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Vor Straßburg.

Bis zum 29. August.

Unser voriges Kapitel gab eine Schilderung der ersten Belagerungs-

wochen, wie sie den Belagerten verliefen. Es erübrigt uns nunmehr, uns den Belagerern während eben dieses Zeitabschnittes zuzuwenden und die Ereignisse außerhalb der Stadt kennen zu lernen, die wir in ihren Wirkungen innerhalb derselben bereits verfolgt haben.

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Noch am Schlachttage von Wörth erhielt die badische Division die an eben diesem Tage bei Aschbach gestanden hatte Befehl links zu schwenken und sich gegen Straßburg zu wenden. Bereits am 8. und 9. trafen die Vortruppen, am 12. die ganze Division vor Straßburg ein, und schon am 13. war die Stadt vollständig cernirt und von jeder Communikation abgeschnitten. Ohne Widerstand besezten die Badenser die umliegenden Ortschaften und beinah unmittelbar darauf kam es vor den Außenwerken zu kleinen Plänkeleien zwischen den Belagerern und Belagerten.

Am 14. folgten der badischen Division, Generallieutenant v. Beyer, zwei weitere Divisionen

die Garde Landwehr-Division und

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Commandeur: Generallieutenant Freiherr v. Loën. 1. Garde- Landwehr- Brigade, Oberst Girodz v. Gaudi. 1. Garde-Landwehr-Regiment, Oberst v. Plehwe. 2. Garde Landwehr-Regiment, Oberst v. Grawert.

2. Garde - Landwehr-Brigade, Oberst v. Roehl.

1. Garde- Grenadier - Landwehr - Regiment, Oberstlieutenant v. Rauch haupt.
2. Garde - Grenadier - Landwehr - Regiment, Oberst v. Gliszczynski.

2. Reserve - Husaren - Regiment, Major Graf zu Dohna.

Combinirte Artillerie - Abtheilung, Major v. Schweizer.

1. Festungs- Pionier-Compagnie vom X. Corps, Hauptmann Perh.

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eine im Ganzen 50 bis 60,000 Mann starke Belagerungs - Armee unter dem Befehle des Generallieutenant v. Werder. Alsbald gesellten sich dem Belagerungs-Corps 6. bis 7000 Mann Artillerie und 2200 Mann Pioniere, von denen jene denen jene (zu einem Artillerie Regiment vereinigt) dem Oberst Meißner, diese dem Oberst Klog unterstellt wurden. Es waren technische Truppen aus allen Theilen Deutschlands, aus Baiern und Würtemberg, und so weit Preußen in Betracht kam, vom IV., V., VI., VII., X. und dem Garde-Corps. Die Badenser, wie wir später zeigen werden, operirten artilleristisch als ein selbstständiger Truppenkörper.

Zum Commandeur der gesammten Belagerungs- Artillerie war Generallieutenant v. Decker (Chef des Stabes Oberstlieutenant v. Scheliha), zum Ingenieur en chef der Generalmajor v. Mertens (Chef des Stabes Oberstlieutenant v. Wangenheim), ernannt worden.

Das Hauptquartier kam nach Mundolsheim, eine kleine Meile nördlich von Straßburg, ziemlich dicht an der nach Nanch und Paris führenden Eisenbahn gelegen.

Die Operationen, die erst nach Wochen (vom 29. ab) den Charakter einer regelrechten Belagerung annahmen, begannen

mit Cernirung des ganzen Umkreises der Festung, und

mit Annäherung auf dem Terrainabschnitt,

der überhaupt (weil nicht überschwemmt) der einzig zugängliche war. Wir wissen aus dem bereits S. 639 Gesagten, daß dieser Viertelskreis nach Nordwesten hin, und zwar zwischen der nördlich führenden Bischweiler- und der westlich führenden Wasselonner-Straße lag. Auf diesem Viertelskreis gingen wir von Anfang an vor, und die der Stadt zunächst gelegenen Dörfer: Wolfsheim, Oberhausbergen, Schiltigheim — in Front des leztern sogar der wichtige, nur 250 Schritt vom Glaciskamme belegene St. Helenen - Kirchhof wurden besetzt.

