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des Vorgebirges des Heil. Stephanos lag, der letztere dagegen wahrscheinlich auf der Südseite der äussersten Spitze des Vorgebirges Exomytis gelegen war, die Ruinen von Eleusis erst in den dunkelen Jahrhunderten des Mittelalters durch ein Erdbeben ins Meer versenkt worden sind, wo man unter dem Wasser noch bedeutende Mauerreste sieht und von der Höhe des Vorgebirges herabblickend bei ruhigem Wetter die Gestalt des Hafendammes noch deutlich erkennen kann. Übrigens ist der Bimsstein, wie er sich auf der Erdoberfläche von Thera in grossen Strecken vorfindet, ungewöhnlich weiss und locker, aber selten trifft man ihn in mehr als faustgrossen oder doppelt so grossen Stücken an, was vielleicht als eine Folge der mehrtausendjährigen Kultur des Landes und der unablässigen Zerbröckelung dieser Steine durch Hacke und Pflugschar angesehen wer-、 den muss, denn Thera ist einer der fruchtbarsten und am besten angebauten Theile Griechenlands und schon im Alterthum hiess die Insel wegen ihrer Schönheit Kalliste (Kahíorn bei Herodot 4, 147). Auch dann, wenn es seit. drei oder vier Monaten nicht geregnet hat, braucht man nur den Boden eine Spanne tief aufzuscharren, um sich zu überzeugen, dass der schwammige Bimsstein immer eine gewisse Feuchtigkeit behält, welche zur Ernährung kleinerer Pflanzen hinreicht. Bäume gedeihen hier in der Regel nicht und namentlich besitzt die Insel kein Holz; ausser zwerghaften und am Boden hinkriechenden Feigenbäumen, deren Früchte übrigens von vorzüglicher Güte sein sollen, gab es dort vor 30 Jahren nur ausnahmsweise in Gärten und in der Nähe von Kirchen einige Ölbäume, Palmen und Cypressen, so wie Aloe und Indianische Feigen. Ausser Wein baute man früher auf Thera vorzüglich Gerste und perennirende Baumwolle, welche in ganz Griechenland nur auf diesem warmen, sonnigen Eilande fortkam. Seitdem aber etwa vor 60 Jahren der Wein angefangen hatte, in Russland einen so guten Absatz zu finden und besseren Ertrag zu geben als alle anderen Produkte, war fast ganz Thera in einen einzigen Weingarten umgewandelt worden und nur noch in einigen Theilen wurde die perennirende Baumwolle so wie neben den Rebstöcken zugleich Gerste kultivirt. Im Weinbau so wie in der Behandlung des Weins hatten es die Einwohner von Thera weiter gebracht als die übrigen Griechen. Die dortigen Weinberge sind durch Steinmauern aus glänzend schwarzem Obsidian oder rothen vulkanischen Schlacken von einander geschieden und mit ähnlichen Mauern sind auch die Wege eingefasst, die von einem Dorfe zum anderen laufen. Nichts kann nach den Angaben fremder Besucher sonderbarer sein als der Anblick der Insel vom Gipfel des Elias-Berges zur Zeit der Weinkultur: eine grosse weisse Fläche, von krummen schwarzen Linien durchzogen und mit lauter kleinen grünen Tüpfeln besäet.

Diess Alles verdankt die Insel Thera zunächst und mehr oder weniger ihrer vulkanischen Beschaffenheit und von gleicher Beschaffenheit und von gleichem Alter ist auch die westlich von ihr gelegene kleinere Insel Therasia, 1/2 Stunde breit und 1 Stunden lang, desgleichen das obgedachte südwärts zwischen beiden und im Eingange des Kanals gelegene kleine Eiland Aspronisi, wie sich diess durch die Gleichartigkeit der Bildung aus vielfarbigen Aschenschichten, die mit einer Bimssteindecke gekrönt sind, auf den ersten Blick erkennen lässt. So sagt ebenfalls der schon genannte Ross in seinen erwähnten Inselreisen a. a. O. S. 88, dessen Angaben wir auch hier im Wesentlichen gefolgt sind, und wir finden auch in der von ihm angegebenen Lage die Insel Aspronisi theils auf der 1833 in Paris erschienenen Carte générale de la Morée et des Cyclades, theils auf der schönen Englischen Aufnahme von Graves von 1848, der besten und einzig guten.

