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fangen ist, offene Flüsse, so würde man letztere nicht allein an ihren Mündungen durchbrochen finden, sondern der von ihnen herabgeführte Bodensatz hätte auch Theil am äusseren Rand des neu angesetzten Festen, wie diess mehr oder weniger an der gegenüberliegenden Küste von Texas und Louisiana der Fall ist.

Der Lagunenstrang von Yukatan bildet ein längs der Küste hingesponnenes Delta von Wassermündungen, die für sich zu schwach, geradaus ins Meer zu treten, sich längsweise und geschützt von dem vorliegenden Dünengürtel oder vom Meeresboden selbst mit nach und nach vereinter Gewalt an einem Punkte ausfliessen, wo der oceanische Gegendruck entweder weniger gespannt zu sein scheint oder wo die Gewalt des Golfstromes durch wiederkehrende Gegenströmung in der Campeche - Bai neutralisirt wird, so dass die Lagunenwasser beim Punkt „,Desconocida" gleichsam wie in einem Wirbel herausgezogen werden.

Die Schwäche der Yukatekischen Landwassermündungen besteht nicht allein in ihrem Mangel an hydrostatischer Gewalt, sondern hauptsächlich in ihrem vollständigen Mangel an erdigem Bodensatz, den offene Flüsse gleichsam wie einen Schild gegen den Anprall der Salzwasser vor ihren Mündungen ablagern, um hinter diesen Fluthbrechern `mehr ungestört auszumünden.

Meerischerseits ist es aber auch nicht die wechselnde Bewegung von Ebbe und Fluth, gegen welche die herabdrängenden Landwasser zu kämpfen haben, sondern es ist im Falle von Yukatan auch der unablässige seitliche Druck des Golfstromes, der die Salzwasser gegen die Küste hin drängt, wie diess an der Küste von Texas und den südlichen Staaten des Nord-Atlantischen Amerika's der Fall ist und auf jeder Karte dieser Länder beobachtet werden kann.

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Ein weiterer Grund der geringen Widerstandskraft der Landwasser Yukatan's ist, dass sie nicht eigentlich zum Meeresspiegel herabsteigen, sondern unterirdisch auf weite Entfernungen zurück und zwischen ausgedehnten, obwohl stark zerklüfteten Felsschichten eingeengt das Meer gleichsam nur anschleichen und, wo sie endlich Ausgang finden, solchen aller Wahrscheinlichkeit nach zum grösseren Theil in scheitelrechter Richtung von unten nach oben haben. Eine unmittelbare Folge hiervon ist die geringe wagrechte Ausdehnung des Lagunenspiegels, dagegen aber ein stärkerer Druck in senkrechter Richtung, dessen Ausdehnung und nähere Bestimmung bis jetzt unbekannt ist, der aber jedenfalls in eine bedeutende Tiefe reichen muss und, wie wohl mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden darf, Miterzeuger jener reichen und unerschöpflichen Salinenflächen ist, die einen so hervorragenden und wichtigen Theil des Lagunenstriches seiner ganzen Länge nach, d. i. vom Rio Lagarto westwärts bis zum Punkte Desconocida nördlich von Campeche, bilden.

Das hier Gesagte gelte denn als eine allgemeine physikalisch-geographische Ansicht eines Küstenstriches von einem bis jetzt kaum gekannten Lande, welches in seinen geognostischen und hypsometrischen Bildungselementen fast wie von Natur vernachlässigt dennoch unter eigenthümlichen klimatischen Kombinationen und durch allem Anschein nach viel bewegte Bodengeschichte einen überraschenden Wechsel agronomischer Gestaltungen auf ein und derselben Grundebene zeigt, wovon die Pflanzen- und Thierwelt sowohl wie auch die morphischen Verhältnisse des Bodens selbst genügend Zeugniss ablegen können. Solches ins- Einzelne gehend näher zu beleuchten, behalten wir uns für ein nächstes Schreiben vor.

Die Thierwelt Australiens.

Aus einem Vortrage von Prof. H. A. Pagenstecher 1).

Australiens Thierwelt grenzt sich schärfer von naher Nachbarschaft, als das sonst Brauch ist, und zeigt mit ihr nur Ähnlichkeit, so weit in Luft und Wasser manche Thiere sich leicht verbreiten. Ihre Sonderheiten finden in der jetzigen Beschaffenheit des Landes nur wenig Deutung. Der Antheil des Charakters, den die Vergangenheit begründet, ist viel auffälliger als sonst.

