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stärksten wurde in dieser Beziehung das I. Bataillon betroffen, welches im Ganzen 31 Mann verlor.

An einem nicht geringen Theile dieser Erkrankungen war aber auch das unvernünftige Verhalten vieler Leute Schuld, denn ungeachtet aller Warnungen beobachteten dieselben keine Vorsichtsmaßregeln gegen Erkältung und aßen und tranken Dinge durcheinander, die schon zu einer anderen Zeit, wo keine Epidemie herrschte, Durchfall und Ruhr hätten erzeugen müssen. Einzelne zogen sich die Krankheit auch durch große Furcht vor derselben zu, während sie bei anderen durch übermäßigen Wein- oder Schnapsgenuß herbeigeführt wurde. Hierneben ist jedoch auch rühmend hervorzuheben, daß außer den Lazarethgehülfen viele Soldaten ihren erkrankten Kameraden freiwillig und in aufopfernder Weise Hülfe leisteten und die Gefahr, die für sie aus dieser Pflege erwuchs, nicht im Mindesten scheuten. Besonders zeichnete sich in dieser Beziehung der Füsilier Grabsch der 9. Kompagnie aus, und es wurde ihm in Anerkennung dieses Verhaltens später das Allgemeine Ehrenzeichen zu Theil.

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In der Richtung über Staats, Neudorf, Frischau, Wischenau, Misliborzig, Trebitsch und Pröding wurde der Marsch nach den dem Regiment bestimmten Standquartieren fortgesezt. Das I. Bataillon erreichte über Pirniß am 12. die ihm zugewiesene freundliche mährische Stadt Iglau, das 2. am selben Tage die Ortschaften Stöcken und Windig Jenikau, außer welchen es noch 17 Dörfer belegte, und das Füsilier-Bataillon, welches über Alt-Reusch und Trisch marschirt war, kam ebenfalls am 12. — nach Pilgram und 16 Dörfern in der Umgegend. Das II. und Füsilier-Bataillon lagen schon auf böhmischem Gebiet. Zum Theil waren die Mannschaften in diesen Standquartieren recht gut untergebracht, namentlich die des I. Bataillons in Iglau, zum Theil aber gestalteten sich die Verhältnisse auch recht ungünstig, so beim II. Bataillon, wo die zuerst anbefohlene Verpflegung durch die Quartierwirthe wegen Armuth der Bewohner nicht durchgeführt werden konnte, so daß Magazinverpflegung aus Jglau dafür eintreten mußte; außerdem sah sich dies Bataiuon bald genöthigt, den Flecken Windig-Jenikau wegen des Auftretens der Cholera daselbst zu räumen. Uebrigens waren seit dem 9. August keine Choleraerkrankungen mehr beim Regiment vorgekommen, dafür aber trat in Jglau der Typhus auf und forderte Opfer.

Bei dem I. Bataillon hierselbst erreichte am 17. August der Krankenstand seine größte Höhe; das Bataillon zählte:

Dienstfähig:

15 Offiziere, 65 Unteroffiziere, 23 Spielleute, 638 Grenadiere, 26 Trainsoldaten u. s. w.

Krank:

7 Offiziere, 10 Unteroffiziere, 7 Spielleute, 207 Grenadiere, Trainsoldaten u. s. w., und ähnlich waren die Zahlen bei den anderen Bataillonen.

Von da an aber verringerte sich die Krankenzahl stetig; die Verminderung der Anstrengungen und die bessere Verpflegung trugen das Meiste dazu bei; es ward jetzt regelmäßig des Vormittags exerzirt, die Sachen wurden in Stand gesetzt und Besichtigungen des Materials abgehalten, wobei denn freilich manche Lücken zum Vorschein kamen. Das Verhältniß zu den Einwohnern war überall ein sehr gutes und blieb es auch die ganze Zeit hindurch; namentlich zeigte sich dies in Iglau, wo es vorkam, daß einzelne Soldaten, die erkrankten, von ihren Quartierwirthen freiwillig und aufopfernd gepflegt wurden.

