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Februar, indem ein jeder sein eigenes besonderes Revier auswählt und behauptet. Wenn mehrere an derselben Stelle sich finden, kämpfen sie äusserst wüthend mit einander und kommen sich in oder ausser dem Wasser niemals in den Wurf, ohne sich in das verzweifeltste Gefecht einzulassen, wobei sie einander grosse Stücken Fell und Fleisch ausreissen. Ihr Fell ist immer voller Wunden und Schrammen, die aber sehr schnell zu heilen scheinen.

,,Vom November bis Anfang Februar liegen sie viel in der Sonne, sie wählen gewöhnlich einen sandigen oder kieseligen Strand, wenn sie landen und sich niederlegen wollen. In dieser Zeit kann man sie leicht tödten, denn oft, wenn sie vom Wasser aus einen Menschen an der Küste sehen, landen und greifen sie ihn an oder verfolgen ihn vielmehr, wenn er davonläuft; hält ihm aber der Mann Stand, SO bleibt der Seelöwe gewöhnlich stehen, wo man dann sehr ruhig an ihn herangehen und ihn tödten muss; bisweilen jedoch zieht er sich rasch ins Wasser zurück, sobald man ihm entgegentritt.

„Eine andere, in dieser Jahreszeit unfehlbare Methode, sie ans Ufer zu locken, besteht darin, dass man sich ungesehen in das Gebüsch zurückzieht und das Brüllen einer Kuh nachahmt, denn diess ist der natürliche Laut der Weibchen. Um sie zu tödten, schlägt man sie gewöhnlich mit einer hölzernen Keule auf die Nase; wenn die richtige Stelle getroffen wird, genügt schon ein ganz leichter Schlag, um sie zu betäuben, und dann müssen sie sogleich abgestochen werden. Diese Art, sie zu tödten, ist ganz geeignet, wenn man sie schlafend überrascht, aber wenn sie nicht häufig sind und in der beschriebenen Weise aus dem Wasser gelockt werden müssen, ist es am sichersten, ihnen eine Kugel in den Kopf zu jagen, bevor man sich ihnen nähert; sodann gehe man auf sie zu, schlage sie mit der Keule und steche sie ab; denn wenn sie nach empfangenem Schlag entkommen, so lassen sie sich nicht zum zweiten Mal auf dieselbe Weise aus dem Wasser locken, und es macht auch die anderen scheu. Obgleich so wüthend gegen einander und so schrecklich im Aussehen, suchen sie doch gewöhnlich, wenn sie vom Menschen angegriffen werden, ins Wasser zu entkommen; indessen muss man beim Schlagen sicher treffen, sonst fassen sie sehr wahrscheinlich den Angreifenden und er wird dann nicht ohne zerbrochene Knochen davonkommen. Es erfordert einigen Muth, diesen Ungeheuern Stand zu halten, und man lernt es nur durch Übung.

,,Nachdem ich Charakter und Gewohnheiten der Männchen ziemlich ausführlich beschrieben habe, müssen wir jetzt den Weibchen, die kleiner und furchtsamer sind, unsere Aufmerksamkeit zuwenden. Sie halten kaum jemals einem Menschen Stand, aber wenn sie nicht gleich beim ersten Schlag niedergeworfen werden, schnappen sie wie

die Männchen und zermalmen Alles, was zwischen ihre starken und geräumigen Kinnladen geräth.