Wohl hängen wie in Indien in den heissen Strichen an Bäumen und Bambusen Flederhunde, widrig nach Moschus

1) Aus: Zoolog. Garten, Dezember 1865.

riechend, in solchen Mengen, dass sie die Äste beugen, träge, bis die Nacht sie weckt, dann Fruchtbäume plündernd, und was sie nicht verzehren, doch den Harpyien gleich besudelnd. Zahlreich jagen geschickte Fledermäuse lästige Mücken. Auf den See'n sammelt sich der Wasservögel Schaar, scheue Enten, seltsame Gänse; stolze Schwäne machen mit gierigen Pelikanen den Platz sich streitig. In den Bächen fischen Reiher fleckige Aale, hochbeinig geht der Kranich an dem Ufer, aus dem Rohre schimmert weiss der Ibis und auf grossen Blättern läuft das Purpurhuhn. In dichten Zweigen der Akazien und Casuarinen girren zärtlich erzfarbene

Tauben, des Kukuks Ruf weckt heimische Erinnerung. Über Blüthen schwärmen Honigvögel, bunte Papageien klettern unruhig in den Ästen, Kakadue spreizen endlos schreiend die zarte Haube. In den Flachgebieten fliegen ungern schwerfällige Trappen auf, Wachteln locken, raschen Laufes eilt der straussartige Emu der Oase zu. In den Lüften ziehen der weissbauchige Fischaar, dessen Riesennester als Landmarken auf den Klippen stehen, der Busaar und der Habicht ihre Kreise. Am Meeresstrand durchsucht der Austernfischer, was die Fluth zurückliess; auf den Sänden ziehen in kleinen Flügen Strandläufer, Regenpfeifer und der spornbewehrte Kibitz. Draussen fischen Möven, Kormorane, der riesige Albatros, der Tropikvogel. Die Wale ziehen schnarchend durch die Meeresfluth, an den Algen weiden der Dugong und die Riesen - Seeschildkröte. Schenkeldicke Seeschlangen jagen Fische, auf einsam abgelegener Klippe sonnt sich der Seehund. In den Flüssen steigen gewaltige Krokodile auf. In Sand und Gras und um den Stamm der Bäume huschen pfeilschnelle Eidechsen, vor grosser bunter Schlangen verrätherischer Schönheit scheut der Fuss. Zierliche Schmetterlinge erfüllen die Luft, Cikaden singen, Ameisenschwärme höhlen das Mark der Bäume und bauen hohe Nester, schöne Käfer schwirren, Honigbienen summen, am Gestrüpp kriechen Schnecken und in dem Schlamme der Gewässer bergen in dürrer Zeit sich zahlreich Muscheln.

Das ist das bunte Bild thierischen Lebens, wie im Allgemeinen es auch andere warme Länder zeigen. Erst wenn man besser zusieht, zeigt sich die Gesammtheit eher monoton, wie das Land selbst es ist, und Einzelstriche anders als gewöhnlich.

So sind schon im Vogelleben manche Züge bemerkenswerth. Da sind grossfüssige Hühner am Gestade, die nicht geduldig brüten und der Jungen warten, die vielmehr aus Erde, Blättern, unter tropischer Sonne erhitztem Sande um die Eier Brutöfen thürmen, aus denen ihre Brut kräftig und flügge ausschlüpft. Seltsam bauen Glanzstaare in Cedernwäldern eine Reisiglaube, flechten Papageienfedern zierlich ein und bedecken den Boden mit Mosaik von Schneckenhäusern, farbigen Steinen und gebleichten Knochen. Rebhuhnartige Tauben nisten auf dem Boden, Schwärme grüner Erdpapageien suchen den Ammern oder Finken gleich im Grase Samen, dagegen sitzen Enten auf den Bäumen. Die Krähen singen schöne Orgeltöne, Eisvögel jagen in der Steppe Mäuse und Schlangen statt an Ufern Fische. Nirgends übt der Specht die Polizei des Waldes; weiss ist der Habicht, prächtig schwarz sind Schwäne. Den zwerghaften Zaunschlüpfer unserer Hecken vertritt der stolze Leierschwanz und lässt den lauten Ruf in steilen Waldgehegen wirbelnd schallen.

