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europäischen Commission fehlende Einstimmigkeit, durch eine formale Einstimmigkeit der Conferenzmächte unter Ausschliessung Rumäniens zu ersetzen.

Der Satz: Obligatio tertio non contrahitur gehört zu den Fundamentalsätzen jeder, nicht blos der internationalen Rechtsordnung. Der souveräne Staat braucht von Niemand, auch nicht von Congressen oder Conferenzen Zwangsvorschriften anzunehmen 1).

Die Londoner Conferenz konnte somit einen nach dem Berliner Traktat souverän gewordenen Staat wider dessen Willen durch ihre Beschlussfassungen nicht binden. Kann ein auf einer Conferenz vertretener Staat durch Majoritätsbeschlüsse wider seinen Willen zu nichts verpflichtet werden, so kann ein auf der Conferenz nicht vertretener Staat als Abwesender noch viel weniger durch einstimmige Beschlüsse Anderer verpflichtet werden.

Wäre es anders, so hätte man ein Mittel entdeckt, ein Princip des Völkerrechts zu negiren und jeden minder mächtigen Staat im Falle seines Widerstrebens von einer Conferenz der Gegeninteressenten auszuschliessen, um ihn durch sog. einstimmige Beschlussfassungen zur Nachgiebigkeit zu nöthigen.

Somit ergiebt sich:

1. Rumänien darf von einer die Donauschiffahrt be

1) Calvo, le droit internat. (3. éd.) I, pag. 132 drückt dies so aus: Les lois internationales ont encore un autre caractère, c'est qu'à la différence des lois civiles elles ne peuvent être sanctionnées par une autorité supérieure aux relations, auxquelles elles doivent s'appliquer.

handelnden Conferenz in keiner Weise ausgeschlossen

werden.

2. Seine Mitbeschliessung und Zustimmung ist zu allen denjenigen Stipulationen erforderlich, welche seine Rechte als Uferstaat berühren.

3. Sein Recht der Antheilnahme und Mitbeschliessung folgt, soweit es sich a) um uferstaatliche Rechte handelt, sowohl aus dem Princip der Souveränetät als aus den Bestimmungen des Pariser Traktats; soweit es sich b) um europäische Schiffahrtsrechte handelt, direkt aus dem Berliner Traktat und aus der Mitgliedschaft in der europäischen Commission, endlich aus der Unterzeichnung des acte additionel vom 28. Mai 1881; soweit es sich c) um die mittlere Stromstrecke handelt, aus dem Zusammenhange sämmtlicher, vorbezeichneter Verträge und den unbestrittenen Grundsätzen der staatlichen Souveränetät.

Dieses Recht zur Antheilnahme an einer Conferenz kann solchen Staaten, deren Interessen zum Gegenstande der Verhandlung gemacht werden sollen, auch dadurch nicht verkümmert werden, dass auf derselben Conferenz gleichzeitig andere Angelegenheiten zur Sprache kommen sollen, bei denen jene als unbetheiligt erscheinen. Während jeder Staat in eigener Sache nothwendig stimmberechtigt ist, könnten kleinere Staaten nicht beanspruchen, zu solchen Conferenzen der Grossmächte zugezogen zu werden, in denen ihre eigenen Rechte und Pflichten ausser Betracht bleiben.

Sämmtliche Mächte, wie sämmtliche Völkerrechtslehrer ohne Ausnahme haben bisher anerkannt, dass unter zwei oder mehreren Staaten abgeschlossene Verträge andere unbetheiligte Staaten weder berechtigen noch verpflichten.

Preussen und Oesterreich hielten daran fest, dass der Art. V des Prager Friedens Dänemark selbst nicht berechtige, die Retrocession von Nordschleswig zu verlangen.

