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mit luftigen Mattenhütten der Sauakiner bedeckt, die mit ihren Familien das Meer im Juli verlassen und im Oktober und November wieder dahin zurückkehren. Milch und Fleisch ist dann immer in Überfluss zu haben, eben so etwas Tabak, Wohlgerüche, Kaffee, Baumwollzeuge und Glasperlen. Auch Schmiede und Goldarbeiter etabliren sich für kurze Zeit in O'-Kuak, welch' letztere Silberfiligranschmuck für die Damen Sauakin's und der Wildniss fertigen. Wir fanden hier den Gouverneur von Sauakin, Soliman Bek, den ich schon vor Jahren kennen lernte und der uns auf das Liebenswürdigste empfing und mit Allem versorgte, was O'-Kuak zu bieten vermag. Auch der Buluk erwies uns alle möglichen Aufmerksamkeiten.

Vier Strassen führen aus diesem Thal nach Sauakin, die nördlichste,,,Darb Sáni", soll die beste, aber auch die weiteste sein, dann folgt nach Süden zu Darb Abén, Darb Ghob oder Qob mit einem schönen Wasserplatz, umgeben von Hochbäumen, die südlichste heisst Taminíb; die beiden letztgenannten sind für Lastkameele kaum praktikabel. Wir wählten Darb Abén, hielten aber am 21. September in O'-Kuak Rasttag.

22. September. In NO. durchzog die Karawane das hier wohl 2 Stunden breite Thal von Adíd, dem wir 4 Stunden lang folgten, um dann in ein Seitenthal nach Osten einzubiegen, in dessen Mündung ein altes Gräberfeld sich befindet, und wir erstiegen nach 10 Meilen Marsch einen Pass, der sehr steil nach Osten in eine enge, tiefe Schlucht abfällt. Zur Rechten liessen wir auf geringe Entfernung einen hohen Berg mit zwei Felszacken, der mir Baran-Aueb benannt wurde. Das Hinabsteigen ins jenseitige Thal ging Anfangs sehr langsam von Statten. Hier auf der dem Rothen Meer zugekehrten Seite des Gebirges verändert sich plötzlich der botanische Charakter der Gegend vollkommen. Riesige Qolqual-Euphorbien (ich glaube, obgleich ich diese Art hier nicht in Blüthe gesehen habe, dieselbe zu E. abissinica rechnen zu dürfen, der sie in Grösse und Astbildung vollkommen gleicht; Beurmann behauptet in den „Geogr. Mittheilungen" 1862, S. 54, das Gegentheil, hat aber gewiss nie Gelegenheit gehabt, den eigentlichen Qolqual zu sehen; er will überdiess hier eine „,,Cactus - Formation" beobachtet haben, obgleich in ganz Afrika auch nicht Eine Cactus-Art heimisch ist) erheben stolz ihre vielkantigen Äste, mehrere zierliche Aspergillum, Stapelien und Asclepien ranken sich an Baumgruppen hinauf, aber das Auffallendste war mir hier eine Pflanzenform, die ich nur für Dracaena halten kann. Jüngere Pflanzen, die noch keine Äste getrieben haben, gleichen mit ihrem einzigen palmenartigen Blätterbüschel auffallend dem jungen Rhynchopetalum der Gebirge von Semién; der Stamm der grösseren, älteren Bäume wuchert meist in Klüften und Felsspalten, er erreicht wohl

