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mit demselben Manne aufbrechen, dessen Bruder den Major Laing nach Tidikelt führte, mit demselben Mann, der Buderba begleitete, der Duveyrier führte, der endlich im Verein mit seinem Bruder Hadj Hamed, dem Häuptling der Hogar, und mit dem Hadj Chanoch ), der die Asgar beherrscht, den Vertrag mit den Franzosen abschloss, wonach Fremde im Lande der Tuareg Schutz geniessen sollen. Ich weiss nun auch, was sein Beweggrund war, im Anfange so feindselig gegen mich aufzutreten. Er glaubte meinen Beutel noch gespickt genug, um einen schnellen Meheri-Ritt bezahlen zu können, denn er kalkulirte, wenn es ihm gelänge, Mustafa (so ist mein Name) einzuschüchtern oder das Volk und die Grossen gegen mich aufzureizen, so würde ich gezwungen sein, mich in seine Arme zu werfen, und es ihm sicher gut belohnen, wenn er mich aus Tidikelt rette. Da er aber sah, dass ich Protektion hatte und seine Ränke Nichts vermochten, änderte er sein Betragen gänzlich und wurde der liebenswürdigste und zuvorkommendste Mensch. Er hatte indess nicht überlegt, als er mich als einen Christen verdächtigte, welch' äusserst gefährliches Spiel er mit meinem Leben trieb und dass er in Tidikelt ganz unmächtig gewesen wäre, mich zu beschützen; weder er noch sein Bruder, der Hadj Hamed, hätten diess vermocht, denn in Tidikelt sind es nicht die Tuareg, welche herrschen, sondern die Uled Bu-Humo und Uled Senan. Letztere haben zwar auch ihren eigenen Chef, stehen jedoch in einer gewissen Abhängigkeit vom Hadj Abd-el-Kader uld Bu-Guda. schloss den Miethkontrakt mit Si Ottmann vor dem Hadj Abd-el-Kader ab. Im Anfange versuchte Ersterer, mich noch gehörig zu prellen. Er behauptete, die Schürfa Uled Muley Thaib pflegten immer das Doppelte zu bezahlen, ich erwiderte ihm jedoch einfach, dass ich kein Scherif Uled Muley Thaib sei und auch selbst in diesem Falle nicht mehr geben würde als den gewöhnlichen Miethpreis. Ich hatte mich vorher genau nach den verschiedenen Preisen erkundigt, um mich zu vergewissern, dass man mich bei der Miethe der Kameele nicht allzu sehr prellen könnte. fuhr ich, dass die Miethe, um Gold zu befördern, am theuersten sei, dann kommen Federn, endlich die gewöhnlichen Waaren, und dass man, falls man ohne Gepäck aufsteige, den niedrigsten Preis zahle, da dann dem Kameeleigenthümer noch die Möglichkeit geboten ist, Waaren mit aufladen zu können. Wir wurden Handels einig, obgleich ich nicht verhindern konnte, dass ich mehr zahlte, als ich nach der Taxe schuldig war; aber die Mohammedaner prellen sich ja selbst unter einander, sobald sie es nur können, was soll man also erwarten, wenn sie einen Fremden vor sich haben? Dann wurde der Segen für eine glückliche Reise erfleht

1) Ichenuchen Duveyrier's.

Ich

So er

A. P.

und der Hadj Abd-el-Kader sprach die Worte zu Si Ottmann: „Triffst Du unterwegs mit Uled Bu-Humo zusammen und dieselben greifen euch an, so sage ihnen: Mustafa hat unter dem Dache eures Chefs gewohnt; stösst Du auf Schaamba oder Tuareg, so erkläre ihnen: Mustafa war seit fast zwei Monaten der Gast des Hadj Abd-el-Kader uld Bu-Guda, der ihn liebt wie seinen Sohn, und wer ihn antastet, tastet seine Familie an." Si Ottmann verneigte sich, meinte, es wäre wohl keine Gefahr vorhanden, falls wir jedoch ein Zusammentreffen hätten, wüsste er, was der Name des Schich der Uled Bu-Humo gelte, und würde davon für mich Gebrauch machen, er selbst für seine Person hätte keine Protektion nöthig,,,denn als Marabut reise ich nur mit dem Rosenkranz, nicht mit dem Schwert, und wo nur Gläubige sind, komme ich durch". Dann ging er fort.

