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Das 6. Corps Werder marschirt auf der großen Straße nach Lauterburg, sucht sich in Besitz dieses Orts zu sehen und setzt auf dem jenseitigen Ufer Vorposten aus.

7. Das Corps von der Tann bricht um 4 Uhr aus den Bivouacs auf und marschirt auf der großen Straße über Rülzheim nach Langenkandel, wo es westlich dieses Orts Bivouacs bezieht.

8. Das Hauptquartier wird voraussichtlich nach Nieder-Otterbach) verlegt werden.

Am Morgen des 4. August traten, diesen Dispositionen gemäß, sämmtliche Colonnen den Vormarsch an. Der Kronprinz traf bei trübem, regnerischem Wetter auf den Höhen östlich von Schweigen ein; gleichzeitig fielen die ersten Schüsse vor Weißenburg, gegen welchen Ort die Avantgarde der Division Bothmer eben zum Angriff vorging.

Die Höhen bei Schweigen.

Um 8 Uhr hatte die Spize der Division Bothmer, das 10. JägerBataillon, das Dorf Schweigen erreicht. Gleich darauf war der Kronprinz mit seinem Stabe an eben dieser Stelle eingetroffen. Die hohe Lage des Dorfes, noch eh die Avantgarden - Batterie Bauer ihr Feuer eröffnete, gestattete einen vorzüglichen Ueberblick über das vorgelegene rings von Hügeln umspannte Terrain: zu Füßen die Stadt mit Wall und Graben; links daneben der Bahnhof, links neben diesem Dorf Altenstadt; alle drei in der Niederung, vom Lauter- Bach durchflossen; jedes in nur Büchsenschußentfernung vom andern.

Drüben, jenseits des Flüßchens, am Abhange, namentlich aber auf dem Rücken eines Höhenzuges (des sogenannten » Gaisberges «) hin, stand der Feind; sein Zeltlager, troßdem es nieselte, in aller Klarheit sichtbar. Unser Erscheinen schien ihn völlig zu überraschen. Er war beim Morgencaffee; keine Vorposten und Patrouillen hatten ihn gewarnt; jezt erst eilten die zur Besehung des Vorterrains bestimmten Abtheilungen in die Front und nahmen ihre Aufstellung an der Lauter hin. Das Gros formirte sich gleichzeitig auf der Höhe des Gaisberges vor und neben dem Gehöfte »Schafbusch«, an drei hohen Pappeln weithin erkennbar.*) Hier_nahmen auch die Batterieen Aufstellung.

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Schloß Gaisberg, in halber Höhe des Abhanges, war durch ein Bataillon vom 74. Regiment besezt worden.

In Weißenburg selbst lag ein anderes Bataillon desselben Regiments, so wie ein Bataillon Turcos. Diese lettern waren es wohl, die in Front

*) Der Besizer dieses Gehöftes hat neuerdings (März 1872) die drei Pappeln niederschlagen lassen, wie man annimmt ein Act elsässisch- französischer Demonstrationssucht.

und Flanke stark detachirt und mit einzelnen Compagnieen das coupirte Terrain zwischen Weißenburg und Schweigen, mit andern Dorf Altenstadt besezt hatten.

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Der Kampf der sich nun entspann, und der während der Vormittagsstunden ganz besonders seitens der Artillerie und einiger Tirailleurs - Abtheilungen geführt wurde, war ein dreifacher und handelte sich 1. um Wegnahme von Dorf Altenstadt (Centrum); 2. um Eroberung von Weißenburg selbst (rechter Flügel); 3. um Erstürmung des Gaisberges (linker Flügel). Diese Gaisberg-Position scheint zwar, bei einem Blick auf die Karte, mehr im Rücken von Weißenburg - Altenstadt, als in der Flanke beider gelegen; die Abfall-Linie des Berges aber geht nicht nach Norden sondern nach Osten zu, so daß wir die Position von der entscheidenden Seite her, also mit Hülfe unseres linken Flügels fassen mußten.