nicht über 7 bis 8 Fuss Höhe, theilt sich dann gewöhnlich in zwei und zwei Verastungen in fast horizontaler Richtung, die Äste selbst zeigen nicht selten noch eine Bifurkation, sie sind kurz und dick, ziemlich glatt und ohne Blattscheiden-Ringe mit Ausnahme des stumpfen oberen Endes, auf dem ein oder zwei enorme Blätterbüschel sitzen. Das einzelne Blatt ist schwertförmig, 1 bis 1 Fuss lang, wenig dick (doch viel dicker als Dompalmen-Blätter), auf der inneren Seite etwas hohl, auf der äusseren gerundet und gegen die Spitze hin stumpf-dreikantig. Die Rinde des Stammes ist ziemlich lichtbraun, bei jüngeren Pflanzen glatter und lichter, bei älteren mit vielen horizontalen und Längsrissen. Frische Blumen und Früchte sah ich nicht, beide sollen gelb sein und letztere gegessen werden; dagegen fand ich nicht selten alte, abgestorbène, an 3 Fuss lange Blüthenschosse, an denen noch deutlich die mehrere Zoll langen Fruchtstiele, nicht dicht, rispen- oder traubenartig stehend, zu erkennen waren. Diese Blüthenschosse scheinen nicht senkrecht in die Höhe zu schiessen, sondern mehr horizontal mit abwärts gerichteter Spitze. Der Baum heisst hier O'mbet oder Om-bett. Ich schnitt einen Stamm an, aus der Wunde floss aber kein Saft, auch die Blätter sind nicht sehr fleischig und saftig. Tausende dieser Bäume bedeckten die engen Thalschluchten und Gipfel, oft malerisch gruppirt mit Qolqual-Euphorbien; die Standorte schlage ich auf 2500 bis 4000 Fuss an.

Noch muss ich hier eines in zoo-geographischer Beziehung merkwürdigen und wichtigen Umstandes erwähnen. Ich schloss beim Heruntersteigen durch die engsten und schwierigsten Passagen unseren Zug und kletterte eben zu einem mir nahe stehenden O'mbet-Baum hinauf, um einige Blätter abzuschneiden, als eine Kette von Steinhühnern vor mir aufging. Ich war nicht zur Jagd vorbereitet, war aber doch noch so glücklich, ein weibliches Individuum, das sich von den rasch unter Felsplatten verschwindenden Hühnern getrennt hatte, zu erlegen, und ich glaube in diesem Exemplar die West-Asiatische Perdix Hayi Temm. zu erkennen, eine der niedlichsten Felshühner-Arten, die mich in Arabien schon so manchen Schuss Pulver gekostet hatten. Bis jetzt ist (Algerien ausgenommen) meines Wissens kein Steinhuhn aus Afrika bekannt; das Subgenus Chacura ist immer als rein Süd-Europäisch-Asiatischer Typus betrachtet worden.

Doch kehren wir in das Wadi Abén zurück, dem wir in vielen kleinen Windungen in ONO., immer ziemlich steil absteigend, folgen. Zwei Meilen nach der A'taba (Übergang) kamen wir an einer klaren, aber brackischen Quelle vorüber, 11⁄2 Meilen Weges später an einer zweiten, nach und nach wird das schluchtartige Thal etwas weiter und nach 73 Stunden Marsch (von O'-Kuak) wird Nachtquartier gemacht (Station XXI).

Sonntag, 23. September. Immer auf Geröllmassen des Wadi Abén weiter, im Allgemeinen in NO. zu O. Nach einer Meile wird ein Ausläufer der Gebirgskette links überschritten, um einen Bogen des Thales nach Süden abzuschneiden, in weiter Ferne zeigt sich bereits als nebelblauer Streif am Horizont das Rothe Meer, nach fast fünfstündigem Marsch bleibt eine eigenthümliche hellgraue bröcklige Granitmasse links vom Weg, nach 5 Stunden haben wir die zwei Spitzen des Baran - Aueb in WSW., das Abén-Thal wird bis 2 Meilen breit, die Gebirge niedriger und kahl, die Dracänen haben aufgehört und nur im Thal ist eine etwas spärliche Mimosen-Vegetation. Nach sechsstündigem Marsch lassen wir den Brunnen Debréd zur Linken, halten uns fast direkt östlich und treten ganz in die mässig zum Meer abfallende Ebene ein, deren Pflanzenwuchs mehr und

mehr abnimmt, und nach elfstündigem Marsch erreichen wir in sinkender Nacht die Sykomoren am Brunnen Schădé bei Sauakin, nur 11⁄2 Meilen von der Hafenstadt selbst, wo wir den anderen Morgen einzogen.

Über die zoologischen Beobachtungen während der Reise von Berber nach Sauakin habe ich einen besonderen Bericht an Dr. Hartlaub in Bremen erstattet 1), einige botanische Notizen an Dr. Theodor Kotschy in Wien geschickt, der dieselben gleichzeitig mit einer Abhandlung über die von mir der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften eingesandte Sammlung von Pflanzen aus Central-Afrika zur Kenntniss der gelehrten Welt bringen wird.

