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durch die Anstrengungen, die man in der Sahara erleidet, ihre Aufmerksamkeit dem Wege nicht in dem Maasse zuwenden konnten, wie sie es unter anderen Umständen gethan haben würden. Endlich sende ich Ihnen ein Kärtchen von Hénderi - Tege oder Kauar, meinem jetzigen Aufenthalt. Mein Tagebuch steht später zu Ihrer Disposition, obgleich es bis jetzt eben nichts Interessantes enthält. Was soll man auch Interessantes über die Wüste schreiben, wo Dünen mit Hammada und Hammada mit Dünen, wo der graue, verschleierte Himmel mit dem dunkelrothen Staubhimmel und dieser mit ersterem die einzige Abwechselung bieten? Ich begreife nicht, wie Herr Duveyrier von einem ewig reinen Himmel in der Sahara sprechen kann, mein seit zwei Jahren genau geführtes meteorologisches Tagebuch ergiebt kaum 10 ganz tief-blaue, reine Himmel, der verschleierten, schmutzigen, staubigen dagegen mehr als 500. Einige Höhenmessungen werden Sie auf dem Kärtchen von Kauar und meiner Wegroute finden. Im Ganzen besteht in der grossen Wüste eine überaus grosse Gleichförmigkeit in der Höhe des Terrains, die man durchschnittlich auf 1500 F. über dem Meere annehmen dürfte. Einen Djebel Pisa können Sie dreist von der Karte streichen, es muss diess ein Irrthum Vogel's gewesen sein oder eine absichtliche Namensfälschung seines Gewährsmannes.

Über Kauar füge ich hinzu, dass die Tebu-Bevölkerung nicht westlich über das Mogodom-Gebirge hinaus geht, und obgleich die Bewohner Bilma's und Dirki's unter der sogenannten Botmässigkeit Maina Abadji's, des gegenwärtigen Herrschers von Kauar, stehen, sie keineswegs Teda sind wie in den am Mogodom gelegenen Orten, sondern Kanuri. Ganz entschieden unrichtig wäre es aber, die Oasen Faschi und Djebado als den Tebu zugehörend angeben zu wollen1); beide sind, wie Tedjerri in Fesan, Kanurischer Abkunft, ja die Bewohner Garo's, Kalála's, Kisbi's (jetzt leer), Agram's,

1) Vergl. Ergänzungsband Il der ,,Geogr. Mitth." S. (47) und 3, Anmerkung 1. A. P.

Djebado's und Tedjerri's sagen, dass sie einem gemeinschaftlichen Stammvater aus Kanem entstammen, und sprechen auch noch heute Kanuri oder Bornuisch. Ich hatte mehrfach Gelegenheit, mit Leuten aus Agram oder Djebado hier zusammenzukommen, und alle sagten mir dasselbe. Wenn sie. das Teda eben so fertig sprechen wie das Kanuri, so bringen diess ihre häufigen Beziehungen zu Kauar und Tibesti mit, aber eben so geläufig sprechen sie auch Targisch. Und wenn früher vielleicht Fesan oder die südlichste Provinz Gatron vorwiegend Teda-Bevölkerung gehabt hat, so ist das heut zu Tage keineswegs mehr der Fall. Ganz Fesan von Norden bis Süden, von Osten bis Westen hat seine eigene Bevölkerung, die man recht gut als Fesaner bezeichnen kann: Mischlinge entstanden aus Arabern, Berbern, Teda, Kanuri und Sudan-Negern. Die Grenze der Tebu bis in Fesan hinein verlegen zu wollen, würde heut zu Tage übertrieben sein.

Itinerar von Bilma nach Faschi oder Agram.

1. Tag nach Kámeru, Dünen und kleine Felsen.

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Die Griechen und die Türken der Insel Candia. (Mit Karte, s. Tafel 16.)

