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Ich habe nicht den geringsten Schlüssel mitgenommen und kann Dir Brief vom aus Erfahrung sagen, daß es niemals zu dem mindesten Resultat führt, 27. 4. 1845. nach Schlüsseln zu suchen, weshalb ich mich in solchen, bei meiner Ordnungsliebe sehr seltenen Fällen stets ohne Aufenthalt an den Schlosser wende, um einen neuen machen zu lassen. Bei wichtigen wie z. B. Geldspinden hat man dabei zugleich die Abwechslung, den Bart und sämtliche Schlösfer, die man schließen soll, ändern zu lassen. Ich sehe kommen, daß ich meinen Brief bald schließen werde, nicht aus Bosheit, weil Du mir nur eine Seite geschrieben hast, es wäre peinlich, wenn ich glauben könnte, daß Du mich für so indigne rachsüchtig hieltest; sondern aus Schläfrigkeit. Ich bin den ganzen Tag in der Sonne geritten und gegangen, habe gestern in Plathe tanzen sehen und viel Montebello getrunken; ersteres giebt_mir Magensäure, das andere Ziehen in den Waden. Nimm dazu eine beim Schlucken schmerzliche Anschwellung des Zäpfchens, einen leichten Anflug von Kopfschmerz, krumme Beine und Sonnenstich, so begreifst Du, daß mich weder der Gedanke an Dich, mein Engel, noch das melancholische Geheul cines wegen übermäßiger Jagdlust eingesperrten Hühnerhundes länger wach zu halten im stande ist. Nur das will ich Dir noch sagen, daß das Kränzchen nicht sehr besucht, eine recht niedliche Fräulein Schmeling, Schwester von der Marwit, dort war und wieder sämtliche junge und alte Frauen in Wochen liegen, außer Frau von N die kleine, die ein hellblaues Atlaskleid trug, und daß ich übermorgen zu einem ästhetischen Thee in Cardemin bin mit Lektüre, Gebet und Ananasbowle. • Schlaf wohl, meine Angebetete . . ., es ist 11 ..

K(niephof) 27./4. 45.

..

Bismarck.

Im Oktober des Jahres 1845 trat Bismarck zu einer kurzen Tagung in den pommerschen Provinziallandtag ein. Bald darauf machte er eine Landwehrübung mit, bei deren Antritt er wieder der Schwester seine Gefühle ausdrückt:

Liebe Kleine!

Sehr mit Packen zur Landwehrübung beschäftigt, will ich Dir nur zwei Brief vom Zeilen schreiben, da ich in der nächsten Zeit nicht recht dazu kommen werde. 21. 8. 1845. Ich habe seit bald nach dem Wollmarkt unseren vagabondierenden Landrat vertreten, viel Feuer, viel Termine mit . . . Bauern bei starker Hiße und viele Reisen in sandigen Kienheiden gehabt, so daß ich des Landratspielens vollkommen überdrüssig bin und meine Pferde auch. Nun bin ich kaum acht Tage in Nuh und muß schon wieder dem Vaterlande als Soldat dienen; Du siehst, how men of merit are sought after, de undeserver may &c. Ich habe mir leider noch ein Pferd anschaffen müssen, da meine nicht zum Ererzieren gehen; indes will ich es mit Grosvenor als Reserve versuchen. Letzterer zieht übrigens im Wagen wie ein alter Karossier, ich werde ihn daher auch nächstens bezahlen, kannst Du Oscar sagen (sobald die Rapsgelder eingehen), was ich mir fest vorgenommen hatte, nicht zu thun, wenn er nicht zöge.

(Tintenflecke.)

Brief vom 22. 5. 1846.

Verzeih vorstehendes Arabische, ich habe keine Minute Zeit, um diesen Zettel noch mal zu schreiben, denn ich soll in einer Stunde fahren und muß noch sehr packen. Wir stehen in den nächsten 14 Tagen in Crüssow bei Stargard, nachher bei Fiddichow und Bahn, Schwedt gegenüber. Willst Du mir schreiben, so adressiere nach Stargard, Poste restante, wobei ich auf jede Ausrede wegen langen Stillschweigens verzichte und vorkommenden Falls auch ein Gleiches von Deiner Seite erwarte. Lebe wohl, mein Mantelsack erwartet mich gähnend, um gepackt zu werden, und rund um mich her sieht es militärisch blau und weiß aus.

Wenn wir bei Fiddichow stehen, könnte mich Oskar in Bahn besuchen, ich werde ihm Nachricht geben.

