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bis Fresnes. Zwei Tage später (am 23.) wurde die Maas theils erreicht, theils nördlich und südlich von Verdun überschritten.

Diese Festung (Verdun) in unsern Besitz zu bringen wurde am 24. wenigstens ein Versuch unternommen. Die 23. Infanterie- Division ging auf der Straße Etain - Verdun, die 24. Infanterie- Division und die CorpsArtillerie auf der Straße Fresnes - Verdun gegen die Festung vor. Die Avantgarde der 23. Division, das Schüßen - Regiment Nr. 108, setzte sich mit großer Bravour in Besiz des Faubourg-le-Paué, und hielt dasselbe troß des Feuers aus den Festungswerken besezt, während die Batterieen des Corps Festungswerke und Stadt lebhaft beschossen. Im Ganzen wurden in anderthalb Stunden 626 Granaten und 20 Brandgranaten auf die Festung verfeuert. Die Vorausseßung, daß man durch diese Maßregel einen bedeutenden moralischen Eindruck erzielt haben, und die Stadt zur Capitulation vermögen würde, erwies sich inzwischen als unrichtig. Die Uebergabe wurde vielmehr auf das Entschiedenste verweigert, und hatte der Kampf nur festgestellt, daß Verdun sturmfrei, vertheidigungsfähig, hinlänglich beseßt und ausreichend mit schweren Kalibern armirt war. Das XII. Armee - Corps gab deshalb den Angriff, welcher eben nur als ein überraschender Aussicht auf Erfolg hatte, auf und überschritt die Maas ober- und unterhalb Verdun, vor lezterem Orte, übrigens nur bis zum nächsten Tage, die 47. InfanterieBrigade zur Beobachtung zurücklassend.

Der Versuch gegen Verdun hatte am 24. stattgefunden; am selben Tage streiften die Spizen der drei vorgeschobenen Cavallerie- Divisionen schon bis an den Argonner-Wald. Das Gros der 5. Cavallerie-Division stand zwischen Esnes und Jouy, das der 12. Cavallerie - Division bei Nixeville, das der 6. bei Souilly.

Am 25. wurde der Vormarsch fortgesezt. Er ging durch die Argonnen. Diese, mehr in Folge dichter Waldungen, als durch eigent liche Gebirgsnatur ein Hinderniß für die freiere Bewegung großer Truppenmassen bietend, — wurden ohne besondere Schwierigkeiten passirt. Wir leisten darauf Verzicht, über diese Marschtage in ähnlicher Ausführlichkeit zu berichten, wie über die Marschtage der III. Armee.

Die 5. Cavallerie - Division erreichte St. Menehould am westlichen Ausgang der Argonnen;

die 12. Cavallerie-Division kam bis Clermont en Argonne;

die 6. Cavallerie - Division

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ganz nach Süden zu die Verbindung mit der III. Armee herstellend - besette Nettancourt. In Nähe dieses Orts (bei Laheycourt) stand auch das IV. Corps. Die beiden andern Corps, das XII. und die Garden, waren noch um zwei, drei Meilen zurück.

Hauptquartier der Maas - Armee, am 25., Fleury.

An eben diesem Tage war es, wo, wie mehrfach hervorgehoben, im Großen Hauptquartier Meldungen eingingen, die den bis dahin nach Westen zu ausgeführten Vormarsch unterbrachen. Eine Rechtsschwenkung wurde ausgeführt. Es ging nordwärts.

Wir wenden uns, eh wir derselben folgen, den Vorgängen im Großen Hauptquartiere zu.

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Wir verließen

Das große Hauptquartier

am 25. August.

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wenn wir von einzelnen Briefauszügen absehen, wie wir fie namentlich S. 403 gegeben den König am Abend des 18. Er verbrachte die Nacht in Rezonville und kehrte am 19. nach Pont à Mousson zurück, wo sich das Große Hauptquartier seit dem 16. befand*) und bis zum 22. verblieb. Am 23. brach es nach Commerch auf, am 24. nach Bar le Duc.