Als G. Lejean seine ,,Carte ethnographique de la Turquie d'Europe" (Ergänzungsheft 4 zu den ,,Geogr. Mittheilungen") bearbeitete, stellte er auch die vorhandenen Angaben über die Vertheilung der Griechischen und Türkischen Bevölkerung auf der Insel Candia zusammen und zeichnete danach eine detaillirte ethnographische Karte dieser Insel. Nur eine kleine Reduktion davon konnte damals in einer Ecke der Hauptkarte Platz finden, die aufs Neue ausge

brochene Revolution der Griechen gegen ihre Türkischen Herren, die dadurch abermals angeregte Orientalische Frage haben aber die allgemeine Aufmerksamkeit gegenwärtig wieder auf Candia gerichtet und eine speziellere Belehrung über die ethnographischen Verhältnisse der Insel wünschenswerth gemacht. Wir zogen daher die Lejean'sche Manuskript-Karte wieder hervor und benutzen unsere, im vorigen Jahrgang der ,,Geogr. Mittheilungen" enthaltene Karte

von Candia, um die ethnographischen Details der ersteren der Öffentlichkeit zu übergeben.

Lejean's Hauptquelle waren Pashley's,,Travels in Crete" (Cambridge 1837). Dieses ausgezeichnete Werk hat einen ebenbürtigen Nebenbuhler erst in neuester Zeit an Spratt's ,,Travels and Researches in Crete" (London 1865) erhalten, einem Buche, das eben so für die alte Geographie der Insel wie für ihre Naturgeschichte nicht weniger epochemachend ist wie die unter Spratt's Leitung ausgeführten Aufnahmen für die Topographie derselben. Auf die Vertheilung der Griechen und Türken geht es nicht spezieller ein, doch finden sich zerstreut einzelne Notizen, die auch in dieser Hinsicht Pashley's Arbeiten ergänzen und somit von uns zur Verbesserung der Lejean'schen Karte benutzt werden konnten. So erwähnt Spratt, dass das südlich von Candia gelegene Dorf Phortetsa halb Türkisch und halb Griechisch sei, dass in der Inselveste Spinalonga am Nordende der gleichnamigen Halbinsel nur Türken, etwa 80 Familien, wohnen, dass das Dorf Petra an der Sitia-Bai, das nach ihm auf den Ruinen der alten Hauptstadt Etea steht, und eben so das Dörfchen Kataleone östlich von dem alten Praesus rein Türkisch, dagegen das unfern Kataleone gelegene Khadra ein christliches Dorf sei. Von den Einwohnern der Stadt Ierapetra an der Südküste sind nach ihm über die Hälfte Türken. In dem grossen Türkischen Bezirk im mittleren Theil der Insel nennt er als Griechische Enklaven die Orte Kalyvia und Sternes, dagegen fand er bei den Ruinen von Sybrita das Türkische Dorf Thronos und vom Distrikt Lampe oder Agios Vasiles bemerkt er, dass es dort auch einige ganz Türkische Orte gebe, von denen Atzipades der grösste sei; zum Theil Türkische Bevölkerung hätten Kissos, Speli, Lambine und Koxari. Diese Notizen bedingten allerdings nur einzelne kleine Berichtigungen, viel wichtiger ist, dass das Spratt'sche Buch die aus Pashley's Arbeiten entnommene ethnographische Darstellung im Ganzen vollständig bestätigt, dass also die Lejean'sche, ein wenig modificirte Karte auch jetzt noch volle Gültigkeit hat1).

