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tungen gegen Italien und die militairische Situation einen Waffenstillstand möglich machen würden. Die italienische Regierung wurde durch den Königlichen Gesandten in Florenz und durch ihren eigenen Militair - Bevollmächtigten im Hauptquartier, Grafen d'Avet, von der Sachlage unterrichtet. Die Armee sette ihre Bewegungen fort, und während des kriegerischen Handelns hatte die Politik ihre Aufgabe zu lösen.

Am 7. Juli wurde von Pardubiß aus der Major à la suite der Armee und ehemalige Gesandte in München, Prinz Heinrich VII. Reuß, mit einem eigenhändigen Briefe Seiner Majestät an den Kaiser Napoleon und mit Instruktionen für den Königlichen Botschafter nach Paris gesandt. Es wurde darin von Neuem die Bereitwilligkeit des Königs, aber auch die Nothwendigkeit der Zustimmung Italiens, ausgesprochen, zugleich darauf hingewiesen, daß die militairische Situation nicht erlaube, einen Waffenstillstand ohne Bürgschaften für den eventuellen Inhalt eines künftigen Friedens zu schließen. Was diesen selbst betraf, so war Seine Majestät dabei, wie bei seiner ganzen bisherigen Politik, von der Uebereinstimmung der preußischen und deutschen Interessen ausgegangen. Letztere forderten eine Entwickelung auf Grund und im Sinne der nationalen Idee, deren volle und reine Entfaltung im alten Bunde hauptsächlich durch den Druck verhindert war, welchen ein in wesentlichen Bestandtheilen fremdartiger Körper, wie Desterreich, ausüben mußte. Das preußische Interesse erheischte eine Konsolidirung und Kräftigung Preußens innerhalb seiner natürlichen Machtsphäre in Norddeutschland, d. h. also eine unmittelbare und reale Verbindung zwischen den bisher getrennten Theilen seiner Monarchie und eine auf engem Bundesverhältniß beruhende Führung der übrigen norddeutschen Staaten. Diese beiden, in sich wesentlich zusammenhängenden Gesichtspunkte wurden dem Königlichen Botschafter in Paris als maßgebend für Besprechungen mit der Kaiserlichen Regierung über die eventuelle Basis der Vermittlung hingegeben.

In der Nacht vom 11. zum 12. Juli traf der französische Botschafter Herr Benedetti im Hauptquartier Seiner Majestät des

Königs ein. Sein Auftrag war, zunächst einen Waffenstillstand zu vermitteln.

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Es wurde ihm, in Uebereinstimmung mit der Instruktion des Königlichen Botschafters in Paris, erwidert, daß ein Waffenstillstand ohne Zustimmung Italiens und ohne Bürgschaften für den Inhalt des Friedens nicht geschlossen werden könne. Zu amtlichen Aeußerungen über den letteren Punkt hatte Herr Benedetti keine Instruktion; die Zustimmung Italiens glaubte Frankreich in Aussicht stellen zu können, weil der Kaiser, im Besitz Venetiens, in der Lage war, Italien das eigentliche Ziel seiner Kriegführung zuzusichern. Aber diese Aussicht konnte die direkt auszusprechende Zustimmung nicht erseßen. Der italienische Militair - Bevollmächtigte war ohne Instruktion und Vollmacht; eine Zeit lang schien es, als ob man in Florenz nicht geneigt sei, Venetien als Geschenk anzunehmen. Unter diesen Umständen war ein Waffenstillstand nicht möglich; da aber die theilweisen und häufig wiederkehrenden Störungen der telegraphischen Verbindungen und die Umwege, auf welchen in Folge dessen die Kommunikationen stattfinden mußten, Zeit erforderten, so erklärte der König, daß seine Truppen drei Tage lang die österreichischen Streitkräfte nicht angreifen würden, wenn lettere den Abschnitt nördlich von der Thaya räumten.

Mit diesem Vorschlag sendete der französische Botschafter seinen Sekretair am 12. Juli vom Hauptquartier Czernahora aus in das österreichische Hauptquartier.

In Brünn traf am 14. Juli als Erwiderung ein österreichischer Gegenvorschlag ein, welcher an die gedachte Waffenruhe Bedingungen knüpfte, durch welche während derselben eine Verstärkung der österreichischen Armee von Süden her und dadurch eine gänzlich veränderte militairische Situation herbeigeführt worden wäre.

Die Dokumente, welche die sonach gescheiterte Verhandlung betrafen, wurden nach Paris mitgetheilt.

Inzwischen hatte Kaiser Napoleon sein Programı für eine eventuelle Friedensbasis aufgestellt und dasselbe sowohl an Desterreich

wie an Preußen mitgetheilt. Es traf in Brünn auf telegraphischem Wege am 16. Juli ein und enthielt die folgenden Punkte:

"

Erhaltung der Integrität Oesterreichs, aber Ausscheiden desselben aus dem neu zu gestaltenden Deutschland; Bildung einer norddeutschen Union unter Preußens militairischer Führung; Berechtigung der füddeutschen Staaten zu einer völkerrechtlich unabhängigen Union, aber Erhaltung des durch freies, gemeinsames Einverständniß der deutschen Staaten zu regelnden nationalen Bandes zwischen Nordund Süddeutschland."

Dies war die Basis, von deren Annahme in Wien und Brünn jede weitere Verhandlung und die Möglichkeit einer schleunigen Beendigung des Krieges abhing.

Oesterreich mußte sich entscheiden, ob es die bei einer Fortseßung des Krieges voraussichtlich gefährdete Integrität der Monarchie retten wollte durch den Verzicht der Betheiligung an der Neugestaltung Deutschlands und die Anerkennung der fortan zweifellosen Führung Preußens in Deutschland. Es war allerdings eine ernste Forderung, die an das österreichische Kaiserhaus herantrat.

