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III. Operationen der Armee von Innerösterreich in Tyrol, Italien, Dalmatien, Kärnthen, Krain, Steyermark und Ungarn.

A. Tyro I.
Erster Abschnitt.

Verhältniße in Tyrol. Insurrektion. Gefechte an der Laditscher Brücke und bei Sterzing. Die Tyroler crobern Innsbruck, und nöthigen eine französisch - baiersche Abtheilung unter General Bisson, die Waffen zu strecken. Bewegungen des Corps von Chasteler vom 9ten bis 15ten April. Baraguay d'Hilliers rückt mit eilftausend Mann in das füdliche Tyrol. Concentrirung der Oesterreicher bei Bohen; Vorrücken derselben, und Rückzug des Feindes bis hinter Caliano. Gefecht bei S. Ilario. Rückzug Baraguay's nach La Chiusa. Die Nachricht von den Unfällen in Baiern veranlasst Chasteler, nach dem nördlichen Tyrol abzurücken. Marsch der Division Rusca nach Trient, und durch die Valsugana; Folgen davon. Verhältniße im südlichen Tyrol bis zum Ende des Monat Mai. Stellungen des Generals Jellachich in Salzburg. Gefechte am Luegpass und bei Abtenau. Mißlungener Versuch der Baiern, Kufstein zu entseßen. Gefechte am Strubpasse, bei Wörgl, Schwaz. Innsbruck von den Baiern bescht. Abmarsch der Division Wrede nach Salzburg. Mehrmaliger Wechsel in den Entschlüßen Chastelers. Er zicht die Hauptmasse seines Corps zwischen Sachsenburg und Lienz zusammen, um zum Erzherzoge Johann zu stoßen. Marsch derselben nach Hohenegg. Ereigniße bei der Division Jellachich. Marsch derselben von Radstadt nach Mautern. Gefecht bei St. Michael. Vereinigung mit dem Erzherzoge Johann bei Gråß.

Aus der Einleitung weiß der Leser bereits, daß zu den Operationen in Italien und Tyrol, eine selbststån

dige Truppenmasse,

Armee von Innerdsterreich gez

nannt — unter dem Oberbefehle des Erzherzogs Johann, an der südwestlichen Grenze der österreichischen Monarchie zusammengezogen worden war, deren Unternehmungen den Gegenstand der nächsten Abschnitte bilden. Gewöhnlich werden dieselben ungetrennt dargestellt, was aber die Uebersicht eher erschwert als begünstigt; wir glaubten davon abweichen zu müßen, und liefern zunächst die Geschichte des Kampfes in Tyrol, welcher wohl als selbstständiges Ganzes behandelt zu werden verdient, dann die der übrigen Ereigniße in ununterbrochenem Zusammenhange. Hiernach ist für den Augenblick blos zu bemerken, daß Marquis Chafteler mit zehntausend Mann (9 Bataillone 3 Escas drons) in den ersten Tagen des Aprils nach OberDrauburg an der Grenze Tyrols gerückt war, welches viertausend vierhundert Mann baierscher Truppen unter General Kinkel befeht hielten; da jedoch bei dem ganzen Unternehmen wesentlich auf die Mitwirkung der Einwohner gerechnet wurde, scheint es nöthig einige Worte über die eigenthümlichen Verhältniße des Landes hinzu zu fügen*).

Tyrol, in Folge des Pressburger Friedens dem Königreiche Baiern einverleibt, hatte Namen, Verfaf

*) La guerre de 1809. T. I. 1re partie, p. LIV - LX, Das Heer von Innerdstreich, S. 34. 228. 229. v. Vålderndorf und Waradein Kriegsgeschichte von Baiern, Band 11. S. 25. 26. 29, 30.

sung, und darauf gegründete Rechte verloren, es mußte ausserdem in grellem Gegensaße mit früheren glücklichen Verhältnißen, die ungewöhnlichen Leistungen machen, welche alle Regierungen des Rheinbundes von ihren Unterthanen zu fordern genöthigt waren. Indem Kaiser Franz dem neuen Herrn nur diejenigen Befugniße abzutreten vermocht hatte, die ihm selber zustanden, alle desfallsigen Beschränkungen aber unbeachtet blieben, wird es erklärlich, wenn die Beeinträchtigten den dermaligen Zustand als einen nicht im Rechte begründeten, sondern blos faktischen betrachten, welcher ohne Pflichtverletzung bei günstiger Gelegenheit beseitigt werden könne. Defterreichs Rüstungen erschienen als solche, auch fehlte es, nach unverwerflichen Zeugnißen, nicht an direkten Aufforderungen von dorther: zum Wiedergewinne des glücklichen Zustandes früherer Tage thåtig mitzuwirken; leicht fanden sie bei einer Bevölkerung Eingang, welche seit Jahrhunderten gewohnt war, zur Vertheidigung ihres Heerdes und des Hauses Oesterreich, in Masse die Waffen zu ergreifen, und mit Ungeduld harrte Alles des Augenblicks zum Handeln. Erklärt sich dadurch das blißgleiche Aufflammen der Infurrektion, so ist dagegen das Benehmen der baierschen Behörden unbegreiflich, welche entweder nichts von dem ahneten was sich vorbereitete, oder das kräftige Bergvolk zu gering achteten, um irgend eine sichernde Maßregel zu treffen. Vielleicht hatte der kurz vorher ers langte leichte Sieg über die Bewohner des Fleimser

