Nur die als Avancirte Eingestellten wurden nothdürftig mit Seitengewehren ausgerüstet, alle übrigen Leute erhielten nur Gehenke, an denen die Säbeltroddel befestigt wurde, Taschen mit Bandolieren und aus Zwillich gefertigte Tornister. Eine Bewaffnung mit Infanterie-Gewehren fand bei den provisorischen Kompagnien fast nirgends statt. Anders wie bei den übrigen provisorischen Kompagnien wird die Bekleidung und Ausrüstung unserer 3. provisorischen wohl auch nicht gewesen sein. Wegen Mangel an Handwerkern konnte nur langsam daran gearbeitet werden; eine ganze Anzahl der Gemeinen trug noch längere Zeit bürgerliche Kleidung oder aus eigenen Mitteln beschaffte Uniformen. Der erste Kommandeur der Kompagnie war Premierlieutenant Wolf; zur Dienstleistung bei ihr wurde der Portepeefähnrich v. Clausewig kommandirt. Der Lieutenant Wolf behielt das Kommando nicht lange; denn am 19. Februar 1813 wurde es dem Sekondlieutenant Sannow übertragen, zu dessen Unterstützung die Sekondlieutenants Thiele, Dähnert und der bald zum Offizier beförderte Portepeefähnrich v. Clausewitz vorhanden waren. Durch Parolebefehl vom 20. Februar kam die Kompagnie auf die Stärke von 8 Unteroffizieren, 10 Bombardieren, 2 Spielleuten, 120 Kanonieren, 1 Chirurgus und 1 Handwerker. An demselben Tage muß die Kompagnie zur Beseyung einer Batterie bestimmt worden sein, die zuerst 3. Fuß-ReserveBatterie benannt wurde, vom 13. März an aber den Namen führte: b. 6pfündige Fuß-Batterie Nr. 18. Zu dieser Zeit war die Mobilmachung der Batterie, die in Kolberg begonnen hatte und in Groß- Jestin, zwei Meilen südlich Kolberg (fiche Stizze 2), weitergeführt war, nach ähnlichem Verlauf wie bei der 6pfündigen Fuß-Batterie Nr.5, nahezu vollendet, so daß die Batterie am 15. März mit einer zur Ablösung des Bülowschen Korps vor Stettin bestimmten Truppenabtheilung aus Groß- Jestin abmarschiren konnte. Sie hatte an Fahrzeugen: sechs 6pfündige Kanonen, zwei 7pfündige Haubigen, zwei 6pfündige Kartusch-, zwei 7pfündige Granatwagen und einen Brodwagen (Leiterwagen). Die Munition bestand nach den damaligen Ausrüstungsnachweisen aus: 560 6pfündigen Kugelschüssen, 170 6löthigen, 80 2löthigen Kartätschschüssen, 148 7pfündigen Granaten, 52 7pfündigen Kartätschen, 6 Brand- und 4 Leuchtkugeln. Die Batterie ging in kleinen Märschen nach Klütz, südlich Damm bei Stettin, traf hier Ende März ein und blieb daselbst während der ersten Tage des Monats April. Sie trat hier unter den Befehl des Kommandeurs der Einschließungstruppen von Stettin (siehe Skizze 11, Seite 63), General Graf Tauenzien. Die Artillerie befehligte der Major v. Neander, der 1774 zur Artillerie gekommen, 1811 Major, 1815 Oberst geworden war und 1821 in Berlin starb. von Stettin. Stettin war von den Franzosen seit dem Jahre 1807 wesentlich Belagerung verstärkt; besonders war auch das Städtchen Damm, am Einfluß der Plöne in den Dammschen See gelegen, mit Befestigungsanlagen umgeben, welche mit den über die Regelig führenden Brücken und mit der Stettiner Landstraße durch gesicherte Wege verbunden waren. Diesen Befestigungen gegenüber fand bei der nun folgenden, engeren Einschließung die 6pfündige Fuß-Batterie Nr. 18 in Verbindung mit folgenden Truppen Verwendung: 4 Bataillone, 100 Pferde von den pommerschen Husaren, 100 Kojaken, 2 Kanonen von der 6pfündigen Fuß-Batterie Nr. 17 unter Lieutenant Blankenburg und 2 Kanonen der reitenden Batterie Nr. 11 unter Lieutenant Dussa. Von der Batterie standen am 6. April drei Kanonen und eine Haubiße unter Lieutenant Sannow in Podjuch, eine Kanone und eine Haubige unter dem Lieutenant v. Clausewitz bei dem Gehöft „Straußenruh" auf einer das vorliegende Gelände beherrschenden Anhöhe (Skizze 11, a) hinter einer Erddeckung; die Pferde waren in dem Gehöft selbst eingestellt. Zwei Kanonen befanden sich unter dem Lieutenant Thiele in Höckendorf (4. Zug der Batterie). Zur Verstärkung der Einschließung sollte eine ganze Anzahl von Werken angelegt werden; aber am 7. April war auf dem rechten Oder-Ufer erst eine Redoute bei Finkenwalde (Skizze 11, 1) zur Bestreichung des über die Wiesen führenden Kespersteiges*) fertig und mit zwei 12pfündigen Kanonen ausgerüstet. Am 6. Abends hatte der Lieutenant v. Clausewiß den Befehl erhalten, die Haubize seines Zuges ebenfalls nach dieser Redoute zu schicken, selbst aber den 4. Zug der Batterie in Höckendorf zu übernehmen; der Lieutenant Thiele war zum Kommandeur der Geschütze in der Redoute bestimmt worden. Noch ehe dieser Befehl ganz zur Ausführung kam, machten die Franzosen am 7. April Morgens 31⁄2 Uhr mit 2000 Mann und *) Eines von Finkenwalde durch fumpfige Wiesen nach dem Steindamm führenden erhöhten Weges. einigen Geschützen einen Ausfall von Damm nach der Südseite hin. In zwei Kolonnen waren sie aus dem Gollnower Thor vorgegangen und es war ihnen geglückt, unbemerkt zwischen Rosengarten und Höckendorf durch die Vorposten der Kosaken hindurch zu kommen. Gerade als der Lieutenant v. Clausewit die Haubige fortgeschicht hatte und in Straußenruh sein Pferd besteigen wollte, um nach Höckendorf zu reiten, hörte er plößlich einen Schuß aus der unter dem Unteroffizier Moß auf der Höhe zurückgebliebenen Kanone. Sofort eilte er zurück und sah nun in der Dämmerung des Morgens auf etwa 300 bis 400 Schritt Entfernung drei Kolonnen gegen das Geschütz anrücken. Es gelang ihm noch zwei 6löthige Kartätschschuß gegen diese abzugeben; als der dritte schon eingesetzt war, mußte er mit der Geschützbedienung, die das Ladezeug mitnahm, nach einem zwischen der Höhe und Straußenruh befindlichen Hohlwege flüchten, nach welchem schon vorher die Infanterie dieses Postens zurückgegangen war. Der Feind hatte zwar den Kartätschschuß, den er schon eingesetzt vorfand, in Richtung auf die Flüchtenden abgefeuert, aber keiner derselben war verlegt worden. Den fahrenden Artilleristen gab der Lieutenant v. Clausewiß den Befehl, sich nach Höckendorf zu begeben. Er selbst war im Begriff dahin zu reiten, als ihm zwischen den Gebäuden von Straußenruh ein Franzose in die Zügel fiel und ein anderer ihn zur Erde zu ziehen versuchte. Von dem ersteren befreite sich der Lieutenant v. Clausewiß durch Hiebe mit dem Degen, der zweite wich vor dem Ausschlagen des Pferdes zurück, so daß der junge Offizier glücklich entkam, ohne auch von den nachgesandten Gewehrschüssen getroffen zu werden. Inzwischen hatten sich auch die drei Kompagnien des FüsilierBataillons des pommerschen Infanterie-Regiments, welche in Finkenwalde lagen, gesammelt; eine von ihnen begab sich nach der Redoute (1), die anderen mußten aber vor dem feindlichen Geschüßund Gewehrfeuer bis Podjuch zurückweichen und wurden hier von der 4. Kompagnie und den vier Geschüßen des Lieutenants Sannow aufgenommen. Nachdem der Feind Finkenwalde in Brand gesteckt hatte, ging er wieder nach Damm zurück. Gleichzeitig mit dem eben geschilderten Angriff wurde ein anderer auf die Redoute (1) ausgeführt, in welcher der Lieutenant Thiele das Kommando übernommen hatte. Dieser Angriff wurde durch das lebhafte Kartätschfeuer der Haubige zurückgewiesen, während die Kanonen der Redoute ihr Feuer so erfolgreich gegen zwei schwere und ein leichtes Geschüß des Feindes richteten, daß die beiden ersteren unbrauchbar gemacht wurden. Der Lieutenant v. Clausewit hatte glücklich Höckendorf erreicht und ging nun von hier aus mit den beiden Kanonen unter der Bedeckung eines Zuges Infanterie gegen den Feind vor. Er fand jedoch nur noch Gelegenheit, dessen Rückzug durch einige wirksame Kugelschüsse zu beunruhigen. Der Verlust der Batterie bestand nur in einem verwundeten Kanonier, zwei tödlich verwundeten Pferden und dem verloren gegangenen Geschütz, welches die Franzosen nach Damm geschafft