Aber neben Aspronisi erwähnt Ross noch mehrere Inselchen, die ebenfalls vulkanisch sind, nach seiner Angabe der geschichtlichen Zeit angehören und durchgängig jüngster Bildung sind. Diess sind die drei ,,verbrannten" Inseln Megali oder Nea Kammeni, die mittlere oder grösste, sodann Paläa Kammeni südlich, endlich Mikra Kammeni, nördlich oder nordöstlich von der vorigen gelegen. In dieser Weise finden sich auch alle drei Inseln auf den obgedachten Karten verzeichnet und namentlich aufgeführt. Von diesen beiden Inseln ist die älteste, wie schon die Benennung lehrt und auch der äussere Anschein zu erkennen giebt, die Paläa Kammeni, von der nach Ross feststeht, dass sie sich um das Jahr 197 v. Chr. unter heftigen Erdbeben und anderen vulkanischen Erscheinungen aus der Tiefe erhob, wie Eusebius (Chron.), Strabo, Justinus und Plutarch ganz übereinstimmend über dieses Ereigniss berichten. Dagegen herrscht im Übrigen, wie Ross bemerkt, in Betreff der anderen beiden neuen Inselbildungen eine grosse und schwer zu lösende Verwirrung, da man nach seiner Meinung nicht immer ermitteln kann, ob die Insel, deren Geburt dieser oder jener Schriftsteller berichtet; sich auch bleibend auf der Oberfläche des Meeres erhalten habe oder ob sie nicht vielleicht nach einiger Zeit wieder versunken sei. Er sucht wenigstens die Hauptereignisse ins Klare zu bringen und festzustellen, indem er zugleich über die einzelnen Ausbrüche und andere vulkanische Ereignisse bei Thera (im 15. und 16. Jahrhundert) die betreffenden Stellen der Schriftsteller und einzelne Berichte von Augenzeugen mittheilt (a. a. O. S. 88 f., verbunden mit S. 187 f.).

Die neueste jener drei „,verbrannten" Inseln und zugleich die grösste derselben ist die Megali oder Nea Kammeni, deren Geburt im Jahre 1707 am 23. Mai begann und die sodann nach und nach zunahm und an