musste

Ich muss hier bemerken, dass der Hadj Abd-el-Kader sich hier wie auch in der ganzen Zeit meines Aufenthaltes höchst uneigennützig und als gerader Mann zeigte. Wenn man bedenkt, dass er von allen Fremden, die ankommen, ein bedeutendes Geschenk erhält, damit er sie beschützt und gegen die räuberischen Uled Bu-Humo sichert, wenn man bedenkt, dass ich ihm ausser einigen Kleinigkeiten Nichts anbieten konnte, ihm sogar meinen Revolver, den er mehrere Male von mir zum Geschenk verlangte, abschlagen denn dieser Waffe konnte ich mich meiner eigenen Sicherheit wegen nicht entledigen, so wird man es um so mehr anerkennen, dass er mir als einem Fremdling so ganz ohne Vortheil seinen Schutz angedeihen liess. Ich hatte ihm zwar einen Empfehlungsbrief von seinem geistlichen Schich gebracht, jedenfalls hatte er aber auch noch ein Geschenk erwartet. Ich vertröstete ihn indess auf meine Rückkehr, von der er so fest überzeugt ist, dass er mir eine Doppel - Pistole ganz eigener Art mitgab, um in Tripoli ein neues Schloss daran machen zu lassen. Ja, er erlaubte mir überhaupt nur unter der Bedingung, dass ich wieder zurückkäme, nach Tripoli zu gehen, denn für ihn, sagte er, sei es Pflicht, den im Briefe des Hadj Absalom ausgesprochenen Befehl, mich sicher nach Timbuktu zu senden, in Ausführung zu bringen. Indess hat auch jetzt die Karawane Sidi el-Din von Akebli ihre Abreise bis zum

Frühjahr verschoben, um dann vereint mit der grossen Karawane, die von Ain-Salah aufbricht, in grösserer Sicherheit die im Kriege begriffenen Tuareg passiren zu können. Ich habe jetzt auch angefangen, meine Einkäufe zu machen, und zwar für 30 Tage Lebensmittel, denn zwischen hier und Rhadames ist Nichts zu bekommen, auch habe ich meine Wasserschläuche noch vermehrt, so dass ich jetzt auf 10 Tage Wasservorrath mitnehmen kann. Übermorgen werden wir wahrscheinlich aufbrechen.

Hassi Missiggen, den 7. November. Da wir hier Rast

tag halten, so habe ich Zeit und Musse, meine Erlebnisse aufzuzeichnen, obgleich ein fürchterlicher Wüstenwind herrscht, der mich fast erblinden macht. Am 29. vorigen Monats war unsere Karawane endlich reisefertig und die Kameele sammelten sich östlich vom Ksor el-Arb, jedoch mit gewohnter Langsamkeit. Da mein Bursche in der Nähe das Beladen meiner Kameele überwachte, so hatte ich nicht nöthig, mich in das Getreibe zu mischen, sondern setzte mich mit dem Hadj Abd-el-Kader auf einen nahen Sandhügel, um zu warten, bis Alles aufgeladen war. Das ist am ersten Tage immer ein langes Geschäft, zumal wenn man eine so weite Reise vor sich hat wie von hier nach Rhadames und man auf so lange Zeit Wasser und Lebensmittel mitnehmen muss. Endlich war Alles in Ordnung und nachdem wir den Höchsten um seinen Segen gefleht für eine so lange und gefährliche Reise und ich dem Hadj Abd-el-Kader nochmals für seinen Schutz, den er mir zwei Monate lang hatte angedeihen lassen, gedankt hatte, setzte sich um 1 Uhr Nachmittags die Karawane in Bewegung.

