehe Times, zweiter Leitartikel vom 25. September 1866.

vermehren und ihn den Seeplätzen in immer grösseren Massen und in billigster Weise zuzuführen.

1858 wurde die Hannöver'sche Westbahn von der Preussischen Grenze bis Emden eröffnet, allein auch diese erfüllte die Hoffnung Ost-Frieslands nicht, denn die Holländischen Bahnen verringerten ihre Tarifsätze, während diejenigen der Ems - Bahn unermässigt blieben. Der grosse durchgehende Verkehr wurde durch die sich fremden Bahnverwaltungen in Hessen, Preussen, Hannover zu sehr erschwert; die Packetlinien fehlten in Leer und Emden. Das vorzüglichste Hinderniss ist nunmehr beseitigt, indem Preussen die Bahnlinie von Kassel bis zur Nordsee besitzt und jede Reform der Tarife und Fahrpläne in seiner Hand hat; davon aber hängt hauptsächlich das Aufblühen der Friesischen Häfen und des Seeverkehrs von Westphalen, Hessen und der Deutschen Hinterlande ab; selbst manche Produkte Podoliens, Ungarns und Böhmens werden diesen Weg nach England suchen und der Billigkeit wegen vorziehen. England ist vorzugsweise bei dem Import von Vieh und Weizen. interessirt. So erschien, um nur Ein Beispiel anzuführen, am 24. September d. J. auf dem Markte von Islington in London allein folgendes fremdes Vieh: 4535 Stück Hornvieh, 10.488 Schafe, 1009 Schweine, und täglich steigt das Bedürfniss; je mehr aber der Viehkonsum Englands auf die Kontinentalzufuhren sich angewiesen sieht, um so dringender wird das Bedürfniss sein, dass der Transport auf die schnellste und billigste Weise geschehe, und diess kann nur über die Ems-Häfen sein.

Das Preussische Haus der Abgeordneten hat die Wichtigkeit anerkannt, diese Schienenwege in einer einheitlichen. und durchgreifenden Hand zu sehen, und deshalb dem Verkauf der Westphälischen Bahn seine Zustimmung versagt. Auch die Königl. Staatsregierung, durchdrungen von der hohen Bedeutsamkeit der Ems-Mündung für den überseeischen Handelsverkehr von Westphalen und Rheinland, hat in unzweideutiger Weise zu erkennen gegeben, dass ihre ganze Fürsorge diesen hier in Rede stehenden Interessen gewidmet sein werde. Zufuhren werden sich von allen Seiten finden, denn Kassel ist der Knotenpunkt von vier Eisenbahnen. Ausserdem schneidet die Bahn Paris - VenloHamburg die Friesische Linie bei Münster, die Bahn EssenMünster wird das so wichtige Steinkohlenrevier auf dem kürzesten Wege damit in Verbindung bringen; eben so kreuzen die Rhein-Weser- und die Bergisch - Märkischen Bahnen, auch die Rheinische kommt in Anschluss nebst jener aus Nord-Holland. Mit Recht darf man also sagen: Dieser Seeweg hat eine grosse Zukunft und ist völlig unabhängig vom Auslande.

Die künftige Frequenz ist demnach nicht in Zweifel zu ziehen; es gilt nur noch, zu untersuchen, ob das Fahrwasser

am

der Ems-Mündung für einen grösseren Seeverkehr geeignet erscheint. Auch diese Frage kann entschieden bejaht werden. Trans-Atlantische Dampfer würden ihre Station Knocke1) an der grossen Rhede nehmen, eben so OstIndien - Fahrer erster Klasse und Kriegsschiffe, denn hier sind bei Ebbe 28 bis 36 Fuss Wasser und genügender Raum zum Laviren vorhanden und zwei Ausgänge, die Ost- und Wester-Ems, führen zur See. Für den Verkehr mit England und der Ostsee genügen Dampfer bis 500 Tonnen und diese können sogar unmittelbar bis an die Magazine und Docks gelangen, wohin die Eisenbahn führt.

Die bereits vorhandenen vortrefflichen Hafenvorrichtungen und Entrepôts würden den sofortigen Beginn der Dampfer-Linien gestatten.

Das zunächst liegende Ziel würde eine regelmässige Verbindung mit London und Hull sein, demnächst Eröffnung der Fahrt nach der Ostsee, um die östlichen und westlichen Provinzen in lebhafteren gegenseitigen Verkehr zu bringen. Das Unternehmen, wenn mit Sachkenntniss, Sparsamkeit

1) Das weit nach Westen reichende scharfe Vorgebirge Ost-Frieslands, bei dem die Ems-Mündung südöstlich in das Dollart-Becken geht (s. Stieler's Hand-Atlas, neue Ausgabe, Nr. 21).