1) Ohne Bedeutung, aber nicht ohne Interesse ist die Araber-Kolonie bei Khania. An der Ostseite dieser Stadt, auf der sandigen Küste neben der Festung, ist neuerdings ein grosses Arabisches Dorf von 2- bis 3000 Einwohnern entstanden, die meist von Ägypten und Cyrenaica herüber gekommen sind, seitdem Khania Hauptstadt geworden. Sie sind hauptsächlich Bootsleute, Träger und Diener. Lebensweise und Wohnungen haben sie genau so beibehalten wie in der Heimath, auch wurde der sterilste und sandigste Theil der Küste ausgewählt, offenbar weil er am meisten ihrer eigenen Afrikanischen Küste und benachbarten Wüste glich. Es ist eine vollkommene kleine Afrikanische Gemeinde in all' ihren Eigenthümlichkeiten, sogar ein Paar Beduinenzelte finden sich dabei, in denen Familien von reinster Beduinen-Race und Farbe wohnen. Dieses Dorf ist zwar nicht die einzige Niederlassung der Araber in Europa, wie Spratt meint, aber sie hat allerdings nur ein einziges Gegenstück, die auf Lejean's Karte angegebene Kolonie Dokusagatsch bei Basardschyk in der nordöstlichen Türkei; sie besteht aus Syrischen Arabern, die ein Pascha in neuester Zeit dorthin berief, weil ihm das Geschick dieses Volkes zum Ackerbau aufgefallen war. Man findet

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Dass Spratt über die numerischen Verhältnisse der Griechischen und Türkischen Bewohner Candia's genauere Nachforschungen angestellt hat und die Zahl der ersteren auf 140.000, die der letzteren auf 70.000 schätzt, wurde schon im Text zu unserer vorjährigen Karte (S. 384) erwähnt, wir finden aber bei Spratt auch Aufschlüsse über die früheren und gegenwärtigen socialen und politischen Beziehungen zwischen Griechen und Türken der Insel, Aufschlüsse, die für die Beurtheilung der jetzigen Vorgänge von Nutzen sind und deshalb hier Platz finden mögen.

Die Venetianische Herrschaft über Candia, die 465 Jahre gedauert hatte, endete mit der Eroberung der Hauptstadt durch die Türken unter Achmet am 18. September 1669. Die zweijährige Vertheidigung der Stadt durch Morosini gehört zu den glänzendsten Thaten, welche die Kriegsgeschichte aufzuweisen hat, sie ist nicht weniger grossartig als die von Sebastopol und zog wie diese zu ihrer Zeit Aller Augen auf sich. Die Türken stürmten 56 Mal und die Venetianer machten 86 Ausfälle, jene verloren an Todter und Verwundeten 120.000, die Venetianer 30.000 Mann. Noch in den letzten Monaten hatte Frankreich ein Hülfscorps auf fast hundert Schiffen geschickt und die Franzosen machten einen tapferen Ausfall auf die Verschanzungen der Türken, aber das Schicksal konnte damit nicht abgewendet werden, unter schmerzlicher Theilnahme des ganzen katholischen Europa fiel die Stadt und mit ihr die Insel in die Hände der Türken. Seitdem ist Candia unter Türkischer Herrschaft geblieben, trotz der energischen Versuche der Griechischen Bevölkerung, sie abzuwerfen. Aufgestachelt durch die Griechische Revolution im Jahre 1821 griffen auch die Patrioten von Candia zu den Waffen und kämpften mit abwechselndem Glück gegen die Soldaten des Sultan und des Ägyptischen Vicekönigs Mehemet Ali, bis die Schlacht von Navarino Griechenland befreite und 1828 Candia dem Vicekönig übergeben wurde für den Antheil, den er am Kampf gegen dasselbe genommen. Mehemet Ali setzte zum Gouverneur seinen fähigen Albanischen General Mustapha Pascha ein, der es bis 1841 regierte, wo nach dem Fall von Acre die Insel wieder von Mehemet Ali an den Sultan überging und fortan Khania der Sitz der Regierung wurde.