Das sind kleine Seltsamkeiten jenes Landes der Anti

poden, wo, wie man gern erzählt, die Kirsche den Stein auswendig und das saftige Fleisch inwendig hat, wo die Blumen nicht duften, wo die Bäume die Rinde wechseln statt des Laubes, wo senkrecht stehende Blätter fast schattenlos sind.

Auch sind sonst in den genannten Gruppen der Thierwelt manche Abtheilungen mehr vertreten und andere weniger. Die Schlangen sind sehr häufig giftig, bei den Käfern überwiegen die plumpen Skarabäen, Prachtkäfer, Rüsselkäfer; die Zahl der Schmetterlinge bleibt gegen Indien weit zurück, besonders sind sie in Tasmanien sparsam. Zum grossen Theile sind es Arten des Indischen Archipels, die nach Südosten immer seltener werden.

In viel tieferer Weise aber zeigt sich der Unterschied Australiens gegen andere Länder, so wie wir auf die Säugethiere sehen, die an der Scholle kleben, deren Verbreitung durch Landverbindung bedingt erscheint und die vor Allem. der Beachtung werth sein müssen, wenn wir aus dem Charakter der Bewohner auf die Erdgeschichte eines Landes zu schliessen wünschen. Hier zunächst liegt das Besondere von Australiens Thierwelt. Zeit und Ort gestatten nur kurz des Unterschiedes Wesen zu berühren.

Der Säugethiere Entwickelung zeigt sich im Allgemeinen sehr verschieden bei der Geburt. Wenige Stunden alt hebt ein Füllen vergnügt das Haupt und trollt der Mutter nach, kaum geboren nascht das Zicklein am jungen Grün, doch sich wenig regend liegt ein Kätzchen 9 Tage lang, bevor es das Licht erblickt, und noch mehr: blind und nackt verbergen junge Mäuse und Ratten sich im warmen Nestchen, welches die Mutter vorsorglich den ganz hülflosen schuf. Und wenn ein neugebornes Kind auch gleich die Welt schaut und seine Glieder regt, wie lange noch muss es Nahrung, Wärme, Schutz und Pflege aller Art ohne eigenes Können von der Liebe heischen!

Unendlich tiefer nun als alle diese steht die neugeborne Frucht der Säugethiere, die für Australien charakteristisch sind, die man Beutelthiere nennt und denen volle zwei Drittel der Thierbevölkerung jenes Landes zufallen. Jeder weiss, dass das Känguru sein Junges in seiner Tasche mitführt. Neugeboren nur wenige Gran schwer, einem Würmchen gleich, haarlos, durchscheinend, kaum mit Spur der Glieder, saugt es in jener Tasche sich an die Brust, an die es gelegt wird, fest und trinkt und athmet. Das ist sein ganzes Thun für viele Monde. Dann erst fängt es an, mit seinen Pfötchen sich den Beutel öffnend zutraulich aus dem Fensterlein zu lugen und von dort Grasspitzen abzubeissen. Endlich wagt es den Sprung ins Leben, doch erschreckt flieht es wiederum zum Schooss der Mutter, die es geduldig aufnimmt.

Die Fortpflanzung durch solche höchst unvollkommene

Junge zeichnet über hundert Australische Säuger - Arten aus, wenn auch nicht ihnen allen die Beuteltasche, der bequemste Mechanismus, den die Natur für jene Mutterpflege erfinden konnte, zukommt. Dann sind die Kleinen nur im langen Haar der Mutter verborgen oder werden in seltenen Fällen in unterirdischen Verstecken aufbewahrt. Der Unvollkommenheit der Jungen gesellt sich für die Beutelthiere ein niederer, fast vogelartiger Bau des Hirns und andere Zeichen zu, die sie sehr bestimmt und schon allein im Knochenbau von allen anderen Säugern unterscheiden.

Solcher Beutelthiere hat nun das nahe Indien, die thierreichen Inseln Java, Sumatra, nicht eins, nicht findet man von ihnen in Europa, nirgends in den weiten Ländern Afrika's, noch unter Madagaskar's seltsamer Thierwelt, so viel wir wissen, nicht einmal in Neu-Seeland. Ausser Australien und den nahen Inseln, die wir als seine Thierwelt theilend erkennen werden, hat nur der warme Theil der Neuen Welt deren noch etwa dreissig Arten.