Wir brachen in 90° Richtung auf, jedoch ging es nur langsam vorwärts, einerseits weil eine grosse Karawane nie schnell marschirt, dann weil am ersten Tage bald hier, bald da eins der Kameele von Neuem geladen werden muss, um Alles ins gehörige Gleichgewicht zu bringen. Unsere Karawane bestand hauptsächlich aus den mit Waaren, besonders Federn beladenen Kameelen eines reichen Rhadameser Kaufmanns, der jedoch heute selbst noch nicht mit uns aufbrach, sondern bloss seine Sklavin, von der er zwei kleine Kinder hatte, und seine Dienerschaft die Waaren begleiten liess. Die Sklavin, schwarz und noch jung, reiste mit ihren kleinen Kindern in einem Baldachin, der oben auf einem der Kameele angebracht war. Die Abwesenheit ihres Mannes, der sich Uld Heba nennt, gab ihr die Freiheit, den Teppich, mit dem man einen solchen ReiseBaldachin vorn zu bedecken pflegt, aufzuschlagen und uns ihr für eine Negerin hübsches Gesicht sehen zu lassen. Ausserdem waren mehrere andere Federhändler mit ihrer Waare gekommen, um sich uns anzuschliessen, dann eine Menge Tuareg oder Marabutin der Uled Sidi el-Hadj Faki, um die Karawane zu lenken. Unser Marsch war fortwährend im Rhaba oder Gebüsch aus Dommrahn bestehend.

Schon um 5 Uhr machten wir in der Nähe eines Hassi, Bu-Hass genannt, Halt und hatten hier Igesten nördlich von uns liegen. Dicht bei dem Hassi befand sich auch eine neu angelegte Palmenpflanzung, die gute Resultate zu geben versprach, denn die Bäume wuchsen kräftig empor. Wir hatten heute ungefähr 8 Kilometer zurückgelegt.

Den 30. Oktober. Heute brachen wir spät auf, ob mit oder ohne Absicht, kann ich nicht sagen; die Tuareg behaupteten, die Kameele hätten sich in der Nacht zu weit

zerstreut, da sie aber die Vorderfüsse zusammengebunden hatten, so war das wohl unmöglich, und ich glaube vielmehr, dass ihren Herren die etwas kühle Morgenluft nicht behagte. Auch die Nacht war sehr kalt gewesen, obgleich wir ein grosses Feuer in unserer Nähe angezündet hatten. Wir hielten uns heute in 75° Richtung. In der Wüste ändert der Weg selten die ein Mal gegebene Richtung und wenn man die kleinen Windungen abrechnet, so bleibt doch im Grossen die Richtung zwischen zwei Ländern, welche den Weg bezeichnet, eine schnurgerade, als ob sie vom Ingenieur mit dem Kompass wäre vorgezeichnet worden. Ich gebe daher hier auch nur die Hauptrichtung wieder, wie ich sie aus einer Reihe von Beobachtungen mit der Boussole, die ich vor mir zu Kameel habe, finde. Die Boussole ist in 360 Grade getheilt.

Um 9 Uhr Morgens setzten wir uns in Bewegung in der Richtung von 75°. Der Rand von Tademait fängt an, sich mehr gegen Norden zu entfernen, wir sind fortwährend noch im Dommrahn-Walde. Um 11 Uhr passiren wir den Hassi Bu-Ghirba, ohne uns jedoch dabei aufzuhalten, und kommen um 1 Uhr in Fogara el-Arb an, einem kleinen Dorfe, das zu unterscheiden ist von Fogara-Sua, welches nördlich vom ersteren liegt und von Abkömmlingen der Uled Sidi-Schich bewohnt wird. Fogara el Arb ist ein kleines, ärmliches Dorf von nur wenigen Häusern und Einwohnern und die fast durchweg jungen Palmen beweisen, dass das Dorf neuen Ursprungs ist. Man sieht von hier aus den Djebel Hauk el-Meheri noch ganz deutlich, er liegt in der Richtung von 270° hinter uns. Am 31. Oktober brachen wir noch später auf, denn die Tuareg machten hier noch allerlei kleine Handelsgeschäfte mit den Bewohnern, erst um Mittag konnten wir unsere Reise antreten.