Die Mohammedaner machen ungefähr ein Drittheil der Bevölkerung von Candia aus. Viele stammen von christlichen Eltern ab, die aus Furcht oder Spekulation ihre Religion wechselten, aber nicht ihre Sprache. Daher ist das Griechische noch jetzt die allgemeine Sprache auf Candia. Unter diesen Umständen, besonders durch die gemeinschaftliche Sprache, ist der sociale Verkehr zwischen den Christen und Moham

noch hie und da die sogenannten Abadioten am südlichen Fuss des Ida als Araber bezeichnet, sie sind aber Türken.

medanern inniger als in irgend einem anderen Theil des Türkischen Reichs, sogar Heirathen zwischen beiden sind trotz der Verschiedenheit in Glauben, Vorurtheilen und Sitten nicht ungewöhnlich. Auch die Tracht ist bei beiden so ähnlich, dass Fremde selbst nach langem Aufenthalt oder Griechen von den benachbarten Inseln sie nicht unterscheiden können. Hohe Lederstiefel von brauner oder rother Farbe, oft reich gestickt und verbrämt, bilden den charakteristischen Theil an dem Anzug eines Bewohners von Candia, sie dienen zugleich als Schuh und Hose, Strümpfe gelten wenigstens bei den Landleuten als unnütze ArtikelEin gut gekleideter Candiote im Festtagscostüme, mit seinen eng anschliessenden, langen, scharlachrothen Stiefeln und der hübsch gestickten Jacke, ist eine malerische Gestalt, auch trifft man im Innern der Insel unter den Jungen und Wohlhabenden manchen Stutzer, aber in den Städten verdrängt die Europäische Tracht rasch die einheimische.

Die nahen Beziehungen zwischen Christen und Mohammedanern verwischten schnell die Antipathien, die als Resultat der früheren Bedrückung und des langen verheerenden Kriegs von 1821 bis 1828 zwischen ihnen existirt hatten, aber die revolutionäre Demonstration der Griechen im Jahre 1859 bewirkte einen jähen Bruch, Misstrauen und Hass traten an die Stelle des wachsenden Vertrauens und es war viel leichter, von diesem zu jenem überzugehen, als zu der gegenseitigen Freundschaft zurückzukehren. Der Schaden, welcher der ganzen Bevölkerung aus dieser revolutionären Bewegung erwuchs, war ein sehr grosser durch die Verluste im Handel und an Eigenthum, auch manches Leben ging verloren durch Krankheit, Schrecken oder Gewalt. Die Bewegung begann ohne einen gerechten Grund unter den Auspicien einiger fremder Agenten, die kein Interesse für die Türkische Regeneration hatten, hauptsächlich zu dem Zwecke, um einen erleuchteten einheimischen Gouverneur zu beseitigen.

Da das Griechische die gemeinsame Sprache aller Insulaner ist, wollte der damalige Gouverneur Vely Pascha, der Sohn Mustapha Pascha's, ein Mann von aufgeklärten und wohlwollenden Ansichten, unter anderen nützlichen Einrichtungen eine öffentliche Schule zur Belehrung der Türkischen und Griechischen Jugend gründen und das Gebäude war bereits fast bis zum Dache vollendet, als lokale Opposition unter falschem Vorwand jene Demonstration auf der ganzen Insel erregte. Ohne Zweifel lag ein missverstandenes und irre geleitetes patriotisches Gefühl zu Grunde, aber es stürzte das liberale und erleuchtete Projekt so wie die Regierung Vely Pascha's und erzeugte ein anhaltendes intolerantes Vorurtheil gegen alle Verbesserungen, die von einem Türkischen Gouverneur ausgehen mochten.

Dass, wie überall im Türkischen Reiche, so auch hier Missstände in der Regierung bestanden haben und noch bestehen, unterliegt keinem Zweifel, aber im Ganzen sind wenig Leute im Orient gegenwärtig freier und unabhängiger oder weniger besteuert und bedrückt als die Griechische Bevölkerung von Candia. Vorurtheil und Verblendung, durch Druck von aussen und durch Parteigeist im Innern verursacht, führten leicht zur Verkennung der wahren Interessen und brachten mehrere andere sociale und civilisatorische Verbesserungen, die Vely Pascha anstrebte, zum Stillstand, so die allgemeine Einführung des gemischten Unterrichts, den Bau guter Strassen und Sanitäts-Einrichtungen. Man verschloss die Augen vor der Erkenntniss, dass durch die Entwickelung der lokalen Hülfsquellen und der Intelligenz die patriotischen Hoffnungen und Interessen der Candioten gefördert worden wären.

