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tember ausführen werde, hängt ebenfalls von Wetter und Umständen ab, doch sind dann schon die Nächte lang und die Tage zu kurz."

Das Vordringen des Italienischen Elementes in DeutschSüd-Tirol.

Die unmittelbare Kriegsgefahr, welche Triol von Wälschland aus droht, ist zwar jedes Mal eine akute, aber sie ist eine geringere. Viel bedenklicher sind dagegen andere Elemente, ein ganzes Gemisch von Ursachen, von denen die sprachlich-nationalen besonders hervorzuheben sind. Es ist eine allgemein bekannte, aber in den kompetenten Kreisen niemals richtig ermessene, nach ihrer wahren Tragweite gewürdigte Thatsache, dass die Deutsche Sprache und Nationalität im Süden des Brenner und der Finstermünz an Terrain immer mehr verliert und von der Italienischen verdrängt wird. Im Mittelalter reichte sie bis in die herrliche Hügellandschaft des Venetianischen, bis vor die Thore von Verona und Vicenza hinab. Noch heut zu Tage bezeichnen die beiden Sprachen-Inseln der sogenannten sieben und der dreizehn Gemeinden jenseit der gegenwärtigen Grenze von Tirol die äussersten Vorposten Germanischen Wesens gegen den heraufrückenden Romanismus. Aber schon seit langer Zeit auf allen Seiten vom fremden Idiom umfluthet, von ihrem Mutterstamme, aus dem sie hinreichende Lebenskraft · ziehen sollten, vollständig abgeschnitten, gleichen sie nur noch den erratischen Trümmern, welche aus den gewaltigen Revolutionen der Erdschichten während der Perioden der Urzeit auf einem fernen Boden zurückgeblieben sind und nun daselbst, den zersetzenden Einflüssen einer feindlichen Umgebung blossgestellt, ihrer allmählichen Auflösung entgegengehen. Unter der Regierung der Republik Venedig noch geschont und sogar durch eigene Gesetze in ihrem nationalen Leben, in Sprache und Sitte mit anerkennenswerther Sorgfalt geschützt, wurden sie beim Übergang unter die Österreichische Herrschaft bedeutend vernachlässigt und da sie jetzt auch allen politischen Zusammenhang mit Deutschland verloren haben, werden bald selbst die letzten Reste davon in den Wogen des Wälschthums untergegangen sein.

Diese beiden Deutschen Enklaven in Italien haben für uns kein anderes Interesse mehr als ein rein historisches; höchstens könnte ihr Schicksal lehrreich sein, wenn man es verstände, aus der Vergangenheit für die Zukunft Etwas zu lernen.

Von viel höherer Bedeutung ist die Metamorphose aus dem Deutschen in das Italienische Element, welche innerhalb der Tiroler Grenzen Statt gefunden hat. Die eine Hälfte des heutigen Wälsch-Tirol, nämlich jenes ganze Gebiet, das sich vom linken Ufer der mittleren Etsch bis an die Venetianische Grenze und von den Anhöhen bei Verona bis zu den Übergängen nach Pusterthal ausbreitet, darunter das in diesen Tagen so oft erwähnte Val Sugana, hatte einst rein Deutsche Bevölkerung. Das romantische Thal der Fersina mit den durch das Vordringen des Generals Medici bekannter gewordenen Ortschaften Civezzano und Pergine, die malerische Umgebung der See'n von Caldonazzo und Levico, so wie das ganze Quellengebiet der Brenta bis weit über Borgo hinab mit den zahlreichen Seitenthälern können