Gerade bei einigen von diesen letzteren sah man zuerst und ehe Australiens Thierwelt noch bekannt war, die absonderliche Pflege zahlreicher Jungen. Bewundernd schrieb man, wie die Beutelratten erst nach 50 Tagen die Augen öffnend, dann kaum von Mausgrösse, schier im Dutzend der Mutter auf den Rücken krochen und in den Haaren festgeklammert, das Schwänzlein um den Schwanz der Mutter schlingend, sich schleppen liessen. Diese Beutelthiere Amerika's sind insgesammt Opossums, kleine Räuber mit rattengleichen Schwänzen, die auf den Bäumen kletternd junge Vögel, Eier und Insekten suchen, in Bau und Lebensweise fast einander gleich, nur in der Farbe und der Grösse verschieden: eine reiche und veränderliche örtliche Entfaltung für dieselbe Grundform. Eine einzige Art weicht etwas mehr ab, sie sucht sich ihre Nahrung in den Flüssen.

Neben ihnen zeigt Amerika des Säugethierreichs Rahmen ausgefüllt mit mannigfachsten Formen und für des Landes Charakter bilden die Beutelthiere nur einen Strich, sie sind ein Curiosum.

In Australien dagegen herrschen die Beutler und mit ihnen hat die Natur beinahe den ganzen sonst gewohnten Säugethierhaushalt hergestellt. Auf reichen Weiden wie an sparsamen Kräutern zerrissenen Felsgesteins, im offenen Buschholz wie im dichten Walde grasen statt Rinder, Ziegen, Antilopen, Hirsche schnellfüssige Kängurus verschiedener Arten, meist einzeln und in Paaren, manchmal aber in Heerden, die ein altes Männchen von gewaltiger Grösse führt und vertheidigt. Hasenähnlich ducken sich kleinere oder scharren wie Kaninchen unterirdische Bauten, die sie mit eingetragenem Heu gleich Murmelthieren stopfen. Ihre Spur verfolgen blutgierige Zebrawölfe und kleinere Raubthiere, die schlanken Mardern gleich sind. Sieben

schläferartige Beutelratten stecken in jedem Busch, gerollt in hohlen Stämmen, wo ihrer Nägel Spuren an der Rinde der Wilde merkt und kletternd sie erhascht. Andere rennen auf den Zweigen und spüren mit spitzen Schnäutzchen in der Bäume Spalten nach Insekten. Mit dem Kletterschwanz sich sichernd nascht im Dämmerlicht der winzige Jée-pin aus Baumblüthen Nektar und aus den Stöcken wilder Bienen Honig. Nach Käferlarven gräbt der hasenohrige Dalgyte, nach Wurzeln der ungestalte Wombat und der Bandikut. Faulthierartig mit Hand und Fuss fest angeklammert hängt der dichtbehaarte Coala unter Ästen der Gummi-Bäume und frisst die jungen Sprossen. Nächtlich kletternd nähren Phalangisten und Kuskus sich von Blättern oder Früchten. Flugbeutler springen mit Fallschirm von Baum zu Baum, kleinere flattern fast gleich Schmetterlingen von einem Büschel honigreicher Blumen zum anderen. Welch' buntes Leben nur von Beutelthieren in allen Weisen und an allen Orten! Für die meisten Arten ist charakteristisch die mächtigere Entwickelung der hinteren Glieder und der lange Schwanz, für sehr viele nächtliches Leben und Klettern auf den Bäumen. Theils bilden sie Geschlechter, die in vielen Arten entfaltet weit verbreitet sind, ein anderer Theil zeigt mehr abweichende vereinzelte Gestalten, die dann zuweilen auch lokal beschränkt sind.

Auch jenes wunderbare Schnabelthier, zuerst für ein betrügerisches Kunstwerk angesehen, das wie die Otter in den Flüssen taucht, wie der Maulwurf unterirdisch gräbt und wie die Ente mit dem Schnabel fischt, der zahnlose Igel mit grobem Stachelkleid, der in den Bergen aus aufgescharrten Nestern mit langer Zunge sich Ameisen holt, sind den Beutlern nahe verwandt. Sie stehen in der Reihe der Säugethiere nur noch niedriger, sind vogelähnlicher und ohne Beispiel sonst wo auf der Erde. Diese kleine Gruppe verbindet, wie es scheint, die Eigenschaften der Beutler und gewisser zahnarmer Säugethiere, deren Formen in Afrika und Indien nur zerstreut vorkommen, welche aber etwas reichlicher in Süd-Amerika entfaltet sind, so dass sie diesem typisch werden.