K(niephof), 21. Aug. 1845.

Dein treuer Bruder

Bismarck.

Drei Monate später eilte Bismarck an das Sterbelager seines Vaters und wenige Stunden nach seiner Ankunft, am 22. November, drückte er ihm die Augen zu. Aber dem traurigen Ereignis ist bald das glücklichste Ereignis in Bismarcks Leben, der Bund mit Johanna von Buttkamer, gefolgt, und auch der Eintritt in die weiten Gefilde der Politik fällt in jene Zeit. Bismarck war nach dem Tode seines Vaters nach Schönhausen übergesiedelt, das er fortan neben Kniephof übernahm, während der Bruder Jarchelin erhielt. Vom Kreise Jerichow wurde er im März zum Deichhauptmann ernannt und bald darauf folgte seine Wahl zum Stellvertreter des Abgeordneten der Ritterschaft für den sächsischen Provinziallandtag in Merseburg. Der eigentliche Abgeordnete war Herr von Brauchitsch. Gleichzeitig hegte er allerlei Pläne, die seine Anstellung in Ostpreußen bei den Meliorationsarbeiten betrafen. Aber er lehnte hier ab, weil er nicht ,,auf das bescheidene, sichere Los", welches sich ihm jezt biete, verbunden mit der Aussicht auf den Landtag, verzichten wollte. Das Amt des Deichhauptmanns hatte übrigens auch seine Mühen und Sorgen, wie sich aus dem nachstehenden Briefe ergiebt:

Liebe Arnimen!

Ich habe in diesen Tagen soviel Briefe schreiben müssen, daß mir nur noch ein halber mit Kaffee befleckter Vogen geblieben ist, den ich Dir deshalb aber nicht vorenthalten will. Meine Eristenz hier ist nicht die vergnüglichste gewesen. Inventarien anfertigen ist langweilig, namentlich wenn man von den Schurken, den Taratoren, 3 mal aus nichtigen Gründen im Stich gelassen wird und tagelang vergeblich warten muß. Außerdem ist mir ein Beträchtliches an Korn verhagelt (den 17.), und endlich habe ich noch immer einen höchst widerwärtigen Husten, obgleich ich seit Angermünde keinen Wein getrunken und mich vor jeder Erkältung sorgfältig in acht genommen habe, über Mangel an Appetit nicht flagen kann und

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schlafe wie ein Dachs. Dabei verhöhnt mich jeder wegen meines gesunden. Aussehens, wenn ich behaupte, an der Brust zu leiden. Morgen Mittag werde ich Nedekin besuchen, übermorgen nach Magdeburg gehen und von dort nach ein bis zweitägigem Aufenthalt mich unaufhaltsam in Deine Arme stürzen. Von hier kann ich Dir weiter nichts Neues melden, als daß die Vegetation bei meiner Ankunft im Vergleich mit Angermünde 14 Tage vor war, und die Saaten im ganzen mittelmäßig stehen. Die Folgen der Ueberschwemmung machen sich leider auf eine sehr verdrießliche Weise im Garten bemerklich. Außer den vielen Hölzern, die ich im Winter schon als ausgegangen aus dem Bosquet genommen habe, zeigt sich nun, daß sämtliche noch übrigen Akazien und über die Hälfte der Eschen trocken. sind, so daß wenig bleibt; 17 von den Linden am untern Ende der großen Allee sind entweder schon tot oder doch augenscheinlich sterbend. Ich lasse diejenigen, an denen sich noch ein oder das andre Blatt zeigt, köpfen, und will sehen, ob sie mit dieser Operation zu retten sind. Obst-, besonders Pflaumenbäume, gehen auch viele verloren. Im Felde und besonders in den Wiesen sind viele Stellen, wo die Vegetation ausbleibt, weil die obere fruchtbare Erdschicht fortgeschwemmt ist. Bellins und die sonstigen Schönhauser lassen sich empfehlen, erstere leiden sehr von der Hize heut, Sultan nicht minder. 21 Grad im Schatten. Viele Grüße an Oskar.

Schönhausen 22. [Mai 1846.]

Dein schwindsüchtiger Bruder

Bismarck.