Umfang und Höhe gewann. Am südlichen Rande des Eilandes bildete sich dem Krater der Mikra Kammeni gegenüber ein grosser Krater nebst mehreren kleineren und fast täglich erfolgten die heftigsten Ausbrüche von Rauch, Flammen, Asche und glühenden Steinen, die trotz ihrer grossen Masse nach der Schätzung von Augenzeugen bisweilen bis zu zwei Italienischen Meilen weit ins Meer getrieben wurden. So dauerte es ein volles Jahr, bis zum 23. Mai 1708, dann fingen die Ausbrüche an, seltener zu werden, wenn gleich sie dabei an Heftigkeit nicht sehr nachliessen. Der letzte Ausbruch, der noch als sehr furchtbar geschildert wird und wobei auch an drei Orten aus dem Kegel des grossen Kraters Lava hervorgeflossen sein soll, erfolgte erst am 17. September 1711, aber die innere Hitze des Kegelberges dauerte noch im Sommer 1712 fort, so dass sich dort nach starken Regengüssen viel Dampf entwickelte. Eben so war das Meer während dieser ganzen fünf Jahre auf eine Viertel- bis zu einer halben Meile um die Insel so heiss, dass die Barken sich ihr nur mit grosser Gefahr nähern konnten, indem das Pech aus den Fugen der Planken schmolz. Auch bemerkte man, dass in dem Maasse, wie sich die Nea Kammeni erhob, nicht allein ihre nächste Nachbarin, die Mikra Kammeni, niedriger wurde, sondern auch das gegenüberliegende steile Ufer der Hauptinsel Thera sich um wenigstens 6 Fuss ins Meer senkte. Mit dem Jahre 1712 hörten die umständlichen Berichte auf, die Insel schien sich nach und nach abgekühlt und das unterirdische Feuer seitdem geruht zu haben. Übrigens hatte sich diese Insel, deren Entstehung für Thera selbst durch die fürchterlichen Erscheinungen, die sie begleiteten, so schrecklich war, den Einwohnern der Hauptinsel seither als ein wahres Himmelsgeschenk bewährt, denn sie lieferte ihnen einen Ankerplatz und Häfen für ihre Schiffe, auch quoll an der Südostseite der Nea Kammeni und am Fusse ihres kleinen Vulkans aus dem Uferrande ein stark eisenhaltiges Wasser hervor, welches das Meer auf eine geraume Strecke färbte, und in der kleinen Bucht, in welche diese Quelle sich ergoss, konnte sogar bei sehr ruhigem Wetter ein Kriegsschiff ankern. Eine Englische Fregatte, die einst mehrere Tage hier vor Anker lag, machte zufällig die Entdeckung, dass das mit Eisentheilen geschwängerte Meerwasser ihre Kupferhaut von allem Rost und Schmutz gereinigt hatte, und seitdem liefen die fremden Kriegsschiffe mitunter hier ein, um sich auf diese Weise waschen zu lassen. Der ganze übrige Theil der Insel ist dagegen eine Aufhäufung von glänzend schwarzen Lava- und ObsidianBlöcken, die wild durch einander liegen, als ob ,,der Teufel sie zusammengewürfelt hätte". An drei Stellen bildeten diese Felsenmassen kleine enge Buchten, die jedoch gross genug waren, um zusammen bis an 20 Handelsschiffe

aufzunehmen, und durch diese Häfen, welche die Natur den Bewohnern von Thera in Folge der vulkanischen Entstehung der Insel Nea Kammeni geschenkt hatte, war es ihnen seit einem Jahrhundert möglich geworden, ihre Marine und ihren Handel so sehr auszudehnen.

Ross schloss seine diessfallsigen Mittheilungen über die Insel Nea Kammeni mit den Worten: ,,Wenn nur nicht ein neues Naturereigniss die Insel wieder versenkt! Erloschen ist der Vulkan gewiss nicht und die Fischer wollen sogar bemerkt haben, dass unweit der Megali Kammeni ein spitzes Felsenriff aus der Tiefe sich zu erheben angefangen habe und mit jedem Jahre höher werde" ).

Das war im Jahre 1835. Nach dieser Zeit hatten sich die äusseren Verhältnisse dieser Nea Kammeni in Folge der ihr von der Natur zugleich mit ihrer vulkanischen Entstehung zu Theil gewordenen Vortheile nicht unbedeutend geändert, man hatte das ihr gewährte Himmelsgeschenk zu benutzen verstanden. Um den einen Hafen, der den Namen Vulkanos angenommen hatte, an der Südküste der Insel (ein anderer, westlich von jenem, hiess Hagios Georgios), hatten Ansiedelungen Statt gefunden und es waren auf der Insel überhaupt mehr als 40 Häuser seitdem entstanden. In der Nähe des Hafens Vulkanos, wo das warme, stark eisenhaltige Wasser' sich befand, waren Badevorrichtungen angebracht, dort wurde auch in der oben bemerkten Weise die Reinigung der Schiffe vorgenommen und so hatte sich durch die warmen Bäder und in Folge der Schifffahrt ein reger Verkehr und eine Art ungewohnten Lebens auf der Insel Nea Kammeni entwickelt, das ihr selbst und der Hauptinsel Thera zu Gute kam.