Italien erklärte, dass der mit dem Bey von Tunis geschlossene Bardovertrag seine Rechte in keiner Weise zu modifiziren vermöge. Das Grundprincip des Berliner Traktates, das auch in Hinsicht Rumäniens nicht bei Seite geschoben werden darf, beruht gerade auf dem Satze, dass der Friede von San. Stefano, als Vereinbarung zweier Mächte nicht geeignet war, die Rechte und Pflichten der übrigen europäischen Mächte ohne deren Zustimmung in irgend einer Weise zu modifiziren.

Aber nicht nur aus dem Grundsatze obligatio tertio non contrahitur würde die Nothwendigkeit einer Betheiligung Rumäniens an allen seine Flussufer betreffenden Stipulationen zu folgern sein. Auch als Rechtsnachfolger der Türkei kann Rumänien keine geringeren Mitbeschliessungsrechte bezüglich der eigenen Uferordnung haben, als der Türkei 1857 in der Donauschifffahrtsakte in Beziehung auf die entlegenen Ufer des oberen Donaulaufes unbestritten zuerkannt worden sind.

Die Berechtigung dieser Succession Rumäniens ergiebt sich auf das Klarste, wenn man daran erinnert,

dass sogar demjenigen Landestheil, der keine Souveränetät erlangt, sondern als Ufergebiet aus dem Verbande mit einem solchen Staate ausscheidet, der die Qualität als Uferstaat eines conventionellen Flusses besass, sein Mitwirkungsrecht nach dem Princip der Gleichberechtigung gewahrt wird.

1

Dieser Fall ereignete sich, als ein Vertreter für Elsass-Lothringen, an Stelle Frankreichs, in die Centralcommission für die Rheinschiffahrt am 21. August 1871 eintrat. Diese uferstaatliche Gleichberechtigung, die für ein nicht souveränes Gebiet, wie Elsass-Lothringen als blosses Uferland, in Hinsicht einer bereits bestehenden Uferstaatencommission zugestanden wurde, ergiebt sich iure successionis als selbstverständlich auch für einen souveränen Staat in Hinsicht einer ohne seine Zustimmung überhaupt nicht zu bildenden Commission 1).

Neunte Frage.

Haben die sieben europäischen Mächte, obgleich die als Additionalakte bezeichnete Convention vom 28. Mai 1881 von keinem Unterzeichner derselben gekündigt worden ist, das Recht, unter Ausschluss Rumäniens Aenderungen an dieser Convention vorzunehmen, wie sie im

1) Vergl. Protokoll No. 1 der ordentlichen Sitzung der Centralcommission für die Rheinschiffahrt. 1871.

Londoner Vertrag vom 10. März 1883 stattgefunden haben, und zwar im besonderen: Die Einschränkung oder Ausdehnung der Befugnisse und der Jurisdiction der europäischen Commission.

Aus denselben Erwägungen, welche zur Beantwortung der achten Frage leiteten, ergiebt sich auch die Verneinung dieser letzten Frage.

Der Berliner Traktat erstreckte die exemte Stellung der europäischen Commission über Isaktscha hinein bis nach Galatz. Auf dieser Basis ward der acte additionel vom 28. Mai 1881 abgeschlossen und von Rumänien mit unterzeichnet. Im Eingange dieses Staatsvertrages wird der Oberst Pencovici als ordnungsmässig Bevollmächtigter Sr. Majestät des Königs von Rumänien ausdrücklich anerkannt und neben den Bevollmächtigten anderer Mächte in alphabetischer Reihenfolge als Mitcontrahent aufgeführt. Daraus folgt, dass gegen den Willen Rumäniens das in diesem acte additionel enthaltene Vertragsrecht nicht geändert werden kann. Ebenso wie zur Entstehung eines vertragsmässigen Forderungsrechtes die Einwilligung aller Betheiligten erforderlich ist, muss auch zur Modification und Abänderung eines bestehenden Vertrages die Zustimmung sämmtlicher Contrahenten nothwendig verlangt werden: Ein Rechtsgrundsatz, der bisher nirgends bestritten wurde.

Dieser Grundsatz ist auch in Beziehung auf das Aufsichtsreglement (Art. 96 bis 108) in der Londoner

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