1) Publicirt in Cabanis' Journal, Januar-Heft 1865, SS. 42-45, auszüglich in „Geogr. Mitth." Ergänzungsband III, Nr. 15, S. 39.

Die „Cordillera pelada", das „Kahle

Gebirge", der Provinz Valdivia.

Von Friedrich Philippi in San Juan (Valdivia) 1).

Seit mehreren Jahren schon wünschte ich den Gipfel des Küstengebirges zwischen Corral und dem Rio bueno zu sehen, da dasselbe nach den Berichten der wenigen Personen, welche diese gänzlich unbevölkerte Strecke durchkreuzt haben, auffallend verschieden sein sollte von den übrigen Theilen der Provinz, die ich besucht hatte, und so entschloss ich mich Ende Oktober des verflossenen Jahres 1864, meinen Bruder auf einer Reise zu begleiten, die derselbe nach Hucicolla mit Maulthieren unternahm, um dort,,mariscos" (Seethiere und Seepflanzen, welche in der Provinz so wie in ganz Chile sehr gern gegessen werden) zu holen und dadurch mehr Abwechselung in das Essen unserer Knechte zu bringen.

Die Personen, welche Mariscos holen wollen, fahren gewöhnlich in Canoas, d. h. blossen ausgehöhlten Baumstämmen, den Rio bueno hinab bis kurz vor seiner Mündung und gehen dann zu Fuss am Ufer entlang, bis sie einen passenden Ort finden, wo sie eine hinreichende Menge des essbaren Seetangs finden, was bisweilen eine Tagereise weit ist; dort

1) Bei Übersendung dieses Aufsatzes schrieb uns Herr Dr. R. A. Philippi:,,Er betrifft den Theil des Küstengebirges, welcher zwischen den Flüssen Rio bueno und Futa, den fruchtbaren Llanos und dem Meer liegt, ein grosses, von Glimmerschiefer gebildetes, zum Anbau gänzlich ungeeignetes Plateau, auf welchem ungeachtet seiner nicht sehr bedeutenden Erhebung zum grossen Theil die Vegetation des Feuerlandes vorkommt, die doch in dem unter gleicher Breite liegenden Theil der Hohen Cordillere nur einzelne Repräsentanten zeigt. Mein ältester Sohn hat diese sogenannte Cordillera pelada im November vorigen Jahres durchkreuzt und ich habe mit ihm im Januar den grössten Theil derselben zum zweiten Mal besucht und so einige seiner Beobachtungen ergänzen können.”

hin müssen sie ihre Lebensmittel auf dem Rücken schleppen und eben so müssen sie nachher die gemachte Ernte auf dem Rücken wieder bis zu ihrer Canoa tragen 1). Andere ziehen es vor, zu reiten und Maulthiere mitzunehmen, und durchkreuzen das Küstengebirge auf dem einzigen schmalen Pfad, der durch dasselbe führt und der sehr wenig begangen ist, da die meisten Mariscos-Sucher arme Leute sind, die keine Maulthiere besitzen. Wir zogen diesen Weg aus dem Grunde vor, weil er nach einer Stelle der Küste führt, bis wohin die Marisqueros, welche den Rio bueno hinabfahren, nicht gelangen, und wir daher hoffen durften, in kürzerer Zeit den gewünschten Vorrath Seetang und Muscheln sammeln zu können.

Die Jahreszeit war zwar noch nicht weit genug vorgerückt, um mit Sicherheit auf gutes Wetter rechnen zu können, wir ritten aber dennoch den 29. Oktober von Hause fort, um die Ersten am Platze zu sein. Es hatte die beiden vorhergehenden Tage ziemlich stark geregnet, am Morgen des 29. aber heiterte der Himmel sich plötzlich auf und es

1) Im Januar 1853 habe ich einen Theil dieses Weges, nämlich vom Rio bueno bis Lamihuapi, gemacht; man kommt an einer Stelle an einen in das Meer vorspringenden Felsen, wo man eine senkrecht abfallende Wand in der Länge von etwa 20 Schritt passiren muss, indem man mit den Zehen auf die schmalen Vorsprünge derselben tritt und sich mit den Händen an die aus den Spalten hervorwachsenden Sträucher hält; etwa 15 Fuss tiefer branden die Wogen an grossen Steinen. Man begreift kaum, dass Menschen mit schweren Lasten diese Strecke passiren können. Ich und meine beiden Reisegefährten, wir getrauten uns längere Zeit nicht, diess zu wagen, indess unser Führer ging voran, kam wieder, redete uns zu und am Ende kamen wir ganz gut herüber.