Im Sommer 1846 machte Bismarck eine Reise in den Harz in Gesellschaft des ihm befreundeten jungen Ehepaares von Blanckenburg und des Fräuleins Johanna von Buttkamer, die einst bei der Hochzeit dieses Paares Brautjungfer gewesen war und die er dort kennen gelernt hatte. Als stillverlobtes Liebespaar kehrten die beiden wieder zur Heimat zurück. Aber es hat noch eine Zeitlang gedauert, che sie an das Ziel ihrer Wünsche gelangten, denn der Ruf, den der Junker von Kniephof genoß, machte die Zustimmung der frommen christlichen Eltern Johannas höchst unwahrscheinlich. Als Bismarck brieflich frank und frei um die Hand der Tochter anhielt, äußerte sich der Vater so wenig erfreut, daß er später den Eindruck dieser Stunde in den Ausruf zusammenfaßte: „Ich war wie mit der Art vor den Kopf geschlagen." Die Mutter aber jammerte, daß der Wolf immer die frömmsten Schafe fresse; sie protestierte und weinte, bis schließlich Bismarck selbst auf dem Plane erschien. Mit den Worten:,,All right" zeigte Bismarck seiner Schwester an, daß er gesiegt habe. Und bald darauf folgte ein Brief, der den Sieg bestätigte:

Malinka!

Brief vom Ich zeige Dir nunmehr alles Ernstes meine Verlobung an, die kein 16. 1. 1847. Geheimnis mehr ist. Ich erhielt in der vorigen Woche einen Brief von hier, der mir freistellte, herzukommen und die Antwort zu hören. Am Montag kam ich früh durch Angermünde, fuhr spurlos durch Naugard, und Dienstag den 12. um Mittag war ich verlobt. Alles nähere, das maßsose Erstaunen der Kassuben, von denen die, welche nicht gleich runoum überschlugen, noch immer haufenweis auf dem Rücken liegen, den Verdruß der alten Damen, daß auch keine sagen kann: ich habe eine Silbe davon geahnt u. s. w. will ich Dir mündlich erzählen. Einstweilen bitte ich nur Dich und Oskar, Euch in wohlwellender Verfassung für meine zukünftige Frau zu sehen, die Dir selbst noch schreiben wird. Reinfeld liegt hier dicht bei Polen, Bütow ist die nächste Stadt, man hört die Wölfe und die Kassuben allnächtlich heulen, und in diesem und den 6 nächsten Kreisen wohnen 800 Menschen auf der Quadratmeile; polish spoken here. sehr freundlich Ländchen. Herzliche Grüße an D.

Reinfeld, 16. 1. 17.

Dein treuer Bruder

Bismarc.

Sobald ich nach Hause reise, siehst Du mich; wann, das weiß ich noch nicht.

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he noch die Trauung erfolgte, wurde der vereinigte preußische Landtag eröffnet und Bismarck mußte an Stelle des erkrankten Brauchitsch in denselben eintreten. So viel Zeit er aber erübrigen konnte, brachte er natürlich bei der Braut in Reinfeld zu. Von dort stammt folgende amüsante Schilderung:

Solche Schneegestöber, wie hier alle Tage sind, giebt es Brief vom bei uns im Dezember nicht, und die westpreußischen Berge, die man in 14. 4. 1847. der Ferne sieht, präsentieren sich wie lauter Chamounir und Montblanc. Unter diesen Umständen würdest Du Oskar, wenn Du noch Braut wärst, auch nicht entlassen haben; verzeih daher mir und dem Gegenstande meiner Zärtlichkeit, wenn ich statt meiner Person nur meine feierlichsten Versprechungen schicke, allen Pflichten eines rechtschaffenen Paten in Bezug auf die Erbin Deiner inneren und äußeren Schönheit getreulich nachzukommen. Der Zustand von Frau von Puttkamer ist in der That beunruhigend. Sie ist entschieden wassersüchtig und bekommt oft bei anscheinendem Wohlbefinden die fabelhaftesten Zufälle urplöglich; sprich mit Herrn v. P., der Dich doch wohl, wenn er auch aus den Rrrrummelsburger Wäldern stammt, besuchen wird, nicht davon, er könnte glauben, daß es schlimmer ist als bei seiner Abreise, was nicht der Fall ist. Er scheint sich aber über den Zustand seiner Frau nicht klar zu sein.

Die Einsamkeit ist hier immer groß, bei dem jezigen Zustand der Wege aber total, und das ist mir lieb. Denn die umwohnenden Kassuben mit ihrem Gebell haben wenig, was die Last ihrer Gesellschaft erträglich macht. Ihre Konversation besteht darin, daß sie in abgemessenen Perioden

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