viele Gemeinden aufweisen, wo noch im Beginn des laufenden Jahrhunderts das Deutsche Idiom die allgemeine Umgangssprache der Ackerbau-treibenden Bevölkerung war. Das Italienische wurde nur von Solchen verstanden und gesprochen, welche in Folge ihres Lebensberufes, ihres Handels und ihrer Beschäftigung zu oftmaligen Reisen nach Wälschland und zu einem innigeren Verkehr mit Venedig oder mit anderen Italienischen Ländern gezwungen waren. Sogar in der Kirche, in den Schulen und in den amtlichen Bureaux wurde damals noch, entweder ausschliesslich oder doch vorwiegend, unsere Muttersprache gebraucht. Und gerade diesen Umstand müssen wir hier als Beleg dafür anführen, wie fern jenen Gegenden noch vor nicht langer Zeit das Italienische Element gestanden haben muss. Im Hauptthale der Etsch schien die historisch merkwürdige Klause von Salurn oberhalb Trient der Strömung des Romanischen Elements nach Norden lange Zeit ein unübersteigliches Hinderniss entgegenzusetzen. Noch heut zu Tage pflegt man diesen Engpass gemeinhin als die Grenzmarke zwischen Deutsch- und Wälsch-Tirol anzusehen, doch seit fünf Decennien hat auch diese Ansicht aufgehört, richtig zu sein. Diesseit der Salurner Klause treten die Berge von den Ufern der Etsch rasch zurück und geben einer breiten Thalsohle Raum, welche sich bis zu den Katarakten oberhalb Meran erstreckt, wo der Fluss aus dem getreidereichen Vintschgau hervorbricht und in die Tiefebene des eigentlichen Etsch-Landes niederbraust. Die Mitte dieser langen Fläche nimmt das Delta an. der Mündung des Eisack in die Etsch ein. Dieses Dreieck ist das Herz von Süd-Tirol. In ihm vereinigen sich drei strategisch und kulturgeschichtlich sehr wichtige Linien, eine aus Italien, eine andere aus dem Südwesten Deutschlands und die dritte als Doppellinie aus Bayern über den Brenner und aus InnerÖsterreich durch das Pusterthal. Den Knotenpunkt dieser Verkehrs- Adern bezeichnet der alte Handelsplatz Botzen, dessen ehemaliger Reichthum nichts Anderes ist als der natürliche Ausdruck der glücklichen Lage der Stadt selbst und ihrer lebendigen Beziehungen zu den beiderseitigen Kulturvölkern in Italien und in Deutschland.

Diese grosse Thalstrecke scheint für die Italienisirung des ganzen südlichen Tirol, d. h. des ganzen Alpen-Landes im Süden des Brenner und der Finstermünz, dadurch aber auch für die einstige Realisirung der extremsten Wünsche des modernen Italien von entscheidender Wichtigkeit zu sein. Daher wird von unseren Wälschen Nachbarn auch Nichts verabsäumt, um alle äusseren Vorbedingungen herzustellen, welche zur Förderung ihrer politischen Pläne dienen können. Die Grundlage ihrer Bestrebungen aber bildet die nationale Assimilirung des Etsch-Landes. Was in den letzten Decennien in dieser Hinsicht geschehen ist, muss ihre Hoffnungen immer mehr steigern und sie zu erhöhter Thätigkeit anspornen.

Seitdem die Strömung des Romanismus gegen Norden die Thalenge bei Salurn durchbrochen, ist die Verwälschung der unteren Hälfte des Etsch-Landes mit Riesenschritten vorwärts gegangen. Es ist noch kaum ein Menschenalter verflossen, seitdem die systematische Einwanderung Italienischer Kolonisten zwischen Salurn und Botzen begonnen hat, und schon überwiegt die Wälsche Bevölkerung jener Gegend. Mehrere Gemeinden unterhalb Botzen sind schon voll

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ständig Italienisch, andere stehen mitten im Flusse der Verwälschung, der sie sich schwerlich mehr zu entziehen vermögen. Es giebt in diesem ganzen Distrikte selten mehr ein Dorf oder auch nur einen unansehnlichen Weiler, wo keine Italienische Familie angesiedelt wäre, aber es giebt deren viele, aus denen der letzte Deutsche Grundbesitzer schon vor Jahren verdrängt worden. Selbst die Mittelgebirgs-Landschaften und die von der Thalebene noch weiter entfernten Gemeinden, namentlich die reizende Gegend von Über-Etsch", das ist die Umgebung von Girlan, St. Paul's, Eppan und Kaltern bis an die Ufer des gleichnamigen See's, einer der fruchtbarsten Bezirke im ganzen Süd-Tirol, lange Zeit hindurch von den Eindringlingen des Wälschlandes verschont, sind in unseren Tagen ein beliebtes Ziel der Italienischen Tiroler geworden. Der Eisack, welcher die grosse Delta-Fläche bei Botzen durchschneidet, scheint eben so wie die Klause am unteren Ende des Etsch-Landes das Weitergreifen des fremden Elementes eine Zeit lang aufgehalten zu haben. Aber seit wenigen Jahren ist auch diese Demarkations-Linie durchbrochen worden.

Die Wälschen Vorposten sind bereits über Botzen hinausgeschoben und haben schon einen beträchtlichen Theil des oberen Etsch-Landes besetzt. Sie stehen in Terlan, Gargazon und Burgstall, in Nals und Lana. Das Städtchen Meran ist heute von dem Romanischen Element verhältnissmässig so stark durchzogen, wie es vor 3 Lustren kaum die Handelsstadt Botzen gewesen ist. Hier erhalten die Missionäre aus Trient, Roveredo, Ala, Arco u. s. w. neue Verstärkung durch die Zuzügler aus dem Val di Non und Val di Sol, um den Verwälschungs-Prozess der ganzen Landstrecke zu beschleunigen. Auch auf der Linie des Eisack-Thales, von Botzen über Brixen nach Bruneck und Sterzing, ragen die Spitzen der Italiener immer tiefer herein.