Während des Feldzuges hatte sich herausgestellt, daß die an die Truppenkommandeure ausgegebenen Karten in einigen Beziehungen nicht genügt hatten, und so wurde jezt die Zeit der Waffenruhe benutzt, um die nöthigen Ergänzungen oder Verbesserungen vorzunehmen. In allen Gegenden, wo preußische Truppen lagen, hatten Offiziere bestimmte Wege oder Flußstrecken zu erkunden, Notizen über Größe der Ortschaften, Zahl und Gewerbe der Einwohner, Viehstand und dergleichen zu sammeln und die gemachten Wahrnehmungen einzureichen. Vom Regiment wurden dazu die Premierlieutenants Desterreich, v. Vietinghof und v. Mueller kommandirt.

Der Abschluß des Friedens war inzwischen zu Prag erfolgt, und am 30. geschah daselbst die beiderseitige Ratifikation der ge= troffenen Festsetzungen. Nach denselben schied Desterreich aus dem deutschen Bunde aus, trat seine Rechte auf Schleswig-Holstein an Preußen ab und zahlte außerdem 30 Millionen Thaler KriegskostenEntschädigung.

Rückmarsch nach Sachsen.

30. August bis 20. bezw. 23. September.

Es begann nun der Rückmarsch der Armee in die Heimath; nur der 5. Division sollte diese Heimkehr noch nicht beschieden sein, denn Grenadier-Regiment Prinz Carl von Preußen. 2. Aufl.

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sie war zur Besetzung des Königreichs Sachsen bestimmt, mit dem ein Friedensschluß noch nicht hatte erzielt werden können.

Die Bataillone des Regiments verließen ihre bisherigen Standquartiere am 30. August, doch blieben in Iglau noch als Kommandant Major v. Kalinowsky zur Abwickelung der nöthigen Geschäfte und die 2. Kompagnie unter Premierlieutenant Flessing als Wachtkommando zurück; dieselben trafen erst mittelst der Eisenbahn in Prag wieder beim Regimente ein. Der Marsch ging in der Richtung über Humpolez, Ledez, Zbraslawiß, Kohl-Janowiß, Schwarz-Kostelez und Skworec nach Prag, welches das Regiment am 7. September erreichte, und wo es auf der sogenannten Prager Kleinseite ein quartiert wurde.

Dieser lezte Marsch führte das Regiment abermals über ein Schlachtfeld, und zwar über dasjenige, auf welchem Friedrich der Große am 6. Mai 1757 der österreichischen Armee unter dem Prinzen von Lothringen eine schwere Niederlage beibrachte, über das Feld der berühmten Schlacht von Prag.

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Das Füsilier Bataillon kam auf seinem Wege unmittelbar an dem Denkmal vorbei, welches hier dem Feldmarschall Grafen Schwerin an der Stelle gesetzt ist, wo er, mit der Fahne in der Hand ein Regiment gegen die feindlichen Batterien führend, von fünf Kartätschkugeln getroffen fiel.

Damals hielten die festen Mauern von Prag den Siegeslauf des großen Königs auf und führten so den Unglückstag von Kolin herbei, jetzt standen die Thore den preußischen Truppen friedlich offen, denn schon am 8. Juli hatte die als Festung seit Jahren vernachlässigte und darum nach der Schlacht bei Königgrät von den Oesterreichern verlassene Stadt sich der Landwehr-Division v. Rosenberg ergeben.

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Leider war nur der Rest des Tages verfügbar, um die vielen Sehenswürdigkeiten der alten, schönen und berühmten Stadt zu trachten, denn das Regiment hatte hier keinen Ruhetag; dennoch ward auch die kurze Zeit von vielen Leuten eifrig benußt, um sich auf beiden Moldau-Ufern umzusehen und Erinnerungen an die schöne Hauptstadt Böhmens mit in die Heimath zu nehmen. In einer Beziehung aber war es sehr gut, daß kein längerer Aufenthalt gestattet wurde, denn die Cholera herrschte in Prag noch sehr stark, und es kamen ohnehin infolge dieses einen Nachtquartiers schon wieder Erkrankungen vor.

Das Regiment marschirte von Prag aus in der Richtung über Schlan, Budin und Trebniß in die Umgegend von Tepliß, und am 14. überschritt das Füsilier-Bataillon schon die Grenze und kam nach den sächsischen Städtchen Altenburg und Geising ins Quartier, während das I. Bataillon unmittelbar an der Grenze die hoch auf dem Kamme des sächsischen Erzgebirges gelegenen Dörfer Zinnwald und Georgenfelde und das II. die Ortschaften Niklasberg und Heusag belegten und erst am 15. den sächsischen Boden betraten.