Es hatten sich hier noch zwei arme Teufel aus Marokko zu uns gesellt, ein Vater mit seinem Sohne, die nach Mekka pilgern wollten und unvernünftiger Weise die Route über Tuat und die Wüste dazu eingeschlagen hatten. Waren sie schon in Ain-Salah sehr häufig meine Gäste gewesen, da sie absolut von allen Mitteln entblösst waren, so sah ich jetzt mit Schrecken diesen neuen Zuwachs für meine Küche, denn sie kamen, meine Gastfreundschaft anzuflehen, indem sie sich darauf beriefen, dass ich ja durch meinen langen Aufenthalt in Marokko gewissermaassen ihr Landsmann geworden sei und dass sie auf alle Fälle mit dieser Karawane reisen müssten, um noch frühzeitig genug in Mekka einzutreffen. Sie hatten Nichts als einen Sack voll Datteln, den ich überdiess noch auf eins meiner Kameele laden musste und dessen Inhalt sie zur Noth 10 Tage lang ernähren konnte. Diess musste mir Besorgniss einflössen, denn auf dem Wege zwischen Rhadames und Tuat ist absolut gar Nichts zu finden, wenn man über Bijod geht,

und selbst wenn man den Weg über die kleine Sauia Temassanin einschlägt, ist man nicht immer sicher, dort Lebensmittel, und wenn es auch nur die nothwendigsten, wie Korn und Datteln, sind, zu finden; sollten Reisende daher die Strecke zwischen Rhadames und Tuat zurücklegen wollen, so thun sie wohl daran, Lebensmittel auf einen Monat mitzunehmen. Diess war es aber nicht allein, was mir bange machte, sie hatten auch keinen einzigen Wasserschlauch bei sich und meine eigenen waren wohl für mich und meine Diener berechnet, jedoch nicht für zwei neue Zukömmlinge, die als Fussgänger ungleich mehr tranken als wir selbst, die wir beritten waren. Ich sagte ihnen daher, dass ich es versuchen würde, ihnen alle Tage zu essen zu geben, dass sie sich jedoch um Wasser auch an die übrigen Mitglieder der Karawane wenden müssten, weil ich sonst selbst zu kurz käme. So thaten sie denn auch und die Diener Si Ottmann's erklärten sich bereit, ihnen zu trinken zu geben.

Wir waren auch heute noch immer im Rhaba und langten um 2 Uhr beim Hassi Sidi-Djaffer an, ohne uns jedoch lange aufzuhalten, setzten wir unseren Marsch fort. Nach Süden zu haben wir, wie auch die beiden früheren Tage, immer endlose, jedoch mit Dommrahn bedeckte Ebene, eben so vor uns. Diess Terrain ist überall kultivirbar und ich bin überzeugt, dass sich auf geringe Tiefe Wasser findet; dazu ist die Gegend reich an Brunnen, die alle gutes Wasser haben. Um 4 Nachmittags haben wir Fogara-Sua gerade nördlich von uns liegen und gegen 5 Uhr Abends schwindet das Gebirge gänzlich aus den Augen. Wir lagern um 6 Uhr Abends.

Am 1. November schicken wir Morgens früh Leute und Kameele nach dem etwa 4 Kilometer in der Richtung von 20° von uns liegenden Brunnen Hassi-Mssaud ab, um alle unsere Schläuche zu füllen, denn von hier an haben wir auf mehrere Tage kein Wasser zu hoffen. Die anderen, beim Gepäck zurückgelassenen Leute entfernten sich ebenfalls, jedoch nicht allzu weit, um auf Heuschrecken Jagd zu machen, die sich Abends vorher in der Luft gezeigt hatten und nun Morgens erstarrt auf den Dommrahn-Büschen gefunden wurden. Diese Heuschrecke eine der auch in Deutschland vorkommenden grösseren Arten, gab uns einen erwünschten Zuwachs für unsere Küche. Man isst sie auf Kohlen geröstet, mit etwas Pfeffer und Salz bestreut, nachdem Kopf, Eingeweide und Flügel entfernt worden. So zugerichtet geben sie ein schmackhaftes Essen, man kann sich jedoch denken, dass Tausende von Heuschrecken dazu gehören, um einen hungrigen Magen zu füllen. Die Tuareg pflegen deshalb auch eine andere Prozedur anzuwenden, sie rösten sie, stossen sie zu Pulver und mischen diess Pulver mit Dattelmehl; ob diess indess ein für einen Europäer geniessPetermann's Geogr. Mittheilungen. 1866, Heft I.

bares Essen abgiebt, kann ich nicht sagen, denn obgleich mich die Vettern Sidi Ottmann's häufig einluden, an ihrem Heuschreckenmahl Theil zu nehmen, konnte ich mich doch nicht überwinden, es zu kosten. Geröstete Heuschrecken habe ich dagegen häufig gegessen und ich kann sagen, dass sie geniessbar sind, und bin der Überzeugung, dass, wenn die Franzosen erst direkte und schnelle Kommunikation mit der Grossen Wüste haben, die Heuschrecken als ein Leckerbissen auf den Speisekarten Chevet's figuriren werden.

