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Verfassung erfolgen im Wege der Gesezgebung, jedoch ist zu denselben im Bundesrathe eine Mehrheit von zwei Dritteln der vertretenen Stimmen erforderlich.

XV. Verhältniß zu den süddeutschen Staaten. Art. 79. Die Beziehungen des Bundes zu den süddeutschen Staaten werden sofort, nach Feststellung der Verfassung des norddeutschen Bundes, durch besondere, dem Reichstage zur Genehmigung vorzulegende Verträge geregelt werden. Der Eintritt der süddeutschen Staaten oder eines derselben in den Bund erfolgt auf den Vorschlag des Bundespräsidiums im Wege der Bundesgeseßgebung.

Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1866.

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Die Lage Deutschlands war zu Anfang des Jahres 1866 Deutscheine geradezu trostlose. Die deutsche Frage hatte sich nach einer Reihe gescheiterter Versuche, sie auf mehr oder weniger friedlichem Wege und in möglichstem Anschlusse an die bestehenden Verhältnisse zu lösen, in Folge der Ereignisse seit dem Tode des Königs Friedrich von Dänemark, zu einem wahrhaft unentwirrbaren Knäuel der ver schiedensten Anschauungen und Hoffnungen, Tendenzen und Bestrebungen zusammengeballt, der wohl geeignet war, die besten und edelften Männer an der Zukunft der Nation fast verzweifeln zu lassen. Nachdem die nationale Bewegung des Winters 1863/64 durch die gewaltsame Befreiung Schleswig-Holsteins aus den Klauen der dänis schen Gewalthaber in der Hauptsache ihre Befriedigung gefunden, hatte sie sich in Volksversammlungen, Reden und Resolutionen aller Art gänzlich verpufft, ohne auf das weitere Schicksal SchleswigHolsteins auch nur den mindesten Einfluß ausüben zu können. Den Regierungen der Mittel- und Kleinstaaten war ihre völlige Impotenz bezüglich der großen politischen Machtfragen von Oesterreich und Preußen gemeinsam klar gemacht worden und sie hatten sich, bitter enttäuscht über Desterreich, in ihre speciellen Angelegenheiten zurückgezogen, ohne darum den populären Strömungen fich anzuschließen oder auch nur zu nähern, da sie dieselben und mit Recht noch mehr fürchteten als selbst Preußen oder Desterreich. Sie schwiegen und warteten, in der Hoffnung, durch den Bundestag früher oder später doch wieder in die Action eintreten und ihr Gewicht, das sie für

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Deutsch viel bedeutsamer erachteten, als es in Wirklichkeit war, neuerdings in die Waagschale legen zu können. Aber nichts verrieth, daß sie durch die bisherigen Ereignisse gewißigt irgendwie geneigter geworden seien, ihre volle Souveränetät einer nationalen Neugestaltung zum Opfer zu bringen. Und doch war es nachgerade aller Welt klar geworden, daß eine mächtige und lebensvolle Neugestaltung Deutschlands absolut unmöglich sei, ohne daß diese particulare Souveränetät freiwillig geopfert oder gewaltsam gebrochen und der Souveränetät der Nation untergeordnet würde. In diesen particularen Souveränetäten lag jedoch nur die eine Schwierigkeit, die einer Neugestaltung absolut im Wege stand, die andere wurde durch den Dualismus der beiden Großmächte Preußens und Desterreichs gebildet und diese Schwierigkeit war augenscheinlich die weitaus größere von den beiden. Von einem Ausgleich, einer Verständigung konnte in Wahrheit für einen practischen Politiker gar keine Rede sein; der Gegensah lag in der Natur der Dinge selbst und hatte sich historisch seit mehr als hundert Jahren immer entschiedener, immer selbstbewußter, immer unversöhnlicher herausgebildet. Deutschland selbst war der Kampfpreis: sobald man die Theilung Deutschlands zwischen beiden verwarf — und Niemand wagte es, sie der Nation offen vorzuschlagen, einstimmig wurde sie als das Schimpflichste, was ihr begegnen könne, erkannt konnte nur Desterreich oder Preußen die fortan allein in Deutschland tonangebende Macht sein, so daß entweder Desterreich aus dem bisherigen Bunde hinausgedrängt oder Preußen auf den Nang und die Macht eines Mittelstaates herabgedrückt werden mußte. Darüber war man sich in den maßgebenden Kreisen Berlins und Wiens vollständig klar geworden, aber ebenso auch darüber, daß das eine wie das andere nur das Resultat eines Krieges und zwar eines entscheidenden, vielleicht langjährigen Krieges sein würde, der ohne Zweifel den auswärtigen Mächten vielfache Gelegenheit zur Einmischung bieten, in jedem Fall Deutschland mit Blut und Trümmern überdecken und vielleicht gleich dem unseligen dreißigjährigen Kriege in seiner Entwickelung um Jahrzchente zurückwerfen würde. So wenig daher eine dauernde Verständigung möglich war, so sehr hielt Preußen wie Desterreich die ungeheure Verantwortlichkeit eines Bruches zurück. Früher oder später mußte es jedoch dazu kommen. Die momentane Allianz vom Januar 1864 mochte darüber keinen

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Augenblic täuschen. Sie schlug auch bald genug in ihr Gegentheil Deutsch Schon im Sommer 1865 waren die Dinge zu einem Bruche reif. Indeß gelang es noch einmal, den Zwiespalt zu überkleistern, den Bruch hinauszuschieben. Die Gasteiner Convention war aber lediglich ein Waffenstillstand, während dessen neue Versuche gemacht werden sollten, den Zwiespalt wenigstens für einmal und bezüglich des nächsten Objects, der schleswig-holsteinischen Frage, beizulegen.