Das I. Bataillon sette dann seinen Marsch über Schmiedeberg, Freiberg und Dederan fort und gelangte am 19. nach der ihm be= stimmten vorläufigen Garnison Chemniß, wo schon von Torgau aus das vom Major v. Neindorff kommandirte Ersaß-Bataillon des Regiments eingetroffen war. Das II. Bataillon, das über Frauenstein, Rabenau, Freiberg und Dederan marschirt war, kam erst am 20. in Chemnit an, und am gleichen Tage das Füsilier-Bataillon, das die Richtung Dippoldiswalde, Tharandt, Freiberg, Hallenau verfolgt hatte. Für dies Bataillon war jedoch Glauchau als Garnison bestimmt, daher marschirte es am 22. nach Hohenstein und Ernstthal und traf am 23. in Glauchau ein.

Das Regiment hatte im Feldzuge von 1866 überhaupt an Todten verloren:

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3 M.

Regiment 2 Offiz. 41 M. 1 P.-Fhn. 30 M. 76 M.

Zusammen 3 Offiziere, 120 Mann.

Standquartiere in Sachsen und Rückkehr in die Heimath.
23. September 1866 bis 2. Juni 1867.

Da die Bataillone nach Ueberweisung der Mannschaften des aufzulösenden Ersatz-Bataillons sich auf die Stärke von 802 Köpfen segen sollten, so konnte eine beträchtliche Anzahl Reservisten sofort entlassen werden; dies geschah am 25., und es wurden dieselben theils bis Berlin, theils bis Guben befördert. Die Leute hatten sich und die Waggons mit grünen Reisern geschmückt und waren voll Jubel;

überall in Preußen, namentlich aber in Berlin wurden sie mit der lautesten Freude begrüßt, und in Guben, wo eine um Mittag eintreffende Depesche die Ankunft der Reserve angekündigt hatte, war noch schnell ein feierlicher Empfang angeordnet worden.

Als die Heimkehrenden am Abend gegen 11 Uhr auf dem Gubener Bahnhof ankamen, sahen sie sich von einer großen Menge der Bevölkerung begrüßt, Tische mit Lebensmitteln waren unter Fackelbeleuchtung aufgestellt, ein Musikkorps spielte, und mit diesem an der Spize, von Fackelträgern und der ganzen, großen Menschenmasse begleitet, zogen sie vom Bahnhof in die Stadt, wo aus allen Fenstern Willkommenrufe ertönten und Kränze und Blumen geworfen wurden. Auf dem Marktplatz ward gehalten, und nach Ausgabe der Quartierbillets führten die Bürger die ihnen zugetheilten Mannschaften heim und bewirtheten sie, während die Vertreter der Stadt die Offiziere des Kommandos zu einem Abendessen einluden und dort mit denselben in fröhlicher Weise das Wiedersehen feierten.

Die zu diesem Reservetransport Gehörenden waren die Einzigen des Regiments, welchen der unmittelbare frohe Empfang in der Heimath zu Theil wurde, denn das Regiment blieb noch fast 8 Monate im Königreich Sachsen, ehe es wieder in seine alten Garnisonen zurückkehren durfte.

Inzwischen war auch der Friede mit den süddeutschen Staaten abgeschlossen, dieselben hatten fast nur Geldentschädigung für Kriegskosten zu zahlen gehabt, Gebietsabtretungen waren entweder gar nicht oder nur in sehr unerheblichem Maße gefordert worden, *) dafür aber hatte Preußen das Königreich Hannover, das Kurfürstenthum Hessen, das Großherzogthum Nassau und die freie Reichsstadt Frankfurt a. M. einverleibt, weil diese sich besonders feindselig gezeigt hatten und die größeren dieser Staaten bei einem neuen Kriege durch ihre Lage sehr gefährlich werden konnten. Außerdem aber gründete Preußen durch den Abschluß von Verträgen mit den übrigen Norddeutschen Staaten den Norddeutschen Bund. Danach stellte sich nun eine abermalige bedeutende Vergrößerung des Heeres als nothwendig heraus; es war nämlich einmal die Zahl der Dienstpflichtigen, die jährlich ausgebildet werden mußten, durch jene Einverleibungen und den Abschluß jener Verträge beträchtlich gestiegen, und es mußten

*) Wie sich erst später herausstellte, hatte Preußen statt deffen mit den betreffenden Staaten geheime Schuß- und Truzbündnisse abgeschlossen.

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