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3. England.

7. Jan. (Jamaica). Der von der Regierung als außerordentlicher

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Commissär behufs Untersuchung der vorjährigen Negermeßeleien abgesandte Gouverneur von Malta, Sir H. Storks, langt auf der Insel an und tritt sofort seine Functionen an.

Stadt und Grafschaft Dublin werden wegen des Fenianismus in Belagerungszustand verseht.

Der auf die Einbringung des Fenierhäuptlings Stephens von der Regierung ausgesetzte Preis wird von 1000 auf 2000 Pfd. St. erhöht, auf Mittheilungen, die zu seiner Einfangung führen, 1000 Pfd. St. gesezt und allfälligen Mitschuldigen Pardon und 300 Pfd. versprochen. Die Maßregel bleibt gänzlich erfolglos.

6. Febr. Eröffnung des neugewählten Parlaments. Die Königin wohnt der Eröffnung zum ersten Mal wieder bei, läßt aber die Thronrede durch den Lordkanzler verlesen:

... Die beklagenswerthen Ereignisse, welche auf der Insel Jamaica vor sich gegangen sind, haben mich veranlaßt, sofort eine unparteiische Untersuchung anstellen zu lassen, und die angemessene Bewahrung der Autorität während jener Untersuchung durch Ernennung eines verdienten Offiziers zum Gouverneur und Commandeur der Truppen zu sichern. Ich habe ihm zwei fähige und gelehrte Commissäre zur Seite gegeben, welche ihn in der Untersuchung betreffs des Ursprungs, des Wesens und der begleitenden Umstände des neulichen Ausbruchs und der im Laufe seiner Unterdrückung gefaßten Maßregeln unterstüßen werden. Die Legislatur von Jamaica hat den Vorschlag gemacht, die gegenwärtige politische Verfassung der Insel durch eine neue Regierungsform zu erseßen. . . . Eine Verschwörung, welche nicht mine der der Regierung als dem Eigenthum und der Religion feindlich war, und gleicher Weise von allen mißbilligt und verurtheilt wurde, die ohne Unterschied des Glaubens und Standes ein Interesse an der Aufrechthaltung der Regierung, des Eigenthums und der Religion hatten, ist unglücklicherweise in Irland zu Tage getreten. Die verfassungsmäßige Befugniß der gewöhnlichen Gerichtshöfe ist zu ihrer Unterdrückung verwandt, und die Autorität des Geseßes fest und unparteiisch gewahrt worden. Ein Gesezvorschlag

betreffs dieser Angelegenheit wird Ihrer Erwägung anheimgestellt werden... Jhre Aufmerksamkeit wird auf die von den Parlamentsmitgliedern abgelegten Eide gelenkt werden, damit unnöthige Erklärungen und gehässige Unterschei dungen zwischen Mitgliedern verschiedener religiösen Gemeinschaften in Ange= legenheiten der Gesetzgebung vermieden werden. Ich habe eine Untersuchung behufs des Stimmrechts bei der Wahl von Parlamentsmitgliedern für Grafschaften, Städte und Wahlflecken anstellen lassen. Wenn diese Untersuchung beendigt ist, wird die Aufmerksamkeit des Parlaments auf die erlangten Resultate gelenkt werden, um solche Verbesserungen in dem das Stimmrecht bei der Wahl von Unterhausmitgliedern regelnden Geseße zu treffen, die unsern freien Institutionen zur Befestigung gereichen, und die öffentliche Wohlfahrt befördern . . .“

7-8. Febr. Unterhaus: Abreßdebatte. Der O'Donoghue trägt auf ein Amendement bez. Irland an:

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„Wir beklagen tief, daß in Irland eine weitverbreitete Unzufriedenheit herrscht, und stellen Ew. Maj. unterthänigst vor, daß diese weit verbreitete Unzufrie denheit die Wirkung vieler Ursachen ist, welche Ihrer Maj. Minister zu prifen und zu entfernen haben."

Die liberalen irischen Parlamentsmitglieder sprechen sich übereinstimmend und nachdrücklich für die Beseitigung der Staatskirche in Irland und die gesetzliche Beschränkung des Rechtes willkürlicher Austreibung von Seite der Grundherren gegen ihre Pächter als ihr Programm zur Befriedigung Irlands aus. Das Amendement wird mit 346 gegen 25 Stimmen verworfen.