Wir nahmen (im Wesentlichen):

1. Altenstadt mit Bataillonen der 17. Brigade,

2. Weißenburg mit der Avantgarde der baierischen Division Bothmer,

3. Schloß Gaisberg und die Drei - Pappel - Höhe (Schafbusch) mit der 18. und 41. Brigade.

Die Wegnahme von Altenstadt und dem Weißenburger Bahnhof. Sehr bald nach dem Eintreffen der baierischen Division Bothmer bei Schweigen war auch die preußische 9. Division, Generalmajor v. Sandrart, links daneben bei Schweighofen eingetroffen. Das 5. Jäger-Bataillon (Görlizer) unter Major Graf Waldersee, das, wie es scheint, die Tête hatte, erhielt Befehl das vorgelegene Dorf Altenstadt zu nehmen und zu besehen. Dies geschah. Im Dorfe selbst waren die Jäger auf keinen erheblichen Widerstand gestoßen. Als sie aber wieder ins Freie traten, um sich, an der Lauter hin, gegen das nur 1200 Schritt entfernte Weißenburg zu dirigiren, wurden sie von den Kugeln der Turcos empfangen, die sich in den zwischengelegenen Gärten, an der Eisenbahn, vielleicht auch an den Resten der hier sich hinziehenden » Weißenburger Linien « hin, eingenistet hatten. Die Jäger kamen nur mühsam und unter großen Opfern vorwärts, da die gutgewählten Positionen des Gegners diesen beinah völlig verbargen. Auch das Artilleriefeuer vom Gaisberg her wurde lästig. Major Graf Waldersee fiel. Aber die Jäger hielten fest. Am Ausgange des Dorfes gegen die Stadt zu, dort wo die Chausseen nach Lauterburg und nach dem Fort Louis sich kreuzen, liegt ein Gehöft, das einem Herrn Beckenhaupt, einem geborenen Mainzer gehört. In dem Garten dieses Gehöfts und auf den angrenzenden LauterWiesen, gerieth man am heftigsten aneinander. Auf eine Entfernung von kaum hundert Schritt standen sich hier Turcos und Görlizer Jäger gegenüber ; es kam zu einem Handgemenge, das von beiden Seiten viele Opfer forderte. Erst der Uebermacht weichend, zogen sich die Kabylen auf die näher der Stadt zu gelegenen Gärten und besonders auf den Bahnhof zurück.

Die Jäger erhielten jezt Succurs. Zwei Bataillone 58 er rückten durch Altenstadt durch, nahmen die Mitte (die Jäger links und rechts) und gingen gegen den Bahnhof vor. Das Füsilier-Bataillon hatte die Tête. Major v. Gronefeld, der es führte, sank tödtlich getroffen vom Pferde; bald darauf fiel sein Adjutant. In diesem Augenblick brach zur Unterstüßung der Turcos eine Abtheilung Linien - Infanterie aus der Stadt hervor und suchte in schnellem Anlauf und durch ein starkes Feuer unsere Füsiliere zurückzuwerfen. Aber diese empfingen den Gegner mit einer vollen Salve und warfen ihn in die Stadt zurück. Unsere Verluste waren groß; das Füsilier

Bataillon hatte nur noch 4 intakte Offiziere und 2 Vice-Feldwebel; alle andern waren todt oder verwundet.

Mehr und mehr begann sich der Kampf an dieser Stelle um den Bahnhof und die Vorstadthäuser zu drehn. Zwei Bataillone 47 er rückten zur Unterstüßung nach; der Bahnhof wurde genommen, die VorstadtHäuser einzeln gestürmt; aus den Kellern zog man die Turcos hervor, wohin sie sich schließlich versteckt hatten. Etwa um dieselbe Zeit drangen die 58er Füsiliere, die im Avanciren geblieben waren, durch das Hagenauer Thor in die Stadt selbst ein.

Die Eroberung von Weißenburg.

Dies Eindringen unserer 58er in die Stadt geschah nur in Unterstüßung des rechten Flügels (der baierischen Division Bothmer), dem, wie wir wissen, die direkte Aufgabe zugefallen war, Weißenburg zu nehmen. Die Befestigungen der Stadt, die verfallen wie sie sein mochten, — immer noch eine Vertheidigung sehr erheblich unterstüßten, hatten diese Aufgabe zu keiner ganz leichten gemacht, um so weniger, als auch das Vorterrain sehr geschickt vertheidigt wurde. Ueberhaupt schlug sich die Division Douay bis zu dem Moment, wo ihr ihre totale Niederlage klar wurde, mit großer Auszeichnung.

Wir kehren zu der, auf der Höhe von Schweigen haltenden Division Bothmer zurück.