Dr. R. A. Philippi.

wehte ein ziemlich starker Südwind, der uns Hoffnung auf ein Paar Tage schönes Wetter gab, die wir benutzen wollten. Alle Vorbereitungen waren bereits getroffen, so dass wir um 9 Uhr Morgens fortreiten konnten.

Die ersten anderthalb Stunden Weges bis zum Bach Estero de las Trancas bieten wenig Interessantes dar. Man kommt über den Hügelrücken von Pilpilcahuin, der ziemlich stark bevölkert ist, namentlich von Indiern, und dieselbe Vegetation wie der fruchtbare Theil der Provinz zeigt. Die Hälfte der Hügel ist mit reichem Graswuchs bedeckt, in welchem zahlreiche Chilenische Erdbeeren blühten, die andere ist Wald, hauptsächlich von Roble (Fagus valdiviana), Laurel (Laurelia aromatica), Ulmo (Eucryphia cordifolia), Lingue (Persea Lingue), Nogal (Lomatia obliqua), Notru (Embothrium coccineum), Pelú (Edwardsia Macnabiana), Avellano (Guevina Avellana), Boldo (Boldoa fragrans), Chacai (Colletia crenata), Maqui (Aristotelia Maqui) und einzelnen Tique oder Palomuerto (Aegotoxicum punctatum). Das Erdreich besteht aus vulkanischem oder basaltischem Tuff, der mit einer mehr oder weniger dicken Schicht Dammerde bedeckt ist und, wie man in einigen Schluchten sehen kann, auf dem Cancagua, einem tertiären Thonsandstein, aufliegt, demselben, der bei Coronel, Lota u. s. w. so mächtig entwickelt ist und die wichtigen Steinkohlen- oder vielmehr Braunkohlen - Bergwerke Chile's enthält. Hier zeigt er nur schwache Spuren von Kohlen, ohne andere organische Reste. Etwa eine halbe Viertelstunde vor dem Bach de las Trancas fängt der Glimmerschiefer an und mit ihm der Coigue (Fagus Dombeyi), nächst dem Alerce der kolossalste Baum Chile's, denn Stämme v n 5 und 6 Fuss Durchmesser sind keine Seltenheit.

Der Estero de las Trancas, dessen einheimischer Name Collüco (Rothwasser) ist, entspringt ein Paar Stunden weiter nördlich und läuft ziemlich von Nord nach Süd, jedoch mit einer Krümmung nach Osten, und nachdem er die von Osten kommenden Bäche Futaco und Quilquilco (eigentlich Külkülco, Farnwasser) aufgenommen, wendet er sich nach Westen, behält diese Richtung etwa 1 Stunde Weges bei und ergiesst sich dann in den Rio bueno. Er war in Folge des Regens der vorhergegangenen Tage so angeschwollen, dass das Wasser den Pferden bis über den Bauch reichte und dass zwei Knechte, die kleine Pferde hatten, durchschwimmen mussten.