Die Demonstration von 1859 gegen Vely Pascha störte plötzlich das früher vorhandene sociale Einvernehmen zwischen den Christen und Mohammedanern. Ein grosser Theil der Türkischen Bevölkerung floh eingeschüchtert von ihren Dörfern in die befestigten Städte, gerade als ihre Feldfrüchte reiften, sie verliess Felder und Heerden kurz vor Beginn der Ernte und Vely Pascha musste auch die Zurückgebliebenen nach den Städten berufen, um zu verhindern, dass der Aufstand in wirkliche Gewaltthätigkeiten und Blutvergiessen ausartete.

Zusammengepresst innerhalb der Festungen und befestigten Städte in der heissesten Jahreszeit, meist ohne hinreichende Nahrung und Subsistenzmittel für ihre Familien, verfielen die Türken den Seuchen und dem Mangel. Unter dem wachsenden Elend ihrer hungernden Weiber und Kinder, während ihre Ernte ohne ihre Schuld verdarb, wurden sie von Tag zu Tag gereizter und nur schwer konnte in Candia offene Gewaltthätigkeit verhindert und die Ordnung aufrecht erhalten werden. Alarm und Schrecken waren häufig genug. Mit den Türken flohen auch viele Griechen nach den Städten, denn viele, wenn nicht die meisten Griechischen Bewohner des flachen Landes nahmen wenig Interesse an dem Aufstand, wohl wissend, dass sie dabei durch Verlust an Handel und Eigenthum nur Schaden haben würden. Die Patrioten in den Bergen waren es, welche die Demonstration begannen und organisirten und die sich etwa 2 Monate lang im Besitz allen flachen Landes erhielten. Sie fütterten ihre Thiere und sich selbst während dieser Zeit mit den verlassenen Heerden und Ernten der Mohammedaner und später mit denen ihrer Landsleute in Dörfern der Ebene, wo sie sich einquartierten. In Folge davon wurde das gegenseitige Vertrauen zerstört und der Wohlstand der Insel ernstlich beschädigt.

Und so ist die Energie der Candioten schon oft unter

der Maske des Patriotismus von den Bergbewohnern und ihren Häuptlingen irre geleitet worden, welche weniger zu verlieren haben oder in ihren Bergvesten verhältnissmässig sicher vor Verlusten und Belästigung sind und die Bewohner des niederen Landes durch den Zauber ihres Namens und den Schrecken vor ihren gesetzlosen Thaten beeinflussen. Der Name Sfakiot ist daher bei den Bewohnern des niederen Landes im Gebrauch für verdorbenes Genie, gewissenlose Intrigue, Diebstahl und Grausamkeit. Rüstig und thätig stolzirt der Sfakiot von einem Ende der Insel zum anderen als reisender Kaufmann oder Hausirer oder als politischer Störenfried und wird gefürchtet, aber nicht geachtet. An Gestalt, Thätigkeit und Kühnheit ist er ein Seitenstück des Schottischen Hochländers und in früheren Zeiten mag er diesem auch in anderen Beziehungen geglichen haben, aber jetzt ist er, was Charakter und Grundsätze anlangt, das gerade Gegentheil.

Das Blut der Sfakier ist ohne Zweifel das reinste der ganzen Kretischen Race, seine Reinheit wurde bewahrt durch ihren Aufenthalt in den Bergen und ihren eifersüchtigen Stammverband, der ihre Sitten und Gebräuche streng aufrecht erhielt, so wie einen Dialekt, von dem einzelne Eigenthümlichkeiten wohl noch aus den Tagen des Minos herstammen mögen; auch verhinderte jener Stammverband wahrscheinlich eine innigere Vermischung mit den Römern, Sarazenen, Italienern oder Türken, die nach einander die Insel eroberten. Anders verhielt es sich mit den Bewohnern des niederen Landes, die sich durch Gesichtszüge, Figur, bisweilen auch durch ihre Namen als eine Mischlingsrace verrathen, besonders in dem östlichen Theil der Insel, wo die Venetianer zahlreiche Kolonisten und viel Italienisches Blut an Stelle der zu ihrer Zeit durch Seuchen und Krieg decimirten Eingebornen zurückgelassen haben.

