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Feinde Aug' in Auge sahen. Mit blutendem Herzen haben wir sie in fremder Erde bestattet. Nicht nur Kameraden, Freunde wurden uns in ihnen entrissen.«<

Eine dritte Gruppe bilden die Anzeigen, die den Tod zweier Söhne melden, oft im selben Augenblick den Ihrigen entrissen.*) »Am 16. fiel mein ältester Sohn bei Vionville; am 18. nahm Gott mir den zweiten und letzten beim Sturme gegen St. Privat.« »Sie waren meine Herzensfreude und meine Hoffnung. « » Er starb zwölf Tage nach dem Tode seines Bruders, der bei Wörth am 6. fiel.« »Nach Gottes unerforschlichem Rathschlusse fiel beim Sturme gegen St. Privat durch einen Schuß ins Herz auch unser zweiter heißgeliebter Sohn.« »Es hat Gott dem Herrn gefallen, unsre beiden jüngsten, innig geliebten und hoffnungsvollen Söhne abzurufen. Sie starben beide den Heldentod in gleicher Stunde, an gleicher Stelle; ein Grab deckt sie.« »Er folgte seinem bei Vionville gefallenen Bruder. Gott gebe seiner Seele Frieden und wolle unsere Gebete für drei andere im Felde stehende Söhne erhören. Drei Kugeln machten seinem jungen uns so theuren Leben ein Ende. «<

Eine vierte Gruppe bewegt das Herz am meisten. am meisten. Es ist die Fähnrichs-Gruppe. Und wie zahlreich gerade diese! Keiner über achtzehn Jahre. »Tief erschüttert gebe ich Verwandten und Freunden Nachricht von dem am Tage nach der Schlacht erfolgten Hinscheiden meines einzigen Kindes, Degenfähnrichs im Franz-Regiment. Gott der Allbarmherzige wolle seine Seele gnädig aufnehmen zum ewigen Leben.« »>Er war die Freude und der Stolz der Seinen.« »Es war der erste Kummer, den er uns bereitet. «< »Er war das Licht unseres Lebens.« »Es muß mir zum Trost gereichen, daß er als ein Held erlegen; die Kugel traf ihn mitten ins treue Herz.« »Sein Tod besiegelte die Ehre seines Lebens.« »So fiel der jüngste Fähnrich bei Vertheidigung der ältesten Fahne der Armee.« »Er war noch ein Kind, aber er starb wie ein Held. «< So folgen sich die Ausrufe. Jede Zeile wie ein Gedicht.

Unter den gefallenen Fähnrichen war auch Henry v. Annesley, ein geborener Engländer. Sein Oheim, Rittmeister in preußischen Diensten, rief ihm folgende Worte nach: »In der Schlacht bei Gravelotte am 18. August, nachdem sämmtliche Offiziere gefallen waren, führte mein Neffe, der Porteépée-Fähnrich Henry v. Annesley, die 1. Compagnie des 2. Garde

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*) Jm 2. Garde - Regiment dienten drei Brüder, Rheinländer, Bürgerssöhne aus Trier. Sie standen in demselben Gliede neben einander und wurden gleichzeitig von den wie Bremsen umherfliegenden Kugeln getroffen. Einer war leicht, der andre schwer verwundet; der dritte sank tödtlich getroffen nieder. Als seine beiden Brüder neben ihm knieten und der Leichtverwundete ihn fragte, wie er sich befinde, war sein leztes Wort: »Deckt mich zu, es wird kalt.«<

Fontane 1870/71. I.

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Regiments zu Fuß im Sturm gegen das Dorf St. Privat la Montagne und fiel, von zwei Kugeln in die Brust getroffen, schwer verwundet nieder. Am 19. Morgens hauchte er in den Armen seines Freundes K. v. Twandowski sein jugendliches Leben aus, nachdem er ihm zuvor versichert hatte, freudig für seinen König und sein Adoptiv-Vaterland zu sterben.«

Wie schön!

So floß auch englisches Blut für die deutsche Sache.

Von altpreußischen Familien aber war vielleicht keine, die nicht einen der Ihren auf der Wahlstatt hatte; oft zwei und drei. Welche Auslese berühmter Namen! Schwerin, Zieten, Kleist und Winterfeld; Schulenburg und Alvensleben; Arnim und Ihenpliz; Rohr, Bredow, Quast; Stückradt und Stülpnagel; Auerswald und Finkenstein; Nazmer und Buddenbrock; Dewit, Marwig, Borck und Massow; Puttkamer und Kameke; Brandenstein und Manstein; York v. Wartenburg. Auch ein Enkel Gneisenaus war unter den Todten.

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Ein Schleier deckte unsre Siegesfreude, denn die Blüthe des Landes wie mit Recht gesagt worden ist lag vor Mez. Ein altes Lied, das die Schotten sangen, als ihre beste Jugend bei Floddenfield gefallen war, wir mochten es jezt wieder singen. In dem Liede aber hieß es:

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Der

Formarsch der III. und IV. Armee

in westlicher Richtung (auf Chalons).

Bis zum 25. August.

Fontane 1870/71. I.

Der 19. August.

Die Bildung der Maas- Armee unter dem Kronprinzen von Sachsen.

So groß die Anstrengungen und Opfer der letzten Tage gewesen waren,

sie hatten die Entschlußkraft Derer unberührt gelassen, die berufen waren das große Unternehmen siegreich hinauszuführen. Während noch bestattet wurde, und die Choräle über das Plateau hin erklangen, wurden bereits neue Pläne gefaßt, neue Organisationen beschlossen und ausgeführt. Das große Hauptquartier entschied sich, im Hinblick auf die Situation, für Theilung der gesammten deutschen Heereskraft in zwei Hälften, von denen die eine Hälfte bestimmt sein sollte

als Einschließungs-Armee vor Mez zu verbleiben, und die Capitulation dieser Festung herbeizuführen; die andere Hälfte aber

als Offensiv- oder Operations-Armee auf Paris zu marschiren,

und durch Eroberung der Hauptstadt den Frieden zu erzwingen.

Die Verwendung der drei einzelnen großen Heerkörper, aus denen bis dahin die gesammte deutsche Macht bestanden hatte, ergab sich dabei von selbst.

Die I. und II. Armee, die die Schlachten vor Met geschlagen und die Einschließung bewerkstelligt hatten, würden natürlich dazu bestimmt die Cernirung fortzusehen.

Der III. Armee, die bereits auf der direkten Pariser Straße stand, fiel selbstverständlich die Aufgabe zu, die kühn und siegreich begonnene Offensive weiter zu führen; nur erschien es nöthig — und das war es, was zu der Neuorganisation führte die Offensivkraft dieser Armee zu steigern. So gewiß es feststand, daß die Mac Mahonschen Divisionen, die bei Wörth den Kampf geführt hatten, in vollständiger Deroute westwärts gezogen waren, so gewiß war es doch auch, daß er nur mit der Hälfte seiner Truppen diesen Kampf geführt hatte, so gewiß war es

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