Die Leute kamen endlich mit gefüllten Schläuchen zurück und um 1 Uhr setzten wir unseren Weg fort. Wir hielten uns fortwährend in gerader Ostrichtung. Nach kurzem Ritte verlassen wir den Wald und mithin die Grenze Tidikelt's und gelangen auf eine sanft nach Osten zu aufsteigende Hammada, Bir el-Hamra oder das Rothe Land genannt. So weit auch das Auge sucht, vergebens forscht es nach einem Baum oder Strauche, rings dehnt sich eine öde, mit kleinen scharfen Steinen bedeckte Ebene aus. Um 5 Uhr erblicken wir eine niedrige, von Norden nach Süden laufende Hügelkette vor uns, Hauk genannt, und erreichen dieselbe um 7 Uhr; nachdem wir sie überstiegen, kampiren wir am anderen Abhange, der kurz und schroff ist und dessen Abdachung sich im l'Ued Hauk, einem Arm des Massin, sammelt. Wir trafen im l'Ued Hauk einige TalhaBäume und gutes Futter für unsere Kameele.

Am 2. November brachen wir um 8 Uhr auf und zwar marschirten wir eine geraume Strecke mit dem l'Ued Hauk, bis derselbe nach Süden umbog. Wir steigen dann wieder sanft, bis wir um 11 Uhr einen Höhepunkt gewinnen, von dem aus wir den l'Ued Tuil erreichen. Dieser l'Ued Tuil ist der obere Lauf des l'Ued Massin, der wahrscheinlich die Bewässerung Ain-Salah's bewerkstelligt, indem er sich unterirdisch in Tidikelt ramificirt, bis er dann mittelst der Fogara an die Oberfläche befördert wird. Es war 1 Uhr, als wir das Bett des l'Ued Tuil erreichten, welches hinlänglich breit ist, jedoch ohne hohe Ufer. L'Ued Tuil heisst der Lange Fluss und in der That hat derselbe auch bis nach seiner Quelle hinauf einen ziemlich langen Lauf, namentlich wenn man auch noch den l'Ued Massin, der seine Fortsetzung ist, so nennen will, wie es die meisten Eingebornen thun. Wir verfolgen nun aufwärts gehend das Flussbett, das hier eine fast östliche Richtung (ungefähr 80°) hat. Um 3 Uhr passiren wir den Hassi Meltga, der jedoch seit Jahren trocken liegt, weil bei einem Kriege zwischen den Schaamba und Tuareg Erstere Kadaver und darüber Steine und Sand in den Brunnen geworfen haben. Um 2 Uhr hatten wir den Hassi Jersmellihl in gerader Nordrichtung auf ungefähr 2 Kilometer Distanz vor uns. Da unser mitgenommener Wasservorrath nicht bis zum Hassi Missiggen, wo wir heute kampiren, ausreichen konnte, so

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wurden Kameele und Leute abgeschickt, um andere Schläuche anzufüllen; wir Anderen setzten dann den Marsch fort, uns immer im Flussbette haltend, das ausgezeichnetes Kameelfutter hat, auch von einigen Vögeln bewohnt ist, unter anderen vom Kleinen Tonleiter (so nenne ich den kleinen schwarzen Vogel mit weissem Schwanze und Flügelspitzen, der sich zutraulich den Karawanen zu nähern pflegt und dann vier regelmässig absteigende Töne nach Art einer Tonleiter ausstösst). Um 7 Uhr Abends machten wir Halt und nahmen unser Lager im Flussbette selbst.