Wie dürftig und einseitig steht dagegen in Australien der Rest der Säuger da! 23 von 55 Arten sind beflügelt, 4 darunter fruchtfressende Flederhunde, wie sie sonst die heisse Zone der Alten Welt zumal in Indien hat, die anderen Fledermäuse. Die Flugfähigkeit giebt diesen Thieren Mittel, selbst über Meeresarme einzuwandern. Einigen anderen bildet das Meer noch weniger Grenze der Verbreitung. Schwimmend nahen dem Strande die Robben, der plumpe Seebär und der bunt gefleckte Seeleopard, der auch in Flüssen aufsteigt. Ferner findet man fünf grosse Wassermäuse, Biberratten ähnlich, in den Flüssen, an den Mündungen und Meeresbuchten, wo sie trefflich in süssem wie in sal

zigem Wasser schwimmen. Sie sind, so weit wir wissen, für Australien ganz eigenthümlich, weichen namentlich von allen anderen Nagern durch die geringe Zahnzahl ab und sind im äusseren Ansehen gewissen Beutlern, besonders dem Süd-Amerikanischen Schwimmbeutler etwas ähnlich.

Vollkommene Landbewohner sind endlich noch zwei Dutzend Mäuse und der wilde Hund. Jene sind zum Theil Springmäuse und beleben, mit langen Hinterläufen, grossen Ohren und weggestrecktem halbbuschigen Schweif den Steppenmäusen anderer Länder vergleichbar, meist sehr zierlich, in hurtigen Sprüngen die ebene Flur. Solche graben unterirdische Gänge oder bauen Reisignester gleich Bienenkörben auf dem Grunde und selbst wie Vögel auf den Bäumen. Theils sind es echte Mäuse oder Ratten, wie sie kosmopolitisch überall sich finden, dem Menschen nachziehen oder im Wurzelwerk der Gesträuche und in den Feldern nisten.

Dass der Australische Hund, der sich als muthige Race von feiner Nase ausweist, höchst ausdauernd und nur halb zähmbar ist, der den Wilden zur Jagd dient und daneben auch herrenlos sich findet, nicht eingeboren sei, wird angenommen, doch findet er sich schon fossil in Knochenhöhlen und seine Reste liegen selbst unter Lagen von Basalt begraben.

Für die einzigen Länder, die Beutelthiere haben, stellt sich nach dieser Übersicht Australischer Säuger deren Antheil an der Fauna diametral verschieden. Australien hat neben ihnen nur etwa drei Gattungen von Nagethieren als wahre eingeborne Landbewohner, sie selbst vertreten alle anderen Formen und Bestimmungen der Säugethiere; in Amerika's bunter Thierwelt tropischer Zone werden nur zwei Gattungen durch sie gebildet.

Wie kann das kommen, dass dieses Landes Thiere so vom sonst Gewohnten sich verschieden zeigen? Ist es die Natur des Landes? Allerdings scheint für Australien, in welchem dürre Zeiten Wasser und Nahrung viele Tagereisen weit verschwinden machen, der Beutelthiere Bau besonders passend. Er macht der Mutter Leben von dem Gedeihen der Nachkommenschaft mehr unabhängig. Wenn Alles rings vertrocknet, trägt die Mutter auf die bequemste Weise die Jungen mit zum neuen Futtérplatz. Sie ist durch deren Ohnmacht nicht an einer Heimath engen Kreis gefesselt. Der nach dem Bau des Hirnes wenig denkenden und leicht vergessenden weist die Empfindung wohl um so rascher und unmittelbarer neue Quellen für der Bedürfnisse Befriedigung nach. Für gewöhnlich wird sie so die Jungen

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mit sich erretten und ernähren können, im schlimmeren Falle, wenn in Noth und Hunger ihr die Milch versiegt und jene sterben, doch nicht durch den Tod der lange schon Gebornen mit ins Grab gezogen.