hatten, wo es erst nach der Uebergabe des Ortes wiedererlangt wurde. Bis dahin wurde es durch einen schweren 6-Pfünder aus Kolberg ersetzt, der aber nicht wieder bei Straußenruh aufgestellt, sondern wohl mit den anderen Geschüßen bei Podjuch verwendet wurde. Dies war deshalb wünschenswerth, weil immer zwei zur Unterstützung der Truppen bei Finkenwalde bereit gehalten werden mußten. Verfeuert waren von der Batterie: 27 Kugel-, 3 Kartätschschüsse, 2 Granat-, 5 Kartätschwürfe. In seinem Bericht an Seine Majestät den König sagt der General Graf Tauenzien über die Offiziere der Batterie und ihre Leistungen in dem Gefecht: Ich muß dem Bataillon von Kleist die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß es den Feind zurücktrieb, besonders aber den Lieutenants Sannow, Thiele, v. Clausewiß von der Artillerie das größte Lob beilegen und sie nebst dem Feuerwerker Jänice Euerer Majestät Gnade allerunterthänigst empfehlen. Ersterer hielt durch ein gut dirigirtes Feuer den Feind auf, und zwang ihn, das in Brand gesteckte und mit allen Greuelthaten erfüllte Dorf Finkenwalde zu verlassen. Der Lieutenant Thiele behauptete mit dem Feuerwerker Jänicke die ganz umgangene und im Rücken genommene Batterie (Redoute Nr. 1) durch sein braves Benehmen, indem er mit einer Haubige rückwärts auf den Feind feuerte. Der Lieutenant v. Clausewit eilte mit zwei Kanonen aus der Position von Höckendorf und feuerte mit großem Erfolg auf den retirirenden Feind in Rücken und Flanke." Merkwürdig ist es, daß auf diesen Bericht hin nur der Feuerwerker Jänicke das Eiserne Kreuz 2. Klasse erhielt. Am 15. April hatte die Batterie wieder Gelegenheit, sich mit ihrem Feuer an einem Unternehmen gegen den Feind zu betheiligen. An diesem Tage sollte der Versuch gemacht werden, die Verbindung zwischen Damm und Stettin dadurch zu unterbrechen, daß man sich durch Kanonenboote auf der Regelig und durch einen Angriff zu Lande von Finkenwalde her in Besitz der Zollhausschanze an der großen Regelitz sezte. Dieser Versuch mißlang und der Feind drängte hinter der auf Finkenwalde zurückgehenden Infanterie heftig nach. Als jedoch der Major v. Neander durch den Lieutenant Sannow vier Geschütze schleunigst vorführen und in Thätigkeit bringen ließ, wurde der Feind zurückgewiesen. Von jenen Geschützen wurden allerdings zwei außzer Gefecht gesetzt, noch ehe sie zum Schußz kamen. Zwei andere Geschüße der 6pfündigen Fuß-Batterie Nr. 18 unter dem Lieutenant Dähnert hatten den Angriff auf die Zollhausschanze auf dem rechten Flügel begleitet, waren aber bald durch überlegenes Feuer aus schweren Geschüßen gezwungen, zurückzugehen, nachdem ein Pferd der Bespannung getödtet war. Auch die noch übrigen beiden Geschüße der Batterie kamen in diesem Gefecht zur Verwendung; doch ist nicht festzustellen, wo dies geschah. Verfeuert wurden von der Batterie: 54 Kugelschüsse, 23 Granat-, 2 Kartätschwürfe. Der General Graf Tauenzien berichtete über die Gefechtsthätigkeit der Batterie: „Der Artillerie muß ich das größte Lob geben und erneut das brave, einsichtsvolle Benehmen der Lieutenants Sannow und Thiele, sowie des Feuerwerkers Jänice rühmen.“ Im Allgemeinen blieben nun, nachdem das schon am 13. April von Seiner Majestät dem Könige erlassene Verbot einer förm lichen Belagerung oder eines angriffsweisen Vorgehens noch einmal wiederholt war, die Leute und Pferde der Batterie den Tag über in ihren Quartieren, bei Anbruch der Nacht wurden aber die Geschütze bespannt und die Bedienung blieb bei denselben in Gefechtsbereitschaft. Am 23., 25. und 26. April fanden unbedeutende Vorpostengefechte statt, bei denen eine Haubiße der Batterie am 23. sechs Granat und fünf Kartätschwürfe und am 26. drei Kartätschwürfe abgab und mit diesen den Feind aus den Trümmern der vor Damm abgebrannten Häuser vertrieb, in welchen er sich fest= setzen wollte. |