Sie sind nur die Vorläufer grösserer Massen, welche sich ohne Zweifel einfinden werden, sobald ein Mal die Eisenbahn über den Brenner und jene aus Kärnten durch Pusterthal nach Brixen ins Leben getreten sein wird. Und sind erst ein Mal die Hauptstrecken der Etsch und des Eisack der fremden Nationalität verfallen, dann ist auch den Nebenthälern derselben, weil sie von Nord-Tirol und Deutschland durch die Riesenwand der Rhätischen Hochgebirge getrennt sind, die reichste Quelle der nationalen Lebenskraft abgeschnitten und jene an altdeutsche Gestalten erinnernden Volksstämme, welche gegenwärtig noch den lebendigsten und zähesten Kern der ScharfschützenKompagnien und der Massen des Landsturms bilden, dürfen früher oder später ihre nationalen Interessen nicht mehr im Norden der Alpen wahrnehmen, sondern müssen sie bei ihren heutigen Todfeinden im Süden suchen.

(Triester Zeitung.)

Zur Ethnographie der Europäischen Türkei. Eine abermalige kleine Berichtigung von Lejean's,,Carte ethnographique de la Turquie d'Europe" (,,Geogr. Mitth.", Ergänzungsband I) geht uns aus Belgrad von einem dem Serbischen Kriegs-Ministerium zugetheilten Topographen zu, der 1862 das östliche Serbien bereist hat und nachdem er die Lejean'sche Karte zu Gesicht bekommen, sie wenigstens an Einer Stelle zu verbessern im Stande ist.

Auf dem das östliche Serbien darstellenden Carton dieser Karte ist die Umgegend von Saitschar am Timok den Rumänen eingeräumt, die Bewohner von Šaitschar, Weliki Išwor u. s. w. sind aber durchgehends Bulgaren, sie sprechen ein reines Bulgarisch, haben Nationaltracht und Gebräuche der Bulgaren und geben an, dass sie in verschiedenen Jahren aus Bulgarien eingewandert sind. Annähernd richtig wäre es, wenn der ganze Strich am rechten TimokUfer von Grljan bis Wraschogruze, den nach Lejean's Karte die Rumänen einnehmen, den Bulgaren eingeräumt würde.

Das Soolbad Staraja-Russa.

Der direkte Landweg nach Staraja - Russa geht von St. Petersburg bis Tschudowo (113 Werst) auf der Moskau'schen Eisenbahn, dann mit dem Postwagen auf der Chaussee nach Nowgorod (70 Werst) und von hier ebenfalls mit dem Postwagen nach Staraja-Russa (92 Werst). Im Sommer, nach Befreiung des Wolchow vom Eise, reist man folgendermaassen: per Eisenbahn bis zur Wolchow'schen Station (133 Werst von St. Petersburg, 427 Werst von Moskau) und von dort auf dem Dampfboot nach Nowgorod und Staraja-Russa. Zwei gut eingerichtete Dampfboote der Wolchow'schen Dampfboot - Gesellschaft bringen die Reisenden bei günstigem Wetter meist binnen 4 Stunden nach Nowgorod. Die Ufer des Wolchow bieten nichts Anziehendes dar, man müsste denn die einförmigen Kasernen der Grodno'schen Husaren und der Garde-Uhlanen und Dragoner dazu rechnen. In der Nähe von Nowgorod wird man einige Landhäuser mit Gärten und einige Klöster gewahr.

In Nowgorod landet das Boot vor der schönen, 1830 in Granit aufgeführten Brücke links an der Torgowaja-Anfahrt. Ist man früh angekommen und das Wetter günstig, so hat man Zeit, die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten zu betrachten: den Kreml (1044 aus Holz und 1302 aus Stein aufgeführt); die nach dem Muster der Konstantinopel'schen gebaute Sophienkirche (998 aus Holz und 1044 bis 1051 aus Stein erbaut) mit ihrem berühmten Korssun'schen Thor, welches Wladimir 998 aus dem Chersones brachte; das Tausendjährige Monument und den Stadtgarten. Ein Spaziergang auf der Brücke gewährt einen hübschen Blick auf den 40 Werst langen, 30 Werst breiten Ilmen-See. Früh Morgens geht es dann auf dem Dampfboot weiter, Anfangs längs dem Wolchow am schönen, grossen, reichen JurjewKloster (1030 gestiftet) vorbei, dann über den Ilmen-See in eine Mündung des Lowat und zuletzt in die Polista. Vom Dorfe Swod an geht die Fahrt durch unzählige Krümmungen des Flusses; ist dieser sehr wasserarm, so werden die Passagiere theils auf Booten, theils auf einem flach gehenden Dampfschiff zur Stadt gebracht. Dort landet man, bei günstigem Wetter gegen 3 Uhr, an der Alexander-Brücke auf der nördlichen Stadtseite.