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Aber würden nicht Australiens Weiden die Antilopen nähren, die in Afrika wohl 100 Meilen ziehen, die Fluren suchend, wo tropischer Regen für einige Zeit die dürre Steppe in kräuterreiches Weideland verwandelt, sein frischer Bergwald nicht Hirsch und Reh, seine Felsgebiete nicht wilde Ziegen? Warum ertönt in seinen Wüsten nimmer das Gebrüll des königlichen Löwen, warum schleicht nicht der Tiger oder Panther, die ausdauernd weit nach Beute streifen, Luchs oder Katze durch das Rohr und Buschwerk? Wo sind die Füchse oder Marder, denen doch polare Küsten und öde Moore des hohen Nordens sattsam Beute bieten, wo die Affen, die in den Tropen der Alten und der Neuen Welt den immer grünen Wald beleben, wo all' die anderen Formen und Geschlechter, die wir sonst zu sehen gewohnt sind?

Dass Australien ihm ursprünglich fremde Thiere ernähren kann, ist augenfällig; eben das bewirkte seinen Aufschwung, gab ihm schon seine Stellung, bevor man fiebernd Gold grub. Wunderbarer Segen ruht auf den eingeführten Heerden. Zu Millionen decken die Schafe, zu Hunderttausenden die Rinder der Kolonien Weiden und vermehren sich auch leicht verwildert. Eingeführtes Damwild und mühsam den langen Weg gebrachte Llamas gedeihen auf Australiens Boden gut. Pferde und Hunde bilden edle Racen, wilde Kaninchen füllen schon die kleinen Inseln der Bassstrasse und künstlich ausgesetzt bevölkert Brut von Europäischen Fischen neu die Flüsse.

Und auf der anderen Seite, wenn ein Mal die Beutler für dürre Länder passen, warum haben dann die gleichen Steppen von Europa, Asien und Afrika nicht eine Spur von ihnen? Sehen wir doch Kängurus und Beutelhasen, wo man deren Angewöhnung versucht hat, in unseren Gärten sich vortrefflich halten und vermehren!

So kann denn wohl die jetzige Natur Australiens augenscheinlich nicht allein der Grund für die Verschiedenheit der Thiere sein. Die Zweifel, die vielleicht noch bleiben, schwinden vollständig, wenn wir sehen, wie Thiere von Australischem Charakter über den Kontinent hinaus auf Inseln sich verbreiten, die von seinen sonstigen Sonderheiten Nichts besitzen, und wie dann diese Thierwelt zwischen Inseln gleichen Ansehens fast mit scharfer Grenze abschliesst.

Petermann's Geogr. Mittheilungen. 1866, Heft IV.

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Die neuesten vulkanischen Erscheinungen bei der Griechischen Insel Thera (Santorin).

(Mit Karten, s. Tafel 7 und 81).).

1. Einleitung u. Auszüge aus Griechischen Zeitungen von Justizrath D. Kind.

Die südlichste grössere Insel der einen Theil des Griechischen Königreichs bildenden Gruppe der schon im Alterthum sogenannten Cykladen ist Thera oder nach ihrer mittelalterlichen Nomenklatur Santorin (Italienisch: Santorino). Sie ist durchaus vulkanisch und ihre ganze Oberfläche ist im buchstäblichen Sinne eine Bimssteindecke. Die alte Stadt, gleichen Namens mit der Insel selbst, liegt an der Westküste derselben und von da führt der Weg südlich nach Pyrgos, dem ehemaligen Hauptorte der Insel, das recht in der Mitte derselben liegt. Hinter Pyrgos, im südöstlichen Theile der Insel, erhebt sich der Heilige Elias, ein mächtiger, aus Kalkfels und blauem Marmor bestehender 1887 Fuss hoher Berg, von welchem ostwärts das Vorgebirge des Heil. Stephanos, südwärts das Vorgebirge Exomytis ausläuft. Dieses Kalkgebirge, dessen Wurzeln sich unter dem flachen östlichen Ufer der Insel hinziehen und welches in der Mitte der Ostküste noch ein Mal in einer kleinen frei stehenden Klippe, dem sogenannten Monolithos, zu Tage tritt, bildet gleichsam den Anker, an welchen das Produkt des Vulkans sich angehängt hat.