Auch am 25. befand es sich an leztgenanntem Orte (Bar le Duc). An eben diesem Tage (25.) ging die Bestätigung einer Meldung ein, die seitens einer vorpoussirten Spize der 4. Cavallerie - Division schon am Tage vorher gemacht worden war. Diese Spize - zwei Escadrons vom 5. Dragoner-Regiment hatte sich, von Vitry aus, nördlich gegen Chalons und über dieses hinaus bis nach dem Lager bei Mourmelon gewandt,**) das sie, zu nicht geringer Ueberraschung, vom Feinde

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*) Die Großen Hauptquartiere vorher waren die folgenden: Bis zum 6. in Mainz; am 7. nach Homburg (Rheinpfalz); am 8. ebendaselbst; am 9. nach Saarbrücken; am 10. ebendaselbst; am 11. nach St. Avold; am 12. ebendaselbst; am 13. nach Faulquemont; am 14. nach Herny; am 15. ebendaselbst; am 16. nach Pont à Mousson.

**) Die 4. Cavallerie- Division, Prinz Albrecht von Preußen, entfaltete in diesen Tagen eine ganz besondere Rührigkeit. Es scheint, daß die genannte Division mit verschiedenen Abtheilungen gleichzeitig gegen Vitry, Chalons und die zwischen diesen beiden Orten gelegene Wegstrecke (3 Meilen) operirte. Wir finden am 24. einzelne Escadrons des 5. Dragoner-Regiments theils vor Vitry, theils im Lager von Chalons; jedenfalls wurde das leztere (Chalons) eher erreicht, als Vitry, das zwar näher gelegen war, aber unseren Cavallerie - Abtheilungen einen kurzen Widerstand leistete. Die Capitulation dieser kleinen Festung erfolgte am 25. früh. Eine Dragoner - Escadron rückte ein. Man fand, außer zahlreichem Material, noch 500 Mann nicht eingekleidete Mobilgarden, die ohne Weiteres das Gewehr streckten. Einige Abtheilungen hatten schon vorher die Festung verlassen und befanden sich auf dem Wege nach Chalons wo sie noch die Mac Mahonsche Armee zu treffen erwarteten als sie von anderen Escadrons unserer

völlig geräumt vorgefunden hatte. Mac Mahon, so hieß es, sei in nordwestlicher Richtung, auf Reims abgezogen.

Wenn die Thatsache des geräumten Lagers die Dragoner - Spike überrascht hatte, so überraschte die Meldung davon das Große Hauptquartier nicht minder.

Was bedeutete dies Aufgeben von Chalons und dies nordwestliche Ausbiegen auf Reims zu? Ein Abzug nach Westen wäre ein einfacher Rückzug gewesen und hätte geheißen: »wir ziehen es vor, uns unter den Mauern von Paris zu schlagen;« aber Reims lag nicht blos westlich, es lag nord-westlich. Wohin zielt diese nördliche Abweichung von der einfach vorgezeichneten westlichen Rückzugslinie?

Der strategische Blick des Großen Hauptquartiers erkannte, bei aller noch vorhandenen Ungewißheit, sofort das Richtige: Dieser Rückzug auf

an den verschiedensten Punkten auftauchenden 4. Cavallerie - Division angegriffen wurden. Es waren zwei Schwadronen vom 15. Ulanen-Regiment unter Major v. Friesen, die diesen Angriff machten. Die Mobilgarden gedachten sich zu ergeben; in völliger Unvertrautheit aber mit den entsprechenden Formalitäten, gaben sie eine Salve, statt ohne Weiteres die Waffen zu strecken. Unter den Wenigen, die unsererseits getroffen waren, befand sich Major v. Friesen; er erlag seiner Wunde. Die Mobilen wurden in Stärke von 17 Offizieren und 850 Mann gefangen genommen, die meisten blutjunge Leute.