Staraja-Russa, eine Kreisstadt des Nowgoroder Gouvernements, liegt 240 Fuss über dem Meere, unter 57° 59' N. Br. und 49° 1' Östl. L. am Abhang des Waldaischen Plateau's, welches zum Baltisch-Devonischen Gebiete gehört. Die obere Decke dieser Fläche ist fette Ackerkrume, mit Kalk und Sand vermischt, und eine Klafter tief Torf bildend. Die im Frühjahr Statt findenden Überschwemmungen erzeugen zwar temporäre Moräste, befördern aber einen üp

pigen, der Viehzucht sehr günstigen Kräuter- und Graswuchs, daher auch eine ganz ausgezeichnete Milch. Das Wetter ist bis Mai unbeständig, nasskalt. Der dann herrschende, aus dem Ilmen-See kommende Nordost ist zwar sehr feucht, reinigt aber die Stadt von den Salzdämpfen. Der Nordwest hingegen bedeckt die ganze Stadt mit den heissen Dämpfen der Gradirwerke. Diese Chlor-Brom-Luft erschwert das Athmen sehr, vorzüglich Abends, auf Skrophulöse jedoch übt sie den günstigsten Einfluss. Die Kur beginnt in der zweiten Hälfte des Mai und dauert bis Ende August. Die hübsche, gut gebaute Stadt liegt am Zusammenfluss der Porussja, Polista und Pereritiza. Russ, der Bruder des Fürsten Slowen, soll der Sage nach die Stadt Russa 50 Stadien von Gross-Nowgorod erbaut haben. Seine Gemahlin Porussja und seine Tochter Polista sollen den gleichnamigen Flüssen ihre Namen gegeben haben. Die Stadt ist 5 Werst lang und 2 Werst breit, hat über 150 steinerne, gegen 1000 hölzerne Häuser und 9600 Einwohner. Die Strassen sind sehr breit, rechtwinklig parallel, zum Theil gepflastert und mit Trottoirs versehen. Die fast vor jedem Haus befindlichen Gärten beleben und zieren die sonst einförmigen Strassen. Der schönste Stadttheil liegt auf beiden Ufern der Polista. Das linke Ufer derselben ist von der AlexanderBrücke an bis zum kaiserlichen Palais mit einer 1 Werst langen Lindenallee eingefasst. Staraja-Russa besitzt 19 im Ganzen hübsche Kirchen und Klöster. Unter den ersteren ist die Auferstehungskirche die schönste, die Peter-Paulskirche die an Heiligthümern reichste und die des Märtyrers Nyl die älteste (vor 650 Jahren erbaut). Die öffentlichen Gebäude, Gerichtsgebäude, Hospitäler, Armenhäuser, Kasernen, haben nichts Ausgezeichnetes. Die Kaufläden und selbst Modemagazine bieten wegen der Nähe der Hauptstadt alles Nöthige und Neue in grosser Auswahl.

Das Flusswasser der Stadt ist brackisch, von gelber Farbe und übelriechend. Die in die Flüsse mündenden Salzquellen, der Abfluss der Salinen und die durchs Wasser geleiteten Röhren derselben machen es ungeniessbar. Das Trinkwasser wird mittelst eines 2 Werst langen Aquädukts aus dem Dorfe Duboziwi zum Stadtbrunnen geführt, ist klar, rein und wohlschmeckend. Doch wird auch aus den Flüssen oberhalb der Stadt Wasser zum Trinken geschöpft und Morgens von den benachbarten Bauern kübelweis verkauft.

Kurz bevor man mit dem Dampfboot das Stadtgebiet berührt, kommt man rechts dicht bei den Salinen vorbei. Der Salinenbetrieb von Staraja-Russa ist sehr alt. Jeder wohlhabende Einwohner besass einst seine Salzsiederei, noch jetzt findet man eine Menge unterirdischer Röhren und Kübel. Der General-Quartiermeister Bauer legte 1771 auf Befehl der Kaiserin Katharina II. nach dem Muster der Hessischen die ersten Gradirwerke und Sudhäuser an. Das Wasser wird aus dem Salzsee und seinem Reservoir mittelst 13 Holzröhren 2 Werst weit unterirdisch zu den Gradirwerken geleitet, dort mittelst 6 Räder durch Druckwerk in die Höhe getrieben und auf 19 Gradirwerke vertheilt, welche 8 Werst im Umfang haben. Die Gradirsoole soll 17 Proz. Stärke haben und liefert jährlich 150.000 Pud Salz, das aber wegen mangelhafter Reinigung Gyps enthält. Das Ganze ist in Pacht gegeben. Gearbeitet wird nur im Sommer vom Juni an.