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Das Ministerium Russel-Gladstone verstärkt und consolidirt sich durch die Ernennung Grey's (statt Woods) als Staatssecretär für Indien, Harringtons für den Krieg, Monsell's als Vicepräsident des Handelsamtes, Stansfelds als Unterstaatssecretärs für Jndien. Unterhaus: Die Regierung bringt ihre Vorlage für eine neue Formel des parlamentarischen Eides ein:

„Ich schwöre, daß ich Ihrer Majestät der Königin Victoria in Treue und Anhänglichkeit wahrhaften Gehorsam leisten will und sie nach besten Kräften wider alle Verschwörungen, welche gegen ihre Macht, Krone oder Würde angezettelt werden könnten, vertheidigen werde."

Unterhaus: Die Regierung bringt eine Vill ein bez. Veränderung der Verfassung von Jamaica auf drei Jahre.

Außerordentliche Eihung des Ober- und Unterhauses: Die Negierung verlangt von denselben zeitweilige Suspendirung der HabeasCorpus Acte für Irland. Die Forderung wird vom Oberhause einstimmig, vom Unterhause mit 364 gegen 6 timmen bewilligt und von der Königin noch am gleichen Tage sanctionirt.

Oberhaus: Lord Lifford bringt die abnorme Stellung der Staatskirche in Irland zur Sprache, spricht sich dafür aus, daß das Einkommen dieser Kirche rechtmäßiger Weise zum Theil für Besoldung des katholischen Clerus, zum Theil für allgemeine Volkserziehung verwendet werden sollte und fragt, ob die Regierung eine solche Maßregel beabsichtige. Graf Russel erwidert, daß er einen solchen Gefeßesentwurf nicht für rathsam erachte.

28. Febr. Eine von der allg. Reform-Liga" berufene Conferenz von circa 200 Deputirten der verschiedenen Reformvereine des Landes spricht sich einstimmig für allgemeines Wahlrecht aller in einem Wahlbezirk angesessener und eingetragener Männer von unbescholtenem Charakter und für geheime Abstimmung aus.

7. März. In Irland werden von der Regierung neuerdings außerordentliche Rüstungen gegen die fenische Verschwörung angeordnet und dasselbe findet gleichzeitig auch in Canada statt gegen einen erwarteten Einbruch der Fenier aus den Ver. Staaten.

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Unterhaus: Zweite Lesung der Bill für einen neuen ParlamentsVermittelnde Erklärung Disraelis. Die Lesung erfolgt darauf mit 298 gegen 5 Stimmen.

(Jamaica). Echluß der Untersuchung bez. der Negermehelei. Es ergibt sich, daß 330 Neger hingerichtet und 105 gepeitscht und zum Theil zu schwerem Kerker verurtheilt worden sind.

Unterhaus: Der Schahkanzler Gladstone legt eine Bill für Parlamentsreform vor:

Gleich in der ersten Cabinetssißung nach Lord Palmerstons Tode sei be= schlossen worden, die erforderlichen statistischen Aufnahmen machen zu lassen, um ohne Verzug zum Werke zu schreiten. Es habe sich nun um den Umfang der Maßregel gehandelt. Zuerst habe der Stand des Wahlrechts in England, Schottland und Frland, dann die verwickelte Frage der Neuvertheilung der Parlamentsfiße und der Abgrenzung der städtischen Wahlbezirke; endlich auch die geseßlichen Bestimmungen zur Verhütung von Wahlbestechungen in Betracht kommen müssen. Es sei nicht zu erwarten gewesen, daß das Parlament diesen sämmtlichen Seiten der Reformfrage während der laufenden Session seine Aufmerksamkeit würde widmen können. Die Regierung beabsichtige da= her, vorläufig nur die erste Seite der Frage vorzunehmen: die Ausdehnung des Wahlrechts. Ohne sich irgendwie zu verpflichten die Erfahrung zeige den geringen Nußen solcher Gelöbnisse, überlasse sie die Behandlung der andern Seiten spätern Gelegenheiten. Was nun die parlamentarische Vertretung der Grafschaften, d. i. der ländlichen Wahlbezirke, betreffe, so gehe der Vorschlag der Regierung dahin, den Wahlcensus von 50 auf 14 L. jährlichen Miethzinses für ein Haus mit oder ohne Land herabzusetzen, was die Zahl der ländlichen Wähler um 171,000 vermehren würde. Hiebei würde die arbeitende Klasse fast gar nicht, die Mittelklasse sehr überwiegend betheiligt sein. Ferner sollen die in Städten und Wahlflecken wohnenden Pächter den Freisassen solcher Orte in Bezug auf ihre Wahlberechtigung gleichgestellt werden. Wahlberechtigt solle ferner sein, wer für zwei Jahre hindurch ein Depositum von mindestens 50 L. in einer Sparkasse nachweisen kann. Diese Bestimmung würde ihre hauptsächlichste Wirkung auf dem Lande haben; ihr Umfang lasse sich schwer abschäßen, doch werde er nicht bedeutend sein. In Bezug auf die städtischen Wahlbezirke seien vier Klassen unterschieden worden: 1) die Bewohner besonderer Häuser, welche ihre Abgaben selbst bezahlen; 2) die Bewohner besonderer Häuser, für die der Hauseigenthümer die Abgaben zahlt; 3) die bisher gänzlich unberücksichtigten Bewohner eines abgesonderten Haustheiles; 4) die gewissermaßen mit dem Hausherrn lebenden Abmiether von Etuben. Seit 1832 sei die städtische Wählerschaft von 282,090 auf 512,090 Köpfe gestiegen, ein der Zunahme der Bevölkerung nicht proportionaler Zuwachs. Die arbeitende Klasse sei mit 26 Proc. betheiligt;

im Jahre 1832 aber hätten die Arbeiter 31 Proc. der Wahlkörper ausge macht, daher müsse jezt etwas geschehen zur Wiederherstellung des Verhält nisses. Was die beiden ersten Klassen betreffe, so sollten vorab die Beschränkungsklauseln in Betreff des Modus der Zahlung der Abgaben aufgehoben, und wenn der Hauseigenthümer dieselben abzutragen hat, der Name des Hausbewohners, welcher die Lasten doch in leßter Instanz zn tragen hat, auf das Register gesezt werden. Durch diese Neuerungen werden 60,000 Wahlstimmen mehr creirt werden. Der dritten Klasse, ZInhaber eines Haustheils, welche keine Abgaben für das Haus bezahlen soll, wenn sie sich Jahr um Jahr melden, das Stimmrecht verlichen werden unter der Bedingung, daß der Nachweis eines jährlichen Wohnungswerthes von 10 L. geführt werde; dasselbe gilt für die vierte Klasse, die Abmiether von Stuben, wobei jedoch bei der Abschätzung des Jahreswerthes von 10 L. das Mobiliar nicht zu veranschlagen sei. Hiedurch würden die arbeitenden Klassen sehr geringen Zuwachs an Stimmberechtigten erlangen, mehr die Mittelklassen. Wolle man nun, um die arbeitende Klasse zu gebührender Vertretung gelangen zu lassen, cine tiefere Censusstufe festießen, so würde eine Herabseßung auf 6 L. den jezigen Arbeitern in den städtischen Bezirken 242,000 Arbeiter hinzufügen, was dieser Klasse in den Städten die Majorität, die Zahl von 428,000 geben würde. Um einer derartigen plößlichen Verlegung des Schwerpunktes vorzubeugen und zugleich der arbeitenden Klasse gerecht zu werden, schlage die Regierung vor, einen Miethwerth von 7 L. zur Basis zu nehmen, was eine Vermehrung der wahlberechtigten Arbeiter um anscheinend 208,000, doch nach den nöthigen Abzügen in Wirklichkeit um 144,000 ergeben würde. Der Gesezentwurf der Regierung werde, wenn angenommen, die Wählerschaft von England und Wales um 400,000 Stimmberechtigte bereichern, deren eine Hälfte aus Arbeitern bestände. In den Grafschaften, d. i. auf dem Lande, werde sich das Verhältniß so stellen, daß die arbeitende Klasse an Einfluß noch verliere, während sie in den städtischen Wahlbezirken eine Stimme unter dreien erhalten würde. Im Ganzen werde die Wählerschaft von England und Wales sich auf 1 064,000 vermehren (550,000 auf dem Lande und 514,000 in den Städten) und die Stimmberechtigten würden den vierten Theil der erwachsenen Männer ausmachen.