Nachdem der Weg diesen Bach passirt hat, wo das letzte Haus steht, steigt er allmählich, aber ohne Unterbrechung, und erreicht nach 1 Stunden den kleinen Estero de las Lajas (Schieferbach). Der Boden besteht ganz aus Glimmerschiefer, der mit einer dickeren oder dünneren Schicht eisenschüssigen Thones bedeckt ist, auf welchem die Dammerde aufliegt. Hier ist man schon im Urwald, die

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Boldos sind verschwunden, häufig sind die Nogales oder Ralrales und Avellanos, in deren Schatten der kleine Rubus geoides mit rosenrothen Blumen und grüngelben, ziemlich schmackhaften Früchten wächst, der in der Südspitze Amerika's den Rubus arcticus oder Chamaemorus repräsentirt; Coigues vermischen sich mit den Robles, Ulmos und Laureles und ab und an sieht man die Chusquea valdiviensis bis 30 Fuss hoch in die Bäume steigen. (Das artenreiche Geschlecht Chusquea repräsentirt in Chile die Bambusen der Tropen, es sind Gräser mit immergrünen Blättern und holzigem soliden, nicht hohlen Stamm, sehr geschätzt als Viehfutter und zu manchen ökonomischen Zwecken brauchbar.) Häufig genug war die Copigue (Lapugeria rosea), die in Europa noch so theuer bezahlt wird, aber da sie im Herbst blüht, zeigte sie ihre rothen lilienartigen Blumen noch nicht, wogegen fast auf allen Baumstämmen aus dem Moose die weissen Blüthensterne des Azahar (Luzuriaga radicans) hervorleuchteten, denen später Früchte gleich rothen Korallen folgen. (Die zähen, in den Spalten der Baumrinden entlang laufenden Stengel dienen zum Flechten von Körben und in Chiloe werden daraus Stricke und Taue gemacht; dort heisst die Pflanze Quelineja.) An den Seiten des Weges blühten die reizenden, aber geruchlosen Viola rubella mit rothen, V. Portalesii mit blauen und V. maculata mit goldgelben Blumen. Höher hinauf verschwinden die Notrus, Avellanos und Laureles, man sieht an deren Stelle Tineos (Weinmannia trichosperma), Tiacas (Caldeluvia paniculata), einige Pitrapitras (Eugenia planipes), Lumas (Myrtus Luma) und Tayus oder Palos santos (Flotonia diacanthoides). Die beiden letzten Bäume gelangen hier zu kolossalen Dimensionen, ihre Stämme erheben sich schlank wie Mastbäume wohl 100 Fuss hoch und haben nicht selten einen Durchmesser von 2 Fuss. Die Chusquea valdiviensis macht der Ch. Quila Platz, die noch undurchdringlichere Büsche bildet, aber selten über 8 bis 10 Fuss hoch wird, und die Robles und Coigues ersetzt der Reülí, welcher vielleicht eine andere Art ist als der gleichnamige Baum der Provinzen Concepcion, Nuble u. s. w. (Fagus procera); an die Stelle des Laurel tritt der Vauvan (Laurelia serrata), der ein viel schlechteres Holz hat; der Meli (Myrtus Meli) wird häufig, der sich durch seine weisse Rinde schon von Weitem vom Luma unterscheidet und ein eben so kostbares Holz liefert; man sieht ein Paar Pflanzen der höchst giftigen Latue (Lycioplesium puberulum Griseb., Latua venenosa Ph.), den ,,Hexenbaum", Palo de las Brujas, der Chiloten, den man unglücklicher Weise, wenn man ihn ohne Blüthen und Frucht sieht, nicht wohl von der Flotowia unterscheiden kann, deren Rinde bei Quetschungen u. s. w. gebraucht wird, so dass bisweilen Vergiftungen entstehen. Hier findet man auch einzelne Maitenus magellanica, einen niedrigen Baum

mit sehr hartem Holz, daher ihn auch die Chilenischen Kolonisten in der Magellan-Strasse Leño duro nennen (die Feuerländer machen ihre Bogen daraus), ferner den Aromo de Castilla (Azara lanceolata, bei Gay vergessen) und zwei Nadelhölzer: Saxegothea conspicua und Podocarpus nubigena, die beide den Namen Mañíu führen. Unter den kleineren Pflanzen fielen mir auf die Decostea racemosa Ph., die sich sehr leicht und wesentlich von der, so viel ich weiss, nur in Chiloe wachsenden D. ruscifolia unterscheidet, und zwei kleine immergrüne Schmarotzersträucher, die fast ausschliesslich auf Myrten leben: Eremolepis verrucosa Griseb. und Lepidoceras Kingii.