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1. Reserve Division.

Commandeur: Generalmajor v. Tresckow.

3. Combinirte Infanterie - Brigade, Generalmajor v. Boswell. 30. Infanterie-Regiment, Oberst v. Koblinski.

34. (Pommersches Füsilier-) Regiment, Oberst Wahlert.

1. Pommersche Landwehr- Brigade, Oberst v. Buddenbrock.

1. Combinirtes pommersches Landwehr-Regiment, Oberst v. Zißewiß.

2. Combinirtes pommersches Landwehr - Regiment, Oberst v. Ostrowski.

2. Pommersche Landwehr - Brigade, Generalmajor v. Avemann.

3. Combinirtes pommersches Landwehr-Regiment, Oberstlieutenant v. Berger.

4. Combinirtes pommersches Landwehr - Regiment, Oberst Gericke.

1. Reserve - Cavallerie - Brigade, Generalmajor Krug v. Nidda.

Die Zusammenseßung der badischen Division haben wir schon im 1. Halbband S. 139 gegeben.

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Dies Alles geschah bis zum 14. Am Abend des folgenden Tages (15.) erfolgte eine erste Beschießung der Stadt, am 18. die zweite, am 24. bis 26. die dritte.

Diese drei Beschießungen, die in den »Tagebuchblättern« unseres vorigen Kapitels mit und untereinander eine gewisse Aehnlichkeit zeigen, weil sie die Herzen der Bewohner gleichmäßig erschreckten und erschrecken durften (denn 30 Granaten wecken dieselbe Furcht wie 300), diese drei Beschießungen waren in Wahrheit sehr von einander verschieden. Die erste war ein Versuch, ein Schreckschuß, die zweite ein partieller, die dritte ein voller Ernst. Am 15. wurde ausschließlich aus Feldgeschüßen gefeuert, die sehr wahrscheinlich, um ihrerseits kein Zielobjekt zu bilden, ihre Positionen oft wechselten; am 18. war badische Festungs- Artillerie in Kehl eingetroffen und eröffnete von hier aus eine reelle Beschießung, das eigentliche Bombardement der Stadt indessen fand erst in den drei Nächten vom 24., 25. und 26. statt, nachdem inzwischen 200 gezogene Geschütze preußischen Systems und 100 glatte Mörser aus Berlin eingetroffen waren. Dies große dreitägige

Bombardement erfolgte in weitgespanntem Halbkreis von Südwesten, Westen und Nordwesten her auf einem Terrain, das nach rechts hin ohngefähr von Lingolsheim, nach links hin von Schiltigheim begrenzt wurde. Die Badenser nahmen, von Kehl aus, an dieser Beschießung Theil. Im Ganzen waren 18 Batterieen 5 badische und 13 preußische - mit etwa 100 Geschüßen thätig. Die Entfernung von den Befestigungswerken betrug gegen 1000, von der Stadt selbst 1800 bis 2000 Schritt.

Als auch dieses dreitägige Vombardement die Uebergabe der Festung nicht erzwang, gab man unsererseits den Plan auf, die Stadt auf diesem Wege in unsere Hand zu bringen, und der Beschluß wurde gefaßt, nunmehr eine regelrechte Belagerung eintreten zu lassen. Diese begann in der Nacht vom 29. zum 30. durch Aushebung der ersten Parallele. Wir kommen ausführlicher darauf zurück.