Am 3. November brachen wir wieder um 8 Uhr Morgens auf und marschirten am l'Ued Tuil hin, der 75° Richtung hielt. Wir sahen jetzt links von uns im Norden den Djebel Tedmait oder den hohen Rand, der die Hochebene Tedmait begrenzt und von Einigen auch hier noch Djebel Tidikelt benannt wird. Jedenfalls steht der Rand Tedmait mit dem Rand Tidikelt in engem Zusammenhange, er scheint jedoch bedeutend höher zu sein als dieser; ich denke, dass die relative Höhe wenigstens auf 800 Fuss angeschlagen werden kann. Wir selbst steigen auch fortwährend, jedoch sanft. Ich beschäftige mich den ganzen Morgen damit, im Walde des Flussbettes zu jagen, ohne jedoch auch nur ein einziges Stück Wild zu Gesichte zu bekommen, obgleich mir zahlreiche frische Gazellenspuren zeigen, dass diese Thiere noch vor Kurzem hier weideten. Gegen Mittag verlassen wir dann den l'Ued Tuil, indem wir unsere alte Richtung beibehalten, der Ued aber nach Nordosten abbiegt, von woher er entspringt. Um 1 Uhr erreichen wir den l'Ued Djemel, reich an herrlichem Futter für die Kameele, daher auch wohl sein Name, welcher Kameelfluss bedeutet; er kommt ebenfalls von Nordosten und ergiesst sich in den l'Ued Tuil. Um 2 Uhr passiren wir den l'Ued Djedj oder Hühner-Fluss. Er kommt ebenfalls von Nordosten und ergiesst sich wie der vorige in den l'Ued Tuil, erhält jedoch vorher emen ansehnlichen Nebenfluss von Süden aus der Hammada Ajemor, so heisst die endlose steinige Ebene,

die wir im Süden von uns haben. Im Norden haben wir immer noch den Djebel Tedmait und befinden uns nun selbst auf einer Hammada. Um 7 Uhr Abends endlich erreichen wir den l'Ued Srebra oder Hüttenfluss, wo wir unser Nachtlager aufschlagen.

Um 8 Uhr brachen wir am folgenden Tag auf und zwar hielten wir dieselbe Richtung wie am vorhergehenden. Nachdem wir den l'Ued Srebra verlassen, der ebenfalls in den Langen Fluss sich ergiesst, kamen wir auf eine Hammada, wie denn überhaupt das ganze Land Hammada ist, nur durch die schmalen Streifen der kleinen Flüsse, die sich in den l'Ued Tuil ergiessen, unterbrochen. Von hier an jedoch bis nach dem l'Ued Irharhar ist die Abdachung nach Osten zu, d. h. vom Djebel Tedmait aus läuft ein

hoher Rücken südlich nach der Hammada Ajemor, und dieser höchste Punkt ist beim l'Ued Srebra, wie ich aus meinen Barometer-Beobachtungen ersehen konnte. Von hier aus, d. h. vom l'Ued Srebra, dacht sich nach Osten die Hammada bis zum l'Ued Irharhar, nach Westen bis zum l'Ued Msaud ab. Es steht diess zwar im Widerspruch mit dem Laufe des l'Ued Mochamla und l'Ued Bu-el-Assas, die nach den Aussagen der Tuareg sich ebenfalls noch in den l'Ued Tuil ergiessen sollen, ich muss indess die Thatsachen wiedergeben, wie ich sie mit dem Barometer in der Hand beobachtete. Den l'Ued Mochamla erreichten wir um 10 Uhr; da wo wir ihn passirten, floss er von Norden nach Süden. Um 12 Uhr passirten wir den l'Ued Bu-el-Assas, der wie der vorige nach Süden fliesst und nach der Aussage der Tuareg sich in den l'Ued Tuil ergiesst. Um 1 Uhr erreichen wir den l'Ued Fidah, der ebenfalls von Tedmait kommend nach Süden fliesst, passiren dann noch mehrere kleine Flüsschen und kommen um 4 Uhr an den l'Ued Lefaia, wo wir kampiren. Im Süden zeigt man mir den Djebel Bu-Assas, doch in einer Entfernung von mindestens. 40 Kilometer. Da wir uns sehr hoch befanden, so waren die Nächte ausserordentlich kalt, obwohl das Thermometer noch nicht bis auf Null herabsank.

