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Mein Volk weiß mit Mir, daß Friedensbruch und Feindschaft wahrhaftig nicht auf unserer Seite war.

Aber herausgefordert, sind wir entschlossen, gleich unseren Vätern und in fester Zuversicht auf Gott, den Kampf zu bestehen zur Errettung des Vaterlandes.

Wilhelm.<<

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»Mein Volk weiß mit Mir, daß Friedensbruch und Feindschaft wahrhaftig nicht auf unserer Seite war;« so schrieb der König, und das ganze Volk antwortete: ja, wir wissen es! Nicht Ruhmessucht trieb uns, die Wahrung heiligster Güter zwang uns das Schwert in die Hand. Uns und ihm.

Wie zog der König in den Krieg?

Wähnt er so leicht den blutgen Sieg?
Verließ er sich auf Mann und Roß
Und seines Donnerrohrs Geschoß?

O nein, er baute nicht allein
Auf sich und seiner Krieger Reih'n,
Er beugte wohl sein greises Haupt,
Von frischem Lorbeer dicht umlaubt,
Von allem Uebermuthe fern

Demüthig vor dem Herrn der Herrn
Und wollte nur aus seiner Hand
Den Sieg für unser Vaterland.

Und wohl uns, daß wir ihn aus seiner Hand empfingen!

Rüstungen.

Das französische Heer. Das deutsche Heer.

Französische Rüstungen und Zuversichtlichkeiten.

Minister Rouher war schon am 16., an der Spitze des Senats, vor

dem Kaiser erschienen um ihn aufzufordern, »zur Befreiung Deutschlands den Degen zu ziehen. « Der Kaiser hatte diesem Galimathias (den er in seiner Seele gewiß als solchen erkannte) nicht nur gnädig gelauscht, sondern am selben Tage noch (vergl. S. 36) den kaum minder bemerkenswerthen Sah ausgesprochen: »Ein Krieg, wenn er mit der Zustimmung des Landes und der Billigung seiner Vertreter ausgeführt wird, ist legitim.« In dem guten Glauben an diesen Sah verharrte jedenfalls, mit Ausnahme einer verschwindend kleinen Minorität, die ganze Nation, und gab sich Tag um Tag einem immer erneuten Enthusiasmus über das militairische Schauspiel ausgedehnter, unablässiger Rüstungen hin. Waffenklirren und anticipirter Siegesjubel, diese beiden waren es, die in der zweiten Hälfte des Juli Paris und Frankreich mit ihrem Lärm erfüllten. Das alte gallische Naturell, wie es schon Cäsar geschildert, trat wieder in jedem Einzelzuge hervor: Geringschäzung des Gegners, Uebertreibung der eigenen Kräfte; die Phantasie mächtiger als der Verstand, und die Zunge, immer durchgehend, mächtiger als Alles.

So die Gallier vor achtzehnhundert Jahren! Und wie der gallische Hahn damals gekräht hatte, so krähte er wieder.

Man konnte es ihm verzeihen, wenn man auf den Champs Elysées, den Boulevards, den Bahnhöfen Zeuge des Treibens war, das hier wochenlang herrschte. Tag und Nacht machte kaum einen Unterschied. Ununterbrochen kamen die Regimenter aus Süd und West, passirten die Hauptstadt oder umfuhren sie, und gingen dann weiter ostwärts, auf Meg und Straßburg zu, unter der beständigen Versicherung, daß nichts süßer sei als >>mourir pour la patrie«. Ueberall Fraternisirung, Geschrei: A Berlin, à nous le Rhin und dazwischen hundertstimmiger Gefang: On va lui couper la tête, à Bismarck! So gingen

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Hunderttausende an die Grenze, um, nach persönlicher wie nach allgemeiner Meinung, »Die Promenade nach Berlin « anzutreten. Einen besonderen Jubel erweckte jedesmal das Erscheinen eines Turco-Regiments; man versprach sich von ihnen Wunderdinge oder verpflichtete sie wenigstens, solche zu verrichten. Sie machten ihre Zusage, je nach dem Weinquantum, das verabreicht wurde. Die Kaiserin fuhr nach Cherbourg, um die Offiziere und Mannschaften des für die Ostsee bestimmten Panzergeschwaders zu begrüßen; der Kaiser zeichnete 50,000 Frcs. für die »Pflege der Verwundeten«; jedes neue Zeitungsblatt brachte neue Ernennungen von Divisions- und BrigadeGeneralen, jeder Name wurde gewogen, an jeden einzelnen knüpften sich Hoffnungen auf Sieg. In die Kasernen und Wachtlocale rückten bereits die »>Mobilen« ein, um an Stelle der abrückenden Linie und Garde den Dienst zu übernehmen. Von Mund zu Mund gingen die vertrauten Mittheilungen, die Fragen, die Gerüchte: Mac Mahon ist angekommen; »welches Corps wird er befehligen?« das erste; Admiral Bouet - Villaumez hat seine Flagge aufziehen lassen; »auf welchem Schiff?« auf der Fregatte Ocean¡ »wer wird das Landungscorps commandiren?« General Montauban v. Palifao; »ah, c'est bon, c'est un chanapan;« nein, nicht Palikao, General Reboul; 's kann sein, ah, c'est tout égal, das Bajonet an die Rippen, ça ira; die Kaiserin wird den Kaiser begleiten; »impossible;« fie fann nicht ohne ihn sein. Nun Heiterkeit und das Anstimmen einer Strophe aus La Badinguette.

Wie in die Turcos, so sezte man auch ein besonderes Vertrauen in die Welfenlegion, die es verstanden hatte, sich wieder in den Vordergrund zu drängen, nicht blos durch Dienst - Anerbietungen überhaupt, sondern vor Allem dadurch, daß sie es als eine »Pflicht der Dankbarkeit« gegen Frankreich bezeichnet hatte, »im Kampfe gegen den preußischen Unterdrücker ihr Blut mit dem der Söhne Frankreichs mischen zu dürfen«. Sie hatte die nöthige Phraseologie schnell gelernt. Ihre Anerbietungen wurden später abgelehnt;*)

*) Das » Welfenthum« kam überhaupt während des Krieges zu nur geringer Geltung. Einzelne Emissaire, deren Namen wir hier gern verschweigen, waren, wie schon erwähnt, auf preußischen Festungen untergebracht worden; andere, die Miene machten, dem französischen Geschwader See - Dienste zu leisten oder Lootsen zu werben, erhielten einen solchen Avis, daß sie es für gerathen hielten von einem Vorhaben, das ihnen den Kopf gekostet haben würde (General Vogel v. Falckenstein war Küsten - Gouverneur geworden; das sagt Alles), abzustehen. Selbst der Hiezinger Hof wurde durch die Sprache der deutsch- österreichischen Presse derart unter Controle genommen, daß er nur Wünsche hegen, aber die Wünsche durch nichts bethätigen durfte. So schrieb beispielsweise der »Wanderer«:

» Will Oesterreich seine Neutralität, die es nunmehr endlich beschlossen hat, völkerrechtlich correct auffassen, so muß es auch dem Treiben von Hießing und Gmunden (Hof des ehemaligen Kurfürsten von Hessen) auf seinem Boden ein Ende bereiten. Die betreffenden deutschen Fürsten mögen es mit sich selber ausmachen, ob es ehrenvoll ist, aus Frankreichs

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