Geographie und Statistik der Republik Bolivia.
Von Berg-Ingenieur Hugo Reck.

III. Politische Geographie.

2. Beschreibung der Departements und Provinzen 1). Vor der Erhebung zur Republik bestand Bolivia, die damalige Provinz Charcas, aus vier grossen Provinzen oder Intendencias, welche dem Vicekönig des Rio de la Plata untergeordnet waren. Dieses waren die Provinzen:

1. von Santa Cruz, welche aus allen Ortschaften seines Bischofthums, als aus Mojos, Chiquitos, El Cercado de Santa Cruz, Valle Grande, Mizque und der SpezialJurisdiktion der Hauptstadt Cochabamba zusammengesetzt war;

2. von La Paz, bestehend aus den Diöcesen des Bischofthums;

3. von Potosí, bestehend aus Tarija, Chichas, Lipez, Atacama, Porco und Chayanta;

4. die Provinz de la Plata, welche die übrigen Landestheile des Erzbischofthums 2) umfasste.

Namen der Departements.

Heute ist die Republik in Departements, Provinzen und Kantone eingetheilt. Die Departements haben je eine, auch zwei Hauptstädte, die Provinzen je eine Hauptstadt und die Kantone haben je eine Hauptortschaft als Hauptstadt und enthalten einige Lugares, Aldeas und Alquerías. Jedes Departement hat einen Gouverneur, welcher mit der RegieDie Kantone haben rung in direkter Verbindung steht. ihre Corrigidore (Bürgermeister) und Alcaldes (Bauermeister), welche den Gouverneuren direkt untergeordnet sind.

Folgende Tabelle giebt eine spezielle Übersicht über die Vertheilung der Ortschaften nebst Angabe der Zahl und Grösse der Departements, so wie der Grösse und Dichtigkeit der Bevölkerung eines jeden Departements und für jede Quadrat-Meile desselben.

Dichtigkeit der Bevölkerung per QMeile.

La Paz de Ayacucho

Cochabamba

Potosí

Chuquisaca.

Oruro

Santa Cruz de la Sierra

Tarija.

Veni

Atacama

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235-236

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279-280

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1) Die Abschnitte über die Geschichte, die physikalische Geographie und die Bevölkerung von Bolivia nebst Karte s.,,Geogr. Mitth." 1865, SS. 257, 281 und Tafel 10; 1866, S. 299. 2) Vgl. Ordenanza de Intendendes del Vireinato de Buenos-Ayres, publicado año de 1782, articulo 1.. Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1866, Heft X.

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Es ist sehr zu bedauern, dass sie den Namen „,Stadt des Friedens" nicht mit mehr Recht verdient, denn sie ist seit beinahe einem Jahrhundert der Brennpunkt fast aller Revolutionen. Selten vergeht ein halbes Jahr, wo nicht von hier aus das Signal zum Umsturz der bestehenden Regierung gegeben wird, weshalb denn auch so häufig blutige und greuliche Scenen Statt gefunden haben. Die abscheulichsten Blutbäder ereigneten sich am 23. Oktober und 23. November 1861, die wohl, eigenthümlich in ihrer Art, als grösste Schandflecke der Bolivianischen Geschichte dastehen.

La Paz ist auch eine Stadt von neu-historischem Interesse, indem es die erste Stadt Süd-Amerika's war, welche am 16. Juli 1809 für die Unabhängigkeit sich aussprach.