Die nach Abkrystallisirung des Salzes übrig bleibende Mutterlauge empfahl zuerst Dr. Haase in Moskau zu Bädern. Zu Einathmungen benutzt man theils die Gradirluft der Salinen, theils die Dämpfe der Sudpfannen, zweckmässiger die Ausdünstung der Badewannen. Die von der Verwaltung im Jahre 1834 errichteten Badeanstalten sind ausgezeichnet, ein besonderes Badecomité hat die Oberaufsicht über sie und über das ganze dabei beschäftigte Personal.

Die Soolquellen befinden sich am Ostende der Stadt in der Nähe der Ostaschkow'schen Strasse auf einer kleinen Erhöhung. Das Wasser friert im Winter nicht zu. Alles Metall, die Kirchenglocken oxydiren durch die Salzdämpfe, das Silber wird gelblich. Die Soole entspringt aus einem dem Muschelkalk aufliegenden Thonlager. Zwei Quellen, die Direktorial- und die Murawjew'sche Quelle (beides Artesische Brunnen), werden benutzt. Die Bohrungen der ersteren wurden 1819 begonnen und 1831 beendigt. Sie hat eine Tiefe von 93 Faden. Das Wasser ist klar, farb- und geruchlos; erwärmt riecht es nach Chlor, im Glase bewegt spielt es ins Silberweisse, perlt und setzt kohlensaure Bläschen an die Wände des Glases. Es schmeckt bittersalzig und hat eine spezifische Schwere von 1,0119. Seine Temperatur hält sich zu jeder Jahreszeit auf +9 und 10° R. Die Quelle giebt 220 Kubikfuss Soole in der Minute. Eine 95 Faden lange Röhre leitet das Wasser ins Reservoir. Die Murawjew'sche Quelle wurde 1857 bis 1859 gebohrt und hat eine Tiefe von 56 Faden. Auch hier ist das Wasser farblos, bittersalzig, jedoch weniger scharf von Geschmack. Es besitzt mehr Kohlensäure und riecht nach Schwefelwasserstoff. Die Temperatur ist +10,8° R., das spezifische Gewicht 1,0131. (St. Petersburger Wochenschrift.)

Handelsverhältnisse des Amur-Landes im Jahre 1885 1).

Im verflossenen Jahre sind hierselbst 16 fremde Schiffe, nämlich 2 Preussische, 1 Dänisches, 2 Mecklenburgische, 3 Amerikanische, 2 Englische, 1 Holländisches, 1 Schwedisches, 1 Hamburgisches, 1 Bremisches, 1 Hannover'sches und 1 Russisches, eingelaufen. Diess zeigt im Vergleich zu dem vorigen Jahre einen Zuwachs von 6 Schiffen und es ist die Waareneinfuhr noch niemals so bedeutend gewesen. Der Betrag der diessjährigen Importationen wird auf circa 800.000 Rubel Silber geschätzt. Obgleich nun diese zu den Bedürfnissen des Landes in gar keinem Verhältniss stehende Einfuhr eine Überfüllung des Marktes verursacht hat, so ist doch das Resultat der verflossenen Saison ein durchaus befriedigendes. Auch hat sich der bereits rege Verkehr mit dem Inneren noch mehr entwickelt und es betrug die diessjährige Importation von Waaren den Amur hinauf circa 300.000 Rubel Silber, während die Einfuhr von Vieh, Lebensmitteln und Russischen Produkten aus dem Inneren Sibiriens nach hier für Rechnung der Russischen Regierung circa 400.000 Rubel Silber und für Privatrechnung circa 100.000 Rubel Silber betrug. Die Holzausfuhr in diesem Jahre hat sich auf nur einige Ladungen Brennholz beschränkt, in Folge der schlechten Be

') Preuss. Handels-Archiv 13. Juli 1866.

richte von China; dagegen ist die Ausfuhr von Pelzwerk bedeutend gestiegen, obgleich hohe Preise in diesem Jahre für Rauchwerk aller Art bezahlt worden sind. Die neuerdings erlassenen gesetzlichen Bestimmungen über die Aufsuchung und Bearbeitung von Goldlagern werden hier täglich erwartet und man hofft allgemein von der liberalen Abfassung derselben die günstigsten Resultate für den Verkehr und den Handel am Amur.