Der l'Ued Lefaia kommt von Ostnordost und fliesst gegen Westen. Am 5. November brechen wir um 9 Uhr auf und halten den ganzen Tag die Richtung von 70° ein. Wir haben nach Süden zu fortwährend eine trostlose Ebene, die Ajemor, doch taucht ein niedriger Gebirgszug auf etwa 10 Kilometer Distanz, von SW. nach NO. laufend, auf und scheint unseren Weg vor uns schneiden zu wollen. Im Norden geht der sehr kompakte Rand Tedmait in eine niedrige Hügelkette über, die auf eine Distanz von etwa 15 Kilometer dieselbe Richtung behält wie unser Weg, der wie immer über eine öde Steinebene führt. Um 10 Uhr passiren wir den l'Ued Mora, von Tedmait kommend und nach Süden gehend, um 11 Uhr ein anderes, jedoch unbedeutendes Flussbett. Um 12 Uhr kommen wir an die Zweige des l'Ued Ajrab.

Einer derselben kommt von Norden, einer von Osten, einer von Süden; nach ihrer Vereinigung biegt der Ajrab selbst nach Süden um. Nach den Aussagen der Tuareg sollen selbst diese Flüsse sich alle noch in den l'Ued Tuil ergiessen. Die Eingebornen, die ich fragte, wie das käme, da wir doch seit dem l'Ued Srebra bergab gingen, diese Flüsse sich also wahrscheinlich in die Ebene Ajemor und nicht in den l'Ued Tuil ergössen, sagten mir, dass der höchste Punkt, die Wasserscheide, beim Djebel Uidian sich befinde, einem kleinen Felsen, den wir gestern zwischen dem l'Ued Mochamla und l'Ued Buel-Assas dicht am Wege zur Rechten liegen liessen. Von 12 bis 32 Uhr ist unsere Hammada durch Nichts unter

brochen, wir befinden uns immer auf einer Ebene, die, wenn man sie von den kleinen scharfen Steinen befreite, als grosser Tanzsaal dienen könnte. Gegen 4 Uhr erreichen wir die zahlreichen Arme des l'Ued Sitt oder Ain-Sitt, obgleich hier am Wege keine Quelle vorhanden ist. Die meisten dieser Flüsschen haben jedoch bei ihrem Ursprunge Hassi oder Brunnen, daher man sich nicht über Namen wundern muss, die auf Wasser hindeuten, wenn man auch keines findet. Überdiess bin ich überzeugt, dass sich in der grossen Mehrzahl dieser Flüsse das Wasser in geringer Tiefe befindet, Brunnen also mit leichter Mühe angelegt werden könnten. Um 51⁄2 Uhr kampirten wir im östlichsten Arm des l'Ued Ain-Sitt, der reich an gutem Kameelfutter und Brennholz war.

Wir brechen am 6. November um 83 Uhr auf und zwar in der Richtung von 80°. Das Gebirge im Süden, Djebel Irauen, fängt an, sich mehr zu präcisiren, und kommt an Höhe den Hügeln gleich, die nördlich von uns unsere Begleiter sind. Wir selbst marschiren wie immer auf einer mit schwarzen Steinen bedeckten Ebene. Trostloses Land! Wann wird die Zeit kommen, wo die Chemie die Mittel an die Hand geben wird, Steine, Felsen im Grossen in fruchtbare Erde zu verwandeln, damit auch diese Theile der Erde, die dann eine Bevölkerung von Millionen ernähren könnten, bevölkert werden?