A. P.

und Konsequenz verfolgt, wird sowohl den Aktionären wie dem Publikum die entschiedensten Vortheile gewähren.

Die weitere Ausdehnung der Linien würde von dem fortschreitenden Erfolge, der nach dem Gesagten nicht zweifelhaft erscheint, abhängen; das Comité enthält sich einstweilen, die Höhe der Mittel zu bestimmen, da es wünscht, zunächst das Urtheil der Handelswelt, sowohl diesseits wie in England, zu vernehmen, um alsdann die Grundzüge des Unternehmens genauer festzustellen und die Gesellschaft definitiv zu konstituiren.

Berlin, den 28. September 1866. Das Comité für die Errichtung von Dampfer - Linien von den Ost-Friesischen Häfen: Berger, Abgeordneter (Solingen); Classen-Kappelmann, Abgeordneter; Dr. Hammacher, Abgeordneter; Harkort, Abgeordneter (Vorsitzender); v. Kleinsorgen, Abgeordneter; Kreutz, Abgeordneter; Metzmacher, Abgeordneter; Rohden, Abgeordneter; Dr. W. Siemens, Abgeordneter (Stellvertreter des Vorsitzenden); H. Weimann, Konsul, Leer; Carl Büttner, Vice-Konsul, Leer; Peter Ludwig Schmidt Kaufmann, Elberfeld; C. Schwebemeyer, Schriftsteller (Schriftführer), Berlin.

Das Projekt einer neuen Geographischen Gesellschaft zur Unterstützung, Ausrüstung und Aussendung von Entdeckungs- und Erforschungs-Unternehmungen.

In der ersten Hälfte dieses Jahres ') sprachen wir den Gedanken aus, dass es für die Förderung der geographischen Wissenschaft wünschenswerth erscheine, eine „,Allgemeine Geographische Gesellschaft zu gründen, zur Unterstützung, Ausrüstung und Aussendung wissenschaftlich-geographischer und naturgeschichtlicher Deutscher Entdeckungs- und Erfor schungs-Expeditionen”.

Der Ventilirung dieses Gedankens folgte eine Zeit grosser kriegerischer Ereignisse und politischer Umwälzungen, die alles Andere bei Seite schoben und auch der Entwickelung wissenschaftlicher Angelegenheiten hemmend in den Weg traten. Mit dem Abschluss dieser wichtigen Vorgänge beginnt eine neue Zeit für Deutschland, und hier muss es jedem patriotisch-gesinnten Deutschen zur höchsten Genugthuung gereichen, wahrzunehmen, wie auf die ungeheuren Opfer und Anstrengungen, die ein grosser, das ganze weite Deutschland in tiefste Mitleidenheit ziehender Krieg erheischte, nicht. geistige oder körperliche Ermattung und Schwäche folgte, sondern im Gegentheil eine Verjüngung, eine Wiedergeburt, ein neues kräftiges Aufleben.

1) Geogr. Mitth. 1866, Heft IV, SS. 159 ff. Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1866, Heft XI.

Die Eröffnung der Nordsee - Fischereien, die Förderung der Schifffahrt von unseren westlichsten, dem Weltverkehr am nächsten liegenden Deutschen Häfen an der Ems, zwei Unternehmungen, über welche im Vorhergehenden näher berichtet wurde, sind für die Vergrösserung von Deutschlands Macht und Wohlfahrt von der grössten Bedeutung und Wichtigkeit. Jahre lang haben diese und ähnliche Unternehmungen geschlummert und sind fromme Wünsche geblieben, und jetzt mit einem Male werden sie mit grosser Thatkraft erfasst und zur Ausführung gebracht. Es wird mehr und mehr erkannt, dass Deutschlands Machtsphäre und Wirkungskreis nicht an die Scholle daheim gebunden ist, sondern weiter reicht, und dass Deutsche besonders auch endlich einmal wieder auf der See die Stellung einnehmen müssen, die ihnen gebührt.

Ein neues Leben erwächst an unseren Deutschen Küsten und auf unseren Deutschen Meeren. Aber Industrie und Handel sind es nicht allein, denen man sich zuwendet, auch die Deutsche Wissenschaft ist nicht vergessen. Aus der folgenden Berichterstattung über die bisher gezeigte Theilnahme für das Projekt einer neuen Allgemeinen Geographischen Gesellschaft ist ersichtlich, dass dieselbe trotz der

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