,,Im letzten Theil des Dezember und den ganzen Januar hindurch halten sie sich viel am Ufer auf und wandern einzeln durch Gebüsch oder Wald und in das lange Gras an den Abhängen der Berge oberhalb des Waldes, indem sie beständig in kläglichster Weise brüllen. Sie suchen ohne Zweifel eine zum Wochenbett geeignete Stelle; ich habe gesehen, wie sie sich zu diesem Zweck weiter als eine Engl. Meile vom Wasser entfernten. Ihre Stimme ist ausserordentlich kräftig, bei ruhigem Wetter hört man sie auf die fast unglaubliche Entfernung von 4 bis 5 Engl. Meilen. Warum sie vor dem Werfen des Jungen (sie gebären nur 1 Junges auf ein Mal) so viel brüllen, weiss ich nicht, aber nach diesem Ereigniss, das nicht vor dem 1. Februar eintritt, hat es unzweifelhaft den Zweck, das Junge zu rufen, das sie meist einige Tage nach der Geburt in das Wasser nehmen. Dabei versammeln sie sich in grosser Zahl an einer besonderen Stelle, indem sie solche Plätze wie eine kleine Insel oder eine Landzunge mit schmaler Verbindung wählen. Diess verhindert, dass die Jungen sich verirren und umkommen, wie es bisweilen im Gebüsch geschieht, während sie an diesen Stellen nicht gut sich entfernen können, ohne in das Wasser zu gehen, gegen das sie in frühester Jugend eine grosse Abneigung haben.

,,Die von der Mutter angewendeten Mittel, ihr Junges zum ersten Mal ins Wasser und an eine sichere Stelle zu bringen, sind für den Augenzeugen höchst unterhaltend. Man sollte meinen, dass diese Thiere schon in der Jugend gern ins Wasser gingen, dass ihr natürlicher Instinkt sie dazu treibe, aber sonderbarer Weise ist diess nicht der Fall, nur mit der grössten Schwierigkeit und bewunderungswürdiger Geduld gelingt es der Mutter, das Junge zum ersten Mal ins Wasser zu locken. Ich habe gesehen, wie ein Weibchen drei Tage brauchte, um das Junge 1⁄2 Engl. Meile weit und ins Wasser zu bringen, und das Überraschendste dabei ist, dass das Junge Anfangs nicht schwimmen kann. Diess gerade ist am amüsantesten. Die Mutter nimmt es auf ihren Rücken und schwimmt sehr langsam an der Oberfläche des Wasser dahin, aber das arme kleine Ding blökt die ganze Zeit über und gleitet beständig von seiner schlüpfrigen Unterlage herab, wobei es dann im Wasser umherzappelt, gerade wie ein kleiner Knabe, der in zu tiefes Wasser geräth und nicht schwimmen kann. Die Mutter schwimmt dann unter das Junge und nimmt es so wieder auf ihren Rücken. So geht es fort, die Mutter stösst häufig ein ärgerliches Brüllen aus, das Junge blökt und schreit beständig, fällt oft herab, zappelt umher, kommt wieder hinauf und erhält sehr oft einen Klapps von der Hand der Mutter, ja bisweilen beisst diese das Junge äusserst grausam.

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Sehr oft sieht man arme kleine Thiere, deren Haut auf das Schrecklichste zerfleischt ist. In dieser Weise verfahren sie, bis der Ort, an welchen sie die Jungen bringen wollen, erreicht ist. Bisweilen sind sie an solchen Stellen sehr zahlreich und täglich kommen neue hinzu bis gegen Ende März. Hier bleiben die Jungen, ohne wieder ins Wasser zu gehen, etwa einen Monat lang, worauf sie von selbst in das Wasser zu gehen anfangen; Anfangs aber spielen sie nur am Rande, erst allmählich wagen sie sich etwas weiter hinein und bis zum Alter von drei Monaten laufen sie, wenn im Wasser überrascht, sofort auf das Ufer und verbergen sich da, indem sie jedoch stets den Kopf aussen lassen und ihre Blicke auf die heften, die sie überrascht haben, in so beredter Weise, wie es mit den Augen nur möglich ist, um Gnade flehend.