Viele Städte haben sich um diesen Ruhm gestritten, aber, wie wir gleich sehen werden, fällt diese Ehre obiger Stadt allein zu Theil. Den ersten Versuch dazu machte ohne Zweifel Tupac- Amarú, welcher jedoch dahin gerichtet. war, das Kaiserreich der Incas zu restauriren. Dieser Kampf war nur ein Racekrieg. 1797 bildeten sich in Bogota (NeuGranada) liberale Gesellschaften, welche unterdrückt wurden; 1804 wurde eine Revolution gegen die Spanische Herrschaft in Cuzco entdeckt und unterdrückt; 1806 erhob sich General Miranda von Carracas mit 500 Freiwilligen, griff Venezuela

1) Die Zwietracht in Eintracht,

Liebe und Frieden vereinigten sich

Und die Stadt (La Paz) des Friedens gründete man Zu konstantem Angedenken.

an, fand jedoch keine Mitwirkung und gab daher sein Unternehmen für die Unabhängigkeit wieder auf. Am 25. Mai 1809 erhob sich das Volk von Chuquisaca gegen die Spanischen Autoritäten, welche die Prätensionen der Charlotte von Bourbon unterstützen wollten, in dessen Folge die Hauptpersonen von letzteren verfolgt wurden und die Revolution misslang. Über alle diese Ereignisse spricht sich der General Súcre (der Sieger von Ayacucho 1), 9. Dezember 1824) in einem offiziellen Dokument dahin aus: „La Paz ist die erste Stadt der Unabhängigkeit und Chuquisaca die erste Stadt der Revolution.”

Das Departement liegt zu 3 auf der Nordnordostseite der Cordillera de Illimani, deren Abhänge sich bis in die Tiefebenen des Veni verlieren, und zu 2% auf deren Westseite, auf der Hochebene von Oruro. Das ganze Territorium wird durch viele Tief- und Hochthäler durchschnitten, welche die Gebirgswasser den Hauptflüssen Veni und Caca und dem Desaguadero zuführen. Seiner zerrissenen, tiefen und hohen Lage wegen giebt es hier alle Temperatur-Verhältnisse zwischen der Schneeregion und der tropischen Hitze, wie auch alle Bodenbeschaffenheiten und Vegetationsformen der kalten, gemässigten und heissen Zone. Diese Mannigfaltigkeit der Klima-, Boden- und WasserVerhältnisse ist wohl auch die Ursache, weshalb dieses kleinste Departement die grösste Bevölkerung hat. Die hohen Gebirgsregionen sind kalt, aber sehr gesund, während es in den tiefen Regionen heiss, schwül, feucht und ungesund ist.

1. Provinz Cercado mit der Hauptstadt La Paz grenzt im NO. an Yungas, im NW. an Larecaja, im W. an Omasuyos, im SW. an Ingavi und im S. und SO. an Sicasica, sie liegt zum grössten Theil in der Cordillere de IllimaniHuayna Potosí, zum geringen Theil auf der Hochebene von Oruro und ist durch ein tiefes, langes, breites Thal von NW. gegen SO. durchschnitten, durch welches die Quellwasser des Rio Veni diesem durch den Rio de la Paz zugeführt werden. In diesem Thale, welches zu beiden Seiten von steil abfallenden Gebirgsabhängen eingeschlossen wird, liegt die Departements - Hauptstadt ,,La Paz de Ayacucho", westlich vom Illimani und 7 Meilen östlich vom TiticacaSee. Sie hat die grossartigste Lage, die man sich nur denken kann, indem sie die volle Aussicht auf den majestätischen Koloss, den Nevado (Schneeberg) de Illimani, gewährt, dessen höchste Spitze sich bei einer horizontalen Entfernung von 5,6 Meilen oder 41.600 Meter von Mitte der Stadt 8616 Par. Fuss über dieselbe erhebt. In ihrer nahen Umgebung befinden sich wegen des an

der

1) Zu Ehren dieser berühmten Entscheidungsschlacht nennt man die Stadt jetzt Paz de Ayacucho.

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