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So endete dieses Zwiegespräch. Der Ausgang, wie wir wissen, entsprach wenig den Erwartungen, die hier ausgesprochen worden waren. Es folgte noch eine kurze Begegnung mit dem Marschall, dann begab sich Wimpffen wieder in das vieux camp hinaus, um die lezten Stunden vor der Schlacht inmitten seines V. Corps zuzubringen. Einzelne Ordres wurden gegeben und ausgeführt; dann streckte sich der General auf den harten Boden nieder, um zu schlafen.

»Aber,« so schreibt er selbst, »der Schlaf floh meine Augen. Das unbequeme Lager, die Kälte, die Erregungen hielten mich wach. Die beiden Begegnungen, die ich mit dem Marschall gehabt hatte, seine mehr abgeneigte als wohlwollende Haltung gegen mich, beschäftigten mich. Kein Wort über das, was er vorhabe, war über seine Lippe gekommen. Und doch befanden wir uns in einer ähnlichen Lage, wie Mélas am Vorabend von Marengo. Was mich am meisten überrascht hatte, war die Nuhe, fast möcht' ich sagen die Genugthuung, die sich während unserer zwei kurzen Unterredungen in seinen Zügen ausgesprochen hatte... Endlich stieg die Morgenröthe des 1. September herauf. Um 4 Uhr hört' ich lebhaftes Gewehrfeuer von Bazeilles her.

Die Schlacht hatte begonnen.«<

Der 1. September früh.

Die französische Aufstellung. Der Anmarsch der deutschen Armeen.
Die Höhe von Donchery und die Höhe von Fresnois.

Die französische Aufstellung.

Ein Nachtmarsch vom 30. auf den 31. hatte, wie wir S. 465 ausführlicher

mitgetheilt haben, die französische Armee, unmittelbar nördlich von Sedan, in das Dreieck: Jlly Floing Bazeilles geführt und zwar derart, daß die einzelnen Corps im Laufe des 31. folgende Stellung einnahmen:

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das XII. Corps Lebrun zwischen Bazeilles und Lamoncelle;
das I. Corps Ducrot zwischen Daigny und Givonne ¡

das VII. Corps Douah zwischen Floing und Jlly;

das V. Corps Failly (nunmehr Wimpffen) innerhalb des Dreiecks in Reserve-Stellung, um je nach Bedürfniß das eine oder andere der übrigen drei Corps unterstüßen zu können.

Die vorstehende Karte soll nur das Allgemeine geben. Bei Schilderung der Corps - Gefechte, aus denen sich die Schlacht bei Sedan zusammensezte, werden wir dann später versuchen, auf detaillirteren Karten auch den Divisionen und Brigaden die Stellung anzuweisen, die sie während des Kampfes einnahmen.

Der Anmarsch der deutschen Armeen.

Gegen diese Sedan Position im weiteren Sinne rückten nun in der Nacht vom 31. August auf den 1. September (vgl. die Disposition auf S. 470) fünf unserer Corps in folgender Weise vor.

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Auch hier behalten wir uns vor, die Details des Vormarsches an anderer Stelle zu geben. Nur ein Totalbild ist vorläufig bezweckt. Ebenso sei gleich hier bemerkt, daß die am 31. ausgegebenen Dispositionen, wie es auch die vorstehende Karte zeigt, dem XI. und V. Armee - Corps noch kein Rechtsschwenken, sondern einfach einen Gradaus - Marsch in nördlicher Richtung vorschrieben. War der Feind, was gefürchtet wurde, bereits im Abzuge nach Westen, so mußten die genannten beiden Corps, wenn sie nicht direkt in seine Flanke stießen, ihn durch Linksausbiegen zu fassen suchen; erst als das Eintreffen bei Vrigne aux Bois später Gewißheit gab, daß der Feind in seiner Sedan - Stellung verblieben sei, erfolgte der Befehl zu jener Rechtsschwenkung, die, als wir Fleigneux und Jlly erreichten, gleichbedeutend war mit Einschließung der feindlichen Armee.

Die Höhe von Donchery. Die Höhe von Fresnois.

Die einzelnen Corps, je nach der größeren oder geringeren Entfernung, in der sie sich von den ihnen angewiesenen Zielpunkten befanden, brachen entweder schon um Mitternacht oder um 4 Uhr Morgens aus ihren Bivouacs auf. Um 4 Uhr früh verließ auch der Kronprinz sein Hauptquartier Chemery und begab sich mit seinem Stabe*) nach der seit jenem Tage so viel genannten Höhe von Donchery, von wo aus der linke Flügel des Schlachtfeldes vorzüglich zu übersehen war, weshalb denn auch diese die Leitung der Operationen unseres XI. und V. Corps so überaus begünstigende Stellung vom Obercommando der III. Armee während des größten Theils des Tages beibehalten wurde. Aus einer Schilderung dieser »Höhe von Donchery« geben wir das Folgende. »Etwa 1500 Schritt füdlich von Donchery selbst sich erhebend, ist diese Höhe der dominirende Punkt des Gesammtterrains, von dem aus - namentlich wenn man den Hauptthurm des hier gelegenen Chateau Paret besteigt - mindestens zwei Drittel des weiten Bergbogens, der die Innenposition umspannt, überblickt werden können. Denn