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,Während der Monate Februar, März und April halten sich die Weibchen grösstentheils am Ufer auf und liegen in Haufen von 12 bis 15 beisammen im Gebüsch an den Stellen, wo ihre Jungen versammelt sind. Zum Ins-Wassergehen und Fressen scheinen sie keine bestimmte Zeit einzuhalten, auch lassen sie die Jungen saugen, wann es ihnen beliebt. Wenn diese satt sind, verlassen sie die Mütter sofort, um in kleinen Gesellschaften in einiger Entfernung von den Alten zu spielen. Die Mütter schienen kaum irgend Notiz von ihren Jungen zu nehmen, was mich ausser dem Umstand, dass sie dieselben oft so grausam beissen, zu der Annahme verleitete, sie hätten keine natürliche Zuneigung für sie. Diess aber stellte sich als ein falscher Schluss heraus. Ein Fall namentlich kam mir vor, wo ein Weibchen, dessen Junges getödtet und weggenommen war, acht Tage lang unaufhörlich brüllend bei der Unglücksstelle sich herumtrieb, ohne ins Wasser zu gehen und folglich ohne Nahrung zu sich zu nehmen. Nach den ersten Paar Tagen wurde ihre Stimme allmählich schwächer und zuletzt war sie kaum hörbar. Ich glaubte sicher, sie würde sterben. Sie überlebte jedoch ihren Kummer und am achten Tage ging sie ins Wasser, aber länger als einen Monat besuchte sie täglich den Ort, indem sie in traurigstem Tone brüllte. Dieser Fall ist kein vereinzelter, man kann diess als Regel, nicht als Ausnahme betrachten.

,,Vor der Geburt der Jungen oder von Anfang des Januar an liegen die Weibchen bisweilen in kleinen Gruppen beisammen in der Sonne, eben so später, wenn sie säugen, und gewöhnlich halten sich ein oder zwei Männchen bei jeder Gruppe auf; die letzteren verlassen die Buchten nach Anfang April. Die Weibchen sind augenscheinlich bei weitem die zahlreichsten, sie werden im Alter von zwei Jahren trächtig und kalben im dritten, nachdem sie 11 Monate getragen haben. Ihre vier Zitzen sind am Leib ziemlich in gleicher Entfernung von einander und von den Flossen

füssen gestellt. Die Brustwarze zieht sich, wenn sie nicht im Munde des Jungen ist, nach innen zurück, so dass nur ein schwarzer Fleck sichtbar bleibt; so wird sie dem Thier bei seinen Bewegungen im Wasser nicht hinderlich. Die Zitze ist etwa so gross wie der kleine Finger eines Menschen vom mittleren Gelenk bis zur Spitze.

,,Die Zunge des Seelöwen ist gespalten oder hat vielmehr an der Spitze eine Kerbe von 1 Zoll Tiefe, wovon der Zweck nur das Ausdrücken der Zitze beim Saugen zu sein scheint.

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Wenn die Jungen etwa drei Monate alt sind, hören sie zu saugen auf und verlassen mit den Müttern die Plätze, wo sie gesäugt wurden, und nun halten sich alle Seelöwen fast immer den Tag über im Wasser und nur des Nachts am Ufer auf. Sie scheinen keinen bestimmten Platz zum Schlafen aufzusuchen, nur Schutz im Gebüsch oder im langen Gras dicht am Wasser. Sie schlafen in kleinen Gesellschaften von 6 bis 8 beisammen, gehen nie vor Einbruch der Dunkelheit ans Land und beim ersten Grauen des Tages wieder ins Wasser. Bisweilen schläft dieselbe Gesellschaft mehrere Nächte hinter einander an derselben Stelle, sie nicht gestört wird.

wenn

,,Um diese Zeit, d. h. im Mai, bald nach der Paarung, sind die Weibchen viel mit Erbrechen geplagt und oft werden dann kleine Steiné mit ausgeworfen, die wahrscheinlich beim Fangen der Fische am Boden verschnappt wurden. Ich glaube, dass diese Robben mehr von kleinen als von grossen Fischen sich nähren, dass sie sehr häufig Krabben und Muscheln fressen und auch bisweilen Vögel, wie Seeraben und Enten, ergreifen; aber gegenseitig fressen sie sich nicht, noch rühren sie irgend etwas Todtes an.