15. März. Unterhaus: Debatte über Abänderung des Parlaments-Eides. Amendementsantrag Disraeli's:

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„Ich N. N. schwöre, daß ich Ihrer Maj. Königin Victoria, ihren Erben und Nachfolgern, getreu sein und wahren Unterthanengehorsam leisten werde. Und ich verspreche getreulich aufrecht zu halten, zu unterstüßen und zu vertheidigen, die Thronfolge, wie dieselbe begrenzt und geordnet durch eine Acte, gegeben unter der Regierung Königs Wilhelms III. unter dem Titel: eine Acte, um die Krone ferner zu beschränken und die Nechte und Freiheiten des Unterthans besser zu sichern. Und ich erkläre ferner feierlich, daß Ihre Maj. die einzige oberste Herrscherin dieses Reiches ist, und daß kein fremder Fürst, Prälat, Staat oder Potentat irgendeine Gerichtsbarkeit oder obrigkeitliche Macht in ihren Gerichtshöfen hat. So helfe mir Gott!"

Der zweite Theil des Amendements wird mit 236 gegen 222 Stimmen verworfen und die Vill geht sofort durch die Comittee.

Eine zahlreiche Versammlung conservativer Parlamentsmitglieder beschließt einstimmig, die Reformbill in jedem Stadium zu bekämpfen und schon bei der zweiten Lesung eine Resolution zu beantragen, daß keine Reformbill, welche die Frage nicht vollständig zu lösen geeignet sei, das Parlament befriedigen könne.

Oberhaus: Eine Motion des Grafen Grey auf Prüfung der Beschwerden Irlands wird ohne Abstimmung verworfen.

20. März. Unterhaus: Abfall eines Theils der Majorität (der sog. Adullamiten) von der Regierung: Lord Grosvenor kündigt einen Antrag an, in einer Resolution auszusprechen, daß „das Haus, obgleich von dem Wunsche erfüllt, die Reformfrage zu lösen, es doch für unzweckdienlich halte, an die Erörterung der vom Ministerium eingebrachten Bill zu gehen, bevor ihm der ganze Regierungsplan zur Verbesserung der Volksvertretung vorliege".

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Das Unterhaus beschließt mit 217 gegen 103 Etimmen die zweite Lesung einer Bill zu Abschaffung des Testeides (Verpflichtung auf die 39 Artikel der Hochkirche) an der Universität Oxford.

Unterhaus: Die Regierung erklärt, daß sie auf ihrem Reformplane beharre, das Amendement Grosvenor zurückweise und dessen Annahme als ein Mißtrauensvotum betrachten würde.

Stephens, das Haupt der Fenier, ist, nachdem er sich noch lange verborgen in Irland aufgehalten, endlich glücklich in Paris ange= kommen.

10. Apr. Unterhaus: Motion Sir John Grey's für eine Resolution „die Stellung der Staatskirche in Irland gebe dem irischen Volke ge= rechten Grund zum Mißvergnügen und erheische bald die Erwägung des Parlaments". Der Minister für Irland anerkennt das Princip der Resolution als vollkommen gerecht und vernünftig, aber die Regierung könne der Resolution nicht beistimmen, so lange sie nicht wisse, wie ihr practische Geltung verschafft werden solle ein Versuch dieser Art wäre zur Zeit voreilig. Die Motion wird zurückgezogen.

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Unterhaus: Der Antrag Kelly's (Tory) auf Aufhebung der Malzsteuer wird mit 235 gegen 150 Stimmen verworfen.

Oberhaus: Die Bill für Abänderung des Parlamentseides geht mit einem Amendement Lord Chelmsfords, das einen Vorbehalt zu Gunsten des Supremats der Krone ausspricht und von Graf Russel als Compromiß angenommen wird, ungehindert durch die Committeeberathung.

Unterhaus: Die Reformbill wird in zweiter Lesung im Princip mit 318 gegen 313 Stimmen angenommen.

Unterhaus: Gladstone erklärt, nachdem die Ausdehnung des Wahlrechts im Princip vom Hause genehmigt worden sei, werde er demnächst auch die Reformbill für Vertheilung der Parlaments size einbringen.

4 Mai. Unterhaus: Der Schatzkanzler legt das Budget für 1866 vor. Die Einnahmen werden darin zu 67,575,000 Pfd., die Ausgaben

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