Neue Versuche, den Sungari dem freien Verkehr zu öffnen, sind in diesem Jahre nicht gemacht worden, dagegen nimmt der Handel mit der Blagowjeschtschensk gegenüberliegenden, ziemlich bevölkerten Mantschuren-Stadt Aigun mit jedem Jahre zu. Die bedeutendsten Export-Artikel von dort sind: lebendiges Vieh, ferner gelbe Erbsen, Hirse, Tabak, Hafer, Ziegelthee, Mehl, Schafpelze, Öl, Senf und Knoblauch.

Von den in diesem Jahre hier eingetroffenen Schiffen haben zwei bedeutende Havarien gemacht.

Ungeachtet der unpassenden Stelle, auf welcher Nikolajefsk als Administrations-Punkt erbaut ist, entwickelt sich die Stadt doch mit jedem Jahre. Der niedrige Stand des Wassers auf der Barre, das rauhe Klima, der lange Winter, der Mangel an Unternehmungsgeist, Kapitalien, Kolonisation und Export-Artikeln verhindern indess Nikolajefsk, die Stelle einzunehmen, welche es nach seiner natürlichen Lage im Handel auf dem Stillen Ocean einnehmen könnte. In Folge dieser Schwierigkeiten ist man häufig geneigt zu glauben, dass die südlichen Häfen mit Entwickelung der Kolonisation in der Zukunft wahrscheinlich die Stelle einnehmen werden, auf welche Nikolajefsk bei seiner ersten Gründung gerechnet hatte. Die Hauptursache, welche der langsamen Entwickelung Nikolajefk's als Handelspunkt zu Grunde liegt, ist der lange Winter und wohl auch der niedrige Stand des Wassers auf der Barre und das ohne Bugsirdampfer in Folge seiner Enge und vielen Krümmungen schwierige Fahrwasser im Liman. An der Mündung eines grossen Flusses liegend, der als der einzige Kommunikationsweg mit den bevölkerten Plätzen Ost-Sibiriens dient, ist Nikolajefsk während mehrerer Monate isolirt von der übrigen Welt. Im Herbst friert der Amur bei Nikolajefsk zu, wenn sich auf dem anderen Theile des Flusses noch kein Winterweg gestellt hat, eben so ist es im Frühjahr. In Chabaroffka geht der Fluss und mit ihm die Schifffahrt gerade einen Monat früher auf als in Nikolajefsk, daher geht die letzte Sommerpost aus Nikolajefsk am 15. (27.) September, worauf bis zum Anfang Dezember keine Kommunikation Statt findet. Im Frühjahr geht die letzte Winterpost am 5. (17.) März ab und bis zur Eröffnung der Schifffahrt, welche in der Hälfte des Monats Mai Statt findet, hört die Ankunft und der Abgang der Post auf; folglich findet während des Sommers nur eine Verbindung von circa 4 Monaten mit der übrigen Welt Statt und ebenfalls im Winter. Dieselben Schwierigkeiten zeigen sich in Verbindung mit der See. Der Liman des Amur wird erst frei vom Eise gegen Ende Mai, so dass Schiffe herein kommen oder abgehen können aus Nikolajefsk im Anfang Juni oder in den letzten Tagen des Mai. Schon gegen Ende September wird die Schifffahrt für Kauffahrteischiffe im Amur aus Mangel an Privat-Bugsirdampfern gefährlich und wenn ein Schiff in Nikolajefsk aufgehalten wird, so kann es auf dem Rückwege Eis im Liman antreffen. Überhaupt muss man sagen, dass Kauffahrteischiffe

den Amur ohne Hülfe von Bugsirdampfern nur mit Schwierigkeit befahren können, denn bei konträrem Winde müssen die Schiffe zu Anker gehen, um günstige Gelegenheit abzuwarten. Auf der Barre ist 12 bis 14 Fuss Wasser und diess könnte bei einem regelmässigen Handel wohl kaum als Hinderniss betrachtet werden. Die Behauptung, dass in Folge des gefährlichen Fahrwassers im Liman die Versicherungs-Prämien von Ladungen und Schiffen höher wie nach anderen Plätzen sind, ist unzulässig, da diese Gefahr nur in den ersten Jahren nach der Einnahme des Amur existirte, als anstatt der Landmarken und Boyen nur hie und da Stangen aufgestellt waren, wodurch mehrere Unglücksfälle herbeigeführt wurden. Bei der trefflichen Ausbeugung des Fahrwassers und den zahlreichen Landmarken ist in den letzten Jahren die Befahrung des Amur mit durchaus keiner besonderen Gefahr verbunden. Der Hauptgrund der hohen Frachten nach Nikolajefsk ist wohl darin zu suchen, dass die nach dem Amur kommenden Schiffe aus Mangel an Export - Artikeln meistentheils in Ballast und nicht mit Ladung fortgehen müssen.

