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Die Dauer des Studiums.

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jeder preußische Unterthan, der nach vollendeten Studien sich im Vaterlande um ein öffentliches Amt oder um den Zulaß zu der medizinischen Praxis bewerben will, bei Verlust dieses Anspruches, eine Zeit lang (nach der Kabinetsordre vom 30. Juni 1841 wenigstens 12 Jahre) auf einer Landesuniversität zu studiren verpflichtet sein soll."

Schon durch die Kabinetsordre vom 7. April 1804 war für die Dauer des Studiums ein Triennium angeordnet und dann unter❜m 27. Nov. bestimmt worden, daß eine Dispensation von dieser Frist nur auf Grund einer besonderen Prüfung ertheilt werden solle. Für das Justizfach genügte nach den Reskripten vom 6. Sept. und 6. Nov. 1809 eine Studienzeit von 22 Jahren. Später wurde jedoch wieder für die Studenten der Theologie, Jurisprudenz und Philosophie als Regel ein Triennium, für die der Medizin aber durch die Kabinetsordre vom 7. Jan. 1826 ein Quadriennium eingeführt.

Troß der polizeilichen Maßnahmen gegen die Universitäten war man doch bemüht, für dieselben die ausgezeichnetsten Gelehrten zu gewinnen; und vorzüglich war es die Universität Berlin, die, gleichsam das wissenschaftliche und geistige Leben des Staates konzentrirend, durch einen Kreis hochbegabter und berühmter Männer glänzte und nach mehreren Seiten hin in der Wissenschaft Epoche machend aufgetreten ist.

13. Abschnitt.

Die Organisation des höheren Schulwesens.

Die Reform der Gymnasien in Preußen, welche im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts begonnen hatte, wurde gleich nach den Freiheitskriegen fortgesezt und zwar in der Art, daß den klassischen Sprachen, durch den voraufgegangenen Pietismus etwas zurückgesetzt, die vornehmste Stelle unter den Lehrgegenständen gesichert, aber auch den Realien, namentlich der Mathematik, Physik und Geschichte gehöriger Raum verstattet wurde, um die Bildung auch mit dem praktischen Leben im nöthigen Zusammenhange zu erhalten.

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Die von dem Staatsrathe Süvern ausgearbeitete Unterrichtverfassung" ist, obwohl nicht vollständig veröffentlicht, doch in mannichfacher Beziehung Norm für das höhere Unterrichtswesen geblieben.

Nach ihr haben die Gymnasien die Bestimmung, „ihre Zöglinge nicht nur zu dem Maße klassischer und wissenschaftlicher Bildung zu verhelfen, welches zum Verstehen und Benußen des systematischen Vortrages der Wissenschaften auf Universitäten erforderlich ist, sondern sie auch mit der Sinnes- und Empfindungsweise einer veredelten Menschheit auszurüsten. Ihre unteren Klassen geben indessen auch denjenigen, die nicht gerade für den Gelehrtenstand bestimmt sind, Gelegenheit, sich für andere Berufsarten auszubilden, die mehr Kennt nisse erfordern, als die Elementar- oder niederen Bürgerschulen gewähren können. Die Theilnahme am Unterrichte im Griechischen wurde, wie die am Lateinischen, für alle Schüler als obligatorisch bezeichnet; von den neuern Sprachen sollte nur die deutsche zu den nothwendigen Lehrobjekten gehören; „die französische scheidet von ihnen aus und wird künftig nur in solchen Schulen gelehrt, wo es besonderer Stiftungen wegen geschehen muß, allein immer nur außer den zum öffentlichen Unterricht bestimmten Stunden, welche nicht im

Die Provinzial-Schulkollegien.

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mindesten dadurch beschränkt werden dürfen, und ohne daß ein Schüler zur Theilnahme daran genöthigt wird."

Auch der Oberpräsident Sack hatte 1815 diesen Unterrichtsgegenstand auf den öffentlichen Schulen der Rheinprovinz untersagt, obwohl gerade in dieser das französische Recht galt. Die meisten Gymnasien behielten jedoch den Unterricht im Französischen bei.

Außer den Sprachen gehörten noch Religion, Geschichte und Geographie, Mathematik und Naturwissenschaften auf den Lehrplan; Philosophie und Encyklopädie blieben ausgeschlossen. Ein größerer Werth als früher wurde aber auf die deutsche Geschichte und vor allen Dingen auf den religiösen Unterricht gelegt, der in der Periode des Rationalismus fast ganz vernachlässigt und oft durch Religionsgeschichte und A. erseßt worden war. „Der preußische Staat," heißt es, „ist ein christlicher; christlich muß daher auch der in den allgemeinen Schulen desselben ertheilte Religionsunterricht in seinem ganzen Umfange sein und darf durchaus nicht in einen allgemeinen Religionsunterricht hinüber gespielt werden." Der Turnunterricht, als für die Nationalbildung von besonderer Wichtigkeit, sollte an keiner Schule fehlen.