,,Ihre grösste Schnelligkeit im Wasser ist nicht grösser als 20 Engl. Meilen in der Stunde und sie haben die ausserordentliche Fähigkeit, auch bei der schnellsten Fortbewegung im Wasser augenblicklich still zu halten. Wenn sie bisweilen Etwas überrascht, wie z. B. ein Boot, kommen sie in grösster Eile herbei, und wenn sie vielleicht bis auf eine Elle herangeschwommen sind, ohne die geringste Verminderung der Geschwindigkeit, erheben sie ihren Kopf und halben Körper aus dem Wasser und sind sofort bewegungslos wie eine Statue. Ich habe Männchen ein Boot angreifen sehen, doch kommt das nicht häufig vor.

,,Am Lande können sie überraschend schnell laufen; auf einem harten, glatten Strand laufen sie fast so schnell wie ein Mensch und im Gebüsch oder hohen Gras bewegen sie sich viel schneller. Sie können auch Felsenklippen und steile schlüpferige Ufer erklettern, die dem Menschen unzugänglich sind, und sehr oft fallen sie von solchen Stellen rückwärts herab und verletzen sich schwer.

,Es wird aus diesen Beobachtungen ersichtlich sein, dass

die Monate Februar, März und April sich am besten zum Robbenfang eignen. Mai und Juli sind auch gute Monate, aber das ganze Tagesgeschäft muss dann in der frühesten Dämmerung geschehen, so dass man die Lagerplätze kennen und einen Theil der Mannschaft vor Tagesanbruch daselbst aufstellen muss, denn fast alle gehen zu gleicher Zeit, innerhalb weniger Minuten, ins Wasser."

Die Schiffbrüchigen fanden das Fleisch dieser Thiere sehr schmackhaft, besonders das der jüngsten, noch nicht im Wasser gewesenen, das genau wie Lammfleisch schmecken soll, wogegen alte Männchen so gut wie ungeniessbar waren. Die Milch der Weibchen ist sehr fett und gut, viel besser als Ziegenmilch.

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Andere Thiere. McCormick, Naturforscher der Ross'schen Expedition, war der Meinung, dass die Inselgruppe kein Landsäugethier beherberge ausser den von Capt. Bristow dahin gebrachten Schweinen, doch erzählt Ross selbst, dass eine zum Holzfällen ausgeschickte Abtheilung seiner Schiffsmannschaft ein Nest mit zwei jungen, noch blinden Katzen fand. Die Jungen wurden erschlagen, aber die alte Katze entkam. Ausser einigen Schweinen, Hühnern und Kaninchen liess Ross zwei Schafböcke und vier Schafe auf der Insel zurück.

Von den Schweinen, die schon 1840 zahlreich gewesen sein sollen, bekam Musgrave Nichts zu sehen, dagegen stellte sich eines Abends eine junge Katze ein, die, Anfangs scheu und wild, nach und nach zahm wurde, aber immer nur des Nachts zum Vorschein kam. Jedenfalls war es auch eine Katze, die er einst auf einem Baum sitzend von Hunden angebellt fand. Zwei Hunde nämlich trieben sich wild auf der Insel umher und kamen bisweilen, auf der Robbenjagd begriffen, in die Nähe des Hauses. Das Thier aber, welches vor ihnen auf den Baum geflüchtet war, hatte nach Musgrave's sehr unvollkommener Beschreibung kurze Beine und kurze Ohren, einen langen Schwanz und grauen Pelz wie eine Katze, der es etwas glich, nur schien der Körper länger und schlanker zu sein. Viele Löcher in der Erde, vor denen sich öfters Fussspuren, denen eines Schweines ähnlich, nebst Federn und Eierschalen vorfanden, brachte Musgrave mit diesem Thiere in Verbindung, das seiner Ansicht nach irgend ein nächtliches, Vögel fressendes war. Die Löcher im Boden könnten sehr wohl von Seevögeln herrühren.