In Folge der vorstehend erwähnten mannigfachen Hindernisse, welche die Entwickelung von Nikolajefsk verzögern, wird häufig von der Verlegung des Kriegshafens mit allen dazu gehörigen Etablissements und Behörden, mithin gewissermaassen von ganz Nikolajefsk nach einem südlichen Hafen gesprochen, ich bin jedoch der Meinung, dass, da Nikolajefsk an der Haupt-Arterie liegt, welche die ganze Bewegung des Handels trägt und welche durch die am meisten konsumfähigen Gegenden fliesst, weder die südlichen Häfen noch de Castries Ausländer anziehen werden und Nikolajefsk trotz seiner unpassenden Lage dennoch seine Bedeutung nicht verlieren und sich dort vorzugsweise der ausländische Handel koncentriren wird.

Die Einwohnerzahl von Nikolajefsk bestand in den ersten Jahren der Gründung der Stadt ausnahmslos aus Dienenden und überstieg im Jahre 1857 nach Entfernung der Escadre nicht 1500 Menschen. Die Behörden waren noch nicht organisirt und das Kreisgericht z. B. war in Ermangelung von Beamten geschlossen, während die Akten, so wie man sie aus Petropaulofsky zugestellt hatte, in Fässern aufbewahrt wurden.

Erst seit 1857, nách Bestätigung der Besoldungen der Hafenverwaltung und der Chargen der Sibirischen Flottille, begannen in Nikolajefsk Offiziere und andere Civilbeamte einzutreffen. Im Jahre 1858 wurde die Errichtung der Tschenerach'schen Festungswerke beschlossen, da aber die Arbeitskräfte unzulänglich waren, so sollten die Arbeiten durch Verschickte ausgeführt werden, von denen 1000 Mann in demselben Jahr hier eintrafen. Gleich darauf wurde die Einwohnerzahl durch die Ankunft zweier Linienbataillone, welche zur Errichtung diverser Stadtbauten und Batterien bestimmt waren, und durch die Mannschaften der überwinternden Schiffe der Escadre des Stillen Oceans bedeutend vermehrt, jedoch nur für Einen Winter, indem diese Leute später nach Tschenerach und Mariinsk geschickt wurden. Jetzt lässt sich die Einwohnerzahl von Nikolajefsk, wozu die 27. Flotten-Equipage und 3 Rotten des 4. Bataillons zu zählen sind, feststellen und ergiebt folgendes Resultat: Gesammtzahl der Einwohner 3131 männlichen und 886 weiblichen Geschlechts.

Der Amur wurde in diesem Jahre am 2. (14.) Mai frei vom Eise und fror am 31. Oktober, resp. 12. November zu. Nikolajefsk, 19. (31.) Dezember 1865.

Der Milu, eine neue Hirschart in China. Die,,Annals of Natural History" enthalten eine Notiz von Milne-Edwards über einen Hirsch, dessen Haut vom Missionär David in Peking an das Pariser Museum geschickt worden ist. Dieser Hirsch lebt seit langer Zeit heerdenweis in einem kaiserlichen Park unfern Peking, aber die Chinesen wissen nicht, wie und wann er dorthin gebracht worden. Sie nennen ihn Mi-lu. In der allgemeinen Erscheinung, dem Fell, den plumpen Bewegungen und der Art, das 'Geweih zu tragen, hat er eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Renthier, den eigentlichen Hirschen nähert er sich durch die nackte Muffel und den anatomischen Bau des Schädels, aber er unterscheidet sich von allen bekannten Cervidae durch die Richtung und Verzweigung des Geweihes so wie durch den Bau des Schwanzes. Er bildet daher eine besondere Sippe. Das weibliche Thier trägt kein Geweih. Das Fell ist rauh, spröde, sehr dick und von gleichmässig gelblich-grauer Farbe, nur über die Mittellinie von Rücken und Brust läuft ein schwarzes Band. Der Milu ist so gross wie ein starker Edelhirsch. Das dem Pariser Museum überschickte erwachsene männliche Thier misst 1,3 Meter im Widerrist und oft soll man noch grössere Thiere sehen. (Illustrated London News.)

Ursprung des versteinerten Waldes bei Kairo aus

Abessinien.

Th. v. Heuglin sammelte 1862 auf seiner Reise in Abessinien fossile Hölzer, und zwar in den Hochländern um die Djidda und den Bäschlo so wie in Wadla, wo sie in einer Höhe von 9- bis 10.000 F. vorkommen. Sie erscheinen hier in grosser Menge, theils als Stämme von 1 bis 2 F. im Durchmesser, theils in zahllosen Trümmern, in einem Konglomerate, welches den vorherrschend vulkanischen Boden bedeckt. Ihre Verkieselung an Ort und Stelle aus den noch gegenwärtig vorhandenen zahlreichen heissen Quellen unterliegt keinem Zweifel.