Thales, welche sich der Conscription widerseßten, in dieser Ansicht bestårkt, auf der auch die Versplitterung der ohnehin unzureichenden Streitkräfte beruht haben mag *).

Unterrichtet, daß F. M. L. Chasteler am 9ten April die Grenze überschreiten werde, hatten die Leiter des Aufstandes danach ihre Maßregeln genommen, doch erfolgte theilweis der Ausbruch anderthalb Tage frůher als beabsichtigt ward, indem die nächsten Gemeinden um St. Lorenzen schon am 10ten den Versuch der dort stehenden baierschen Abtheilung, die Rienzbrücke zu zerstören, mit Gewalt vereitelten. Nächsten Tages rückten sie gegen die Mühlbacher Clause, welche nicht vertheidigt ward, und unverweilt weiter nach der Laditscher Brücke**), wo sich die Feinde aus Brixen und der Umgegend zusammengezogen hatten, den Marsch zweier aus Italien kommender französischer Colonnen unter den Generalen Bisson und Lemoine zu decken. Mehrfach wiederholte Angriffe der Insurgenten blieben

*) Von den 4400 Mann, über welche General Kinkel_ver= fügte, ftanden 576 in Kufstein, 800 im untern Innthale von Wörgl bis Hall, 1325 zu Innsbruck, 400 zu Sterzing, 1325 zu Brigen, mit Abtheilungen in der Mühlbacher Clause und an der Brücke von St. Lorenzen.

**) Die Laditscher Brücke ist eine Meile nördlich von Brigen gelegen, und in einem einzigen Bogen über die Eisack ge= worfen; die aus dem Pußterthale kommende Straße überschreitet hier den Fluß, und vereinigt sich etwa fünfhundert Schritt von dessen rechtem Ufer mit der Chauffee, welche Tyrol von Norden nach Süden durchschneidet.

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ohne wesentlichen Erfolg, und als gegen Abend funfzig österreichische Jåger nebst einigen Reutern zu ihrer Unterstüßung anlangten, so verfehlte dieß zwar des moralischen Eindrucks auf beide Theile nicht, konnte aber keineswegs deu Gang des Gefechts ändern.

Andreas Hofer, Sandwirth bei St. Leonhard im Passeyrer Thale, hatte einige tausend Bewohner deffel21 Mn. d. ben über den Jaufen in die Ebene bei Sterzing ge= S. Leon.

führt, und nöthigte, ebenfalls am 11ten April, die hier

stehenden zwei Compagnieen die Waffen nieder zu legen, nachdem sie in mehrstündigem Kampfe gegen die unverhältnißmäßige Ueberzahl, ausgezeichnete Tapferkeit und Disciplin bewährt*).

*) Es scheint hier der geeignete Ort, ein- für allemal einige Worte über die Natur des Kampfes in diesem Lande zu sagen. Die Gebirgigkeit desselben allein, erklärt nicht Alles, denn ein von Leinwebern bewohntes Gebirg, wird durch fie schwerlich mit Erfolg vertheidigt werden; vielmehr ist wohl der Grundsah ins Auge zu fassen, daß das allgemeine Aufgebot nur da von Bedeutsamkeit seyn kann, wo die Friedensbeschäftigungen der Einwohner sie zu den Leistungen des Krieges vorbereiten. Die Leidenschaft für die Jagd ist in Tyrol allgemein, und das Zielschießen mit Kugelbüchsen (Stußen) eine national zu nennende Vergnügung, deren selbst der wenig Bemittelte nicht entbehren mag, so daß das Land zu aller Zeit eine ungeheuere Anzahl dieser, in geübter Hand so gefährlichen Waffen enthielt. Dabei war es eine uralte Einrichtung, daß im Falle der Gefahr die Waffenfähigen zur Vertheidigung der Grenzen auszogen, wie dieß auch in den Jahren 1796, 1797, 1799 und 1805 geschehen. Denkt man sich solche Männer, von Natur kråftig, abgehärtet, voll angebornen Muthes, mit allen Wegen

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