Eingeführt sind natürlich auch die Mäuse, die sich in so grosser Anzahl im Hause der Schiffbrüchigen einfanden, dass die Katze eine wahre Wohlthäterin wurde.

Von Vögeln erwähnt Musgrave keinen nicht schon früher daselbst gefundenen. Nützlich wurden ihm nur die Seeraben, aber rühmend gedenkt er öfters eines Papagei's und verschiedener kleiner Singvögel, die so zahm waren, dass

sie sich fast mit Händen greifen liessen und ohne Scheu in das Haus kamen, um die Brosamen aufzulesen. Sie suchten öfters Schutz in dem Hause vor Geiern, deren Vertilgung sich die Unglücksgenossen den kleinen Vögeln zu Liéb eifrig angelegen sein liessen.

Sehr lästig waren die Schmeissfliegen und die zahllosen Sandfliegen, die bei Frostwetter eben so wüthend stechen wie an heissen Sommertagen.

Ausflüge in die Umgegend. Während der Hausbau langsam fortschritt, sahen sich die Unglücksgefährten ihre Umgebung etwas an. In ihrem Boot fuhren sie dem Ausgang des Hafens zu, pflanzten am Ufer einen Flaggenstock mit einem grossen Stück Segeltuch auf und banden eine Flasche daran, worin ihr Aufenthaltsort aufgezeichnet war. Dadurch hofften sie die Aufmerksamkeit etwa vorüberkom

mender Schiffe zu erregen. Sodann ruderten sie den westlichen Arm des Hafens entlang und fanden an seinem Ende, etwa 10 bis 11 Engl. Meilen vom östlichen Eingang, eine schmale Durchfahrt nach dem offenen Meer, etwa 3/4 Engl. Meilen lang und 4 Kabellänge breit. Das Wasser ist auch in diesem westlichen Arm sehr tief, die Felsenufer fallen auch hier steil in die Tiefe ab, so dass 50 Yards von der Küste schon eine Tiefe von 10 Faden sich fand und 100 Yards von der Küste die Zwanzig-Faden-Leine nirgends den Boden erreichte. Wasser und Ufer wimmelten auch dort buchstäblich von Seelöwen.

Später bestieg Musgrave einen Berg, der sich nordöstlich von dem Lagerplatz erhob. Bis fast auf den Gipfel dieses Berges, etwa 4 Engl. Meilen vom Wasser, fand er Spuren der Seelöwen. Er ging 7 bis 8 Engl. Meilen weit und hatte eine gute Aussicht über den östlichen Theil der Insel. Hier sah er einen kleinen Hafen, der von Nordost nach Südwest 34 Meilen weit in das Land einschneidet, aber nicht breiter als eine Kabellänge und beiderseits von 500 Fuss hohen senkrechten Ufern eingefasst ist, so dass Ankergrund kaum darin zu erwarten sein dürfte. Ein beträchtlicher Fluss ergiesst sich in ihn, wie überhaupt zahlreiche Wasseradern von den sehr steilen Bergen, die sich im Norden und Osten von Musgrave's Standpunkt erheben, herabkommen. Diese dem Anschein nach nur an wenigen Stellen ersteiglichen Berge sind mit hohem groben Gras bedeckt, hie und da auch mit etwas verkrüppeltem Gesträuch, während die Ufer des Carnley - Hafens bis auf 1 Engl. Meile vom Wasser rings von dichtem Wald ein- . gefasst werden, ein Gürtel, der bei den zahlreichen Buchten des Hafens mindestens 60 bis 70 Engl. Meilen lang sein muss. Der Gipfel des von Musgrave erstiegenen Granitberges war eine Sumpfmasse ohne Gras oder Kraut und auch an seinen Abhängen hatte Musgrave Noth, die zahlreichen Sümpfe zu passiren.