Bis zum Estero de las Lajas war der Weg trocken und so breit, dass zwei Joch Ochsen bequem neben einander her gehen konnten, aber nun wurde er eng, die Zweige trafen oft von beiden Seiten zusammen, so dass man sich alle Augenblicke bücken musste, um darunter wegzukommen, namentlich in der Quila, und an vielen Stellen füllte den Weg ein flüssiger Schlamm, der den Pferden bis an den Bauch reichte. Hier ist der ,,Teufelshollunder", Sahuco del diablo (Aralia laetevirens), häufig, ein kleiner Baum mit zierlichem Laub, und man kommt durch die ,,Kirchthür", Puerta de la Iglesia, zwei Bäume, einen auf jeder Seite des Weges, die in gleicher Höhe einen Zweig gegen einander entsenden, die sich verflechten. Wir liessen links den Weg nach der ,,Cordillera vieja" oder „,Quema del Leon", einer an AlerceBäumen reichen Stelle, die jetzt schon ganz ausgebeutet ist, und folgten dem Weg nach der „Cordillera nueva", wo jetzt das meiste Alerceholz geschlagen wird. Bald waren wir in Huallihuapi, einer kleinen offenen Ebene, die von jungen Cipres (Libocedrus tetragona) und jungen Alerce (Fitzroya patagonica) eingefasst ist und durch welche sich ein kleiner Bach schlängelt.

Huallihuapi ist für den Botaniker sehr interessant. Der Notru (Embothrium coccineum) war gerade: mit seinen scharlachrothen Blüthen über und über bedeckt, auch blühte die niedliche Eugenia correaefolia, die später gelbe Beeren bekommt, und eine Varietät der Berberis buxifolia, während Escallonia montana Ph. und Pernettya tenuifolia noch zurück waren. In diesen Büschen wächst in Menge Mertensia glaucescens, ein Farnkraut, welches wohl verdiente, in die Europäischen Gärten eingeführt zu werden. Häufig ist die Baccharis magellanica, ein ziemlicher Strauch, und zwischen den niedrigen Gräsern: Danthonia chilensis, Festuca purpurascens, Trisetum depauperatum Ph., Isolepis n. sp., Oreobolus clandestinus Ph., Uncinia n. sp., Juncus oliganthus Ph., kriecht die niedliche Myrtus nummularia der Magellan-Strasse und der Falkland-Inseln, die in diesem Theil Amerika's das Europäische Vaccinium oxycoccus repräsentirt. Das hübsche, blau blühende Homoeanthus viscosus, Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1866, Heft V.

die goldgelbe Viola maculata und Ranunculus peduncularis, der von der Magellan-Strasse bis in die nördlichen Provinzen Chile's vorkommt, aber dort nur in der hohen Cordillere gefunden wird, vollenden so ziemlich das Bild der Vegetation. Da in Huallihuapi etwas Quila wächst, so ist es ein Ruhepunkt für die Breterschläger, die hier ihre Ochsen und Reitpferde etwas weiden lassen, während sie ihr Frühstück zu sich nehmen, das meist ein Ulpo ist, d. h. Mehl von geröstetem Weizen mit Wasser angerührt. Wir thaten ein Gleiches.