Aber das neue Naturereigniss, das Ross schon im J. 1835 befürchtet hatte, liess in der That nicht auf sich warten. In der Nacht vom 17. zum 18. Januar alt. St. (29./30. n. St.) des gegenwärtigen Jahres erfolgte dort eine gewaltige Erschütterung, die lange Zeit anhielt. Am Morgen des 18. Januar trat auf ihr, an ihrer südlichen Küste, eine starke Wasserfluth ein, der in der darauf folgenden Nacht in dem Hafen Vulkanos ein heftiger Ausbruch von Feuer folgte, das sich Funken sprühend bis zu einer Höhe von etwa 5 Meter über der Erdoberfläche der Insel erhob und die ganze Nacht währte und dessen Schein sogar ganz Thera erhellte. Der Arzt Dekigallas, der in der Nähe des Hafenplatzes Vulkanos ein Wohnhaus hatte, das am Morgen des 18. Januar durch die Wasserfluthen zu einer kleinen Insel

1) Dass überhaupt die Thätigkeit der Vulkane in der vorhistorischen und in der geschichtlichen Zeit, wovon Ross a. a. O. redet und die Beweise vorliegen, in jenen Gegenden des Griechischen Meeres noch nicht ausgestorben ist, vielmehr diese Thätigkeit in ihren Wirkungen bis in die Gegenwart hereinreicht, lehren die häufigen Erdbeben auf der Insel Rhodus in neuester Zeit, das Erdbeben in Korinth und andere ähnliche Erscheinungen in Griechenland.

geworden war, unternahm alsbald mit dem Eparchen und dem Friedensrichter von Thera eine Wanderung zu Lande und zu Wasser um und durch die ganze Insel Nea Kammeni, wobei sie Folgendes fanden: 1. Die ganze Insel war der Länge nach gespalten und in der Mitte derselben war ein kleiner See zum Vorschein gekommen, dessen Wasser trinkbar war; 2. von den Häusern der Insel waren vier versunken und sechs Badehäuser, die zur Hälfte von der Insel weggerissen worden waren, standen im Meer; 3. in der Nähe des Hafens Vulkanos erkannte man die Quelle des Ausbruchs. Der südliche Theil von Nea Kammeni so lautete der Bericht ist versunken und ihr allmähliches Sinken dauert fort. Die Wasser, die aus jener Quelle hervorströmen, sind von schwefelgelber Farbe und so heiss, dass man die Hand nicht zwei Minuten darin halten kann; dabei ist ihre Ausdünstung eben so unangenehm als auf die Länge für die Gesundheit gefährlich.

Diesen ersten kurzen Bericht über das gedachte Ereigniss brachte die in Athen erscheinende Zeitschrift Пavdwoa vom 1. Februar 1866. Ausführliche Berichte enthielt dagegen die Triester Griechische Zeitung Huéou vom 5. (17.) Februar und wir theilen diese letzteren nach ihrer wörtlichen Fassung mit wenigen ausserwesentlichen Auslassungen, um so mehr hier mit, da sie theils von dem erwähnten Eparchen, theils von dem genannten Arzte herrühren, also eine Art offiziellen Charakter, andererseits jedenfalls wissenschaftlichen Werth haben und die Wichtigkeit des Ereignisses selbst es rechtfertigt. Wir lassen zuerst die Berichte des Eparchen von Thera folgen.

Thera, den 20. Januar 1866. Ein wichtiges Naturereigniss beschäftigt seit zwei Tagen die Bewohner von Thera. Bereits am 18. d. M. hörte man von Zeit zu Zeit ein leises Getöse auf der Insel Nea Kammeni, und zwar in der Nähe des Hafens Vulkanos, da wo die Mineralwasser sich befinden, und zu gleicher Zeit stürzten fast fortwährend Felsstücke daselbst herab. Am Morgen des 19. zeigten sich an mehreren Häusern der Insel verschiedene Risse und eben so auch im Erdboden so wie in dem erst kürzlich gebauten Hafendamm. Gegen Mittag wurde das Getöse anhaltender, und zwar wie von Kanonenschüssen, das Meer im Hafen von Vulkanos, wo die Schiffe gewöhnlich landen, um ihre Kupferhaut zu reinigen, war in heftiger Unruhe und fortwährend stiegen unzählige Blasen aus der Tiefe auf. Gleichzeitig waren auf der Oberfläche des Meeres und auf den nahen Küstenrändern weisse Dämpfe sichtbar, die einen schwefeligen Geruch von sich gaben. Am Nachmittag des genannten Tages vermehrte sich das Brausen des Meeres und das Erdreich jener Küstenränder begann nach und nach sich zu senken. Am heutigen Morgen um die fünfte Stunde zeigten sich auf der Oberfläche des Meeres in der Nähe

der Westküste des genannten Hafens Flammen in der Ausdehnung von 4 bis 5 Quadrat-Ellen, die von ganz feurigem Aussehen waren, wie Feuerbrände, die jedoch nach ungefähr einer Stunde wieder verschwanden.