Sehr häufig besuchten die Gefährten in der Folge den nordwestlichen Theil des Hafens, wo sie gewöhnlich auf der kleinen Figure of Eight-Insel viele Seelöwen versammelt fanden. Auch der mittlere Arm (Middle Harbour) wurde mit dem Boote befahren, sondirt und mappirt, und wie es sich herausstellte, bietet er gerade den besten Ankerplatz im inneren Hafen, während in den äusseren Theilen des Hafens der Camp Cove am nordöstlichen Ende des westlichen Arms als solcher erprobt wurde.

Den Flaggenstock mit dem Segeltuch und der Flasche hatten die Stürme bald zerstört und so begaben sich die auf Erlösung Harrenden auch öfters dorthin, um ein grosses, weithin sichtbares Bret mit den nöthigen Nachrichten aufzustellen.

Häusliche Einrichtung.

Den 2. Februar war endlich das Haus so weit hergestellt, dass es bezogen werden konnte. Es war kein Palast, doch hatte es 24 Fuss Länge, 16 Fuss Breite und 14 Fuss Höhe, war mit Gras gedeckt, mit einem Schornstein versehen und konnte auch im Winter hinreichenden Schutz gewähren. Statt der Betten musste man sich freilich mit hölzernen Lagerstätten begnügen, ein grosser Esstisch mit zwei Bänken, zwei kleinere Tische und der steinerne Kochherd bildeten das übrige Meublement. Robbenfelle, die man allmählich zuzubereiten lernte, dienten zu Decken und Schuhwerk. Man traf die Einrichtung, dass die Gefährten wöchentlich in der Besorgung der Küche abwechselten, und der Steuermann Raynal, ein Franzose, ging dabei mit so gutem Beispiel voran, dass er die Mahlzeiten auf vier Gänge ausdehnte: Robbenbraten, gedämpfte Leber, Fisch und Muscheln. Zu diesen Delikatessen kamen noch zuweilen Seeraben und eine zuckerhaltige Wurzel, die auf der ganzen Insel sehr häufig sich vorfand, einen guten Ersatz für Brod und Kartoffeln bildete und aus der sogar eine Art Bier bereitet wurde.

Umschau über die Inselgruppe. In die einförmige tägliche Beschäftigung, die hauptsächlich aus Robben- und Fischfang, Holzfällen, Kochen u. s. w. bestand, woran sich aber Abends Lesestunden und belehrende Vorträge schlossen, brachte ab und zu eine Exkursion nach den Bergen im Norden eine angenehme Abwechselung. Schon seit ihrer Ankunft auf der Insel war den Schiffbrüchigen ein Berggipfel aufgefallen, der eine grosse Ähnlichkeit mit einem Sarg hatte und deshalb von ihnen das Riesen-Grab (Giant's Tomb) benannt wurde. Er liegt so ziemlich im Centrum der Insel, seine Höhe beträgt etwa 1800 Fuss und das sargähnliche Gebilde besteht aus einem Felsenrücken von 100 Yards Länge und 20 Fuss Dicke, der von NW. nach SO. verlaufend an dem NW.-Ende etwa 20, am SO.-Ende 45 Fuss über die Unterlage sich erhebt. An dem letzteren Ende, welches in ein Thal hinabschaut, befindet sich eine