Der erste Besuch im »Lager von Chalons«, wie ich nur wiederholen kann, war all diesen Dingen, sowohl der Einnahme Vitrys, wie auch der Gefangennehmung der auf Chalons abziehenden Mobilgarden - Colonne, vorausgegangen. Zwei Escadrons des 5. Dragoner-Regiments durchflogen bereits am 24. das »Lager«. Es war aber, bei der Recognoscirungsaufgabe, die vorlag, in der That nur ein Durchfliegen. Erst in den unmittelbar folgenden Tagen wurde die seinerzeit so viel genannte Oertlichkeit näher durchforscht. Es liegt uns ein Bericht vor, dem wir folgendes entnehmen: »Das Uebungsterrain des Lagers umfaßt mehrere Quadratmeilen und ist auf stark kalkhaltigem, schlecht cultivirbarem Boden durch Kaiserliche, mit Luxus und Geschmack erbaute Farmen zu landwirthschaftlichen Zwecken ausgenußt. Wir erreichten gegen Mittag den Kaiserlichen Palast und somit das Centrum des »Mourmelon«. Das große Lager gewährt einen imposanten Anblick; in weitem Halbkreis ziehen sich tausende von Zelten, jedes zur Aufnahme von 18 Mann bestimmt, anlehnend an ein hübsches Städtchen und eine sanft ansteigende Höhe, die gekrönt ist durch eine Parkanlage. Diese enthält in ihren einzelnen Theilen, in sehr symmetrischer Ordnung, den Kaiserlichen Palast, das Tafelhaus, das Concerthaus, ferner ungefähr 100 Villen und Verwaltungshäuser. Die Häusergruppen sind auf das Comfortabelste eingerichtet, und überraschen einen Preußen, der diese üppige Ausstattung der Zimmer und Betten eines Kaiserlich französischen Offiziercorps in Augenschein nimmt. Viel ist dagegen gesagt worden, andererseits muß zugestanden werden, daß der Luxus mit seltenem Geschmack vereint ist, und in den Einrichtungen des Kaisers eine Uebereinstimmung herrscht, die selbst dem gefallen muß, der den Lurus bei einer Armee als eine gefährliche Zuthat erkennt. Der Ort Mourmelon mußte für unsere Mannschaften ein reichliches Mahl auf Requisition schaffen. Unmittelbar am Park empfingen unsere Pferde, die uns über 12 Stunden getragen hatten, in herrlichen, mit reichem Futter versehenen Ställen, den wohlverdienten Lohn. [Nach französischen Berichten war, gleich nach Abzug der Mac Mahon'schen Armee, das Lager zerstört worden, sei es auf Befehl, sei es durch umherziehende Banden. Diese Zerstörung kann sich aber nur auf einen kleinen Theil erstreckt haben.]

Reims zu war kein Rückzug; in der nordwestlich eingeschlagenen Abzugslinie lag alle Bedeutung in der ersten Sylbe »nord«, nicht in dem zweiten Worte »westlich«; die Armee von Chalons hatte Chalons aufgegeben, nicht um Paris zu vertheidigen, sondern um Meß zu entsehen, Mac Mahon intendirte, von Reims aus ein offensives Kehrt zu machen und, unbemerkt von uns, zwischen den Maasfestungen hindurch, ostwärts bis wieder zurück an die Mosel zu marschiren, während wir unseren Vormarsch in westlicher Richtung fortsetten.

So glaubte man im Großen Hauptquartier den nordwestlichen Abzug auf Reims deuten zu müssen. Und man hatte sich nicht getäuscht. Neben uns hin, auf dem schmalen Raume zwischen unserer rechten Flanke und der belgischen Grenze, gedachte Mac Mahon sich vorsichtig zurückzufühlen, um, im rechten Momente rasch vorbrechend, die eingeschlossene »>Armee von Mez« aus der Umklammerung unserer I. und II. Armee befreien zu können.

Dem vorzubeugen wurden noch im Laufe des 25. jene Entschlüsse gefaßt, deren leztes Resultat, genau eine Woche später, die »Capitulation von Sedan« war.

Am Abend des 25. erließ das Große Hauptquartier die entsprechenden Befehle an die Obercommandos der III. und IV. (Maas-) Armee. OberstLieutenant v. Verdh wurde nach Fleury in das Hauptquartier des Kronprinzen von Sachsen, Oberst - Lieutenant Bronsart v. Schellendorf nach Ligny oder Revigny aur Vaches in das Hauptquartier des Kronprinzen von Preußen abgesandt, um die Intentionen des Großen Hauptquartiers bestimmter darzulegen.

Schon in der Nacht vom 25. auf den 26. konnten die veränderten Marschbefehle an alle Truppentheile beider Armeen erlassen werden. Es ging nicht mehr westwärts, es ging nach Norden. Eine große Rechtsschwenkung war auszuführen. Entwickelten sich die Dinge so, wie man annehmen zu können glaubte, so mußte man die Mac Mahon'sche, zum Entsag von Bazaine heranziehende Armee, spätestens drei Tagemärsche vor Mez (etwa bei Damvillers), sehr wahrscheinlich aber schon erheblich vorher, auf dem zwischen den Maasfestungen gelegenen Terrain erreichen.

Und so geschah es.

Darüber im nächsten Abschnitt.

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