Es war nun die Frage, ob dieses versteinerte Holz aus mehreren Arten bestehe und ob diese schon zu den beschriebenen Formen gehören oder nicht. Die von Prof. F. Unger in Wien vorgenommene anatomische Untersuchung hat gezeigt, dass, so mannigfaltig auch das äussere Aussehen dieser Fossilien ist, sie doch ohne Ausnahme nur einer einzigen Baumart angehört haben, ferner dass dieses Holz mit jenem des sogenannten versteinerten Waldes bei Kairo eine und dieselbe Gattung, nämlich Nicolia aegyptiaca Ung., bilde, welche, nach vergleichenden Untersuchungen mit recenten Hölzern zu schliessen, sich an die Familie der Sterculiaceen und Bombaceen anschliesst.

Es ist nun aus diesen Untersuchungen ersichtlich, dass der Ursprung des Holzes des versteinerten Waldes bei Kairo in den Hochländern Abessiniens zu suchen sei, was Prof. Unger zum Theil schon früher andeutete, indem er jenes

Holz vor seiner Verkieselung als vom Nil heruntergeflösst betrachtete.

Die dem Holze mitgesendeten Kohlen haben keine nähere Bestimmung in Bezug auf ihren Ursprung aus Pflanzenresten zugelassen.

(Sitzungs-Berichte der K. Akademie der Wiss. zu Wien, 12. Juli 1866.)

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Rückkehr der Herren Mage und Quintin vom Niger. Wir haben sagt die,,Revue maritime et coloniale" unseren Lesern eine gute Nachricht mitzutheilen. Die Herren Mage und Quintin, die, wie man sich erinnern wird, im November 1863 von Medine am Senegal nach dem Niger abgereist waren und seit dem April 1864 keine Nachricht hatten geben können, sind am 28. Mai 1866 in Medine, am 19. Juni in Saint-Louis und am 19. Juli in Paris angekommen. Diese unerschrockenen Offiziere befinden sich vollkommen wohl.

Wir kennen jetzt die Gründe, die sie verhindert haben, früher nach dem Senegal zurückzukehren. Man weiss, dass Mage im September 1864, nachdem er am 28. Febr. 1864 mit seiner Expedition in Segu angelangt war, an den Gouverneur des Senegal geschrieben hatte und seine Briefe dem mit ihrer Besorgung beauftragten Schwarzen geraubt worden waren. In diesen Briefen legte Mage die Unmöglichkeit dar, seine Reise zu Al-Hadj-Omar, der damals in Massina Krieg führte, fortzusetzen. Der König von Segu widersetzte sich der Abreise der beiden Offiziere, bevor ihre Botschaft bei seinem Vater Al-Hadj ausgerichtet sei; er versprach jedoch, sie ziehen zu lassen, wenn der Gouverneur des Senegal ihre Rückkehr befehlen würde.

Die Antwort auf Mage's Briefe liess 13 Monate auf sich warten und während dieser Zeit breitete sich der Bürgerkrieg so aus, dass jede Verbindung zwischen Segu und dem Senegal abgeschnitten war. Nachdem sich im Anfang des Jahres 1866 die Lage gebessert hatte, wurde bei Ankunft der Boten des Gouverneur die Rückkehr der Reisenden beschlossen, doch konnte sie nicht vor Mai 1866 ins Werk gesetzt werden. Eine Eskorte von 400 Mann brachte die Herren Mage und Quintin mit ihrem Gefolge nach Nioro, der Hauptstadt von Kaarta.

Die dreifache telegraphische Verbindung zwischen Europa und Amerika.

Das Jahr 1866 bezeichnet eine glänzende Epoche in der Geschichte des telegraphischen Weltverkehrs. Nach fünfmaligem Anlauf gelang es, ein unversehrtes Kabel durch den Atlantischen Ocean zu legen und bald darauf das gerissene Kabel von 1865 wieder aufzufinden, zu vervollständigen und somit zwei vollkommen gut arbeitende Leitungen zwischen Europa und Amerika herzustellen.

Die Freude über die glückliche Legung des neuen Kabels wurde dadurch etwas niedergehalten, dass man nach den bisherigen Erfahrungen jeden Tag die Nachricht vom Aufhören seiner Leitungsfähigkeit befürchten musste. Jetzt aber, wo zwei Leitungen bestehen, ist eine gänzliche Unterbrechung des Verkehrs schon weniger wahrscheinlich; sollten aber doch beide Leitungen ihre Dienste versagen, so gewährt die gelungene Wiederauffindung des alten Kabels

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