geräumige Höhle. Dieses Thal ist etwa 1 Engl. Meile lang und nicht breiter als 200 Yards. An beiden Seiten von steilen, 600 bis 800 F. hohen Felsen begrenzt, endet es an einem halbkreisförmigen Felsabsturz von 1000 F. Höhe, an dessen oberstem Theil die Höhle sich öffnet. Mit Lebensgefahr kletterten die Neugierigen hinein, sie scheinen aber nichts Bemerkenswerthes gefunden zu haben. Die Aussicht von dem Gipfel war grossartig und prachtvoll. Die Berggipfel ringsum zeigten Nichts als Felsen, öde und nackt, auf das Mannigfachste gestaltet und zerrissen. Da sah man Spalten und senkrechte Abstürze Hunderte von Fussen tief und über dieses rauhe und zerklüftete Panorama hinweg erblickte man rings das Meer. Der Überblick über die Inselgruppe war ein vollständiger. Musgrave schätzte die Gesammtlänge der Gruppe auf 30 bis 35 Engl. Meilen, die grösste Breite auf 15 Engl. Meilen. Im Süden bemerkte er die 2000 F. hohe Adam-Insel mit dem engen Sund, der sie abtrennt, im Norden die Enderby-Insel, vor der Mitte der steilen und hohen Westküste, die in fast gerader Linie von Nord nach Süd verläuft, einige kleine Inselchen dicht am Ufer, in Nordost bis 10 Engl. Meilen vom Land heftige Brandung, die gefährliche Klippen verräth. Die Ostküste verläuft von der Mitte der Insel an bis zum Nordende in nordwestlicher Richtung. Der nördlichste Theil der Insel ist viel niedriger als die südlicheren, von der Westküste ziehen sich dort wellige Rücken nach der Nordostküste hin, die vielfach eingeschnitten ist. Von diesen Einschnitten setzen einige fast (der eine oder andere vielleicht ganz) durch die Breite der Insel, aber sie sind von 1200 F. hohen senkrechten Wänden eingefasst und so schmal, dass es aussieht, als könnte Jemand darüber springen.

Das Entkommen. Als der erste Winter vorüber war, hofften die armen Verschlagenen zuversichtlich auf Erlösung; sie konnten nicht glauben, dass man sich in Sydney einfach in ihr Ausbleiben fügen werde, ohne Versuch, sie aufzufinden und in die Heimath zu bringen. Im Oktober stiegen diese Hoffnungen aufs Höchste, denn um diese Zeit durften sie am sichersten auf die Ankunft eines etwa nach ihnen ausgesandten Schiffes rechnen, aber der Oktober verging, das Jahr lief ab und trotz eifrigsten, bangen Ausschauens liess sich kein rettendes Segel erspähen. Die Armen waren der Verzweiflung nahe.

Allmählich stellte sich auch materielle Noth ein. Die Anfangs so häufigen Seelöwen zogen sich im Winter ganz ins Wasser zurück und verliessen grösstentheils den CarnleyHafen, auch kamen im Sommer nur einzelne wieder, so dass es beständige Aufmerksamkeit und Anstrengung kostete, die nöthigste Nahrung zu beschaffen, zumal es Fische nur in ausserordentlich geringer Menge gab und das Erlegen eines Vogels zu den Seltenheiten gehörte. Während man früher

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So fassten sie denn, nachdem wiederholte Versuche einer Hebung und Flottmachung des Wrackes gescheitert waren, den verzweifelten Entschluss, in ihrem gebrechlichen, nur 12 Fuss langen Boote die Flucht nach Neu-Seeland zu wagen. Bei dem höchst unbeständigen, stürmischen Wetter, wodurch sich diese Region so ganz besonders auszeichnet, und bei der schlechten Beschaffenheit des winzigen Fahrzeuges konnten sie sich die Wahrscheinlichkeit des Unterganges nicht verhehlen, aber besser war es immer, männlich und kühn das Äusserste zu versuchen, als sich einem langsameren, aber um so elenderen Tode willig hinzugeben. Mit frohem Muthe gingen sie daran, das Boot auszubessern, etwas zu vergrössern und einigermaassen für eine Seefahrt herzurichten. Freilich ging das Werk langsam von Statten, denn man hatte nur sehr wenige und ganz unzureichende Werkzeuge gerettet, der gewandte Raynal musste das Schmiedehandwerk allmählich mühsam erlernen und Musgrave fand sich erst nach und nach in die Rolle eines Schiffszimmermanns, auch unterbrach das böse Wetter oft wochenlang die Arbeit und die Sorge für die Beschaffung der täglichen Lebensmittel nahm die meiste Zeit hinweg. Endlich am 23. Juni 1865 war das Boot fertig und am 27. lief es von Stapel. Aber siehe da! es befriedigte die Erwartungen der Erbauer so wenig, dass man sofort die Unmöglichkeit einsah, zu fünf eine Seefahrt zu wagen. Nach langem Schwanken blieben denn George Harris und Henry Folgee zurück, mit der schwachen Aussicht, später abgeholt zu werden, während Musgrave mit Raynal und dem fünften Mann am 19. Juli die abenteuerliche Fahrt wirklich antrat.