*) Im kronprinzlichen Hauptquartier befanden sich außer den zum Generalstabe, zur Adjutantur und Stabswache gehörenden zahlreichen Offizieren, noch folgende Personen: Herzog Ernst von Coburg-Gotha, Herzog Eugen von Würtemberg, Prinz Wilhelm von Würtemberg, Erbgroßherzog von Sachsen, Erbgroßherzog von Mecklenburg-Streliß, Erbprinz zu HohenzollernSigmaringen, der k. baierische General - Major Graf v. Bothmer, der baierische MilitairBevollmächtigte Major v. Freyberg - Eisenberg, der würtembergische Militair - Bevollmächtigte Oberstlieutenant v. Faber du Faur, General-Arzt Dr. Boeger. Von künstlerischen, wissenschaftlichen und journalistischen Notabilitäten, die zum kronprinzlichen Hauptquartier, sei es offiziell oder halb-offiziell, gehörten, nennen wir nur: Graf Harrach, Hofrath Gustav Freytag, Professor Bleibtreu, Ludwig Pietsch, Dr. Paul Hassel. Im Ganzen 68 Personen, dazu Stabswache, Feldgendarmerie und Ordonnanzen.

diese Innenposition, da sie klein ist, vermag nach hinten zu nur einen verhältnißmäßig geringen Theil des in ihrem Rücken gelegenen, durch eine Thalschlucht von ihr getrennten Waldkranzes zu verdecken, wodurch es möglich wird, daß man bei Jlly in gewissem Sinne um die Ecke sehen, das heißt noch solcher Partieen des äußeren Waldkranzes ansichtig werden kann, die bereits weit über Jlly hinaus, in der rechten (östlichen) Flanke desselben gelegen sind. Diese beinah panoramatische Allumfassendheit des Bildes, wie sie die Donchery - Höhe gewährte, war es, die am Schlachttage selbst diesem Punkte einen so besonderen Werth beilegte. Und zwar nicht nur in den Augen der Oberleitung der III. Armee. Alles, was sich von fremder und einheimischer, von civiler und militairischer Berichterstattung an diesem Tage im Gefolge des Heeres befand, -es drängte hierher, weil sich, auch dem Laien, beim Eintreten in das eigentliche Schlachten-Terrain dieser Punkt als hochgelegenstes und deshalb begehrenswerthestes Ziel darstellte. Chateau Paret hat nie größere und nie buntere Gesellschaft in seiner Umgebung gesehen. Von hier aus ergingen die Befehle, die, die Rechtsschwenkung des XI. und V. Corps anordnend, zur völligen Einschließung der feindlichen Armee führten; hier war es auch, wo am Tage nach dem Siege König Wilhelm seine Dankes- Ansprache an seine Verbündeten hielt.« Auf diesen historischen Moment, der die Einheit Deutschlands besiegelte, kommen wir an anderer Stelle zurück.

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Wie der Kronprinz auf der Höhe von Donchery, so hatte König Wilhelm seine Stellung auf der Höhe von Fresnois genommen. Die Höhe von Fresnois ist erheblich niedriger als die Donchery - Höhe und markirt sich ungleich weniger als diese, zum Theil schon deshalb, weil sie kahl ist und weder Schloß noch bestimmt conturirte Bäume trägt. Der König sammt seinem Stabe war aus dem Großen Hauptquartier Vendresse, das er gegen 7 Uhr früh verlassen hatte, um etwa 81⁄2 Uhr hier eingetroffen. »Des Königs Gesicht« so schreibt ein Augenzeuge »>war von hohem, sicherem Vertrauen belebt und durchleuchtet. Die Trauer um die Opfer von Mars la Tour und St. Privat, welche bisher schmerzlich auf ihm gelastet hatte, mochte durch die Sieges-Hoffnung, die zugleich die Ueberzeugung einschloß, daß dieser Tag die lezten Opfer fordern würde, verdrängt worden sein. Nur die Hälfte davon sollte sich erfüllen. In Keinem von uns lebte auch nur ein Gedanke daran, daß wir uns erst am Anfang unserer Siege, aber auch unserer Einsäße an Gut und Blut befänden.« Die Höhe von Fresnois lag centraler als die einen äußersten linken Flügelpunkt bildende Höhe von Donchery und war deshalb für den König, der sowohl rechts der IV. wie links der III. Armee in ihren Bewegungen zu folgen hatte, der geeignetere Punkt. Sedan selbst, wenigstens seine diesseits der Maas

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