In vorhistorischer Zeit, als die grosse Kette von Vulkanen, die sich durch das südliche Europa und durch das Mittelländische Meer zieht und von welcher die Griechischen Inseln Melos und Thera nur ein Paar ausgebrannte Feueressen sind, noch thätig war, erhob sich in der Mitte des weiten Bassins, welches jetzt die Inseln Thera und Therasia trennt, ein Krater aus dem Meeresgrund und fing seine Höllenarbeit an. Er warf eine Schicht Asche und Lava nach der anderen aus, die sich regelmässig über einander lagerten, und bildete so eine grosse kreisrunde Insel, welche, von ihrer Peripherie her sanft aus den Wellen aufsteigend, in der Mitte in einem spitzigen, wenigstens 2000 Fuss hohen Pik endigte. Seine letzte Anstrengung war die Ausschleuderung eines ungeheueren Aschenund Bimssteinregens, der sich als eine weisse, 20 bis 40 Fuss mächtige Schicht über die ganze Oberfläche des Eilands lagerte. Hiermit war sein Werk vollbracht, das neue Land war zum Anbau durch Menschenhand vorbereitet.

1) Auf Tafel 7 geben wir eine Übersichtskarte der ganzen Inselgruppe Santorin, in 1:500.000, daneben zum Vergleich und in demselben Maassstabe den Vulkan-Bezirk von Neapel und dem Vesuv, und drittens: eine Übersichtskarte des ganzen vulkanischen Herdes des Mittelmeeres mit Angabe der Tiefenverhältnisse des Meeres und der Topographie des Seebodens. Vom Etna brachten wir im gleichen Maassstabe, 1:500.000, eine genaue Karte nach der grossen Aufnahme von Sartorius von Waltershausen auf Tafel 4 der ,,Geogr. Mitth." 1864.

Der Krater stürzte ein, begrub die ganze Mitte der Insel mit sich in seinem Sturze und liess nur östlich die halbmondförmige Thera, westlich die kleinere Therasia und südlich zwischen beiden das kleine Eiland Aspronisi stehen. Zwischen ihnen wogte fortan das Meer in einem mehrere Stunden breiten, von Nord nach Südwest sich hinziehenden, tiefen Kanal. Die gegen das Bassin gerichteten Wände von Thera und Therasia sind noch 8- bis 1200 Fuss hoch, schroff und steil, als wären sie mit dem Messer geschnitten; gleich vielfarbigen Bändern ziehen sich die rothen, grauen, grünen, schwarzen, gelben, blauen und weissen Schichten horizontal über einander hin und lassen sich an der gegenüberliegenden Insel in gleicher Höhe wieder erkennen. Kaum eine Spur von Vegetation zeigt sich an diesen ausgeglühten Lava- und Aschenmassen; man glaubt, wenn der Sturm das Meer aufwühlt, in einen Höllenkessel zu blicken, aus dessen Mitte schwarze, seltsam geformte Basalt-Eilande wie ein Hexenbrei hervorragen.

In dieser Weise äusserte sich Ludwig Ross, der während eines längeren Aufenthaltes in Griechenland auch mehrmals auf der Insel Thera gewesen war, in Folge seines dortigen Besuches im Jahre 1835 über die vulkanische Entstehung der Inseln Thera und Therasia und über deren äussere Gestaltung (,,Reisen auf den Griechischen Inseln des Ägäischen Meeres", Bd. I, 1840, S. 54 f.).

Die Erdbeben, deren Schauplatz die Insel Thera seit langen Jahrhunderten gewesen, haben auch im Inneren der Insel, auf ihrer Oberfläche, vielfache Spuren zurückgelassen und die vulkanische Beschaffenheit der Insel selbst offenbart sich dort in der verschiedenartigsten Weise. Neben Schichten von Bimsstein von geringerer oder grösserer Tiefe lagern theils weitere Decken und Schichten von Asche, die der Vulkan der Insel ausgeworfen, theils Lavablöcke und manche Überreste alter Bauwerke liegen unter der Erdoberfläche, die zum Theil bei früheren Ausbrüchen und Erdbeben das übergetretene Meer aufgedeckt hat. Die letzte dieser Eruptionen war von solcher Heftigkeit, dass die höchsten Rücken des Elias- und Stephan - Berges, obgleich der letztere wenigstens 1 Deutsche Meilen in gerader Richtung von dem wahrscheinlichen Mittelpunkte des ehemaligen Kraters entfernt ist, an allen den Stellen, wo der leichte Bimsstein in einer Senkung der Felsen nur ein festes Lager finden konnte, in nicht geringerem Maasse damit überdeckt sind als die niedrigeren Theile der Insel. Auch ist zu vermuthen, dass von den beiden von Ptolemäus genannten Hauptorten der Insel, Ora und Eleusis, von denen jener auf dem Rücken

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