Nachdem wir uns hierauf mit dem Arzt, Herrn Dekigallas, und anderen Einwohnern nach dem Schauplatz des Ereignisses hinbegeben hatten, um die Erscheinungen in der Nähe zu beobachten, bemerkten wir zuerst, dass der ganze südwestliche Theil von Nea Kammeni wie zerklüftet war; ein Riss, der an dem westlichen Küstenrande neben dem Hafen von Hagios Georgios seinen Ursprung hatte und die Richtung nach Osten zu nahm, theilte den Hügel auf der Insel und diese selbst beinahe ganz in zwei Theile und ausserdem zerspalten unzählige Risse, die theils von Ost nach West, theils von Nord nach Süd gehen, die gesammte Oberfläche des südwestlichen Theiles der Insel. Diese Oberfläche, die nicht aus Erde, sondern aus Anhäufungen von vulkanischen Steinen und Sand oder vielmehr Staub von Basaltsteinen besteht, war bisher ganz trocken und für jede Kultur unzugänglich und unempfänglich, gegenwärtig aber zeigten sich hier vier kleine See'n des hellsten und süssesten Wassers und diese See'n wachsen unmerklich, aber fortwährend, denn als wir eine Messung des grössten dieser See'n vornahmen, der kaum 12 Quadrat-Ellen an Ausdehnung hat, fanden wir, dass in der Zeit von vier Stunden sein Wasser um 5 Centimeter gestiegen war. Nachdem wir weiter zu dem Punkte der eigentlichen Thätigkeit des Vulkans hinzugegangen waren, bemerkten wir daselbst einen schwefeligen Geruch. Weisse und erstickend heisse Dämpfe stiegen aus dem bewegten Meere auf und mit Unterbrechungen erschienen auf seiner Oberfläche kleine Flammen von weisser und grüner Farbe, woraus erhellt, dass jene Dämpfe aus Bildungen von Schwefel, Wasserstoff und Phosphorsäure bestehen. Der Erdboden erzitterte unaufhörlich, aber sehr unmerklich senkte sich der Boden in der Richtung nach dem genannten Hafen zu, wogegen diese Senkung nach der westlichen Seite hin um vieles merklicher war als nach der östlichen, denn während bis 4 Uhr Nachmittags der Erdboden der östlichen Seite eine Senkung von kaum 3 Ellen erkennen liess, zeigte die westliche Seite eine Senkung von mehr als 6 Ellen. Im Ganzen ging aber diese Veränderung sehr langsam vor sich, denn nach der mit der Oberfläche des Wassers bei unserer Ankunft und bei unserem Weggehen vorgenommenen Messung ergab sich, dass in Verlauf von vier Stunden das Erdreich der östlichen Seite um 60 Centimeter gesunken war.

Das Meer war sehr unruhig, seine Farbe war röthlich und hatte die Ähnlichkeit von Wasser, in dem sich eine grosse Menge kohlenhaltigen Eisens befindet; die Temperatur desselben war von dem übrigen Wasser nicht verschieden,

es hatte aber einen bitteren Geschmack. Das Brausen des Meeres war sehr stark und entstand ohne Zweifel durch sehr ergiebige eisen- und schwefelhaltige Quellen, die mit Gewalt aus der Meerestiefe hervorquollen, das Getöse aber wurde durch die mit Heftigkeit aufspringenden Dämpfe erzeugt. Die in den verschiedenen Häfen von Nea Kammeni ankernden Schiffe waren gezwungen, dieselben zu verlassen, aus Furcht vor weiteren vulkanischen Wirkungen.