Schon zu Anfange des Jahres 1866 war es außer Zweifel, daß der Waffenstillstand zu keinem Friedensschluß führen werde. Im Grunde wurde sogar nicht einmal ein ernstlicher Versuch dazu gemacht. Seitdem die öffentliche Meinung in Schleswig-Holstein die sog. Februar: bedingungen abgelehnt und seitdem Preußen sich überzeugt hatte, daß die Einberufung einer schleswig-holsteinischen Ständeversammlung, .sei es nun nach der Verfassung von 1848 oder von 1854, sei es auf breitester Grundlage oder nach irgend welchen noch so gut ausge= dachten Beschränkungen keine ihm geneigte Majorität zu Tage fördern würde und daß im Gegentheil die erste Manifestation einer wie immer einberufenen Vertretung der Herzogthümer fast unzweifelhaft in der Proclamirung des Augustenburgers bestehen würde, war die Stellung Preußens zu der ganzen Frage eine sehr einfache und flare geworden. Auf das Gutachten seiner Kronjuristen gestüßt, verweigerte es dem Augustenburger jede Anerkennung seiner Erbrechte und verlangte von Desterreich auf Grund des Wiener Friedens mit Dänemark, daß es ihm seinen Antheil an der Eroberung zu einem angemessenen Preise überlasse, und war entschlossen, seine militärische Stellung in den Herzogthümern als ein thatsächliches Unterpfand so lange zu behaupten, bis Desterreich seinem Willen endlich ein Ge nüge thun würde, selbst auf die Gefahr eines Krieges hin. Dester: reich seinerseits verkannte jedoch keinen Augenblick die Bedeutung, welche der Erwerb Schleswig-Holsteins für die Machtstellung PreuBens im Norden von Deutschland haben mußte und da es sicherlich nicht dazu seine Truppen an die Königsau geschickt hatte, war es entschlossen, Preußens Verlangen nicht zu entsprechen, zumal nachdem die wiederholten Andeutungen von territorialen Compensationen" Desterreichs in Berlin nicht hatten verstanden werden wollen. Oesterreichs Stellung zu der gesammten schleswig-Holsteinischen Frage war dabei ganz im Gegensatze gegen die Preußens weder eine einfache

Deutsch noch eine klare. Es war entschlossen, Preußen den Machtzuwachs

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der Herzogthümer nicht zuzugestehen, aber es wünschte doch auch, einen Bruch mit Preußen zu vermeiden; es hatte ferner mit Preußen im Jahre 1864 die Mittelstaaten vor den Kopf gestoßen, den Bundestag lahm gelegt und sich durch seine ganze Politik die Regierungen wie die Bevölkerungen der Mittelstaaten vollends ent: fremdet, aber es wollte darum die Brücke zum Bundestag keineswegs hinter sich abgebrochen haben und behielt sich vor, gelegentlich wenn es ihm conveniren sollte, die Frage doch wieder an den Bund zu bringen; endlich hatte es den Augustenburger zu Anfang der dänischen Verwickelung in auffallender Weise vornehm ignorirt, nachher aber gefunden, daß es seinen Interessen entspreche, ihn und seine Partei augenfällig zu schonen. Ein bestimmter Plan, wie die schleswig-holsteinische Frage in seinem Interesse zum Austrag gebracht werden könnte, fehlt Oesterreich gänzlich. Es beschränkte sich nach der Theilung der Herzogthümer zufolge der Gasteiner Convention darauf, das ihm zugefallene Holstein soweit möglich nach dem Sinn der holsteinischen Bevölkerung zu regieren und sich dadurch deren Zuneigung zu erwerben, sowie auch die Mittelstaaten wieder etwas zu besänftigen. Das Hauptmittel dazu war, der augustenburgischen Partei, der auch die von ihm eingesehte Landesregierung angehörte, innerhalb gewisser Grenzen freien Spielraum zu lassen und ihrer Agitation nur sehr bescheidene Schranken zu sehen. Da Oesterreich nicht daran denken konnte, das Land für sich selber dauernd zu be halten, so blieb ihm in der That nichts anderes übrig, als sich we nigstens die Möglichkeit zu reserviren, es dem Augustenburger im Einverständniß mit dem Bundestage übergeben zu können. Durch nichts aber reizte und erbitterte es die preußische Regierung mehr als gerade dadurch. Preußen wollte von nichts weniger hören, als davon, sich vom Bunde majorisiren" zu lassen und fühlte gar wohl, auf wie schwachen Füßen das Gutachten von Kronjuristen gegenüber dem unabhängigen Urtheil der ersten Staatsrechtslehrer der Nation und der Spruchcollegien fast sämmtlicher deutscher Universitäten seit 20 Jahren in der öffentlichen Meinung nothwendig stehen. mußte. In Schleswig hatte Preußen der augustenburgischen Agitation den Lebensfaden abgeschnitten, indem die Presse gesäubert und die bestehenden politischen Vereine einfach unterdrückt wurden. In

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