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holte.

Wir waren jedoch nicht mehr als 20 Engl. Meilen von der Insel, als wir die ganze Wuth des Südweststurmes fühlten, und er hielt unausgesetzt an, bis wir nach einer entsetzlichen Überfahrt von 5 Tagen und Nächten am Morgen des 24. im Port Adventure der Stewart-Insel ankamen. Während dieser ganzen Zeit stand ich auf den Füssen, in der einen Hand ein Tau, mit der anderen pumpend. Das Boot war sehr leck und die Pumpe musste fast immer in Gang bleiben. Da ich zu besorgt war, um das Deck zu verlassen, übernahm ich diese Arbeit, während die beiden Anderen sich am Steuer ablösten. Der Wind war uns zwar günstig, aber so stark, dass wir fast die Hälfte der Zeit beilegen mussten, und die Wellen schlugen beständig über das kleine Fahrzeug; wie es durchgekommen, weiss ich kaum. Ich hatte seit der Abfahrt bis zur Ankunft keine Unze Nahrung zu mir genommen und nur etwa 1⁄2 Pinte Wasser getrunken, dennoch fühlte ich keine Ermüdung bis zu der Nacht vor unserer Ankunft, wo ich mich plötzlich ganz erschöpft aufs Deck niederlegen musste, über das zum ersten Mal seit unserer Abfahrt kein Wasser schlug. Wir waren jetzt nahe am Land. Ich lag etwa 1/2 Stunde, dann konnte ich wieder aufstehen und fühlte, dass ich gerade noch Kraft genug besässe, um bis zum nächsten Tag auszuhalten; hätte die Fahrt aber nur wenig länger gedauert, so würde ich sicherlich niemals wieder einen Fuss ans Land gesetzt haben."

Die Geretteten fanden in Port Adventure so wie wenige Tage später in Invercargill an der Südküste von Neu-Seeland die freundlichste Aufnahme und hauptsächlich durch die Bemühungen von Mr. John Macpherson an letzterem Orte gelang es, das zum Miethen eines Schiffes erforderliche Geld rasch zusammenzubringen. Mit diesem Schiff, dem ,,Flying Scud" des Capt. Cross, sollten die zwei auf den Auckland-Inseln Zurückgelassenen abgeholt werden. Musgrave hielt es für seine Pflicht, an der Fahrt Theil zu nehmen, so sehr ihn seine bange Sehnsucht nach Sydney trieb.

Schon in den ersten Tagen des August war das Schiff bereit, seine menschenfreundliche Mission zu erfüllen, aber das Missgeschick wurde nicht müde, den armen Musgrave zu verfolgen. Sturm und heftiger Gegenwind nöthigten. zur Umkehr und verhinderten die Überfahrt bis zum 22. August.

Auf dieser Überfahrt machte Musgrave die Wahrnehmung, dass das Schiff durch eine sehr starke Strömung gegen Osten getrieben wurde, leider belehrt er uns aber nicht darüber, ob die Strömung eine kalte oder warme ist. Das letztere nahmen wir auf unserer Darstellung der Meeresströmungen im Süden von Neu-Seeland auf Tafel 5 der ,,Geogr. Mitth." von 1865 deshalb an, weil diess die ein

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