Thera, den 23. Januar 1866. In der Nacht vom 20. zum 21. Januar war das Meer um die Nea Kammeni weiss und milchfarben, auf seiner Oberfläche aber und um die Küstenränder des Hafens zeigten sich in Zwischenräumen Flammen von rother Farbe, die jedoch nach wenigen Minuten wieder verschwanden, dagegen entstand im Hafen Hagios Georgios eine heftige Strömung, die den dort ankernden Schiffen das Auslaufen nicht gestattete, besonders da Südwind herrschte.

Am Morgen des 21. wurde das Meer im Hafen Vulkanos noch unruhiger, nicht nur in Folge der Thätigkeit des Vulkans, sondern auch durch den Wind, der beständig aus Süden wehte. Die Meeresfläche um die ,,verbrannten" Inseln sah theils grün, theils blau aus und diess blieb so den ganzen Tag lang. Die am vorigen Tage entstandenen vier See'n hatten an Ausdehnung etwas zugenommen und noch fünf andere hatten sich gebildet, deren Wasser sehr klar und wohlschmeckend war. Die Senkung des Bodens. ging noch fortwährend, aber stufenweis und nach der östlichen Richtung des Hafens hin langsamer vor sich, indem hier die Senkung in einer Stunde kaum 10 Centimeter betrug. Die früher entstandenen Risse waren breiter geworden und neue dazu gekommen, stets jedoch nach der südwestlichen Richtung hin. Das leise Getöse liess sich unausgesetzt vernehmen und leichte Schwankungen der Erde um Vulkanos herum folgten von Zeit zu Zeit. Das aufwallende Meer war lauwarm, seine Gewalt aber war SO stark, dass sie die Annäherung von Barken unmöglich machte. Der schwefelartige Dampf wurde bei dem herrschenden Südwinde bis nach der Stadt Thera getrieben, dagegen liessen sich die Möven und andere Vögel, die während der ersten beiden Tage um die im Meere herumschwimmenden todten und halbtodten Fische zahlreich versammelt gewesen waren, an diesem Tage nicht weiter sehen. In der Nacht vom 21. zum 22. Januar zeigten sich bisweilen Flammen um den Hafen, namentlich an seiner westlichen Seite, von wo dann am Morgen eine weisse dichte Rauchwolke sichtbar wurde, die beständig von einem Pfeifen begleitet war. An diesem Tage nahm die Senkung des Erdbodens mit der früheren Langsamkeit ihren beständigen Fortgang, die Risse und besonders der in der Spitze des kegelförmigen Hügels auf der Insel vorhandene ver

breiterten sich zusehends. Das Wasser in den See'n hatte mit Ausnahme eines einzigen einen salzig - bitteren Geschmack. Das Meerwasser bei Vulkanos war heiss und kochend und sein Gebrause so wie seine Hitze erstreckte sich bis über den Hafen hinaus, immer in westlicher Richtung, nach der westlichsten Seite des Hafens zu, wo der Mittelpunkt der gesammten vulkanischen Thätigkeit zu sein scheint; in gleicher Weise erstreckte sich die eigenthümliche Färbung des Meeres beinahe über den ganzen Busen der Insel Thera.

In der vergangenen Nacht vermehrte sich der aufsteigende Rauch und bisweilen erschien auf der Oberfläche des Meeres bei Vulkanos ein phosphorisches Leuchten, um 5 Uhr des Morgens aber zeigten sich im Mittelpunkte der vulkanischen Thätigkeit Flammen rothen Feuers und der Rauch wurde dichter und war von dunklerer Farbe. Diese Flammen verminderten sich bald, bald nahmen sie zu, und diess dauerte 1 Stunden, worauf, nachdem sie verschwunden waren, auf der nämlichen Stelle eine Klippe im Meere sichtbar wurde, die sich nach und nach vergrösserte. Hierüber hat uns der Arzt, Herr Dekigallas, der heute an Ort und Stelle gewesen war, Folgendes mitgetheilt:

,,Die Klippe ist allmählich zu einer Insel geworden, ich konnte jedoch wegen des heissen und fast kochenden Wassers des Meeres mit der Barke nicht ganz zur Stelle hingelangen, aber landwärts näherte ich mich bis auf 10 Schritt der Stelle des Ausbruchs, indem dort der hervordringende Rauch zwar dicht, aber keineswegs heiss war und die Hitze sich nur auf das Meer beschränkte. Der Anblick ist prächtig, denn man sieht, wie die sich bildende Insel allmählich wächst, und es ist dabei nicht die geringste Gefahr; weder der Boden wankt, noch lässt sich bis auf ein leises Brausen, das mit Unterbrechungen erfolgt, ein sonstiges Geräusch vernehmen, auch werden keine Steine ausgeworfen, während das Wachsen der Insel in Gestalt von Blasen von innen nach aussen vor sich geht. Die Insel nimmt von Augenblick zu Augenblick so merklich zu, dass man mit den Augen ihr allmähliches Wachsen ganz deutlich beobachten kann. In diesem Augenblick, da ich schreibe (es ist 11 Uhr Morgens) berechne ich ihre Höhe zu 20 bis 30 Ellen und ihren Umfang der Länge nach zu 50, der Breite nach dagegen zu 10 bis 12 Ellen, doch lässt sich nicht erkennen, auf welche Weise die unaufhörlich erscheinenden Steine sich zusammenfügen und woher sie kommen.

,,Feuerflammen lassen sich nirgends sehen, nur einzelne Holzstücke, theils von Pfählen und Baracken, die bei der Senkung des Erdbodens lose geworden, theils von Schiffen, die vor längerer Zeit in diesem Hafen versunken gewesen, haben sich mit dem Meere wieder gehoben und zugleich mit den Steinen an den Rändern der Insel angehängt, wo

sie nun in Gestalt von Hörnern hervorstehen und sich mitten im Rauche unversehrt erhalten.

,,Es ist merkwürdig, dass alle diese vulkanischen Erscheinungen bis jetzt Gott sei Dank! keinen Einfluss auf die Insel Thera geäussert haben, mit Ausnahme der Ausdünstungen von den aufsteigenden Dämpfen und einer leichten Bewegung des Erdbodens, welche am 20. Januar Statt hatte. Auch die meteorologischen Erscheinungen sind während dieser ganzen Zeit einflusslos geblieben, indem theils bei völliger Windstille, theils während verschiedene Winde mit Heftigkeit wehen, theils bei hinzugekommenem Regen die vulkanische Thätigkeit unverändert die nämliche geblieben ist. Ich glaube, dass noch niemals ein vulkanischer Ausbruch so friedlich und still vor sich gegangen ist und für die, die ihn beobachteten, etwas so Gemüth-liches gehabt hat wie dieser."

Ein weiterer Bericht des genannten Arztes Dekigallas lautet:

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Thera, den 23. Januar, 3 Uhr Nachmittags. Die in Rede stehende Insel ist fast um das Doppelte gewachsen, und zwar in der Richtung nach der Stelle hin, wo sich früher der schlammige See befand. Der grösste Theil der Steine, aus denen sie besteht, ist dunkelschwarz, nur einzelne sind von rother oder aschgrauer Fårbe.

Den 24. Januar. Während der Nacht ist die Bildung der Insel in derselben Ruhe weiter vor sich gegangen. Die Steine, deren sich dabei die Natur bedient, sind glänzend und die Insel gleicht also einem grossen Haufen verbrannter Kohlen von beträchtlicher Grösse. Eben so glänzend erschien auch der aufsteigende Rauch, so dass er mit dem Schweife eines Kometen sich vergleichen liesse, und die von dem Rauche in der Atmosphäre gebildeten Wolken glichen denen, wie sie einem Regen vorauszugehen pflegen. Einige der entstandenen See'n gewähren einen phosphorischen Glanz und aus dem grossen Erdriss in der Spitze des kegelförmigen Hügels stiegen von Zeit zu Zeit röthliche Flammen auf.