Weiterhin wurde der Weg sehr schlecht, grossentheils flüssiger Schlamm, und so verwachsen, dass man fast beständig gebückt reiten muss. Man sieht einzelne Alerces, von denen einer, der ,,palo del husillo", die Aufmerksamkeit auf sich zieht, weil sein Stamm wie ein Pfropfenzieher gedreht ist. Hier blühte in Menge die schöne Tecoma valdiviana Ph. (Campsidium chilense Seem.). Nachdem wir noch eine recht schlimme Stelle passirt hatten, wo der Schlamm den Pferden bis an die Mitte des Bauches reichte, wo ich aber eine neue Cardamine fand, die sogenannte Hualleria (weil hier viel junger Reülí wächst), wurde der Weg trockener. Er theilt sich bald in zwei; der eine geht nach Norden zu der noch 3 bis 4 Stunden entfernten Cordillera nueva, der andere wendet sich nach Westen, nach der Cordillere von Chantraiguen oder Thanthaiguen und nach dem Meer. Diesen schlugen wir ein und nachdem wir einige kleine Bäche und schlammige Stellen hinter uns hatten, kamen wir nach einer offenen Stelle, wo ein Waldbrand Statt gefunden hatte und wo jetzt die hübsche Myrtus Krausei Ph., die Luzuriaga erecta und weiterhin die reizende Anemone hepaticaefolia wuchsen, deren Blätter meines Erachtens mehr denen des Epheu als denen der Leberblume ähneln. Von Huallihuapi an bis hierher ist der Weg im Ganzen eben, nun senkt er sich etwas und steigt über grosse Blöcke von Glimmerschiefer, die mit Columnea ovata bedeckt sind, hinab zum Bache Chantraiguen, der nach Norden fliesst und sich wahrscheinlich in den Futa - Fluss ergiesst. Eine ganze Stunde hatten wir sodann steil hinan zu steigen. Auf diesem Abhang erschien zum ersten Mal die schöne Philesia buxifolia, deren rosenrothe Lilien kaum kleiner als die Blumen der Copigue sind und die von nun an lange Zeit uns begleitete, auch bemerkte ich einen Tayu (Flotonia diacanthoides), dessen Stamm beinahe 5 Fuss Durchmesser hatte und der wahrscheinlich der grösste Baum unter den Synanthereen ist.

Auf der Höhe angekommen hatten wir eine der grossartigsten Aussichten. Nachdem wir vom Estero de las Trancas an Nichts als Wald und Bäume gesehen hatten, erblickten wir mit einem Mal über den Abhang hinweg die unendlichen Llanos und dahinter die hohe Cordillere mit ihren

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beschneiten Gipfeln, Hörnern und Nadeln. Daher heisst dieser Punkt der ,,Mirador". So grandios diese Aussicht auch ist, so hat sie doch etwas Melancholisches, denn Nichts verräth die Existenz von Menschen auf dieser immensen Strecke und auch das thierische Leben scheint erstorben. Nirgends erblickt man ein vierfüssiges Thier, keinen Vogel hört man, noch sieht man einen im Laubdach, nur selten wird das Schweigen der Natur durch den Gesang des „,Chucao" (Pteroptochus rubecula und Tarnii) unterbrochen, der auf dem Boden von Busch zu Busch hüpft, und kaum dass man ihn erblickt hat, wieder im Dickicht verschwunden ist. Eben so selten sind Insekten. Der Kontrast zwischen dem überreichen Pflanzenwuchs und der Armuth des thierischen Lebens ist höchst auffallend. Die Vegetation ist mit dem Erreichen der Höhe wie mit einem Zauberschlag verwandelt und hier fängt die Cordillera pelada an. Der dicke Wald, der zuletzt hauptsächlich von kolossalen Reülís gebildet war, hat plötzlich ein Ende, man erblickt nur kleine, gleichsam verkrüppelte Bäume, die sehr einzeln oder in kleinen, von einander entfernten Gruppen stehen. Es sind hauptsächlich Fagus nitida Ph. und eine andere Buchen-Art mit immergrünen Blättern, vielleicht nur eine durch die Unfruchtbarkeit des Bodens und das rauhe Klima hervorgebrachte Form von F. Dombeyi (ob F: alpina Poepp.?), auf denen ich Misodendron macrophyllum Ph. und eine neue Art dieses Geschlechtes, M. macrolepis, fand. Man sieht viele trockene Alerce-Bäume wie weisse Gespenster umherstehen, von denen keiner im Stamm dicker als höchstens 2 Fuss ist, und viele junge Alerce von jeder Grösse. Die häufigsten Sträucher sind Philesia buxifolia, Escallonia montana, eine Baccharis, die niedliche Berberis Grisebachi Lechl., welche dieser Botaniker auch in der Magellan - Strasse gefunden hat, und Desfontainea Hookeri Dun. (D. ilicifolia Ph.).