Aber auch im preußischen Hauptquartier bedurfte die vorläufige Annahme dieser Basis einer ernsten Erwägung. Es entstand die Frage, ob die beiden in der oben erwähnten Instruktion an den Königlichen Botschafter angedeuteten Gesichtspunkte, nationale Entwickelung Deutschlands und Konsolidirung einer würdigen Machtstellung Preußens hinlänglich gewahrt würden.

Das von Paris dargebotene Programm, obgleich es wichtige Bürgschaften für die Fernhaltung fremder Einmischung in die nationale Entwickelung Deutschlands enthielt, war doch unvollständig in demjenigen, was es Preußen bot - nach solchen Erfolgen und im Gegensatz zu dem, was für Preußen auf dem Spiele gestanden und was die Gegner, wenn die Dinge eine andere Wendung genommen, von ihm gefordert hätten.

Es mußte daher in Paris als ein Beweis von der großen Friedensliebe anerkannt werden, als Seine Majestät der König am

18. von Brünn aus auf telegraphischem Wege nach Paris erwidern ließ:

Als Basis für den definitiven Frieden könne er das Programm nicht als ausreichend anerkennen, da ein bestimmter Machtzuwachs Preußens durch territoriale Vergrößerung auf Kosten der feindlichen Staaten in Norddeutschland durch die Kriegsereignisse und die Stimmung der Nation zur Nothwendigkeit geworden sei. Wohl aber genüge dies Programm, um, unter Voraussetzung der Zustimmung Italiens, einen Waffenstillstand zum Zweck definitiver FriedensUnterhandlungen zu schließen, wenn Desterreich es annehme. Um dessen Absicht feststellen zu können, sei der König bereit, fünf Tage lang Waffenruhe zu gestatten. Nehme Desterreich vor Ablauf dieser Frist das Programm an, so werde der Waffenstillstand geschlossen werden und die Friedens-Unterhandlung beginnen können, sobald Italien zustimme. Die Negociation sei nur zwischen Preußen und Desterreich zu führen, die übrigen kriegführenden Staaten werden selbstständig zu verhandeln haben. Nehme Oesterreich nicht binnen der gegebenen Frist an, so werde der Krieg fortgehen.

Der Austausch der Ansichten mit Paris bot große Schwierigkeiten dar. Ungeachtet der Leistungen der preußischen Direktion war der telegraphische Verkehr, durch heimliche Beschädigungen der Drähte, bald verzögert, bald gänzlich unterbrochen, und wichtige Telegramme langten erst nach mehreren Tagen oder auch gar nicht an. Soviel ließ sich erkennen, daß eine Einverleibung aller im Kriege gegen Preußen begriffenen Territorien in Norddeutschland nicht ohne die Gefahr weiterer Verwickelungen ausführbar sei, daß aber neben anderen westlichen Gebieten entweder die Erwerbung eines Theiles von Sachsen gegen Verzichtleistung auf einen entsprechenden Theil von Hannover, oder der Erwerb des ganzen Königreichs Hannover möglich sei, ohne die Einmischung Frankreichs zur Folge zu haben.

Zur Erleichterung der Verständigung und zur Benutzung der ungestörten Telegraphen - Linie zwischen Paris und Wien, begab sich Herr Benedetti dorthin.

Der Königlich italienische Gesandte in Berlin, Graf Barral,

war inzwischen angekommen und dadurch die Möglichkeit gegeben, die Unterhandlungen im Einverständniß mit Italien zu führen.

Am 18. wurde das Hauptquartier Seiner Majestät des Königs nach Nikolsburg verlegt, während die Armee ihre Bewegung gegen die Donau und Wien fortsette.

Am 19. früh traf Herr Benedetti von dort wieder ein. Er war in den Stand gesetzt, mündlich mitzutheilen, daß Oesterreich die von Frankreich vorgeschlagene Basis im Prinzip annehme und zu einem Waffenstillstand bereit sei, damit die Friedens - Präliminarien verhandelt werden könnten. Nachdem dies durch eine amtliche Mittheilung des französischen Botschafters in Wien, des Herzogs v. Grammont, vom 20. Juli bestätigt war, erfolgte von preußischer Seite die Erklärung, daß man bereit sei, sich fünf Tage lang der Feindseligkeiten zu enthalten.

Die in Eibesbrunn zusammengetretenen Generale schlossen darauf die auf Seite 532 erwähnte Konvention, welche das Aufhören der Feindseligkeiten auf der ganzen Linie bezweckte.

Noch am Abende des 21. kamen als österreichische Bevollmächtigte Behufs Verhandlung von Friedens - Präliminarien nach Nikolsburg: der ehemalige österreichische Gesandte in Berlin, Graf Karolyi, der frühere Kriegs-Minister, Feldzeugmeister Graf Degenfeld und der frühere österreichische Gesandte Baron Brenner. Die Unterhandlungen begannen sofort am folgenden Tage und wurden preußischer Seits durch den Minister-Präsidenten Grafen Bismarck mit dem Grafen Karolyi und dem Baron Brenner geführt, während der General Freiherr v. Moltke gleichzeitig mit dem öfterreichischen Feldzeugmeister Grafen Degenfeld die Militair-Konvention über den Waffenstillstand (Seite 560) entwarf. Von Preußen war die Zuziehung Italiens zu diesen Verhandlungen beabsichtigt, und der italienische Gesandte, Graf Barral, welcher dem Hauptquartier nach Nikolsburg gefolgt war, wurde aufgefordert, an denselben Theil zu nehmen; er erklärte aber, dazu nicht mit Instruktion und Vollmacht versehen zu sein. Es wurde daher verabredet, daß der preußische Unterhändler ihm Mittheilung über die Verhandlungen

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