Das 10. Jäger-Bataillon, wie schon in der Kürze hervorgehoben, hatte unmittelbar nach seinem Eintreffen in Dorf Schweigen (etwa zwischen 8 und 9) Befehl erhalten, gegen die Nordseite von Weißenburg vorzugehen. Das 3. Bataillon vom 5. Regiment war ihm gefolgt. Unter lebhaftem Feuergefecht mit den Turcos, die sich auch hier in Gräben, Hecken und Weinbergen eingenistet hatten, hatten sich die genannten Bataillone der Enceinte der Stadt zu nähern gesucht. Es blieb indessen zunächst bei einem bloßen Plänkeln, da Generalmajor Maillinger, dessen Brigade (die 8.) hier vorzugsweise in Aktion trat, erst das Eintreffen weiterer Bataillone, namentlich auch nach links hin eine Verbindung mit unserem V. Corps hergestellt sehen wollte, bevor er sich zu einem energischen Vorgehen zu entschließen gedachte. Dieser Moment war ungefähr um 11 Uhr gekommen. Um diese Zeit sah er seine Flanken gesichert, Altenstadt genommen, die preußischen Bataillone im Vordringen gegen den Bahnhof, so stellte er sich denn

persönlich an die Spize der dritten Bataillone vom 11. und 14. Regiment und führte sie zur Unterstüßung der bereits genannten, ihr Feuergefecht fortseßenden Bataillone vor. Der Rest der Brigade blieb als Reserve südwestlich von Schweigen stehen. Bataillone der Brigade Thiereck (die 7.) unterhielten Verbindung mit unserem V. Corps.

Unter dem Schuhe von dichten Plänklerschwärmen, und soutenirt durch das Feuer der Divisions- Artillerie, drangen jezt die genannten vier Bataillone: das 10. Jäger-Bataillon, sowie die drei 3. Bataillone vom 5., 11. und 14. Regiment, gegen die Nord- und Ostseite, also gegen den zwischen dem Landauer und Hagenauer Thor gelegenen Theil der Stadt - Enceinte vor. Der Widerstand des Feindes — wohl unter dem Einfluß der Vorgänge im Centrum war ersichtlich schwächer geworden. Das Feuer vom Stadtwall aus richtete sich nur noch nach Südosten hin (Bahnhof), wo eben jezt die 58er und 47er in starken Colonnen avancirten. Um 12 Uhr hielten die baierischen Bataillone am Landauer Thor, dessen Zugbrücke aufgezogen war. Mit Hülfe von zwei preußischen Geschüßen wurden die Ketten zerschossen, die Brücke fiel und wenige Minuten später stürzten Mannschaften vom 11. Negiment in die Stadt und besezten den Wall zu beiden Seiten des Thores, durch welches nun das 10. Jäger - Bataillon, gesammelt und geschlossen, unter Hörnerklang einzog. In der Stadt selbst, in der es wüst und leer aussah, hatte sich ein Theil der Besayung feuernd gegen das Bitscher Thor zurückgezogen; einer Compagnie des 10. Jäger - Bataillons aber glückte es, dieser einen Ausweg suchenden Truppe den Rückweg abzuschneiden. Von zwei Seiten eingeschlossen, ergab sie sich in der Stärke von 18 Offizieren und 340 Mann. Eine andere Abtheilung war beim Austritt aus dem Hagenauer Thor von preußischen Bataillonen gefangen genommen worden.

Die Erstürmung des Gaisberges.

Die eigentliche Position des Feindes war aber doch der Gaisberg. Hier stand er noch mit seinen Batterieen und einer intakten Brigade, die beiden großen Baulichkeiten: »Schloß Gaisberg« in mittlerer Höhe des Abhanges und das »Gehöft Schafbusch« an höchster Stelle des Berges, mit seinen Bataillonen besezt haltend. Es galt, ihn hier zu delogiren. Eine partielle Umgehung seitens des in der linken Flanke anrückenden XI. Corps sollte dies Delogement erleichtern. Als um etwa 12 Uhr gemeldet wurde, daß die Tête des eben genannten Corps, die 41. Brigade (hessisches FüsilierRegiment Nr. 80*) und nassauisches Infanterie-Regiment Nr. 87) im Anrücken sei und der Feind, in Folge davon, seinen rechten Flügel bereits zurückgenommen habe, erhielt das Königs- Grenadier-Regiment Nr. 7, jene in allen Preußen - Schlachten bewährte Truppe, deren erster Chef der Feldmarschall L'Homme de Courbière, Vertheidiger von Graudenz, gewesen war, Befehl, sich zum Angriff auf den Gaisberg zu formiren. In seiner rechten

*) Ein Offizier dieses Regiments schrieb später: »Am Gefechtstage bei Weißenburg hatten wir die kolossalste Anstrengung, die ich je erlebt. Um 2 Uhr Nachts Allarm, um 4 Uhr in strömendem Regen ausmarschirt, in Eilmärschen über die Grenze, um 12 Uhr ins Gefecht, bis 4 Uhr im Feuer, dann Bivouac immer im stärksten Regen.«<

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