In der Ferne taucht jetzt die Areg-Kette, die uns vom Hassi Missiggen trennt, vor uns auf und wir erreichen um 1 Uhr den Sebcha Missiggen, durch dessen Mitte sich der Areg hinzieht. Der Areg ist zwar nicht sehr breit, nimmt uns aber viel Zeit weg, um die Kameele hindurch zu treiben, da dieselben nur mit vieler Schwierigkeit bergauf und bergab gehen können, namentlich wenn sie schwer beladen sind. Ein Meheri, wie unser Karawanen-Chef, ein Vetter Si Ottmann's, ein solches reitet, geht freilich über die Dünen hinweg wie das flinkste Pferd, es hat aber auch nur seinen Reiter auf einem kleinen, vor dem Buckel angebrachten Sattel zu tragen. Obgleich die Tuareg glauben und behaupten, dass ein Meheri (so nennt man die zum Reiten dressirten Kameele) dem schnellsten Pferde im Laufe an Geschwindigkeit gleich komme, so ist das doch wohl nicht haltbar. Das Kameel ist nie so abzurichten, dass man es lenken könnte, wie ein Pferd, und es führt seinen Reiter trotz des eisernen Ringes, der im rechten Nasenloche angebracht ist, um es damit zu lenken, bald rechts, bald links. An Ausdauer im Laufen übertrifft es aber bei weitem das Pferd und wohl alle Thiere, denn die Strausse, doch auch gewandte Schnellläufer, werden von den Imrad und Hogar nur zu Kameel gejagt, und zwar verfolgt der Reiter mit seinem Meheri den Strauss so lange, bis dieser erschöpft niederfällt.

Nachdem wir uns durch den Areg glücklich hindurchgewunden hatten, lagerten wir um 31⁄2 Uhr in der grossen Ebene Missiggen, etwa 2 Kilometer östlich vom Hassi, weil es dicht bei demselben kein Brennholz für unsere Küche gab. Der Missiggen, von Norden kommend, scheint keinen langen Lauf zu haben, da er sein unterirdisches Wasser in eine grosse Ebene verbreitet, die im Süden durch das gestern schon erwähnte Gebirge Irauen begrenzt wird.

Wir haben heute Rasttag hier, der von Westen kommende starke Wind führt uns indess fortwährend aus erster Hand so starke Staubwolken zu, dass man die Ruhe wenig geniessen kann. Alle die Flüsschen, die wir bisher überschritten haben, werden von den Sgomaren dann und wann als Weideplätze benutzt, von hier an nach Osten zu jedoch fängt das Gebiet der Uled Sidi el-Hadj Faki an. Der Hassi Missiggen wird von weit und breit her frequentirt, obgleich das Wasser purgirt, als ob man ein Abführungsmittel nähme. Wir sind daher von hier bis Abiod, dem nächsten Brunnen vor uns, zu einer Abführungskur verdammt und alle fangen wir schon an, die Wirkung dieses bitteren Wassers, dessen Kraft durch die Dattelnahrung noch verstärkt wird, zu empfinden.

Sauia Temassanin, den 16. November. Obgleich wir am 8. November aufbrechen sollten, machen die Tuareg es doch möglich, uns einen zweiten Rasttag aufzuzwingen, mir sehr unerwünscht, da der Westwind fortwährend noch anhielt und Staub und Sand Alles durchdrang; die AregKette war kaum 3 Kilometer von uns entfernt und kleinere Dünen durchzogen selbst allerwegs die Missiggen - Ebene. Die Tuareg liessen nämlich zwei Kameele sich verlaufen oder sagten uns wenigstens, dass sich zwei Kameele verlaufen hätten; natürlich mussten wir warten, bis sie wieder aufgefunden waren, und darüber ging der ganze Tag verloren. Trotz des dichten Staubes, der uns manchmal die Luft so verfinsterte, dass man auf eine Entfernung von 10 Schritt Nichts mehr sehen konnte, machte ich mich auf, den Brunnen selbst zu besuchen. Dicht beim Hassi, der eine Tiefe von 10 Meter haben kann, liegen zwei Marabutin begraben, einer Namens Si Abd-el-Kader vom Stamme der Hadj Faki, der andere von den Uled Sidi-Schich abstammend. Der Brunnen hat zu jeder Zeit Wasser.

Am 9. November fanden es unsere Tuareg für gut, aufzubrechen. Wir traten unseren Marsch um 92 Uhr in gerader Nordost-Richtung an. Ich erfuhr nun auch, warum sie den vorigen Tag nicht hatten aufbrechen wollen; sie hatten nämlich geglaubt, dass ihre Stammesgenossen, die Uled el-Hadj Faki am Missiggen weideten, und nach Norden und Süden Leute ausgeschickt, um sie unsere Auskunft wissen zu lassen. Da sie aber nirgends am Missiggen zu finden waren, so fiel jeder Grund zur Verzögerung unserer

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