Die Provinzial-Konsistorien hatten bisher das gesammte Schulwesen in den betreffenden Provinzen bearbeitet. Die Verordnungen vom 31. Dez. 1825 gaben nicht nur den Oberpräsidenten eine neue Instruktion, sondern bestimmten auch Abänderungen in der bisherigen Organisation der übrigen Verwaltungsbehörden. Die Konsistorien wurden in zwei Abtheilungen geschieden, von denen die eine unter dem Namen. „Konsistorium“ die evangelisch-geistlichen Sachen bearbeiten und die Kandidaten ordiniren, die andere unter dem Namen Provinzial-Schulkollegium" die den Konsistorien durch die Instruktion vom 23. Oft. 1817 überwiesenen Unterrichtsangelegenheiten verwalten sollte. Demzufolge gingen die

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Die Beseßung der Lehrerstellen.

Gymnasien, Progymnasien und Seminarien in das Ressort der Provinzial-Schulkollegien über, wozu später noch die Realschulen 1. und 2. Ordnung und etliche zu Abgangsprüfungen berechtigte höhere Bürgerschulen, wie auch die mit den Seminarien verbundenen Taubstummen-Anstalten gekommen sind. Ferner wurde bestimmt, daß statt der bisherigen zwei Regierungsabtheilungen, „zur schnelleren Förderung der Geschäfte," zumal bei Regierungen von größerem Umfange, gebildet werden sollten: 1) eine Abtheilung des Innern, 2) eine Abtheilung für das Kirchen- und Schulwesen und 3) eine Abtheilung der direkten Steuern, Domänen und Forsten. Bei einigen kleinen Regierungen ist diese Dreitheilung aber nicht durchgeführt worden; einige, wie Stralsund und Sigmaringen, haben nur eine, Erfurt und alle Regierungen in Rheinland und Westfalen 2, andere, wie Königsberg 4 und Frankfurt 5 Abtheilungen. Die bei den Regierungen angestellten RegierungsSchulräthe sind außerdem, nach Maßgabe ihrer Funktionen, auch Mitglieder des Provinzial-Schulkollegiums ihrer Provinz.

Die Maßregeln der Staatsbehörden wegen der sogenannten demagogischen Umtriebe erstreckten sich nicht nur auf die Universitäten, sondern auch auf die höheren und niederen Schulen. Die bisher den Konsistorien überlassene Besetzung der Lehrerstellen an den Gymnasien wurde durch die Kabinetsordre vom 20. Sept. 1819 dem Minister übertragen, damit," wie es in derselben heißt, „Sie Mir dafür verantwortlich sein können, daß bei den Gymnasien, Seminarien und Schulen keine Lehrer angestellt werden, die statt gründlichen Unterrichtes der Jugend verderbliche Grundsäße einflößen.“ Ja im Jahre 1824 wurde der Direktor des Polizeiministeriums, unter Beibehaltung dieser Stelle, zum ersten Direktor der Unterrichtsabtheilung im Ministerium der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten berufen. Die Turnpläze waren schon durch die Kabinetsordre vom 12. Nov. 1819 geschlossen worden.

Der Lorinser'sche Schulstreit.

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Um eine harmonische Ausbildung der Schüler der Gymnasien zu fördern, wurde, namentlich durch Dr. Joh. Schulze, welcher 1818 in das Unterrichtsministerium eingetreten war, das Parallel- oder Fachsystem beseitigt und das Klassensystem eingeführt. Es folgten nun in den Jahren 1823-1828 eingehende Instruktionen, modifizirt durch das Reskript vom 24. Oft. 1837, für die Direktoren, für die in der Rheinprovinz aber erst unter'm 12. Dez. 1839.

Das Cirkularreskript vom 24. Oft. 1837 war namentlich in Folge des Lorinser 'schen Schulstreites erfolgt. Der Regierungs- und Medizinalrath Dr. Lorinser in Oppeln hatte nämlich 1836 durch die kleine Schrift „Zum Schuße der Gesundheit in Schulen" gegen die preußischen und deutschen Gymnasien die Anklage erhoben, daß in denselben die Jugend leiblich verwahrlost werde, weil die Vielheit der Unterrichtsgegenstände, die große Anzahl der Lehrstunden, die herrschende Unterrichtsmethode und die gehäuften häuslichen Schularbeiten Körperschwäche und Siechthum der Schüler herbei führten. Durch diese weder gehörig begründete, noch von vielen Uebertreibungen freie und oft vereinzelte Wahrnehmungen generalisirende Anklage wurden an 70 andere Schriften von Pädagogen und Aerzten hervorgerufen und in Folge dessen amtliche Berichte von allen preußischen Gymnasien gefordert, die sich meist gegen Dr. Lorinser aussprachen. Einzelne Mängel und Ueberschreitungen waren aber doch zu Tage getreten, und so erfolgte als eine heilsame Frucht dieser Bewegung das Reskript vom 24. Okt. 1837, „betreffend die für den Unterricht und die Zucht auf den Gymnasien getroffenen allge= meinen Anordnungen," nach welchen jedoch die Verfassung der Gymnasien im Großen und Ganzen dieselbe blieb.

Dieses Reskript bestimmte, daß die Aufnahme nicht vor dem 10. Lebensjahre erfolgen sollte, und sagt weiter: „Die Lehrgegenstände in den Gymnasien, namentlich die deutsche, lateinische und

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