Hier nur noch eines. Das Bombardement vom 24. bis 26. ist nachmals von verschiedenen Seiten her getadelt worden, auch von solchen, die nicht zu den Feinden Preußens und seiner Kriegführung zählen. Diese Stimmen pflegen das Hauptgewicht darauf zu legen, daß die Uebergabe der Festung durch alle diese Schrecken nicht erreicht worden sei. Dem gegenüber darf wohl hervorgehoben werden, daß der Erfolg nicht als Maßstab für die Beurtheilung der Mittel zu nehmen ist, die sich einem Feldherrn bieten und unter denen zu wählen er die schwere Pflicht hat. Man mache sich klar, ob es gerechtfertigt ist, ein anerkannt erlaubtes Mittel der Kriegführung zu verschmähen, wenn dasselbe die Möglichkeit in sich schließt, in wenigen Tagen zu demselben Resultat zu gelangen, zu dem sonst ein Zeitaufwand von vielen Wochen erforderlich ist. 50,000 Mann der besten Truppen lagen vor Straßburg, die schnell für anderweitige Aufgaben (deren noch so viele vorlagen) disponibel zu machen nicht nur höchst wünschenswerth, sondern geradezu geboten erscheinen mußte. Es ist Recht des Krieges und wird es bleiben, mit wenigen, wenn auch noch so beklagenswerthen Opfern auf feindlicher Seite das zu erkaufen, was sonst mit unendlich vielen Opfern auf eigener Seite blutig erstritten werden muß. Und je mehr man in Straßburg eine große und reiche Stadt kannte, desto gerechtfertigter war die Annahme, daß die Bewohnerschaft einflußreich genug sein werde, auf die Entschließungen des Commandanten einen entscheidenden Druck auszuüben.

Daß dies unterblieb, gereicht der Einwohnerschaft zu hoher Ehre, aber es kann uns nicht zum Vorwurf angerechnet werden, diesen in der Geschichte der Belagerungen so oft vorkommenden Fall in Erwägung gezogen und danach gehandelt zu haben.

Die Aushebung der Parallelen und des Couronnements.

Vom 29./30. August bis zum 14. September.

Das Bombardement vom 24., 25. und 26. hatte, wie wir gesehen, die Uebergabe der Festung nicht erzwungen. Man beschloß zu einem förmlichen Angriff überzugehen. Die dazu erforderlichen materiellen und personellen Kräfte waren zur Hand; die Infanterie hatte Terrain gewonnen und den Zirkel um die Festung immer enger gezogen. Die nordwestliche Front, Bastion 11 und 12, zwischen denen hindurch das Steinthor läuft, wurde zum Angriff ausersehen. In Front von Bastion 11 liegen die Lünetten 52 und 53. Auf dem den genannten beiden Bastionen resp. Lünetten vorgelegenen Terrain schritt man zur Aushebung der Parallelen.

Die Aushebung der ersten Parallele.

(In der Nacht vom 29. zum 30.)

In der Nacht vom 29. zum 30. August wurde auf dem vorbezeichneten Terrain, also in Front, so wie rechts und links vom St. HelenenKirchhof, die erste Parallele ausgehoben. Die Artillerie baute und armirte in derselben Nacht 10 Batterieen für etwa 40 gezogene Zwölfpfünder. Am Morgen des 30. konnte bereits mit Hülfe dieser Batterieen das Feuer gegen die Festungswerke (nicht mehr gegen die Stadt) eröffnet werden. Der Feind, welcher die ganze gewaltige Arbeit der Nacht vom 29. zum 30. zugelassen hatte, schien völlig überrascht zu sein. Obgleich es ihm kaum verborgen geblieben sein konnte, daß sich unser Angriff gegen die Front zwischen Bastion 11 und 12 richten werde, so zeigten sich doch bei anbrechendem Tage auf den Werken dieser Front verhältnißmäßig nur wenig Geschüße. Um 6 Uhr begann der Feind nichtsdestoweniger ein lebhaftes Feuer; aber schon nach einem anderthalbstündigen Geschüßkampfe schwieg dasselbe. Am Nachmittage wurde es wieder aufgenommen und so, in Pausen, am

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