Diese kahle Strecke dauerte nicht lange und bald traten wir wieder in einen kleinen Wald, der hauptsächlich aus Alerce, Podocarpus nubigena und Drimys chilensis (Canelo) nebst einigen Pillupillo (Daphne pillopillo) bestand, welche Bäume sämmtlich sehr bescheidene Dimensionen zeigten, und wo die Desfontainea überaus häufig ist. Diese ist einer der schönsten Sträucher, die ich kenne, mit dem schönen, glänzenden, lederartigen Laub der Stechpalme vereinigt er scharlachrothe Röhrenblumen mit goldgelbem Munde wie eine Cantua. Hier fand ich eine zweite Art Codocoipu (Myochilos angustus Ph.), verschieden von dem fast in ganz Chile wachsenden M. oblongus R. et P., dessen Blätter auf dem Lande die Sennesblätter ersetzen, während die Wurzel bei Frauenkrankheiten angewendet wird. Der Weg führt noch mehrmals durch ähnliche Wäldchen, meist aber durch eine offene, mit grossen Quarzstücken bedeckte Ebene, wo ausser den oben erwähnten Sträuchern eine neue Art Quila (Chus

quea nigricans Ph.) wächst, die nicht klettert und kaum 5 Fuss hoch wird. Hier fand ich auch die Mertensia acutifolia, eine Magellanische Pflanze, und einen neuen, dem Lycopodium paniculatum ähnlichen, aber aufrechten Bärlapp.

Etwas weiterhin übernachteten wir zwischen einigen grossen Blöcken von Glimmerschiefer, der in Quarzschiefer übergeht; hier waren trockene Alerces, um Feuer zu machen, Quila für die Thiere und klares herrliches Wasser. Die Nacht war klar, aber sehr kalt, und als wir den folgenden Morgen aufstanden, waren die Sättel, die Schabracken u. s. w. mit Reif bedeckt und die Pferde und Maulthiere zitterten vor Kälte. Wir beeilten uns daher, zu satteln und wieder in Bewegung zu kommen. Bald waren wir in einem Wäldchen mit sumpfigem Boden, das fast ausschliesslich aus Canelo mit einzelnen wenigen Saxegothea bestand. Das Unterholz bildeten Chauras (Gaulteria florida Ph.?), Desfontaineas, die sonderbarer Weise keinen eigenen Namen zu haben scheinen, einzelne Fuchsia macrostemma (Chile's) und Codocoipus und auf den Desfontaineas und Chauras wuchs die Eremolepis verrucosa in Menge. Aus diesem Wäldchen heraustretend kamen wir in die eigentliche Kahle Cordillere, die vorzugsweise diesen Namen verdient, obgleich die ganze Strecke vom Mirador bis zur Montaña verde in der Ausdehnung von etwa 6 Stunden Weges und vielleicht 2 bis 3 Stunden Breite, so ziemlich 6 Quadrat-Meilen, diesen Namen führt. Der Weg führt zwar bisweilen etwas hinauf oder hinab, um ein kleines Thälchen zu überschreiten, im Ganzen ist aber die Cordillera pelada eine einzige Hochebene, die 800 bis 900 Meter über dem Meeresspiegel liegen mag, etwa so hoch wie der Thüringer Wald. Nach Norden setzt sie sich, indem sie etwas niedriger und stärker bewaldet wird, bis in die unmittelbare Nähe von Corral fort, um steil gegen die Bucht gleichen Namens abzufallen; eben so steil und ebenfalls mit Wald umsäumt ist der südliche Abfall nach dem Rio bueno; den östlichen habe ich oben geschildert und zu dem westlichen gelangen wir bald. So weit das Auge reicht, sieht man auf der Cordillera pelada Millionen trockener Alerce-Bäume, alle in ziemlicher Entfernung von einander, keiner von erheblicher Dicke, die dieser todten, öden Landschaft einen recht melancholischen Charakter geben; die jungen Bäume, welche zwischen diesen zahllosen vegetabilischen Leichen aufschiessen, und die übrige spärliche, wie verkrüppelte Vegetation sind nicht im Stande, diesen Eindruck zu mildern. Was ist aber die Ursache, die den Tod von so zahllosen Bäumen hervorgebracht hat, von denen offenbar keiner ein hohes Alter erreicht hatte? War es ein Waldbrand, dessen Erinnerung gänzlich verloren gegangen ist? Oder erlaubt der unfruchtbare Boden nicht, dass die Bäume ein höheres Alter erreichen Fast möchte man Letzteres glauben, denn die

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