Um 6 Uhr Vormittags. Der Rauch vermehrt sich im Verhältniss zur Grösse der sich bildenden Insel, welche fortwährend, obgleich nicht in derselben Schnelligkeit wie am gestrigen Tage, zunimmt. Die Senkung des Bodens scheint still zu stehen. Das Wasser des Meeres ist im ganzen Meerbusen farbig und trüb wie gestern.

Zum Glück ist der Tag ruhig; ich gehe nun wieder an Ort und Stelle, um das schöne und merkwürdige Schauspiel in der Nähe von Neuem zu bewundern.

Nachdem die von der Griechischen Regierung abgeordnete wissenschaftliche Kommission, die sich mit der näheren Untersuchung des Naturereignisses und der eingetretenen. Wirkungen desselben beschäftigen sollte, am Orte selbst den

30. Januar (11. Februar) angelangt war, sind durch die vorgenommenen Erörterungen folgende Ergebnisse so wie weitere Erscheinungen festgestellt worden ").

Der Felsen, welcher am 20. Januar (1. Februar) im Hafen von Vulkanos aus dem Meere sich erhoben hatte, war am 3. Februar bis zu einer Höhe von 55 bis 56 Meter und einem Umfange von mindestens 1000 Meter angewachsen. und bildete einen Hügel, der dann mit der Insel Nea Kammeni an deren östlicher Küste, in der Nähe jenes Hafens Vulkanos, zusammengewachsen war. Am Ufer des gesunkenen Erdbodens fand die Kommission eine reichhaltige Quelle salzigen Wassers, das mit Gewalt nach dem Meere zufloss, und auch in der Mikra Kammeni fanden sich Risse und heisse Schwefeldünste. Alle diese Erscheinungen, verbunden mit der Erderhebung zwischen der Nea und Paläa Kammeni, lassen auf den inneren Umfang der vorhandenen vulkanischen Thätigkeit schliessen. Am 4. Februar konnte man die seit zwei Tagen zusehends sich vergrössernde neue Insel auf der Oberfläche des Meeres deutlich erkennen. In der Tiefe des früheren schlammigen See's, an der Stelle, wo sich das neue Erdreich mit dem alten vereinigt hat, an der Westseite des Hafens Vulkanos, wo der Mittelpunkt der vulkanischen Thätigkeit zu sein scheint, hatte sich eine Öffnung gebildet. Der genannte Dekigallas hielt es für eine trichterförmige Vertiefung und zugleich für die Mündung des Kraters des sich vorbereitenden Ausbruchs. Hier ist es, wo Flammen, theils mit Getöse, theils von schwarzem Rauch begleitet, emporkommen, auch nach der Versicherung der Matrosen sogar glühende Feuermassen und Asche aufsteigen. Am Abend des 4. Februar wirbelte dort der schwarze Rauch massenhaft empor und an der'südlichen Spitze des Vorgebirges der vulkanischen Insel schlugen eine Stunde lang Feuerscheine auf. In der Nacht sah man in der Nähe jener trichterförmigen Öffnung einen besonders grossen

Feuerschein und von Zeit zu Zeit liessen sich Flammen mit schwarzem Rauch und mit Getöse bemerken. Man hielt diesen Schein für die Wirkung feuriger Lava, die aus dem Krater geflossen. Diess Alles geschah jedoch ohne weitere Erderschütterung, aber das Meer war während dieser ganzen Zeit trüb gefärbt. Die neue Insel, die Anfangs in der Gestalt eines schwarzen Felsens oder Vorgebirges aus dem Meere emporstieg, besteht ihrem Äusseren nach aus einem dunkelgrauen, sehr weichen und zerbrechlichen Stein mit wesentlichem Gehalt von Feldspath und bildet eine gleiche und gewundene Oberfläche von glänzendem Aussehen. Man hat ihr den Namen Aphroessa gegeben. Innerhalb der Risse in der Oberfläche derselben sieht man rothes Feuer,

un

1) Wir entlehnen sie den Mittheilungen in Griechischen Zeitungen, theils dem „Mekkor" vom 10. Februar, theils dem „Air" vom nämlichen Tage.

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